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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 16.11.2004
Aktenzeichen: 2 W 39/04
Rechtsgebiete: BGB, InsO


Vorschriften:

BGB § 580 a IV
InsO § 108
Zum Sonderkündigungsrecht des Insolvenzverwalters im Hinblick auf ein Pachtverhältnis.
Gründe:

Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 127 Abs. 2 S. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). In der Sache hat sie indessen keinen Erfolg, da das Landgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht mangels Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung zurückgewiesen hat (§ 114 ZPO).

Ein auf die Regeln zur kapitalersetzenden Gebrauchsüberlassung analog § 32 a, b GmbHG gestützter Anspruch auf Nutzungsentschädigung für die Zeit vom 24.05.2003 bis 31.01.2004 wegen Entzugs des Gebrauchs des Pachtgrundstücks gemäß dem Antrag zu 1) steht dem Antragsteller schon deswegen nicht zu, weil er als Insolvenzverwalter das Pachtverhältnis der Insolvenzschuldnerin mit der Antragsgegnerin zum 31.12.2002 gekündigt hat.

Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist das Schreiben des Antragstellers vom 30.09.2002 bei verständiger Würdigung nach dem objektiven Empfängerhorizont als Kündigung aufzufassen. Hierfür spricht zum einen, dass das Schreiben mit "Kündigung des Mietvertrages" überschrieben ist. Zum anderen ergibt sich daraus, dass der Antragsteller darin eine Erfüllung des Pachtvertrags ausdrücklich abgelehnt hat, dass er das Pachtverhältnis nicht mehr fortsetzen wollte. Diese Erklärung war, wie für eine Kündigung erforderlich, eindeutig und unmissverständlich auf eine Beendigung des Pachtverhältnisses gerichtet.

Demgegenüber kann der Antragsteller sich nicht darauf berufen, er habe lediglich die Erfüllung nach § 103 InsO abgelehnt. Bereits als Folge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlöschen die Hauptleistungspflichten aus beiderseits noch nicht erfüllten gegenseitigen Verträgen (BGHZ 135, 25, 26). Der Erklärung des Insolvenzverwalters, er lehne die Erfüllung ab, kommt lediglich deklaratorische Bedeutung dahingehend zu, dass es bei dem mit der Verfahrenseröffnung verbundenen Erlöschen der Erfüllungsansprüche bleiben soll (BGHZ 135, 25, 29/30; Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 103 Rn. 85). Damit bestünde, falls § 103 InsO überhaupt anwendbar wäre, ebenfalls kein Anspruch auf Überlassung der Pachtsache mehr. Im Ergebnis nicht anders wäre es, wenn entsprechend der neuesten Rechtsprechung des BGH (BGHZ 150, 354, 359) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens kein Erlöschen der Erfüllungsansprüche im Sinne einer materiell-rechtlichen Umgestaltung bewirkt, sondern die noch offenen Ansprüche im Insolvenzverfahren lediglich ihre Durchsetzbarkeit verlieren.

Indessen kommt hier nicht § 103 InsO, sondern § 108 InsO zur Anwendung. Diese Vorschrift enthält für Miet- und Pachtverhältnisse über Grundstücke und Räume eine Abweichung von dem ansonsten bestehenden Wahlrecht des Insolvenzverwalters und entzieht sie dem Anwendungsbereich des § 103 InsO (Uhlenbruck, § 108 InsO, Rn. 1). Danach bestehen solche Rechtsverhältnisse zwar mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort (§ 108 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Dem Insolvenzverwalter wird jedoch in § 109 Abs. 1 S. 1 InsO ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt, das der Antragsteller - wie dargelegt - mit seinem Schreiben vom 30.09.2002 auch ausgeübt hat. Nach dieser Vorschrift kann der Insolvenzverwalter ohne Rücksicht auf die vereinbarte Vertragsdauer unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen. Die gesetzliche Frist ergibt sich aus § 580 a Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 Nr. 3 1. Alternative BGB. Da das Kündigungsschreiben vom 30.09.2002 der Antragsgegnerin am 01.10.2002 zugegangen ist, endete das Pachtverhältnis daher mit Ablauf des 31.12.2002.

Damit sind die für die Zeit vom 24.05.2003 bis 31.01.2004 geltend gemachten Nutzungsentschädigungsansprüche, die an den Fortbestand des Pachtverhältnisses geknüpft sind, nicht gegeben.

Für den Antrag zu 2) ist die Erfolgsaussicht bereits deswegen zu verneinen, weil für ihn, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, die Zuständigkeit des Landgerichts nicht gegeben ist. Das bei einem Landgericht eingereichte Prozesskostenhilfegesuch ist, sofern - wie hier - Klage noch nicht erhoben worden ist, insgesamt zurückzuweisen, wenn der erfolgversprechende Teil der beabsichtigten Klage unterhalb der Zuständigkeitsgrenze des Landgerichts bleibt (OLG Brandenburg MDR 01, 769; OLG Hamm MDR 95, 1065; Zöller-Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 114 Rn. 23 a. E.).

Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, da sein Rechtsmittel keinen Erfolg hat (§ 49 GKG a.F. i. V. m. KV Nr. 1956 a.F.). Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

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