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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 18.06.2007
Aktenzeichen: 2 WF 210/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 115
Zuwendungen sind bei der Ermittlung der Bedüftigkeit im PKH-Verfahren nur dann als geldwerte Beträge zu werten, die die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners steigern, wenn diese Zuwendungen der Entlastung des Unterhaltsgläubigers dienen sollen. Bei Leistungen aus dem Familienkreis spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Leistungen dem begünstigten Familienangehörigen allein zu Gute kommen soll.
Gründe:

Die Antragstellerin und der Antragsgegner sind seit dem 22.07.1993 verheiratet. Sie leben seit September 1999 dauerhaft voneinander getrennt. Der Antragsgegner hat eine Zeit lang auf einen anwaltlichen Rat hin 270,26 Euro monatlichen Unterhalt gezahlt. Die Antragstellerin bezieht bereits Rente in Höhe von monatlich 264,22 Euro. Zusätzlich verdient sie im Rahmen einer Nebentätigkeit 345 Euro. Der Antragsgegner erzielt monatliche Einkünfte in Höhe von 1.257,33 Euro aus Erwerbstätigkeit. Er bewältigt eine Fahrtstrecke zur Arbeit von 24 km. Auf eine Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt der Antragsgegner monatlich 98,73 Euro. Der Antragsgegner lebt im Haus seiner Eltern. Ob er dort Miete zahlt, ist streitig.

Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe für den Antrag, den Antragsgegner zur Zahlung von Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 427,76 Euro zu verurteilen. Trennungsunterhalt für die Monate Oktober und November 2006 macht sie in Höhe von insgesamt 540,52 Euro geltend. Dabei legt sie die ursprünglich gezahlten monatlichen Unterhaltsbeträge in Höhe von 270,26 Euro zugrunde und vertritt dazu die Meinung, dieser Unterhaltsbetrag sei vertraglich vereinbart.

Mit Beschluss vom 24.04.2007 hat das Amtsgericht Biedenkopf der Antragstellerin Prozesskostenhilfe gewährt, soweit sie monatlich 26,60 Euro Unterhalt begehrt. Diesen Betrag hat das Amtsgericht Biedenkopf auch für die Rückstände zugrunde gelegt und daher Prozesskostenhilfe für Rückstände in Höhe von 53,20 Euro bewilligt. Gegen diesen Beschluss führt die Antragstellerin zulässig sofortige Beschwerde, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat.

Auf die sofortige Beschwerde hin war der Prozesskostenhilfebeschluss teilweise abzuändern, da die beabsichtigte Klage in höherem Umfang erfolgreich sein kann, als dies im angefochtenen Beschluss zugrunde gelegt worden ist. Die hinreichende Erfolgsaussicht der von der Antragstellerin beabsichtigten Unterhaltsklage muss nach dem Maßstab des § 114 ZPO danach beurteilt werden, ob nach einer vorläufigen Prüfung eine Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Antragstellerin der begehrte Unterhalt zusteht. Für bestrittene Tatsachen reicht zunächst aus, dass diese dem Beweis zugänglich sind; es ist nicht erforderlich, dass Beweis bereits angetreten worden ist Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes ist auch keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Erfolgsaussicht zu fordern, vielmehr ist es ausreichend, wenn nach den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Berechtigung der Unterhaltsansprüche spricht (Baumbach/Lauterbach/Hartmann, 64. Auflage, Rn. 80 zu § 114 ZPO).

Danach war der Antragstellerin Prozesskostenhilfe für die im Eingang genannten Unterhaltsbeträge zu bewilligen, weil diese mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit nach vorläufiger Prüfung geschuldet sein könnten.

