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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 28.08.2002
Aktenzeichen: 2 WF 270/02
Rechtsgebiete: GKG, ZPO


Vorschriften:

GKG § 8
GKG § 5 Abs. 2
ZPO § 379
ZPO § 360
Ordnet das Gericht an, daß die Partei einen Vorschuß für ein Sachverständigengutachten zu erbringen habe, erteilt es aber dem Sachverständigen den Auftrag, ohne daß die Partei den Vorschuß geleistet hat und obwohl sie angekündigt hat, den Vorschuß nicht zu erbringen, dann sind die Kosten des Gutachtens niederzuschlagen.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

2 WF 270/02

In der Familiensache

hat der 2. Familiensenat in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Richter am Oberlandesgericht Krämer als Einzelrichter am 28. August 2002 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Amtsgerichts Eschwege vom 9. Mai 2002 abgeändert.

Die Kosten, die im Zusammenhang mit der Beauftragung des Sachverständigen XYZ. entstanden sind, sind nicht zu erheben.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Parteien waren miteinander verheiratet. Ihre Ehe ist 1996 geschieden worden. Die beiden aus der Ehe hervorgegangenen Töchter leben seit der Trennung der Parteien bei der Klägerin zu 1).

Im vorliegenden Verfahren haben die Klägerinnen den Beklagten auf Zahlung von Ehegattenunterhalt und Kindesunterhalt in Anspruch genommen. Das Verfahren war dadurch gekennzeichnet, dass die Einkünfte des Beklagten im Streit standen. Durch Beweisbeschluss vom 10. November 1998 hat das Amtsgericht die Einholung eines Gutachtens des Steuerberaters XYZ., über die Höhe des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens des Beklagten einschließlich Einkünften aus Vermietung und Verpachtung unter Berücksichtigung weiterer Vorgaben angeordnet. Zugleich hat es dem Beklagten aufgegeben, einen Kostenvorschuss in Höhe von 1.500 DM in monatlichen Raten von 500 DM zu zahlen.

Nach Erhalt dieses am 10. November 1998 verkündeten Beschlusses hat der Beklagte durch einen am 3. Dezember 1998 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz die Einholung des Sachverständigengutachtens beanstandet. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich die Verfahrensakten bereits beim Sachverständigen, der sie unter dem 7. Dezember 1998 an das Amtsgericht nach Einsichtnahme zurücksandte. Der Beklagte erklärte, dass er den eingeforderten Vorschuss nicht zahlen werde und beantragte Aufhebung des Beweisbeschlusses. Mit Verfügung vom 10. Dezember 1998 wies das Amtsgericht den Beklagten darauf hin, dass er selbst in seinem Schriftsatz vom 23. Oktober 1998 einen Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellt habe.

In der Folgezeit forderte der Sachverständige den Beklagten mehrfach auf, ihm für die Begutachtung nötige Unterlagen zu übersenden. Diesen Aufforderungen kam der Beklagte nicht nach. Mit Rechnung vom 14. Mai 1999 rechnete der Sachverständige seine bis dahin erledigten Tätigkeiten ab. Dies ergab einen Betrag von 1.166,20 DM.

Der Rechtsstreit ist inzwischen insgesamt durch Urteil des Senates vom 3. Januar 2001 erledigt (2 UF 71/00).

Am 12. April 2002 hat der Kostenbeamte des Amtsgerichts die Sachverständigenentschädigung in die Kostenrechnung aufgenommen (596,27 Euro). Diese wurden bei der Ausgleichung der Verfahrenskosten im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18. April 2002 berücksichtigt.

Gegen den Kostenansatz hat der Beklagte Erinnerung eingelegt, welche das Amtsgericht mit Beschluss vom 9. Mai 2002 zurückgewiesen hat.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Beschwerde, mit der er sich darauf beruft, keine Partei habe ein Sachverständigengutachten beantragt. Dies habe lediglich der Arbeitsentlastung des Amtsgerichts gedient. Auch sei die Sachverständigenrechnung überhöht.

