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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 29.01.2001
Aktenzeichen: 2 UF 302/99
Rechtsgebiete: EGBGB


Vorschriften:

EGBGB § 17 Abs. 3 S. 2 Nr. 1
Nach Art. 17 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ist der Versorgungsausgleich hinsichtlich der in Deutschland erworbenen Rentenanwartschaften durchzuführen, auch wenn die Scheidung kroatischem Recht unterliegt, das den Versorgungsausgleich nicht kennt.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

2 UF 302/99

In der Familiensache

weiterhin am Verfahren beteiligt:

hat der 2. Familiensenat in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Vorsitzenden Richter Schreiber, den Richter Krämer und Kirsch am 29. Januar 2001 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Amtsgerichts Kassel vom 8. September 1999 abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Vom Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Verfahrensbeteiligten zu 1) werden auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Verfahrensbeteiligten zu 2) Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 140,12 DM, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 30. April 1993, übertragen. Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Beschwerdewert wird auf 1.681,44 DM festgesetzt.

Gründe:

Die Parteien, beide kroatische Staatsangehörige, haben am 28. Januar 1986 in Trogir (Kroatien) die Ehe geschlossen, aus der keine Kinder hervorgegangen sind. Im vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin zunächst vor dem Amtsgericht die Scheidung der Ehe beantragt. Der Scheidungsantrag ist dem Antragsgegner am 2. April 1993 zugestellt worden.

Der Antragsgegner hat seinerseits am 2. Dezember 1992 bei einem Gericht in Kroatien, nämlich dem Bezirksgericht in Split, einen Ehescheidungsantrag eingereicht. Die Parteien streiten darüber, wann dieser Antrag der Antragstellerin zugestellt worden ist.

Durch Beschluß vom 29. März 1994 hat das inzwischen zuständig gewordene Gericht in Trogir den Scheidungsantrag im Hinblick auf das früher rechtshängig gemachte Scheidungsverfahren in Deutschland abgewiesen. Durch Beschluß vom 29. Juni 1994 hat das Bezirksgericht in Split auf Rechtsmittel des Antragsgegners hin den Beschluß des Gerichtes in Trogir aufgehoben und das Verfahren dorthin zurückverwiesen. Die Ehe der Parteien wurde schließlich durch Urteil des Gerichtes in Trogir vom 18. April 1995 geschieden. Die Antragstellerin hat gegen die Kostenentscheidung im dortigen Verfahren Rechtsmittel eingelegt, über das vom Bezirksgericht in Split durch Urteil vom 5. Juli 1995 entschieden wurde. Daraufhin erklärten beide Parteien das vor dem Amtsgericht Kassel anhängige Scheidungsverfahren in der Hauptsache für erledigt, jedoch mit Ausnahme des Versorgungsausgleichsverfahrens.

Durch den angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht die Durchführung des Versorgungsausgleichs mit der Begründung abgelehnt, daß die Parteien in der Ehezeit keine Versorgungsanwartschaften erworben hätten. Gegen diesen ihr am 15. September 1999 zugestellten Beschluß wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 27. September 1999 eingelegten und zugleich begründeten Beschwerde.

Sie macht geltend, daß das Amtsgericht irrtümlich davon ausgegangen sei, der Antragsgegner habe keine Rentenanwartschaften erworben.

Sie beantragt deshalb, den öffentlich rechtlichen Versorgungsausgleich durchzuführen.

Dem tritt der Antragsgegner mit der Begründung entgegen, der Versorgungsausgleich habe aus Billigkeitserwägungen zu unterbleiben, weil die ihm danach noch verbleibende Versorgung nicht ausreiche, seinen Lebensbedarf zu bestreiten.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig. Sie führt zur Abänderung des angefochtenen Beschlusses und zur Regelung des Versorgungsausgleichs in der sich aus dem Tenor dieses Beschlusses ergebenden Weise.

Nach Art. 17 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EGBGB ist der Versorgungsausgleich hinsichtlich der in Deutschland erworbenen Rentenanwartschaften durchzuführen, auch wenn die Scheidung kroatischem Recht unterliegt, das den Versorgungsausgleich nicht kennt.

