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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 12.08.2008
Aktenzeichen: 2 UF 205/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1603 Abs. 1
BGB § 1603 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die beabsichtigte Berufung verspricht auch nach dem gemäß §§ 114, 119 ZPO anzuwendenden großzügigen Maßstab (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 66. Auflage 2008, Rn. 80 zu § 114 ZPO) nicht die notwendige Erfolgssaussicht.

Der Beklagte verfolgt mit der beabsichtigten Berufung die Herabsetzung der mit dem Urteil des Amtsgerichts ausgesprochenen Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt für seinen am ... Mai 1998 geborenen Sohn A und seine am ... April 2002 geborene Tochter B. Mit Urteil vom 19. Juni 2008, auf das zur näheren Sachverhaltsdarstellung Bezug genommen wird, ist der Beklagte zur Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von 236,00 € monatlich je Kind seit dem Monat Januar 2008 verurteilt worden. Das Amtsgericht ist dabei davon ausgegangen, dass der Beklagte über monatliche Nettoeinkünfte in Höhe von 1.732,51 € verfügt, denen eine Steuerstattung aus beruflichen Werbungskosten in Form von Fahrtkosten in Höhe von monatlich 25,83 € hinzuzurechnen sind. Von diesem Einkommen hat das Amtsgericht Bereinigungspositionen in Abzug gebracht, die die Parteien mit Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung in Höhe von 84,00 € monatlich und Kreditkosten für eine Küche in Höhe von 138,36 € monatlich unstreitig gestellt haben. Fahrtkosten hat das Amtsgericht zu Gunsten des Beklagten, der nach der Trennung mit seiner neuen, arbeitslosen Lebensgefährtin in O1 lebt, mit 165,00 € nur eingeschränkt berücksichtigt und statt der tatsächlich zu bewältigenden Strecke (33 km) nur 15 km in Ansatz gebracht. Das Amtsgericht hat zur Begründung ausgeführt, der Beklagte sei zugunsten der Unterhaltsansprüche der minderjährigen Kinder gehalten gewesen, näher an seinen Arbeitsort zu ziehen.

Der Beklagte ist der Meinung, es seien die von ihm angesetzten höheren Fahrtkosten zu berücksichtigen, die sich auf 363,00 € beliefen. Denn er sei nach der Trennung von O2 nach O1 gezogen und habe dadurch die Fahrtstrecke zur Arbeit verkürzt. Da er zu seiner Freundin gezogen sei, könne er sich auch auf schützenswerte Gründe für einen Umzug nach O1 berufen, die unterhaltsrechtlich Berücksichtigung finden müssten. Geldwerte Vorteile durch das Zusammenleben mit seiner Freundin habe er nicht, da diese infolge Arbeitslosigkeit selbst nicht leistungsfähig sei. Er zahle freiwillig 411 € für beide Kinder; mehr könne er nicht aufbringen. Außerdem sei zweifelhaft und weiterhin bestritten, dass der Beklagte Fahrtkosten über den in die Versteuerung einbezogenen Werbungskostenpauschbetrag geltend machen könne.

Mit dieser Begründung wird der Beklagte nicht erfolgreich eine Berufung führen können. Im Ergebnis ist das Amtsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Beklagte monatlich mindestens 236,00 € Unterhalt je Kind schuldet. Selbst wenn nämlich die Steuererstattung nicht als Einkommensbestandteil gewertet wird, ist der Beklagte als hinreichend leistungsfähig zur Zahlung des zugesprochenen Kindesunterhalts zu betrachten.

Zugunsten des Beklagten können die von ihm geltend gemachten Fahrtkosten mit 33 km (einfache Strecke) nicht berücksichtigt werden. Der Beklagte ist im Hinblick auf seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber zwei minderjährigen Kindern aufgrund seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit nach § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB gehalten, die Fahrtkosten so gering wie möglich zu halten. Er musste daher näher an seinen Arbeitsplatz ziehen, um seine Leistungsfähigkeit so weit wie möglich herzustellen(Palandt, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 66. Aufl., Rn. 21 zu § 1603 BGB). Der Umstand, dass der Beklagte immerhin von O2 nach O1 umgesiedelt ist und damit die Fahrtstrecke um 15 km verkürzt hat, entlastet ihn nicht. Denn der Gesamtbetrag der von ihm geltend gemachten Fahrtkosten liegt mit 363 € außer Verhältnis zu dem von ihm erzielten bereinigten Nettoeinkommen, das sich unter Vernachlässigung von Steuererstattung und Fahrtkosten auf 1.510,15 € beläuft. Der Beklagte kann dem Unterhaltsanspruch der minderjährigen Kinder nicht entgegenhalten, dass er rund ein Viertel seines Lohns für Fahrtkosten aufwendet und deswegen nicht in der Lage ist, den Mindestunterhalt sicherzustellen.

Der Beklagte kann sich auch nicht auf schützenswerte Gründe für einen Umzug nach O1 berufen, die er darin sieht, dass er zu seiner Lebensgefährtin gezogen ist. Grundsätzlich kann ein Umzug zur Lebensgefährtin zwar einen Aspekt darstellen, der zugunsten des Unterhaltsverpflichteten höhere Fahrtkosten rechtfertigt (BGH, NJW-RR 1995, 129; OLG Karlsruhe, FamRZ 2006, 1147-1148). Bei der notwendigen Gesamtabwägung der Umstände kommt es indes darauf an, ob der Unterhaltsschuldner nach einem solchen Umzug das Existenzminimum der Kinder sicherstellen kann. Das ist gerade nicht der Fall, denn der Beklagte hat durch den konkreten Umzug die Mangellage lediglich verkürzt und nicht beseitigt. Letzteres ist ihm zu Gunsten der beiden minderjährigen Kinder jedoch zuzumuten. Außerdem ist zur Darlegung schützenswerter Belange beim Umzug zur Lebensgefährtin erforderlich, dass auch für diese nachvollziehbare Gründe für die Beibehaltung seines Wohnortes in Anspruch nehmen kann (OLG Karlsruhe, a.a.O.). Solche Gründe sind für die Lebensgefährtin des Beklagten, die derzeit arbeitssuchend ist, nicht ersichtlich.

Das Einkommen kann daher allenfalls um 5 % auf 1.434,64 € monatlich bereinigt werden.

Abschließend weist der Senat darauf hin, dass eine zulässige Berufung noch nicht eingelegt worden ist.

Ende der Entscheidung

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