Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 15.06.2005
Aktenzeichen: 20 W 17/03
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 8
WEG § 16
WEG § 21
WEG § 43
Zu den Voraussetzungen einer sog. "werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft"
Gründe:

I.

Durch Teilungserklärung vom ...12.1996, UR-Nr. .../96 des Notars N1 in O1, nebst Ergänzungen vom ...04.1998 und ...06.1998, UR-Nr. .../98 und .../98 des Notars N1 in O1, begründete die A mbH die Wohnungseigentumsanlage betreffend die Liegenschaft "..." in O1 (Bl. 67 ff, 93 ff, 98 ff d. A.), wobei zunächst insgesamt acht Miteigentumsanteile jeweils verbunden mit dem Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung entstanden. Zum ersten Verwalter wurde - beginnend mit Bezugsfertigkeit - Frau B bestellt. Die Miteigentumsanteile wurden von den Beteiligten erworben, wobei auf den Antragsgegner die (zusammengelegten) Wohnungen Nr. ... und ... entfielen. Am ...08.1998 kam es zur Anlegung der Wohnungsgrundbücher, wobei noch am gleichen Tage zugunsten des Antragsgegners eine Auflassungsvormerkung an dem im Grundbuch von O2, Blatt ..., verzeichneten Miteigentumsanteil eingetragen wurde. Dieser Vormerkung ging im Rang eine von der A mbH zugunsten der ...bank bestellte Grundschuld vor. Im Zeitpunkt der hier angefochtenen Entscheidung des Landgerichts war grundbuchmäßige Eigentümerin nach wie vor die zwischenzeitlich in Vermögensverfall geratene und sich in Liquidation befindliche A mbH. Neben ihr war bis dahin nur der Antragsteller zu 1) als Eigentümer im Wohnungsgrundbuch des von ihm erworbenen Miteigentumsanteils vermerkt gewesen. Zugunsten der übrigen Antragsteller bestanden zu jenem Zeitpunkt lediglich Auflassungsvormerkungen.

Ungeachtet dessen kam es am 14.07.2000 (BI. 17 ff der beigezogenen Akte 800 II 28/2001 WEG Amtsgericht Kassel) unter Leitung der bestellten Verwalterin zu einer Eigentümerversammlung, an der auch der Antragsgegner teilnahm. In dieser Versammlung genehmigte man ohne Gegenstimme die Wohngeldabrechnung für das Jahr 1999, aus der sich zu Lasten des Antragsgegners ein erheblicher Rückstand ergab. Zugleich wurde festgehalten, dass eine ordnungsgemäße Abnahme und Übergabe des Gemeinschaftseigentums an die Eigentümergemeinschaft bislang nicht erfolgt sei. Im Folgenden nahm die bestellte Verwalterin den Antragsgegner auf Ausgleich der ihm zugeordneten Hausgeldabrechnung für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.1999 und rückständige Wohngeldzahlungen aus dem Wirtschaftsplan des Wirtschaftsjahrs 2000 in Anspruch, wobei sie ihn unzutreffend als Miteigentümer bezeichnete. Durch bestandskräftigen Beschluss des Amtsgerichts Kassel vom 18.06.2001, Az. 800 II 28/2001 WEG, wurde dem Antragsgegner daraufhin aufgegeben, zu Händen der Verwalterin einen Betrag von DM 5.349,55 nebst Zinsen abzüglich geleisteter Teilbeträge zu zahlen.

Nach dem im vorliegenden Verfahren vorgelegten Wirtschaftsplan für die Zeit 31.12.2000 bis zum 31.12.2001 (Bl. 36 d. A.) hatte der Antragsgegner ein monatliches Wohngeld von DM 700,00 aufzubringen. Die Mieter der fraglichen Wohnung zahlten hierauf an die Verwalterin jeweils DM 550,00, weswegen pro Monat ein offener Rest von DM 150,00 verblieb.

Am 15.08.2001 (Bl. 29 ff d. A.) fasste die Versammlung unter TOP 3 den Beschluss, zur Wiederherstellung der Liquidität eine Sonderumlage in Höhe von DM 10.140,00 zu erheben, weil man gegen den Antragsgegner gerichtete Forderungen von insgesamt DM 7.298,51 (BI. 34 d. A.) nicht hatte realisieren können. Die fragliche Umlage sollte nach Miteigentumsanteilen aufgeteilt werden. Bei einem Miteigentumsanteil von .../1.000stel entfiel auf den Antragsgegner damit ein Teilbetrag von DM 2.839,20. Eine Anfechtung dieses Beschlusses erfolgte nicht.