Damit sind die Anwartschaften beider Parteien bei den Verfahrensbeteiligten zu 1) und 2) gegeneinander auszugleichen, wobei das Ende der Ehezeit gemäß § 1587 Abs. 2 BGB mit dem 30. April 1993 anzunehmen ist. Zwar ist der Scheidungsantrag der Antragstellerin dem Antragsgegner in Deutschland bereits am 2. April 1993 zugestellt worden. Dies ist jedoch deshalb nicht der maßgebliche Zeitpunkt, weil auf diesen Scheidungsantrag hin die Ehe der Parteien nicht geschieden worden ist, sondern durch Urteil des Gerichts in Trogir im Rahmen des vom Antragsgegner eingeleiteten Scheidungsverfahrens. Für das Ende der Ehezeit ist nur die Zustellung des Scheidungsantrages maßgeblich, der letztlich zur Scheidung der Ehe geführt hat (Palandt-Brudermüller, BGB, 60. Aufl., Rdnr. 29 zu § 1587 BGB mit weiteren Nachweisen).

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist der Scheidungsantrag im Verfahren vor dem kroatischen Gericht am 8. Mai 1993 zugestellt worden. Die Antragstellerin hat die Ablichtung eines Briefumschlages und des Inhaltes vorgelegt, der an sie vom Generalkonsulat der Republik Kroatien in Berlin gerichtet war. Die Übersendung erfolgte per Einschreiben mit Rückschein. Der Benachrichtungszettel wurde ausweislich des Vermerks des Postbediensteten am 8. Mai 1993 in den Hausbriefkasten der Antragstellerin eingeworfen. Der Antragsgegner vertritt hierzu zwar die Auffassung, daß unklar sei, um was für ein Schriftstück es sich gehandelt habe. Jedenfalls hat die Antragstellerin eine Ablichtung einer Ladung zu einem Termin am 9. September 1993 durch das Gericht in Split vorgelegt, die sich in dem Umschlag befunden hat. Darüber hinaus ergibt sich aus dem Beschluß des Gerichtes in Trogir vom 29. März 1994, mit dem der Ehescheidungsantrag abgewiesen worden war, daß die Zustellung zu dem zunächst vorgesehenen Termin vom 12. Februar 1993 an die Antragstellerin nicht mehr rechtzeitig erfolgen konnte, so daß neuer Termin auf den 9. September 1993 bestimmt werden mußte, an dem dann auch ein Verfahrensbevollmächtigter der Antragstellerin teilnahm. Dies zeigt, daß die Darstellung der Antragstellerin zutrifft, wonach ihr erst Anfang Mai 1993 der Scheidungsantrag zustellt worden ist.

Damit ist das Ehezeitende auf den 30. April 1993 festzusetzen.

Während der Ehezeit hat die Antragstellerin bei der Verfahrensbeteiligten zu 2) keine Rentenanwartschaften erworben, der Antragsgegner hingegen bei der Verfahrensbeteiligten zu 1) Anwartschaften in Höhe von 280,23 DM monatlich. Die Hälfte hiervon ist auf das Rentenkonto der Antragstellerin zu übertragen, mithin 140,12 DM monatlich.

Nach Auffassung des Senats liegen Gründe für den Ausschluß oder die Einschränkung des Versorgungsausgleichs nach § 1587 c BGB nicht vor. Insbesondere ist die Inanspruchnahme des Antragsgegners unter Berücksichtigung der beiderseitigen Verhältnisse, insbesondere des Vermögenserwerbs während der Ehe, keineswegs grob unbillig. Hierbei ist zum einen von Bedeutung, daß nicht sämtliche Rentenanwartschaften des Antragsgegners in den Versorgungsausgleich miteinbezogen werden. Außerhalb der Ehezeit hat nämlich der Antragsgegner 5,76 Entgeltpunkte erworben, was bei einem aktuellen Rentenwert zum Ende der Ehezeit von 42,63 DM je Entgeltpunkt immerhin noch 245,55 DM ergibt. Zusammen mit den dem Antragsgegner aus der Ehezeit noch verbleibenden Anwartschaften von 140,12 DM ergeben sich Rentenanwartschaften von insgesamt 385,67 DM. Demgegenüber hat die Antragstellerin in den Versorgungsausgleich nicht einzubeziehende Anwartschaften in Höhe von 310,75 DM monatlich erworben. Zusammen mit den auf sie zu übertragenden Rentenanwartschaften von monatlich 140,12 DM ergeben sich Anwartschaften in Höhe von insgesamt 450,87 DM monatlich, also nur 65,20 DM mehr, als dem Antragsgegner verbleiben. Bei dieser Sachlage kann keine Rede davon sein, daß die Durchführung des Versorgungsausgleichs für den Antragsgegner grob unwillig wäre, zumal nach wie vor ungeklärt ist, ob er nicht darüber hinaus auch noch Anwartschaften in Kroatien erworben hat. Zu der entsprechenden Behauptung der Antragstellerin hat er sich bislang nicht substantiiert geäußert. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 8 GKG, 93 a ZPO.

Ende der Entscheidung

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