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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 30.04.2003
Aktenzeichen: 20 W 119/03
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 21
FGG § 22
FGG § 29
FGG § 45
Die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde ist nicht unverschuldet, wenn ein geschäftserfahrener Aktionär und früherer Vorstandsvorsitzender es in einem Verfahren betreffend die gerichtliche Abberufung von Liquidatoren einer Aktiengesellschaft unterlässt, sich alsbald nach Zustellung einer Beschwerdeentscheidung über Form und Frist des von ihm beabsichtigten Rechtsmittels zu informieren.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

20 W 119/03

Entscheidung vom 30. April 2003

In der Handelsregistersache

...

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf den Wiedereinsetzungsantrag und die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 7. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 7. Januar 2003 am 30. April 2003 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgelehnt.

Die sofortige weitere Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

Beschwerdewert: 100.000,-- EUR.

Gründe:

Der Antrag auf Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die vom Antragsteller versäumte zweiwöchige Frist zur Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde führt nicht zum Erfolg, da die Versäumung dieser Frist auf einem Verschulden des Antragstellers beruht (§ 22 Abs. 2 Satz 1 FGG).

Der Antragsteller hatte die sofortige weitere Beschwerde gegen den ihm am 7. Februar 2003 zugestellten Beschluss des Landgerichts zunächst durch ein von ihm selbst unterzeichnetes Schreiben vom 14. Februar 2003, welches am selben Tage beim Amtsgericht Frankfurt am Main einging, eingelegt. Dieses Rechtsmittel wurde durch Senatsbeschluss vom 20. März August 2003 als unzulässig verworfen, da es nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form der §§ 29 Abs. 1 und 4, 21 Abs. 2 FGG zu Protokoll der Geschäftsstelle eines der zuständigen Gerichte oder durch Einreichung einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Beschwerdeschrift eingelegt worden war. Daraufhin hat der Antragsteller zu Protokoll vor der Rechtspflegerin des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main am 1. April 2003 die sofortige weitere Beschwerde formgerecht eingelegt und wegen der nunmehrigen Fristversäumung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung beantragt, das Formerfordernis für die Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde sei ihm als juristischem Laien nicht bekannt gewesen, zumal er bereits in einem früheren Verfahren vor dem Oberlandesgericht unbeanstandet eigene Schriftsätze eingereicht habe.

Die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde war nicht unverschuldet, da es dem Antragsteller oblegen hätte, sich alsbald nach Zustellung des landgerichtlichen Beschlusses nach Form und Frist des beabsichtigten Rechtsmittels zu erkundigen, nachdem er nach eigenen Angaben hierüber keine Kenntnis hatte.

Bei dem Verfahren auf gerichtliche Abberufung und Neubestellung von Abwicklern einer Aktiengesellschaft gemäss § 265 Abs. 3 AktG handelt es sich um eine Handelssache im Sinne des § 145 FGG. Für diese Verfahren ist die Erteilung einer Rechtsmittelbelehrung durch das Gericht gesetzlich nicht vorgeschrieben. Hieraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber in diesen Verfahren von einer Pflicht zur Erteilung einer Rechtsmittelbelehrung nicht ausgegangen ist. Daraus folgt die Obliegenheit der Verfahrensbeteiligten, sich in diesen Fällen alsbald nach Zugang einer gerichtlichen Entscheidung, die sie nicht akzeptieren wollen, nach Form und Frist des statthaften Rechtsmittels zu erkundigen.

Sofern der Antragsteller als Aktionär über die entsprechenden Kenntnisse über Form und Frist der sofortigen weiteren Beschwerde bisher nicht verfügte, hätte er sich die erforderliche Information durch entsprechende Nachfrage bei Gericht oder einem Rechtsanwalt jederzeit verschaffen können und müssen. Dies gilt nach Einschätzung des Senates hier insbesondere deshalb, weil der Antragsteller nicht nur Minderheitsaktionär der betroffenen Aktiengesellschaft ist, sondern zeitweise auch deren Vorstandsvorsitzender war und deshalb über entsprechende Erfahrung auf dem Gebiet des Aktienrechts verfügt. Des weiteren war und ist der Antragsteller aufgrund erheblicher Zerwürfnisse mit dem Mehrheitsaktionär und mehreren früheren Vorstandsmitgliedern an einer Vielzahl von Gerichtsverfahren vor den Zivilgerichten und dem Registergericht in mehreren Instanzen und auch im Rahmen der Zwangsvollstreckung beteiligt. Soweit er hierbei anwaltliche Hilfe nicht in Anspruch nimmt, sondern seine Interessen selbst wahrnimmt, ist es zur Vermeidung von Rechtsverlusten nahe liegend und erforderlich, sich bezüglich der einzelnen Verfahren über das jeweils zulässige Rechtsmittel und die gesetzlich vorgeschriebenen Modalitäten seiner Einlegung zu informieren. Insbesondere durfte der Antragsteller nicht darauf vertrauen, das Rechtsmittel der sofortigen weiteren Beschwerde zum Oberlandesgericht durch Übersendung eines Briefes einlegen zu können, nur weil er als Antragsgegner in dem vor dem Senat noch anhängigen Verfahren 20 W 374/01 unbeanstandet Stellungnahmen durch eigene Schriftsätze eingereicht hat. Über das Formerfordernis nach §§ 29 Abs. 1 und 4, 21 Abs. 2 FGG zur Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde hätte der Antragsteller sich anhand des Gesetzes oder durch Einholung entsprechender Auskünfte bei Gericht oder einem Rechtsanwalt alsbald nach Zustellung der landgerichtlichen Entscheidung informieren müssen. Nachdem er dies unterlassen hat, beruht die Fristversäumung auf seinem eigenen Verschulden.

Eine abweichende Beurteilung ergibt sich für den vorliegenden Fall auch nicht aus dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 02. Mai 2002 (FGPrax 2000, 166). Zwar hat der Bundesgerichtshof dort für die gemäß § 45 Abs. 1 WEG befristeten Rechtsmittel in Wohnungseigentumssachen das Erfordernis einer Rechtsmittelbelehrung aus der Verfassung abgeleitet und im Falle der Ursächlichkeit des Belehrungsmangels eine unverschuldete Fristversäumung bei der Prüfung der Wiedereinsetzung angenommen. Die dort entwickelten Grundsätze können auf das hier gegebene Verfahren einer Handelssache im Sinne des § 145 FGG jedoch nicht ohne weiteres übertragen werden. Denn das Erfordernis der Erteilung einer Rechtsmittelbelehrung in Wohnungseigentumssachen wurde gerade auf die besondere Kompliziertheit des diesbezüglichen Rechtsmittelrechts durch die Aufspaltung der Regelungen einerseits im WEG und andererseits im FGG begründet. Demgegenüber sind die Regelungen für Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Registergerichts bei den hier vorliegenden Handelssachen in unkomplizierterer Weise insgesamt im FGG geregelt und es kann für dieses Rechtsgebiet davon ausgegangen werden, dass die Beteiligten auf Grund ihrer Teilnahme am Wirtschaftsleben bzw. ihrer Beteiligung an Kapitalgesellschaften über die entsprechenden Kenntnisse verfügen oder die Notwendigkeit der Einholung entsprechender Auskünfte unschwer erkennen können.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war deshalb abzulehnen.

Da ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung nicht gegeben ist, war zugleich die zu Protokoll der Geschäftsstelle nunmehr formgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde wegen Versäumung der zweiwöchigen Frist der §§ 29 Abs. 2 und 4, 22 Abs. 1 FGG als unzulässig zu verwerfen.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes ergibt sich aus §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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