Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 15.11.2002
Aktenzeichen: 2 WF 315/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 3
Der Senat nimmt in ständiger Rechtsprechung an, daß der leistungsanspruch immer der höchste Anspruch ist und daß eine Zusammmenrechnung auch dann nicht erfolgt, wenn der Kläger zunächst nur Auskunft verlangt hat und nach deren Erteilung zum Leitungsanspruch übergeht.
2 WF 315/01

In der Familiensache

hat der 2. Familiensenat in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Richter am Oberlandesgericht Krämer als Einzelrichter am 15.November 2002 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Amtsgerichts Kassel vom 18. Juli 2002 abgeändert.

Der Antragstellerin wird für den ersten Rechtszug unter Beiordnung von Rechtsanwältin Scharninghausen , Kassel, Prozeßkostenhilfe bewilligt.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Parteien sind miteinander verheiratet. Sie leben seit mehreren Jahren getrennt. Das Ehescheidungsverfahren ist beim Amtsgericht Kassel anhängig (520 F 269/02). Die Antragsschrift wurde am 3.April 2002 zugestellt.

Bis einschließlich Februar 2001 zahlte der Antragsgegner an die Antragstellerin monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 260 DM.

Durch Schreiben der Prozeßbevollmächtigten der Antragstellerin vom 2.November 2001 wurde er aufgefordert, Auskunft über seine Einkünfte zu erteilen, weil die Unterhaltsrente von 260 DM monatlich, die am 8.Mai 1995 vertraglich vereinbart worden sei, seither nicht angepaßt worden sei. Mit Schreiben vom 28.Januar 2002 teilte der Prozeßbevollmächtigte des Antragsgegners mit, daß das gesamte monatliche Einkommen sich auf 784,48 EUR belaufe.

Im vorliegenden Verfahren möchte die Antragstellerin den Antragsgegner auf weitergehende Auskunft in Anspruch nehmen, nämlich bezüglich der vom Antragsgegner innerhalb der letzten drei Jahre veräußerten Hausgrundstücke und die hierfür eingenommenen Gegenleistungen sowie über die Einnahmen aus den Häusern während der Zeit, in der er Eigentümer war. Mit Schriftsatz vom 30.April 2002 hat die Antragstellerin ihren Prozeßkostenhilfeantrag auch dahin ausgedehnt, daß der Antragsgegner Auskunft über seine Einkünfte als selbständiger Handelsvertreter für die Zeit vom 1.April 2001 bis 31.März 2002 unter Vorlage sämtlicher Belege zu erteilen habe.

Der Antragsgegner tritt dem Begehren mit der Begründung entgegen, er sei hinsichtlich etwaigen Grundstücksverkäufe nicht zur Auskunft verpflichtet, über seine laufenden Einkünfte habe er Auskunft erteilt.

Durch den angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht das Prozeßkostenhilfegesuch der Antragstellerin mit der Begründung zurückgewiesen, die Geltendmachung eines isolierten Auskunftsanspruchs sei schon deshalb nicht möglich, weil eine Stufenklage hätte erhoben werden können. Im übrigen fehle der beabsichtigten Klage auch die hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil es nicht um die gegenwärtige Einkommenssituation gehe, sondern um in der Vergangenheit liegende Vorgänge.

Gegen diesen ihr am 1.August 2002 zugestellten Beschluß wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 27.August 2002 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde. Sie ergänzt ihren beabsichtigten Klageantrag um die Frage, welche Gegenleistung der Antragsgegner bei den Veräußerungen erhalten habe und welche weiteren Einkünfte er erzielt habe.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig; sie ist auch in der Sache begründet.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Antragstellerin bietet die für die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe gem. § 114 ZPO erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Nach dem Inhalt der Antragschrift ist davon auszugehen, daß die Antragstellerin in diesem Verfahren Auskunft nur bezüglich des Trennungsunterhaltes begehrt und nachehelicher Unterhalt zunächst nicht geltend gemacht wird. Dies wird gestützt durch das Mahnschreiben vom 2.November 2001, durch das eine Anpassung der früher vereinbarten Trennungsunterhaltsrente angestrebt wird.

In diesem Rahmen ist der Antragsgegner gemäß den §§ 1361 Abs. 4 Satz 4, 1605 Abs. 1 BGB verpflichtet, auf Verlangen über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist. In diesem Rahmen bewegen sich die angekündigten Anträge. Denn die Frage, welche Hausgrundstücke zu welchem Preis veräußert worden sind, betrifft das Vermögen des Antragsgegners, worüber er nach den genannten Vorschriften Auskunft zu erteilen hat. Da nach dem Mahnschreiben vom 2.November 2001 Unterhalt auch für die Vergangenheit verlangt werden kann (§ 1613 BGB), kommt es nicht allein auf den heutigen Stand an, sondern auch auf Vorgänge in der Vergangenheit, auch soweit sie schon drei Jahre zurückliegen. Denn es spricht alles dafür, daß etwa erzielte Verkaufserlöse sich immer noch im Vermögen des Antragsgegners befinden und er hieraus Einkünfte erzielt. Sollte er sich freigebig durch Schenkung dieser Werte begeben haben, ist dies möglicherweise gegenüber der Antragstellerin unterhaltsrechtlich unbeachtlich, so daß auch in diesem Falle die Auskunft benötigt wird. Deshalb kommt es auch darauf an, welche Mieteinnahmen der Antragsgegner zu der Zeit erzielt hat, als er noch Eigentümer der Objekte war. Auch hat er Auskunft über seine laufenden Einnahmen als Handelsvertreter zu erteilen.