Ausweislich des Protokolls vom 21.01.2002 (Bl. 38 ff d. A.) beschloss man in einer weiteren "Eigentümerversammlung" unter TOP 2 sodann die Hausgeldabrechnung für das Wirtschaftsjahr 2000 und unter TOP 4 den Wirtschaftsplan das Jahr 2001 und des Weiteren, "dass das erhöhte Hausgeld erst ab 01/02 fällig werde".

Nach Maßgabe des Protokolls (Bl. 41 ff d. A.), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, beschloss man in einer weiteren Versammlung vom 27.03.2002 unter TOP 2 die Hausgeldabrechnung für das Jahr 2001. Unter TOP 4 fasste die Versammlung einen Beschluss betreffend den Wirtschaftsplan 2002. Da die Amtszeit der bisher bestellten Verwalterin am 31.03.2002 ablief, betraute man unter TOP 6 zugleich die Antragsteller zu 1), 3) und 6) vorübergehend mit den anfallenden Verwaltungsaufgaben.

Nachdem zunächst die Beteiligte zu 3) vor dem Amtsgericht "in Verfahrensstandschaft für die Wohnungseigentümer der Wohnungseigentumsanlage ... (Haus ...), O1" Ansprüche geltend gemacht hatte, haben dort zuletzt sämtliche Antragsteller Zahlung von EUR 1.911,82 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über den Basiszinssatz aus EUR 1.681,74 seit dem 16.02.2002 und aus weiteren EUR 32,08 seit dem 04.06.2002 vom Antragsgegner verlangt. Sie haben diesen Anspruch auf den Sonderumlagenbeschluss vom 15.08.2001 gestützt, nach dem der Antragsgegner DM 2.839,20 (= EUR 1.451,66) schulde. Darüber hinaus haben sie vom Antragsgegner ausweislich des Schriftsatzes vom 17.06.2002 (Bl. 26 ff d. A.) gestützt auf die Beschlüsse vom 21.01.2002 und 27.03.2002 betreffend die Wirtschaftspläne 2001 und 2002 für den Zeitraum von November 2001 bis April 2002 monatlich DM 150,--, mithin weitere DM 900,-- (= EUR 460,16), an rückständigen Wohngeldern verlangt. Der Antragsgegner ist dem Antrag entsprechend seinem Schriftsatz vom 10.06.2002 (Bl. 15 ff d. A.) entgegen getreten.

Entsprechend diesem Begehren hat das Amtsgericht den Antragsgegner durch Beschluss vom 19.06.2002, auf den wegen der näheren Einzelheiten verwiesen wird (BI. 47 ff d. A.), zur Zahlung von EUR 1.911,82 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über den Basiszinssatz aus EUR 1.681,74 seit dem 16.02.2002 und aus weiteren EUR 32,08 seit dem 04.06.2002 an die Antragsteller verpflichtet.

Hiergegen hat der Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt, mit welcher er geltend gemacht hat, dass er bisher nicht Wohnungseigentümer und infolgedessen auch nicht gehalten sei, die damit verbundenen Lasten zu tragen. Auf den Inhalt seiner Schriftsätze vom 11.07.2002 (Bl. 58 ff d. A.) und 30.09.2002 (Bl. 109 ff d. A.) wird Bezug genommen. Dem sind die Antragsteller nach Maßgabe ihrer Erwiderung vom 08.08.2002 (Bl. 62 ff d. A.) und der Schriftsätze vom 10.09.2002 (Bl. 104 ff d. A.) und vom 11.10.2002 (Bl. 111 ff d. A.) entgegen getreten. Im Schriftsatz vom 10.09.2002 haben sie zudem ausführen lassen, dass die Sonderumlage in Höhe von DM 2.839,20 dadurch erledigt sei, dass die Nachzahlungsbeträge aus den Nebenkostenabrechnungen 1999 und 2000 nach der Beschlussfassung vom Antragsgegner gezahlt worden seien. Der diesbezügliche im vorliegenden Verfahren unter anderem geltend gemachte Nachzahlungsbetrag von DM 2.839,20 (= EUR 1.451,66) werde - so die Antragsteller - nunmehr auf den Rückstand des Antragsgegners aus der Hausgeldabrechnung 2001 (Bl. 108 d. A.) gestützt. Auf Hinweis des Landgerichts haben die Antragsteller weiter mitgeteilt, dass die weiter verlangten rückständigen Wohngelder sich aus dem Umstand rechtfertigten, dass für den Antragsgegner das für das Jahr 2000 festgelegte Wohngeld von DM 700,-- zunächst noch weitergelaufen sei, weil der Wirtschaftsplan für das Wirtschaftsjahr 2002 (Bl. 37 d. A.) erst in einer späteren Eigentümerversammlung beschlossen worden sei.