Die Beschwerde ist gemäß § 5 Abs. 2 GKG zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg.

Die durch die Beauftragung des Sachverständigen entstandenen Auslagen sind nicht zu erheben, weil sie bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären (§ 8 GKG). Zum einen hatte das Amtsgericht in seinem Beweisbeschluss richtigerweise die Zahlung eines Vorschusses nach § 379 ZPO angeordnet. Es hat aber keineswegs die Leistung des Vorschusses abgewartet, sondern die Akten unverzüglich dem Sachverständigen zugeleitet. Bei richtiger Sachbehandlung, nämlich Abwarten der Vorschusseinzahlung, wären die Sachverständigengebühren nicht entstanden, weil der Beklagte eindeutig erklärt hat, einen Vorschuss nicht leisten zu wollen und tatsächlich auch zu keinem Zeitpunkt dieser Vorschussanordnung nachgekommen ist.

Darüber hinaus bezog sich der Beweisantritt des Beklagten im Schriftsatz vom 23. Oktober 1998 (Einholung eines Sachverständigengutachtens) offenkundig nicht auf seine gesamten Einkünfte, sondern nur auf den im Schriftsatz vom 5. Juni 1998 unmittelbar vorhergehenden Absatz, in dem er die Notwendigkeit seiner Aufwendungen im Rahmen der Vermietung und Verpachtung vortrug. Bei der in Bezug genommenen Anlage 4 handelte es sich um die Anlage V zur Einkommensteuererklärung. Die in dieser Anlage genannten Kosten betrafen aber lediglich die Instandhaltung des Gebäudes sowie hiermit verbundene Nebenkosten. Sie waren der Begutachtung durch einen Steuerberater nicht zugänglich. Die Beweisfrage fiel eher in den Zuständigkeitsbereich eines Bausachverständigen.

Selbst wenn aber das Amtsgericht den Beweisantrag richtig ausgelegt haben sollte, so war bereits am 3. Dezember 1998 offenkundig, dass ein Beweisantritt durch Einholung eines Sachverständigengutachtens vom Beklagten nicht mehr aufrecht erhalten wurde. Die Klägerin selbst hatte sich zu keinem Zeitpunkt auf ein Gutachten berufen. Auch wenn nach § 360 ZPO vor der Erledigung des Beweisbeschlusses keine Partei dessen Änderung aufgrund der früheren Verhandlungen verlangen kann, war das Gericht im Rahmen seiner vorprozessualen Fürsorgepflicht, die auch die Vermeidung unnötiger Verfahrenskosten beinhaltet, verpflichtet, zumindest von Amts wegen die Beauftragung des Sachverständigen zurückzustellen und gegebenenfalls erneute mündliche Verhandlung anzuberaumen.

Bei dieser Sachlage hätte das Amtsgericht unverzüglich nach Eingang des Schriftsatzes vom 1. Dezember 1998 die Akten vom Sachverständigen zurückfordern müssen, um dessen weiteres Tätigwerden zu verhindern. Dies ist unterblieben. Statt dessen hat der Sachverständige sich noch über Monate hinweg um die Vorlage von Unterlagen durch den Beklagten bemüht, was weitere Kosten verursacht hat, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits klar war, dass der Beklagte an der Erstellung des Gutachtens nicht mitwirken würde.

Tatsächlich konnte der Rechtsstreit auch ohne jede Begutachtung entschieden werden. Gegebenenfalls hätte das Gericht zu prüfen gehabt, ob aus dem Verhalten des Beklagten im Prozess nicht für ihn negative Schlussfolgerungen im Rahmen der Beweiswürdigung in Betracht kamen.

Nach allem war der angefochtene Beschluss abzuändern und die Kostenrechnung hinsichtlich der Sachverständigengebühren aufzuheben.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 5 Abs. 6 GKG.

Ende der Entscheidung

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