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners liegen ausreichende Einkünfte nicht vor. Zwar hat er mit Schreiben vom 28.Januar 2002 mitteilen lassen, sein gesamtes monatliches Einkommen betrage 784,48 EUR, wobei er von seinem Sohn 250 EUR erhalte. Diese Auskunft mußte er später richtig stellen, wonach er das Geld nicht von seinem Sohn, sondern von seiner Schwiegertochter Manuela erhalte. Im Schriftsatz vom 4.März 2002 gibt er darüber hinaus an, daß er über keine Einkünfte, insbesondere nicht aus Vermietung und Verpachtung verfüge und auch nicht Eigentümer eines Zweifamilienhauses in B. oder eines Vierfamilienhauses in den neuen Bundesländern sei. Die Behauptung, er verfüge über kein Grundeigentum mehr, mag zutreffend sein, betrifft aber nicht die Frage, für die zulässigerweise Auskunft verlangt wird, nämlich ob er Eigentümer war und über welches Vermögen er insgesamt verfügt. Er hat nach Auffassung des Senats nur insoweit Auskunft erteilt, als es um seine Tätigkeit als Handelsvertreter geht. Er hat angegeben, seit dem 1.April 2001 keine Einkünfte mehr aus dieser Tätigkeit zu haben und hat die Gewerbeabmeldung vom 8.Januar 2001 in Ablichtung vorgelegt.

Damit bleiben aber insgesamt die Vermögensverhältnisse des Antragsgegners noch ungeklärt, über die die Antragstellerin Auskunft verlangen kann.

Die Antragstellerin ist auch nicht gehindert, zunächst nur eine Auskunftsklage zu erheben, ohne von der prozessualen Möglichkeit Gebrauch zu machen, sie im Wege der Stufenklage mit einem unbezifferten Zahlungsantrag zu verbinden. Insoweit könnte ihr Prozeßkostenhilfe nur versagt werden, wenn die Geltendmachung ihres bestehenden Auskunftsanspruchs im Prozeß mutwillig wäre. Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Mutwillig handelt im allgemeinen die Partei, die den wirtschaftlich aufwendigeren von zwei gleichwertigen prozessualen Wegen beschreitet (vgl. Zöller-Philippi , ZPO, 23.Aufl., Rdn.34 zu § 114 ZPO). Davon kann hier bezüglich des Trennungsunterhaltes keine Rede sein. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts würden nämlich bei einer späteren Klageerweiterung durch Stellung eines Zahlungsantrages keineswegs doppelte Streitwerte entstehen. Vielmehr würde der Streitwert des Auskunftsanspruchs in dem Streitwert des Zahlungsantrages aufgehen. Der Senat nimmt in ständiger Rechtsprechung an, daß der Leistungsanspruch immer der höchste Anspruch ist und daß eine Zusammenrechnung der Streitwerte auch dann nicht erfolgt, wenn der Unterhaltskläger zunächst nur Auskunft verlangt und nach deren Erteilung zum Leistungsanspruch übergeht (vgl. Zöller-Herget , Rdn.16 zu § 3 - Stichwort Stufenklage). Aus fiskalischer Sicht ist aus diesem Grunde das Vorgehen der Antragstellerin sogar zu begrüßen, weil es durchaus denkbar ist, daß sich der Zahlungsantrag, der noch nicht gestellt ist, nach korrekter Auskunftserteilung erledigt und es überhaupt nicht mehr zu einem Verfahren über die nächste Stufe kommt. In diesem Falle hätte der Streitwert sich nur an dem Auskunftsbegehren orientieren, das regelmäßig nur mit einem nach § 3 ZPO zu schätzenden Teilwert zwischen 1/10 und 1/4 des zu erwartenden Anspruchs zu bewerten ist (vgl. Zöller-Herget, Rdn. 16 zu § 3 ZPO (Stichwort: Auskunft)).

Die Frage der Mutwilligkeit würde sich allenfalls dann stellen, wenn die Antragstellerin nach erteilter Auskunft in einem neuen Verfahren den Zahlungsantrag stellen würde, so daß der Streitwert des Auskunftsantrages nicht in dem Streitwert des Zahlungsantrages aufginge. Diese prozessuale Situation ist bislang aber noch nicht eingetreten, so daß sie auch nicht Grundlage der Entscheidung über den gegenwärtigen Prozeßkostenhilfeantrag werden kann.

Nach allem hat die Beschwerde weitaus überwiegend Erfolg.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus Nr. 1956 des Kostenverzeichnisses zu § 11 Abs. 1 GKG, § 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück