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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 15.02.2005
Aktenzeichen: 20 W 1/05
Rechtsgebiete: AktG


Vorschriften:

AktG § 122 III
1. Im gerichtlichen Verfahren auf Ermächtigung eines Minderheitsaktionärs zur Einberufung einer Hauptversammlung ist für die Beurteilung der Rechtsmissbräuchlichkeit und Dringlichkeit des Einberufungsverlangens nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung, sondern der Entscheidung des Landgerichts als letzter Tatsacheninstanz abzustellen.

2. Eine beabsichtigte Beschlussfassung über Maßnahmen der Geschäftsführung kann ein Einberufungsverlangen nur dann rechtfertigen, wenn hierfür ausnahmsweise eine Entscheidungszuständigkeit der Hauptversammlung nach den vom BGH in der "Holzmüller-Entscheidung" und der "Gelatine-Entscheidung" entwickelten Grundsätzen gegeben ist.


Gründe:

I.

Der Antragsteller, welcher ausweislich des Handelsregisters bis zum 20. Juli 2004 (nach eigenen Angaben: bis zum 20. Juni 2004) im Vorstand der Antragsgegnerin tätig war und als Aktionär mehr als 5% des Grundkapitals von 46.842.240,-- EUR in Aktien hält, beantragte am 27. September 2004 beim Amtsgericht Marburg, ihn zur Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung zur Beschlussfassung über insgesamt 10 näher bezeichnete Tagesordnungspunkte zu ermächtigen, nachdem der Vorstand der Antragsgegnerin einem entsprechenden an ihn gerichteten Antrag vom 17. September 2004 bis zu diesem Zeitpunkt nicht entsprochen hatte. Gegenstand der Tagesordnung sollte unter anderem die Beschlussfassung über die Abberufung und Neuwahl des Aufsichtsrates, der Entzug des Vertrauens gegenüber den Vorstandsmitgliedern A und B, die Geltendmachung von Ansprüchen auf Unterlassung gesellschaftsschädlicher Maßnahmen durch Realisierung der Barkaufoption aus einem am 06. April 2004 abgeschlossenen Einbringungsvertrag mit der C mbH, die Bestellung von Sonderprüfern und die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Vorstand und/oder Aufsichtsrat sowie die diesbezügliche Bestellung eines besonderen Vertreters sein.

Mit Beschluss vom 14. Oktober 2004 ermächtigte das Amtsgericht den Antragsteller zur Einberufung einer Hauptversammlung mit dem Gegenstand der Abberufung des Aufsichtsrates gemäß § 103 Abs. 1 AktG und wies den Antrag im Übrigen zurück, wobei die Vollziehung dieser Entscheidung mit weiterem Beschluss vom 19. Oktober 2004 bis zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ausgesetzt wurde.

Auf die sofortige Beschwerde beider Beteiligter hob das Landgericht mit Beschluss vom 22. Dezember 2004 den Beschluss des Amtsgerichts vom 14. Oktober 2004 auf und wies den Antrag auf Ermächtigung zur Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung insgesamt zurück.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist nach § 122 Abs. 3 Satz 4 AktG i.V.m. §§ 145, 146, 27 Abs. 1, 29 Abs. 1 und 2 FGG zulässig, führt in der Sache jedoch nicht zum Erfolg, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO). Das Landgericht hat den Antrag des Antragstellers als Minderheitsaktionärs auf Ermächtigung zur Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung insgesamt zu Recht zurückgewiesen.

Nach § 122 Abs. 1 Satz 1 AktG ist die Hauptversammlung auf Verlangen von Aktionären, deren Mindestbeteiligung bei 5% des Grundkapitals liegt, einzuberufen. Die Vorschrift bezweckt den Schutz der Minderheitsaktionäre und soll als Ausfluss des Mitgliedschaftsrechts die Ausübung der an die Hauptversammlung gebundenen Rechte gewährleisten (vgl. Hüffer, AktG, 6. Aufl., § 122 Rn. 1; MünchKomm/Kubis, AktG, 2. Aufl., § 122 Rn. 1). Kommt der Vorstand dem Verlangen nicht nach, so hat das Gericht bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die Ermächtigung des oder der Minderheitsaktionäre zur Einberufung der Hauptversammlung zu erteilen. Neben der Einhaltung der erforderlichen Mindestbeteiligung des oder der antragstellenden Aktionäre sowie der Beachtung der förmlichen Anforderungen, die hier unstreitig beide gegeben sind, stellt das Gesetz keine inhaltlichen Voraussetzungen für das Einberufungsverlangen auf.

Es ist in Rechtsprechung und Literatur jedoch einhellig anerkannt, dass die Ausübung dieses Rechtes den Treuebindungen unterliegt, die zwischen der Aktiengesellschaft und den Aktionären bestehen. Insbesondere darf das Einberufungsverlangen nur auf die Behandlung solcher Gegenstände durch die Hauptversammlung gerichtet sein, für die diese eine aktienrechtliche Zuständigkeit besitzt und die eine Beschlussfassung durch die Hauptversammlung erfordern. Des Weiteren darf das Einberufungsverlangen nicht auf die Herbeiführung eines gesetzes- oder satzungswidrigen Hauptverhandlungsbeschlusses gerichtet sein. Aus der Treuebindung des Aktionärs gegenüber der Gesellschaft folgt, dass die Ausübung des Rechtes auf Einberufung der Hauptversammlung nicht rechtsmissbräuchlich sein darf. Im Rahmen der Konkretisierung des Rechtsmissbrauches ist allerdings Zurückhaltung geboten, um den Zweck des Minderheitenschutzes nicht zu gefährden. Ein Einberufungsverlangen ist nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur insbesondere dann rechtsmissbräuchlich, wenn dem antragstellenden Aktionär ein Zuwarten bis zur nächst folgenden Hauptversammlung ohne weiteres zugemutet werden kann (vgl. Kropff BegrRegE S. 170; Hanseat. OLG NZG 2003, 132; KG AG 2003, 500; BayObLG AG 1968, 330; Hüffer, a.a.O., § 122 Rn. 6; MünchKomm/Kubis, a.a.O., § 122 Rn. 15 ff/18; Großkomm AktG/Werner, 4. Aufl., § 122 Rn. 35; Kölner Komm/Zöller, AktG, 2. Aufl., § 122 Rn. 4). Dabei ist für die Einschätzung der Dringlichkeit eines Einberufungsverlangens nach § 122 Abs. 1 AktG im Unterschied zu dem Verlangen nach § 122 Abs. 2 AktG zur Aufnahme weiterer Tagesordnungspunkte für die Beschlussfassung in einer anstehenden ordentlichen Hauptversammlung auch zu berücksichtigen, dass die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung in aller Regel mit einem nicht unerheblichen Zeit- und Kostenaufwand verbunden ist und in der Öffentlichkeit eine besondere und für das Unternehmen in der Regel eher negative Aufmerksamkeit hervorruft (vgl. Horn, AG 1969, 370/372; Großkomm AktG/Werner,a.a.O., § 122 Rn. 35; Kölner Komm/Zöller, a.a.O., § 122 Rn. 4; MünchKomm/Kubis, a.a.O., § 122 Rn. 18; LG Frankfurt am Main NZG 2004, 339).

Von diesen Rechtsgrundsätzen ist das Landgericht zutreffend ausgegangen und hat bezüglich der einzelnen Tagesordnungspunkte zu Recht die Erteilung einer Ermächtigung zur Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung abgelehnt.

Dabei ist zunächst festzustellen, dass die zu einzelnen Tagesordnungspunkten erst im Laufe des gerichtlichen Verfahrens hilfsweise beantragte Ermächtigung gemäß § 122 Abs. 2 AktG, diese Gegenstände zur Beschlussfassung der nächsten ordnungsgemäß anzuberaumenden Hauptversammlung bekannt zu machen, bereits deshalb nicht erteilt werden kann, weil es diesbezüglich an der zwingend erforderlichen vorherigen Befassung des Vorstandes fehlt. Denn der an den Vorstand gerichtete Antrag vom 17. September 2004 war nur auf die Ermächtigung zur Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung gemäß § 122 Abs. 3 AktG gerichtet.