Durch den angefochtenen Beschluss (Bl. 113 ff d. A.), auf den gleichfalls verwiesen wird, hat das Landgericht den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antragsgegner nicht auf Zahlung rückständiger Beiträge in Anspruch genommen werden könne, da diese Verpflichtung nur die im Grundbuch eingetragenen Wohnungseigentümer treffe, zu denen der Antragsgegner nicht gehöre. Der in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung, wonach die Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes auch auf die sogenannte "werdende Wohnungseigentümergemeinschaft" anzuwenden seien, sei nicht zu folgen.

Gegen diesen am 10.12.2002 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller mit Schriftsatz vom 24.12.2002 (Bl. 125 ff d. A.), auf den ebenfalls verwiesen wird, sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Der Schriftsatz ist ausweislich des Eingangsstempels (Bl. 125 d. A.) am 27.12.2002 bei der gemeinsamen Briefannahmestelle des Oberlandesgerichts (Zivilsenate Kassel), des Landgerichts, des Amtsgerichts und der Staatsanwaltschaft Kassel eingegangen. Auf Hinweis des Senats auf eine eventuell eingetretene Verfristung der sofortigen weiteren Beschwerde mit Verfügung vom 21.03.2003 haben die Antragsteller mit dem aus dem Schriftsatz vom 04.02.3003 (Bl. 156 ff d. A.) ersichtlichen Inhalt vortragen lassen und darüber hinaus Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Beschwerdefrist beantragt.

In der Sache beantragen sie,

in Abänderung des Beschlusses des Landgerichts Kassel vom 04.12.2002 den Beschluss des Amtsgerichts Kassel vom 19.06.2002 aufrechtzuerhalten, nämlich den Antragsgegner zu verpflichten, an die Antragsteller 1.911,82 EUR nebst 5 % Prozentpunkten über dem Basiszins nach § 1 des DÜG auf 1.681,74 EUR seit dem 16.02.2002 und auf 32,08 EUR seit dem 04.06.2002 zu zahlen.

Der Antragsgegner beantragt,

die sofortige weitere Beschwerde zurückzuweisen.

Auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 24.03.2003 (Bl. 171 d. A.) wird insoweit verwiesen.

Nachdem die Antragstellerin zu 5) durch ihren nunmehrigen Verfahrensbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 22.04.2003 (Bl. 180 d. A.) hat mitteilen lassen, den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller nicht mit der Vertretung ihrer Interessen beauftragt zu haben, hat dieser mit Schriftsatz vom 03.06.2003 (Bl. 183 d. A.) das Mandat betreffend die Antragstellerin zu 5) niedergelegt.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller ist gemäß § 45 Abs. 1 WEG statthaft und auch ansonsten zulässig, so insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

