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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 13.09.2002
Aktenzeichen: 2 WF 172/02
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 114
BGB § 1603
Der Senat beurteilt die Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung in ständiger Rechtsprechung großzügig. Danach ist PKH im allgemeinen nur zu verweigern, wenn eine mit den nötigen Mitteln versehene Partei des Klaganspruch anerkennen würde.

Das gilt erst, wenn der Beklagte einen Vollstreckungstitel verteidigt.


OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

2 WF 172/02

In der Familiensache

hat der 2. Familiensenat in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter Bielefeldt, Krämer und Kirsch am 13. September 2002 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Beklagten wird der Beschluß des Amtsgerichts Melsungen vom 23.Juli 2001 abgeändert.

Dem Beklagten wird für den ersten Rechtszug unter Beiordnung von Rechtsanwalt Leiser, Niestetal, Prozeßkostenhilfe bewilligt.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Der Kläger ist das Kind des Beklagten aus dessen Ehe mit Frau XYZ.. Die Eheleute haben sich im Januar 1994 getrennt. Seitdem lebt der Kläger bei seiner Mutter. Die Ehe ist seit längerem geschieden.

Im Verfahren 531 F 2348/94 - AG Kassel -, das auf Kindesunterhalt gerichtet war, hat sich der Beklagte durch Vergleich vom 14. Februar 1995 unter anderem verpflichtet, laufenden Unterhalt über freiwillig gezahlte 241 DM hinaus in Höhe von weiteren 44 DM, insgesamt also in Höhe von 285 DM zu zahlen.

Im vorliegenden Verfahren strebt der Kläger ein Abänderung dieses Vergleichs an. Er begründet dies damit, dass der Beklagte über ein höheres Einkommen verfüge und außerdem Unterhalt nach einer höheren Altersstufe zu zahlen sei.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und den Vergleich dahin abgeändert, dass der Beklagte ab Januar 2001 bis Juni 2001 monatlich 447 DM und ab Juli 2001 monatlich 465 DM Kindesunterhalt zu zahlen hat.

Durch den angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht das Prozeßkostenhilfegesuch des Beklagten mit der Begründung zurückgewiesen, wie sich aus dem Urteil ergebe, biete die Rechtsverteidigung des Beklagten keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Beschwerde.

Die Beschwerde ist zulässig. Zwar ist sie erst mit fast einjähriger Verspätung eingelegt worden. Bei einer so langen Verzögerung wird im allgemeinen das Beschwerderecht verwirkt sein. Dadurch, daß der Beklagte aber bereits seit September 2001 Berufung gegen das Urteil des Amtsgericht führt, hat er zu erkennen gegeben, daß er mit der Rechtsauffassung des Amtsgerichtes nicht einverstanden ist. Deshalb hat er keinen Anhaltspunkt dafür gegeben, daß er sich mit der Zurückweisung seines Prozeßkostenhilfegesuchs im ersten Rechtszug zufrieden gibt.

Die Beschwerde ist in der Sache auch begründet, weil die Rechtsverfolgung des Beklagten jedenfalls im ersten Rechtszug die für die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe gemäß § 114 ZPO erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Der Senat bewertet die Erfolgsaussichten bei einem Beklagten, der sich gegen eine Klage wendet, nach ständiger Rechtsprechung großzügig. Danach kann die Prozeßkostenhilfe im allgemeinen nur dann versagt werden, wenn die Rechtsverteidigung so aussichtslos ist, daß eine Partei, die die Verfahrenskosten aus eigenen Mitteln bestreiten müßte, den Klageantrag sofort anerkennen würde. Dies gilt erst recht, wenn der Beklagte sich wie hier einen von ihm errichteten Vollstreckungstitel verteidigt.

Im ersten Rechtszug (wie auch m Berufungsverfahren) geht es im wesentlichen um die Frage, inwieweit Kreditverbindlichkeiten des Beklagten bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen sind. Insoweit muß dem Beklagten das Recht zugebilligt werden, die Berücksichtigungsfähigkeit der Verbindlichkeiten im Verfahren selbst nachprüfen zu lassen. Dem steht nicht entgegen, daß der Beklagte für seine Berufung keine Prozeßkostenhilfe erhalten hat. Insoweit gilt nämlich die für den ersten Rechtszug maßgebliche Erleichterung bei der Darlegung der Erfolgsaussichten nicht mehr.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf Nr. 1956 des Kostenverzeichnisses zu § 11 Abs. 1 GKG, 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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