Zu den zur Beschlussfassung geforderten Tagesordnungspunkten ist im einzelnen auszuführen:

Die Ablehnung der Ermächtigung zur Einberufung einer Hauptversammlung zum Zwecke der Beschlussfassung über TOP 9 und 10 des Antrages (Abwahl des Aufsichtsrates und diesbezügliche Neuwahlen) lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

Hierbei hat das Landgericht zutreffend berücksichtigt, dass bezüglich der von dem Antragsteller in seiner Argumentation zunächst in den Vordergrund gestellten unterlassenen Bestellung eines neuen Finanzvorstandes nach seinem eigenen Ausscheiden aus diesem Amt durch die zum Handelsregister am 30.09.2004 angemeldete Bestellung des neuen Vorstandsmitglieds D eine Veränderung eingetreten ist. Denn nach der Besetzung des diesbezüglichen Vorstandspostens geht es nicht mehr um den zunächst von dem Antragsteller erhobenen Vorwurf, der Aufsichtsrat müsse wegen andauernder Untätigkeit im Rahmen einer ihm gesetzlich nach § 84 Abs. 1 AktG zugewiesenen Aufgabe abgelöst werden, sondern um die zwischen den Beteiligten weiterhin umstrittene Frage, ob die Besetzung dieses Vorstandspostens - wie der Antragsteller meint - pflichtwidrig verspätet oder aber - wie die Antragsgegnerin argumentiert - innerhalb eines angemessenen Auswahlzeitraumes und bei zwischenzeitlicher Bestellung eines Generalbevollmächtigten für den Bereich der Finanzen erfolgt ist. Die Entscheidung über diese Frage und die vom Antragsteller geforderte Konsequenz der Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder nach § 103 Abs. 1 AktG obliegt nicht dem Gericht, sondern allein der hierfür zuständigen Hauptversammlung. Allerdings ist der Umstand, dass es nicht mehr um eine fortdauernde Unterlassung, sondern einen zwischenzeitlich abgeschlossenen Vorgang geht, für die Einschätzung der Dringlichkeit und damit für die gerichtliche Entscheidung von Bedeutung. Hierfür ist entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung nach § 122 Abs. 3 AktG, sondern auf denjenigen der Entscheidung des Landgerichts als letzter Tatsacheninstanz abzustellen. Dies entspricht den allgemeinen Grundsätzen des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. Keidel/Kuntze/Meyer-Holz, FGG, 15. Aufl., § 27 Rn. 42 m. w. N.), von denen abzuweichen der Senat auch für das vorliegende Verfahren nach § 122 Abs. 3 AktG keinen Anlass sieht. Denn entgegen der Argumentation des Antragstellers dient dieses Verfahren nicht der "Abstrafung" des Vorstandes, welcher zuvor dem Einberufungsbegehren nicht nachgekommen ist, sondern soll der effektiven Durchsetzung des Anspruches des Minderheitsaktionärs auf Einberufung der Hauptversammlung dienen. Dabei tritt das Gericht an die Stelle des Vorstandes, der zunächst über das Begehren zu befinden hat und legt bei seiner Entscheidung dieselben Erwägungen und Maßstäbe zugrunde, welche auch für den Vorstand maßgeblich sind. Hieraus folgt, dass eine Ermächtigung zur Einberufung durch das Gericht nur dann erfolgen kann, wenn zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Landgerichts als letzter Tatsacheninstanz die Voraussetzungen hierfür gegeben sind (vgl. ebenso MünchKomm/Kubis, a.a.O., § 122 Rn. 50 und 53; OLG Zweibrücken, AG 1997, 140; sowie OLG Düsseldorf FGPrax 2004, 87 bezüglich der formellen Voraussetzungen). Hierdurch ist der Minderheitsaktionär auch nicht schutzlos gestellt, da es ihm unbenommen ist, auf eine während des Verfahrens eingetretene Änderung durch Erledigungserklärung zu reagieren und so einer belastenden Kostenentscheidung zu entgehen. Hat das Landgericht somit die kurz nach der Stellung des gerichtlichen Antrages erfolgte und ins Handelsregister eingetragene Bestellung des Finanzvorstandes, an deren Wirksamkeit durchgreifende Zweifel nicht zu erkennen sind, zu Recht berücksichtigt, so ist auch die hieran geknüpfte rechtliche Folgerung der Annahme einer nicht mehr gegebenen besonderen Dringlichkeit rechtlich nicht zu beanstanden. Denn zum Zeitpunkt der Entscheidung des Landgerichts stand die für den 19. Mai 2005 angekündigte nächste turnusmäßige Hauptversammlung, deren rechtzeitige Durchführung nicht ernstlich in Frage steht, in einem Abstand von weniger als fünf Monaten bevor, so dass davon ausgegangen werden kann, dass es ausreicht, wenn die Aktionäre zu diesem Zeitpunkt über die Frage entscheiden, ob dem Aufsichtsrat angesichts des in der Vergangenheit liegenden und abgeschlossenen Vorganges der Umstände der Neubesetzung des Finanzvorstandspostens das Vertrauen zu entziehen ist. Hierbei ist es entgegen der Rüge des Antragstellers auch nicht zu beanstanden, dass das Landgericht davon ausgegangen ist, die Anberaumung einer vorherigen außerordentlichen Hauptversammlung würde auch im Falle der Antragsgegnerin mit dem regelmäßigen zu erwartenden Aufwand an Zeit und Kosten sowie einer negativen Wirkung in der Öffentlichkeit einher gehen. Diese von dem Antragsteller nur ganz pauschal in Abrede gestellte Annahme wird hier konkret gerade dadurch gestützt, dass es sich bei der Antragsgegnerin um ein börsennotiertes Unternehmen handelt und das Einberufungsverlangen des Antragstellers als früherem Finanzvorstand in der Öffentlichkeit besondere Aufmerksamkeit erwarten lässt.

Des Weiteren hat das Landgericht das Einberufungsverlangen des Antragstellers bezüglich des geforderten Tagesordnungspunktes bezüglich der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegenüber den Vorstandsmitgliedern A und B, namentlich der Geltendmachung von Ansprüchen auf Unterlassung gesellschaftsschädlicher Maßnahmen durch Realisierung der Barkaufoption aus dem Einbringungsvertrag zwischen der C mbH vom 06. April 2004 (Top 1) zu Recht zurückgewiesen, weil es sich hierbei um eine Maßnahme der Geschäftsführung handelt, welche nicht in die Beschlusskompetenz der Hauptversammlung fällt. In dem Einbringungsvertrag, an dessen Abschluss der Antragsteller als Vorstandsmitglied selbst noch beteiligt war, ist als Gegenleistung für die Einbringung von Aktien einer anderen Gesellschaft die Gewährung neuer auf den Inhaber lautender Stückaktien der Antragsgegnerin aus einer bisher noch nicht erfolgten Kapitalerhöhung aus einem genehmigten Kapital gegen Sacheinlage vereinbart und zusätzlich die Option für die Antragsgegnerin eingeräumt, die einzubringenden Aktien im Wege des Barkaufes zu einem näher bestimmten Kaufpreis zu erwerben. Die Auswahl zwischen diesen beiden Realisierungsmöglichkeiten des Einbringungsvertrages hat das Landgericht zutreffend als eine unternehmerische Entscheidung eingestuft, die als Geschäftsführungsmaßnahme nach § 76 Abs. 1 AktG dem Vorstand zugewiesen ist. Anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Antragstellers auch nicht aus der sog. "Holzmüller-Entscheidung" des BGH (NJW 1982, 1703), wonach der Vorstand ausnahmsweise verpflichtet sein soll, die Zustimmung der Hauptversammlung zu einzuholen, wenn es um eine Entscheidung geht, für die nach dem Gesetz zwar formal eine Mitwirkung der Aktionäre nicht vorgesehen ist, die aber einen besonders schwerwiegenden Eingriff in die Rechte und Interessen der Aktionäre beinhaltet, so dass der Vorstand vernünftigerweise nicht annehmen kann, diese ausschließlich in eigener Verantwortung ohne Beteiligung der Hauptversammlung treffen zu dürfen. Die dort aufgestellten und in der Folgezeit im Schrifttum vielfach diskutierten Grundsätze hat der BGH vor kurzem in der sog. "Gelatine-Entscheidung" vom 26. April 2004 (AG 2004, 384) dahingehend präzisiert, dass eine im Gesetz ausdrücklich nicht vorgesehene Mitwirkung der Hauptversammlung bei Geschäftsführungsmaßnahmen des Vorstandes nur in engen Grenzen in Betracht kommen kann, nämlich dann, wenn sie an die Kernkompetenz der Hauptversammlung rühren, über die Verfassung der Gesellschaft zu bestimmen, und in ihren Auswirkungen einem Zustand nahezu entsprechen, der allein durch eine Satzungsänderung herbeigeführt werden kann. Dabei hat der Bundesgerichtshof auch herausgestellt, dass die Durchbrechung der vom Gesetz vorgegebenen Kompetenzverteilung regelmäßig erst dann in Betracht kommen kann, wenn die Entscheidung sich