Zwar erbringt der Eingangsstempel auf einem fristgebundenen Schriftsatz - hier: der sofortigen weiteren Beschwerde vom 24.12.2002 - grundsätzlich den Beweis dafür, dass der Schriftsatz am Tage des Stempels bei Gericht eingegangen ist. Dies wäre hier der 27.12.2002. An jenem Tage wäre die Zwei-Wochen-Frist der §§ 43 Abs. 1 WEG, 29 Abs. 4, 22 Abs. 1 FGG bereits abgelaufen gewesen (vgl. die Verfügung des Senats vom 21.01.2003). Jedoch ist nach §§ 43 Abs. 1 WEG, 12, 15 FGG, 418 Abs. 2 ZPO der Gegenbeweis zulässig. Die Rechtzeitigkeit des Eingangs muss aber zur vollen Überzeugung des Gerichts bewiesen werden. Für die Beweiserhebung gilt der sogenannte Freibeweis (vgl. Keidel/Kuntze/Schmidt, FGG, 15. Aufl., § 15 Rz. 3, 8, 53, § 12 Rz. 64; vgl. auch BGH VersR 2001, 733 unter Hinweis auf BGH VersR 1995, 1467 für das Verfahren nach der Zivilprozessordnung in der für das hiesige Verfahren noch geltenden Gesetzeslage). Dabei genügt Glaubhaftmachung nicht. Der Beweis des rechtzeitigen Eingangs eines fristgebundenen Schriftsatzes kann durch den (unter Beweis gestellten Vortrag) geführt werden, dass ein Mitarbeiter des Anwalts den Schriftsatz am Tag des Fristablaufs in den Nachbriefkasten des Gerichts eingeworfen hat (vgl. BGH VersR 2001, 733). Durch die vorgelegten Erklärungen und Unterlagen, die eidesstattliche Versicherung des Rechtsanwalts C vom 04.02.2003 (vgl. zum Beweiswert eidesstattlicher Versicherung in diesem Zusammenhang BGH NJW 2003, 2460) und insbesondere die ergänzend vorgelegten schriftlichen Unterlagen, ist zur Überzeugung des Gerichts bewiesen, dass der Schriftsatz bereits am 24.12.2002 - und damit fristgerecht - in den Nachtbriefkasten eingeworfen worden ist. Der Antragsgegner ist dem diesbezüglichen Vorbringen überdies auch nicht konkret entgegen getreten. Auf den von den Antragstellern gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt es danach nicht mehr an.

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller hat auch - zumindest vorerst - in der Sache Erfolg.

Soweit das Landgericht auf die sofortige Beschwerde die Entscheidung des Amtsgerichts und die darin ausgesprochene Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung aufgehoben und den Antrag zurückgewiesen hat, beruht die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts, §§ 43 Abs. 1 WEG, 27 Abs. 1 Satz 1 FGG, 546 ZPO.

Das Landgericht hat es rechtsfehlerhaft unterlassen, die Berechtigung der von den Antragstellern geltend gemachten Zahlungsansprüche auch unter dem Gesichtspunkt einer entsprechenden Anwendung des § 16 Abs. 2 WEG unter Berücksichtigung der Grundsätze zur werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft zu prüfen.

Es entspricht inzwischen weitgehend einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass einem dringenden praktischen Bedürfnis folgend auf die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft die Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes weitgehend entsprechend anwendbar sind; dies gilt insbesondere für die Vorschriften über die gemeinschaftliche Verwaltung nach den §§ 21 ff WEG und das gerichtliche Verfahren nach den §§ 43 ff WEG, aber auch für die gemeinschaftliche Lasten- und Kostentragungspflicht. Eine werdende Wohnungseigentümergemeinschaft liegt vor, wenn bei einer Vorratsteilung nach § 8 WEG wirksame schuldrechtliche Erwerbsverträge mit den Wohnungseigentumsanwärtern geschlossen worden sind und diese ihre Eigentumswohnung - das Sondereigentum - nicht nur in Besitz genommen haben, sondern für sie auch eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen ist. Weitgehend wird darüber hinaus verlangt, dass die Wohnungsgrundbücher bereits angelegt sind. Letztere Streitfrage spielt vorliegend allerdings keine entscheidende Rolle, weil nach den unbestrittenen Feststellungen des Landgerichts die Wohnungsgrundbücher bereits seit dem 18.08.1998 angelegt sind. Demgegenüber wird die Wohnungseigentümergemeinschaft rechtlich in Vollzug gesetzt, wenn mindestens zwei Wohnungseigentümer im Grundbuch eingetragen sind (vgl. die grundlegende Entscheidung des BayObLG NJW 1990, 3216; vgl. ferner etwa BayObLGZ NJW-RR 1991, 977; NJW-RR 1997, 1443; WuM 1998, 178; NJW-RR 2003, 1663; ZMR 2004, 767; ZWE 2005, 227; OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 163; OLG Köln WuM 1999, 642; ZMR 2004, 859; OLG Karlsruhe WE 1998, 500; ZMR 2003, 374; OLGR 2004, 263; OLG Hamm NJW-RR 1994, 975; WuM 2000, 319; ZMR 2000, 128; ZMR 2003, 776; Kammergericht WuM 2002, 683; OLG Zweibrücken ZMR 1999, 358; Thüringer OLG WuM 2001, 504; ebenso Staudinger/Kreuzer, BGB, Stand Juni 1997, § 10 WEG Rz. 11; Staudinger/Bub, a.a.O., § 25 Rz. 114; Bamberger/Roth/Hügel, BGB, § 16 WEG Rz. 17; Münchener Kommentar/Commichau, BGB, 4. Aufl., Vor § 1 WEG Rz. 52; Münchener Kommentar/Engelhardt, a.a.O., § 43 WEG Rz. 24; Erman/Grziwotz, BGB, 11. Aufl., § 10 WEG Rz. 10; § 16 WEG Rz. 4; Weitnauer/Lüke, WEG, 9. Aufl., § 10 Anhang Rz. 4, 5; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., Vor § 43 Rz. 4 ff; Niedenführ/Schulze, WEG, 7. Aufl., § 43 Rz. 19 ff; Palandt/Bassenge, BGB, 64. Aufl., Überbl v § 1 WEG Rz. 6; Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, 4. Aufl., Rz. 545; Heismann ZMR 2004, 10; Deckert ZMR 2005, 335; Jennißen NJW 2004, 3527 unter V. 3. d).