Bei Einkünften in Höhe von 1.257,33 Euro ist der Antragsgegner gegebenenfalls zu einer Leistung von höheren Unterhaltszahlungen als rund 30 € monatlich in der Lage. Soweit die Antragstellerin allerdings die Auffassung vertritt, für den Antragsgegner sei ein höheres Einkommen zu veranschlagen, weil er mietfrei im Haus seiner Eltern lebt, kann dem nicht gefolgt werden. Auch die Auffassung der Antragstellerin, der Selbstbehalt des Antragsgegners sei niedriger anzusetzen, weil er mietfrei lebe und im Haushalt der Eltern verköstigt wird, ist nicht tragfähig. Soweit die Eltern des Antragsgegners diesem über die Bereitstellung von Wohnraum oder die Teilhabe an Mahlzeiten eine finanzielle Unterstützung kommen lassen, handelt es sich um eine Zuwendung. Zuwendungen sind nur dann als geldwerte Beträge zu werten, die die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners steigern, wenn diese Zuwendungen der Entlastung des Unterhaltsgläubigers dienen sollen. Bei Leistungen aus dem Familienkreis spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Leistungen dem begünstigten Familienangehörigen allein zu Gute kommen soll (BGH, FamRZ 1995, Seite 537, so auch Ziffer 8 der Unterhaltsgrundsätze des OLG Frankfurt am Main, Stand 01.07.2005). Dazu, dass die Eltern des Antragsgegners diesem den Wohnvorteil bzw. weitere finanzielle Vergünstigungen zukommen lassen, um dessen Leistungsfähigkeit im Hinblick auf den Ehegattenunterhalt zu steigern, fehlen Anhaltspunkte. Es ist daher für das leistungsfähige Einkommen des Antragsgegners davon auszugehen, dass dieser über monatlich 1.257,33 Euro verfügt.

Soweit das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung davon ausgegangen ist, dass die Beiträge zur Berufsunfähigkeitsversicherung in Abzug gebracht werden können, ist dem für das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahrens nicht zu folgen. Beiträge zu einer Berufsunfähigkeitsversicherung können allgemein die Leistungsfähigkeit nur unter bestimmten Bedingungen schmälern. So kann davon ausgegangen werden, dass eine Abzugsfähigkeit besteht, wenn für den Unterhaltsgläubiger die Möglichkeit besteht, von der Berufsunfähigkeitsversicherung zu profitieren (so OLG Hamm, FamRZ 2001, 625). Im Übrigen müssen besondere Gründe dafür vorgetragen werden, warum eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzugsfähig sein soll. Derartige Gründe hat der Antragsgegner bisher nicht vorgebracht, so dass für die vorläufige Prüfung des Prozesskostenhilfeprüfungsverfahrens nicht von einer Abzugsfähigkeit ausgegangen werden kann. Damit ergibt sich, dass von dem Einkommen des Antragsgegners in Höhe von 1.257,33 Euro lediglich die zutreffend geltend gemachten Fahrtkosten in Höhe von 132 Euro in Abzug gebracht werden können. Ihm verbleiben daher 1.125,33 Euro. Unter Berücksichtigung des angemessenen Selbstbehaltes in Höhe von 1.000 Euro ist der Antragsgegner daher möglicherweise zur Leistung von 125,33 Euro Ehegattenunterhalten in der Lage. Da damit selbst der Mindestbedarf der Antragstellerin (890 Euro) nicht gedeckt ist, ergibt sich ein Unterhaltsanspruch in dieser Höhe aus § 1361 BGB.

Eine Herabsetzung des Selbstbehaltes ist nicht gerechtfertigt. Dafür spricht auch nicht der Umstand, dass der Antragsgegner im Haushalt seiner Eltern lebt. Hier gilt zunächst das für die Zuwendung bereits Ausgeführte. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass das Zusammenleben mit den Eltern ebensowenig wie das Zusammenleben mit einem neuen Lebensgefährten es rechtfertigt, den Selbstbehalt zu reduzieren (21.5.3 der Unterhaltsgrundsätze des OLG Frankfurt am Main, Stand 01.07.2005).

Nach alledem war der Beschluss des Amtsgerichts Biedenkopf abzuändern. Unberücksichtigt bleiben mussten vor dem Hintergrund der mangelnden Leistungsbereitschaft des Beklagten etwaige Realsplittingvorteile. Denn den Unterhaltsschuldner trifft eine Obliegenheit zur Geltendmachung des Realsplittings nur insoweit, als er den Unterhaltsanspruch anerkannt hat, dieser rechtskräftig feststeht oder soweit er den Unterhaltsanspruch freiwillig erfüllt (BGH, FamRZ 2007, 793).

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt, KV Nr. 1812 zu § 3 Abs. 2 GKG, § 127 Abs. 4 ZPO.

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