auf eine Maßnahme erstreckt, die in ihrer Bedeutung für die Gesellschaft die Ausmaße der Ausgliederung in dem früher entschiedenen "Holzmüller-Fall" erreicht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der dort ausgegliederte Seehafenbetrieb damals etwa 80% der Aktiva der Gesellschaft ausmachte, wodurch der wertvollste Betriebszweig und der Kernbereich der Unternehmenstätigkeit berührt war und die Unternehmensstruktur von Grund auf geändert wurde (vgl. hierzu etwa Weishaupt AG 2004, 585). Es erscheint bereits zweifelhaft, ob der hier in Frage stehende Erwerb einer Unternehmensbeteiligung, der durch eine sog. Konzernklausel bezüglich des Unternehmensgegenstandes (hier: § 2 Abs. 2 der Satzung) gedeckt ist, unbeschadet des quantitativen Umfanges überhaupt zu den Geschäftsführungsmaßnahmen gehören kann, welche nach den Grundsätzen der BGH Rechtsprechung ausnahmsweise in die Entscheidungskompetenz der Hauptversammlung fallen können. Denn hierdurch bestünde die Gefahr der Eröffnung einer allgemeinen Mittelverwendungskontrolle durch die Hauptversammlung, die die Leitungsbefugnis des Vorstandes nach § 76 Abs. 1 AktG entgegen der gesetzlichen Aufgabenzuweisung aushöhlen könnte (so insbesondere MünchKomm/Kubis a.a.O., § 119 Rn. 67 m. w. N.; LG Heidelberg AG 1999, 135/137 Semler, MünchHdb AG § 34 Rn. 40; Renner NZG 2002, 1091 ff). Denn jedenfalls erreicht der von dem Antragsteller in den Raum gestellte Mehrbetrag von ca. 15 Mio EUR im Falle der Realisierung der Barkaufoption angesichts der in der letzten in der Akte befindlichen Jahresbilanz ausgewiesenen Aktiva nicht die vom BGH durch die Verweisung auf den "Holzmüller-Fall" geforderte Größenordnung. Darüber hinaus hat das Landgericht zutreffend darauf abgestellt, dass für die zu treffende Entscheidung nicht nur die Kursentwicklung der Aktie der Antragsgegnerin, sondern auch die wirtschaftlichen Zusammenhänge zwischen dem Einbringungsvertrag sowie einem Darlehensvertrag und etwaigen Aktienleihverträgen zu berücksichtigen sein können. Angesichts dieser insgesamt komplexen Zusammenhänge sind die Vorinstanzen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise zu der Einschätzung gelangt, dass jedenfalls von einer Schrumpfung des dem Vorstand zustehenden Ermessensspielraumes auf Null nicht ausgegangen werden kann. Letztlich kann der Antragsteller sich auch nicht darauf berufen, dass der Hauptversammlung die Entscheidungskompetenz darüber zusteht, ob sie die Ermächtigung für ein genehmigtes Kapital nach § 202 AktG widerrufen will. Denn die von dem Antragsteller hier letztlich angestrebte Erzwingung des Verzichts auf die Realisierung der Barkaufoption zielt ja gerade nicht auf den Widerruf der Hauptversammlungsentscheidung über das genehmigte Kapital ab, sondern soll den Vorstand zwingen, von dem genehmigten Kapital in einer bestimmten konkreten Art und Weise Gebrauch zu machen.