Der Senat hat sich dieser Rechtsprechung bereits wiederholt angeschlossen (vgl. etwa DWE 1993, 77; DWE 1998, 48). Die entgegenstehende Auffassung des Landgerichts (vgl. auch OLG Saarbrücken NJW-RR 1998, 1094; NZM 2002, 610; vgl. weiter Köhler/Bassenge, Anwaltshandbuch Wohnungseigentumsrecht, Teil 7 Rz. 224 ff) gibt dem Senat keinen Anlass, hiervon abzurücken. Die zeitliche Vorverlagerung der Geltung der Vorschriften des WEG über das Gemeinschaftsverhältnis durch die Anerkennung der Figur der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft dient im Kern maßgebend dazu, einen rechtlichen Rahmen für eine von den Wohnungseigentumserwerbern vor Eigentumsübergang praktizierte gemeinschaftliche Nutzung des Objekts zur Verfügung zu stellen, für die die schuldrechtlichen Erwerbsverträge keine geeignete Grundlage geben können. Der Zeitraum bis zur rechtlichen Invollzugsetzung der Eigentümergemeinschaft kann sich unter Umständen über viele Jahre erstrecken, wenn sich die Eigentumsumschreibung auf die einzelnen Erwerber auf Grund der mit dem Bauträger geschlossenen schuldrechtlichen Verträge wegen rechtlicher Auseinandersetzungen über Gewährleistungsansprüche hinauszögert. Die tatsächliche gemeinschaftliche Nutzung verursacht jedoch insbesondere Lasten und Kosten, die im Verhältnis der Nutzer zueinander verteilt werden müssen (vgl. etwa auch OLG Hamm ZMR 2003, 776). Vorliegend hatte denn auch der Antragsgegner nach dem unbestrittenen Vorbringen der Antragsteller das von ihm erworbene Sondereigentum über einen nicht unerheblichen Zeitraum vermietet und daraus Einnahmen gezogen, die unmittelbar der Gemeinschaft zugeflossen waren; der Antragsgegner hat danach auch an den Versammlungen teilgenommen bzw. sich vertreten lassen. Dadurch haben die Mitglieder der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft immerhin auch durch ihr Verhalten zum Ausdruck gebracht, sich gegenseitig zu behandeln, als seien sie Wohnungseigentümer (vgl. dazu auch Weitnauer/Lüke, a.a.O., § 10 Anhang Rz. 5).

