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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 12.04.2006
Aktenzeichen: 2 U 34/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 273
BGB § 767 I 2
1. Zum Umfang einer Mietbürgschaft.

2. Keine Haftung des Bürgen für Verbindlichkeiten des Mieters, die nach Abschluss des Mietvertrags vertraglich begründet worden sind.

3. Kein Zurückbehaltungsrecht des Vermieters an der Bürgschaftsurkunde wegen solcher Ansprüche.


Gründe:

I.

Der Kläger als Gewerberaummieter verlangt von der Beklagten als Vermieterin Herausgabe einer Mietbürgschaft, welche die A übernommen hat.

Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), soweit sie denen des Berufungsgerichts nicht entgegenstehen.

In der in zweiter Instanz vorgelegten Bürgschaftsurkunde heißt es, dass die A sich für die Ansprüche der Beklagten "aus Mietvertrag vom ...08.1997" verbürge.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme die Klage auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte sei zur Herausgabe nicht verpflichtet, weil ihr ein Zurückbehaltungsrecht wegen ihres Anspruchs auf Zahlung von Renovierungskosten gegen den Kläger in Höhe des durch die Bürgschaft gesicherten Betrags zustehe.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er auch weiterhin seinen Herausgabeanspruch verfolgt.

Demgegenüber verteidigt die Beklagte das angefochtene Urteil.

Im Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung am 29.03.2006 ist für die Beklagte niemand erschienen. Der Kläger hat daraufhin eine Entscheidung nach Lage der Akten beantragt.

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg, da die Klage begründet ist. Hierüber war gemäß § 331 a ZPO nach Lage der Akten zu entscheiden.

Der Beklagten stehen mietvertragliche Ansprüche, deren Sicherung die Bürgschaft diente, nicht zu.

Nach Nr. 06.4 des Mietvertrags der Parteien vom 18.08.1997 schuldete der Kläger lediglich die Durchführung von Schönheitsreparaturen "in regelmäßigen Abständen". Eine Auszugsrenovierung war nicht geschuldet.

Nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Klägers in seinem Schriftsatz vom 18.04.2005 hatte er Mitte 2003, also rund neun Monate vor seinem Auszug, Schönheitsreparaturen in Form von Malerarbeiten und Reinigung des Teppichbodens vorgenommen. Gegen die Ordnungsmäßigkeiten dieser Arbeiten hat die Beklagte keine Einwendungen erhoben, wie sich auch daraus ergibt, dass sie in dem Abnahmeprotokoll vom 31.03.2004 bestätigt hat, "dass die Mieträume in vertragsgemäßem Zustand übergeben wurden". Ihren Anspruch auf Ersatz der Kosten für Maler-, Bodenbelags- und Reinigungsarbeiten gemäß ihrer Rechnung vom 21.07.2004 in Höhe von netto 7.953,20 EUR stützt die Beklagte allein auf Nr. 2 der "Vereinbarung zur Aufhebung des Mietverhältnisses" vom 08.03.2004. So trägt sie in ihrem Schriftsatz vom 16.11.2005 vor, dass mit dieser Regelung "ja gerade über den Mietvertrag hinausgehende Verpflichtungen getroffen werden" sollten. Diese weitergehende Übernahme von Renovierungskosten sollte die Gegenleistung des Klägers für dessen vorzeitige Entlassung aus dem noch fünf Jahre laufenden Mietverhältnis sein.

Ob der Kläger zur Tragung dieser Kosten verpflichtet ist, spielt im vorliegenden Fall, in dem es um die Herausgabe einer Mietkautionsbürgschaft geht, keine entscheidende Rolle. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Bürgschaft nach ihrem Sicherungszweck auch einen solchen Anspruch erfasst. Dies ist indessen nicht der Fall.

Grundsätzlich bezieht sich eine Mietbürgschaft nur auf die Ansprüche, die sich aus dem Mietvertrag selbst ergeben, wie er dem Bürgen vorgelegt worden ist. Soweit spätere Vereinbarungen die Rechtsstellung des Bürgen verschlechtern, indem sie seine Bürgenpflicht erweitern, sind sie ihm gegenüber unwirksam; er haftet weiterhin nur in dem bisherigen Umfang (§ 767 Abs. 1 Satz 2 BGB; Palandt/Sprau, 65. Aufl., § 767 BGB, Rdnr. 4).

Auch die Bürgschaftserklärung der A erstreckt sich nach ihrem Wortlaut auf solche nachträglich entstandenen Ansprüche nicht, da die A sich darin ausdrücklich nur für "Ansprüche aus dem Mietvertrag vom ...08.1997" verbürgt hatte. Ansprüche des Vermieters aus späteren, hiervon abweichenden Vereinbarungen zwischen den Mietvertragsparteien sind damit nicht erfasst.

Der Kläger ist demgemäß aufgrund des Wegfalls des Sicherungszwecks berechtigt, gemäß seinem Klageantrag Herausgabe der Bürgschaft an die Bürgin zu verlangen, da die Beklagte sonstige Ansprüche aus dem Mietverhältnis, deren Sicherung die Bürgschaft zu dienen bestimmt war, nicht geltend macht (vgl. dazu auch BGH NJW 89, 1482).

Gegenüber dem Herausgabeanspruch des Klägers kann sich die Beklagte auch nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB) berufen, das sie darauf stützt, dass der Kläger jedenfalls nach der Vereinbarung der Parteien vom 08.03.2004 auch die (durch die Bürgschaft nicht gesicherten) weitergehenden Renovierungskosten zu tragen habe.

Hat der Schuldner dem Gläubiger eine Sicherheit - wie hier eine Bürgschaft - geleistet, so ist der Gläubiger nicht berechtigt, nach Erlöschen der gesicherten Forderung die Erfüllung des Anspruchs auf Rückgabe der zur Sicherung hingegebenen Urkunden unter Berufung auf andere Forderungen gegen den Schuldner zu verweigern; denn dies würde im wirtschaftlichen Ergebnis dazu führen, dass Ansprüche gesichert wären, für die das bestellte Recht nach seinem Sicherungszweck nicht bestimmt war (BGHZ 147, 99, 107; BGH NJW 2000, 2499).

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da sie unterlegen ist (§ 91 ZPO).

Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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