Des weiteren hat das Landgericht bezüglich des Tagesordnungspunktes der Beschlussfassung über den Entzug des Vertrauens der Vorstandsmitglieder A und B (Top 8) das Begehren auf Ermächtigung zur Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung zu Recht zurückgewiesen. Denn zum einen konnte zum Zeitpunkt der vom Antragsteller beanstandeten Erklärung dieser Vorstandsmitglieder vom 17. September 2004 der für die sog. Einbringungsvariante maßgebliche Aktienkurs im Hinblick auf den zeitlichen Abstand zum Stichtag des 31. März 2005 noch nicht vorherbestimmt werden; zum anderen lag zum Zeitpunkt der Entscheidung des Landgerichts eine endgültige Entscheidung des zwischenzeitlich vergrößerten Vorstandes über die Wahl der zu erbringenden Gegenleistung aus dem Einbringungsvertrag noch nicht vor. Im übrigen hat das Landgericht zutreffend darauf gestellt, dass die vom Vorstand zu treffende unternehmerische Entscheidung mangels einer Ermessensreduzierung auf Null diesem nicht auf dem Wege eines vorgezogenen Misstrauensvotums vorgegeben werden kann, so dass es auch insoweit an der besonderen Dringlichkeit fehlt.

Letztlich hat das Landgericht das Einberufungsverlangen auch bezüglich der übrigen Tagesordnungspunkte (Top 2 bis 7) unter dem Gesichtspunkt der Rechtsmissbräuchlichkeit rechtsfehlerfrei zurückgewiesen. Dabei kann dahin stehen, ob die beantragte Bestellung von Sonderprüfern bereits deshalb nicht in Betracht kommt, weil die von dem Antragsteller als unzutreffend eingestuften Rechnungslegungen sich lediglich auf den Halbjahresbericht 2004 beziehen und nicht auf den noch zu erstellenden Jahresabschluss. Denn jedenfalls gilt sowohl für diesen Komplex, als auch für die hiervon abhängige geforderte Beschlussfassung über die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen und die Bestellung eines besonderen Vertreters zu deren Geltendmachung, dass bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Landgerichts eine besondere Dringlichkeit fehlt und dem Antragsteller deshalb ein Zuwarten bis zu der in knapp 5 Monaten ohnehin anstehenden Hauptversammlung unter dem Gesichtspunkt der Treuebindung und unter Berücksichtigung des mit einer außerordentlichen Hauptversammlung verbundenen Kosten- und Zeitaufwandes sowie des negativen Aufmerksamkeitswertes zuzumuten ist. Entgegen der Rüge des Antragstellers vermag der Senat nicht zu erkennen, dass das Landgericht insoweit bezüglich des Merkmals der Dringlichkeit von falschen Voraussetzungen ausgegangen wäre.

Die sofortige weitere Beschwerde war deshalb zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten beruht auf § 13a Abs. 1 S. 2 FGG.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes folgt aus § 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 und 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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