Die vom Landgericht zur Begründung seiner Auffassung herangezogene Entscheidung des Bundesgerichtshofs in NJW 1989, 1087, betrifft ausschließlich die Frage, ob derjenige, der bei voll eingerichteter Gemeinschaft im Wege der Einzelrechtsnachfolge eine Wohnung erwirbt, vor Umschreibung im Wohnungsgrundbuch unter bestimmten Voraussetzungen bereits ein Stimmrecht in der Eigentümerversammlung hat (vgl. A. II. 1. der Entscheidung). Diese und nur diese Frage hat er in der genannten Entscheidung verneint, wobei seine Begründung maßgeblich auf das Bedürfnis nach Klarheit über die Person desjenigen abstellt, der das Stimmrecht in der Eigentümerversammlung ausüben könne. Dies hat der Bundesgerichtshofs in der weiter vom Landgericht zitierten Entscheidung in NJW 1989, 2697 nochmals im Hinblick auf die Kostentragungspflicht bestätigt (vgl. III. 2. dieser Entscheidung; vgl. etwa auch Röll, ZWE 2005, 229 unter 3.; Senat DWE 1993, 77). Diese Begründung kann jedoch nicht ohne weiteres auf das Stadium der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft vor ihrer rechtlichen Invollzugsetzung übertragen werden, weil dem dringenden praktischen Bedürfnis der entsprechenden Anwendung zentraler Vorschriften des WEG in diesem Stadium der Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft der Vorrang einzuräumen ist (vgl. OLG Hamm ZMR 2000, 128; WuM 2000, 319). In der vom Landgericht weiter zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs in NJW 1983, 1615 ist die Frage, ob der im Grundbuch noch nicht eingetragene Erwerber des Wohnungseigentums die Lasten und Kosten zu tragen hat, offen gelassen worden (vgl. II. 3. der Entscheidung), so dass dahinstehen kann, ob es sich dabei um das Stadium der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft vor ihrer rechtlichen Invollzugsetzung ging. Mit dieser Konstellation befassen sich auch die weiteren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, die das Landgericht aufführt (vgl. NJW 1985, 912; NJW 1988, 1910 und NJW 1994, 3352), nicht. Gleiches gilt überdies für die vom Landgericht auf Seite 6 des angefochtenen Beschlusses zitierten Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts, des Kammergerichts und des Senats betreffend das Stimm- und Anfechtungsrecht.

Die oben zitierte gegenteilige Auffassung des OLG Saarbrücken, auf die das Landgericht weiter Bezug nimmt, wonach bis zur Eigentumsumschreibung auf den ersten Erwerber eine Ein-Mann-Wohnungseigentümergemeinschaft des Bauträgers bestehe, der die einzelnen Erwerber zur Stimmrechtsausübung in der Eigentümerversammlung ermächtigen könne, widerspricht dem gesetzlichen Leitbild der Wohnungseigentümergemeinschaft als einer Gemeinschaft, die notwendig aus mehreren Personen bestehen muss. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist keine juristische Person, die nach dem Vorbild der GmbH auch von einem Alleingesellschafter gebildet werden könnte. Der dort aufgezeigte Weg einer mittelbaren Mitwirkung der Erwerber erscheint überdies auch nicht praktikabler als die oben dargestellte Auffassung der weitaus herrschenden Meinung (vgl. auch OLG Hamm ZMR 2000, 128; WE 2000, 319; OLG Zweibrücken ZMR 1999, 358; vgl. weiter Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., Vor § 43 Rz. 7; Deckert WE 1998, 320). Der Senat wäre aber an einer eigenen Sachentscheidung nicht im Sinne des § 28 Abs. 2 FGG gehindert, weil die Entscheidung im Ergebnis nicht auf der abweichenden Beurteilung der Rechtsfrage durch das OLG Saarbrücken beruht (vgl. auch OLG Hamm ZMR 2000, 128); in den zitierten Entscheidungen hatte das OLG Saarbrücken die Rechtsfrage - als nicht entscheidungserheblich - jeweils offen gelassen.

Anders als der Antragsgegner meint, wäre er, wenn er Mitglied einer werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft geworden wäre, entsprechend § 16 Abs. 2 WEG auch zur Zahlung von Wohngeld verpflichtet (vgl. BayObLG NJW-RR 2003, 1663; OLG Karlsruhe OLGR 2004, 263; OLG Köln ZMR 2004, 859; Kammergericht WuM 2002, 683; OLG Zweibrücken ZMR 1999, 358; OLG Karlsruhe OLGR 2004, 263; Thüringer OLG WuM 2001, 504; Niedenführ/Schulze, a.a.O., § 16 Rz. 55; § 43 Rz. 24; Müller, a.a.O., Rz. 547).

In Einzelheiten Streit herrscht in der obergerichtlichen Rechtsprechung lediglich über die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die früheren Mitglieder der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft für Verbindlichkeiten (weiter) haften, die dann von der in Vollzug gesetzten Wohnungseigentümergemeinschaft begründet worden sind, oder aber nachträglich diese Stellung wieder verlieren (vgl. OLG Köln WuM 1999, 642 und ZMR 2004, 859 einerseits und OLG Hamm ZMR 2000, 128; BayObLG WuM 1998, 178; OLG Karlsruhe OLGR 2004, 263 andererseits; vgl. hierzu auch Deckert ZMR 2005, 335; Niedenführ/Schulze, a.a.O., § 16 Rz. 55; Müller, a.a.O., Rz. 547; Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., Vor § 43 Rz. 6; Weitnauer/Lüke, a.a.O., § 10 Anhang Rz. 5). Weitgehend Einigkeit besteht nach der oben und vom Landgericht zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber wieder darüber, dass (Erst- oder Zweit-)Erwerber nach rechtlicher Invollzugsetzung einer Wohnungseigentümergemeinschaft, das heißt nach Eintragung mindestens zweier Wohnungseigentümer im Grundbuch, nicht mehr Mitglied einer werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft werden können und damit auch nicht mehr in entsprechender Anwendung des § 16 Abs. 2 WEG haften (vgl. zuletzt BayObLG ZWE 2005, 227; Thüringer OLG WuM 2001, 504; Niedenführ/Schulze, a.a.O., § 43 Rz. 23; vgl. auch die Nachweise bei Heismann ZMR 2004, 10 unter III. 1. b); Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., Vor § 43 Rz. 8; Müller, a.a.O., Rz. 547; Palandt/Bassenge, a.a.O., Überbl v § 1 WEG Rz. 7).

Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen lässt sich nicht erkennen, ob der Antragsgegner Mitglied einer derartigen werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft geworden ist oder nicht. Hierzu bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen, die von den Tatsacheninstanzen nicht getroffen sind, die dem Akteninhalt nicht entnommen werden können und die der Senat als Rechtsbeschwerdegericht auch nicht treffen kann, so dass es hierzu einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und einer Zurückverweisung an das Landgericht bedarf. Sollten die oben genannten Voraussetzungen eines "werdenden Wohnungseigentümers" für den Antragsgegner erst nach Invollzugsetzung, also nach Eintragung des "zweiten" Wohnungseigentümers - nämlich des Antragstellers zu 1) neben der A mbH -, im Grundbuch erfüllt worden sein, so würde er ohne weiteres nicht haften. Dies wird aufzuklären sein ggf. ebenso wie auch die sonstigen Voraussetzungen einer werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft, die nach dem Akteninhalt zwar vorzuliegen scheinen, wozu aber ebenfalls tragfähige tatsächliche Feststellungen auch zum Zeitablauf und der Entwicklung nicht vorliegen, weil die Vorinstanzen ihre Entscheidungen auf diese Gesichtspunkte nicht gestützt haben. Der - wie häufig vorliegende - Umstand, dass im Wohnungsgrundbuch im Rang vor der Auflassungsvormerkung des Antragsgegners eine Grundschuld eingetragen war, würde den für das Entstehen einer werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft unter Beteiligung des Antragsgegners erforderlichen auch rechtlich hinreichend gesicherten Übereignungsanspruch des Antragsgegners noch nicht ohne weiteres hindern.

Daneben wird das Landgericht dann ggf. aufzuklären haben, auf welche Beschlussfassungen die Antragsteller ihre im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Zahlungsansprüche nun stützen wollen. Nachdem sie ausweislich des Schriftsatzes vom 10.09.2002 den Zahlungsanspruch in Höhe von DM 2.839,20 (= EUR 1.451,66) nicht mehr auf den Sonderumlagenbeschluss vom 15.08.2001, sondern auf den Rückstand des Antragsgegners aus der Hausgeldabrechnung 2001 stützen wollen, scheint zweifelhaft zu sein, ob daneben noch Rückstände aus vorangegangenen Wohngeldzahlungen für dieses Wirtschaftsjahr 2001 verlangt werden können, da der Saldo der Jahresabrechnung diese nicht geleisteten Zahlungen zu enthalten scheint. Darüber hinaus erschiene auch zweifelhaft, ob diese Zahlungsansprüche überhaupt auf den Beschluss vom 21.01.2002 zu TOP 4 gestützt werden könnten. Ein Wirtschaftsplan, der erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahr beschlossen wird, dürfte nichtig sein (vgl. Schleswig-Holsteinisches OLG ZMR 2001, 855; vgl. auch Niedenführ/Schulze, a.a.O., § 28 Rz. 14; Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 28 Rz. 12). Es liegt nahe, dass eine Nichtigkeit auch die für das Wirtschaftsjahr 2002 verlangten Wohngelder betreffen würde, die die Antragsteller - dies wird aus dem Schriftsatz vom 10.09.2002 nicht gänzlich klar - offensichtlich auch auf diesen Beschluss stützen wollen. Darüber hinaus würde sich dann die Frage stellen, ob dieser Beschluss überhaupt Grundlage für Wohngeldzahlungen sein könnte, indem - wie die Antragsteller ausweislich ihres Schriftsatzes vom 10.09.2002 meinen (Bl. 105 d. A.) - für den Antragsgegner das für das Jahr 2000 (?) festgelegte Wohngeld von DM 700,-- zunächst noch weitergelaufen sei. Grundsätzlich gilt nämlich ein Wirtschaftsplan zunächst ausschließlich für das Wirtschaftsjahr, auf das er bezogen ist. Dies ergibt sich zum einen aus der gesetzlichen Regelung, § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG. Vorliegend entspricht dies zum anderen sogar der ausdrücklichen Regelung in der Teilungserklärung, in der unter Ziffer II. 16. (Bl. 82 d. A.) geregelt ist, dass der Wirtschaftsplan jeweils für ein Geschäftsjahr, das mit dem Kalenderjahr identisch ist, vom Verwalter aufzustellen und von den Miteigentümern beschlossen wird. Demzufolge können auf den Wirtschaftsplan für ein bestimmtes Wirtschaftsjahr Zahlungsansprüche nur für dieses Jahr gegründet werden. Vorschusszahlungen für das folgende Wirtschaftsjahr oder gar für weitere folgende Wirtschaftsjahre setzen neue Pläne und deren Genehmigung durch die Gemeinschaft für diese Jahre voraus (vgl. etwa OLG Köln WuM 1995, 733; BayObLG WuM 2003, 293; OLG Düsseldorf WuM 2003, 590). Zwar dürfte es zumindest in der Regel zulässig sein, die Fortgeltung eines Wirtschaftsplanes bis zur Beschlussfassung über den nächsten Wirtschaftsplan durch Eigentümerbeschluss festzulegen (vgl. BayObLG WuM 2003, 293; vgl. weiter Niedenführ/Schulze, a.a.O., § 28 Rz. 13 m. w. N.). Dann stellt sich die Frage, ob es für eine derartige Beschlussregelung durch die Wohnungseigentümer eines ausdrücklichen Beschlusses bedürfte (so BayObLG NZM 2004, 711) oder ob sich ein derart erklärter Wille auch aus anderweitigen hierfür sprechenden Anhaltspunkten ergeben kann (vgl. hierzu OLG Hamburg WuM 2003, 105; zum Streitstand: Niedenführ/Schulze, a.a.O., § 28 Rz. 13; Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 28 Rz. 48 m. w. N.). Soweit die Antragsteller die Wohngelder für 2002 zunächst auf den Beschluss in einer weiteren Versammlung vom 27.03.2002 unter TOP 4 gestützt hatten (vgl. den Schriftsatz vom 17.06.2002), erscheint dies schon deshalb zweifelhaft, weil ausweislich des vorgelegten Protokolls in dieser Versammlung der Wirtschaftsplan für das Wirtschaftsjahr 2002 offensichtlich gerade nicht genehmigt wurde.

Das Landgericht wird bei seiner erneuten Entscheidung gemäß § 47 WEG auch über die Kosten des sofortigen weiteren Beschwerdeverfahrens zu befinden haben, auch soweit die durch die Beteiligte zu 5) verursachten Kosten betroffen sind, hinsichtlich deren offensichtlich bereits eine fehlende Vollmacht des ursprünglichen Verfahrensbevollmächtigten zur Antragstellung gerügt werden soll. Ausweislich des Rubrums des angefochtenen Beschlusses und desjenigen des Amtsgerichts werden die Antragsteller nicht durch die Antragstellerin zu 3) als Verwalterin vertreten, woran im Hinblick auf den Beschluss vom 27.03.2002, TOP 6, auch Bedenken bestehen könnten (vgl. BGH WuM 1990, 128).

Den Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat der Senat an der unbeanstandet gebliebenen Wertfestsetzung durch das Landgericht orientiert, § 48 Abs. 3 WEG.

Ende der Entscheidung

Zurück