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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 21.11.2005
Aktenzeichen: 20 W 258/04
Rechtsgebiete: BGB, BVormVG, FGG


Vorschriften:

BGB § 256
BGB § 286
BGB § 288
BGB § 291
BGB § 669
BGB § 670
BGB § 1835 I 3
BGB § 1836
BGB § 1836a
BVormVG § 1
FGG § 56g
Die Ausschlussfrist des § 1835 Abs. 1 S. 3, 1836 Abs. 2 S. 4 BGB a. F. ist auch auf den Anspruch auf Verzinsung der Betreuervergütung und des Aufwendungsersatzes nach altem Recht anzuwenden.
Gründe:

Die sofortige weitere Beschwerde, mit welcher die ehemalige Betreuerin weiterhin eine Verzinsung der für ihre Tätigkeit in der Zeit von Februar 1999 bis Januar 2001 gegen die Staatskasse festgesetzten Vergütung und des Aufwendungsersatzes begehrt, ist kraft Zulassung im angefochtenen Beschluss gemäß § 56 g Abs. 5 Satz 2 FGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, da sie insbesondere form- und fristgerecht eingelegt wurde. In der Sache führt das Rechtsmittel jedoch nicht zum Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).

Wie bereits das BayObLG (FamRZ 2002, 767) und das OLG Hamm (BtPrax 2003, 81) rechtsgrundsätzlich entschieden haben, kommt eine Verzinsung des Anspruches des Berufsbetreuers auf Vergütung auf der Grundlage der hier anwendbaren und bis zum Inkrafttreten des Zweiten Betreuungsrechtsänderungsgesetzes - 2. BtÄndG - zum 1. Juli 2005 gültigen Rechtsvorschriften des § 1836 BGB a. F. und im Falle der Mittellosigkeit bei Inanspruchnahme der Staatskasse zusätzlich des BVormVG gemäß § 291 BGB erst ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft des Festsetzungsbeschlusses nach § 56 g FGG in Betracht. Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Der Zeitpunkt des Einganges eines Vergütungsantrages im Verfahren nach § 56 g FGG beim Vormundschaftsgericht kann dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit im Sinne des § 291 Abs. 1 Satz 1 BGB hierbei allerdings nicht gleich gesetzt werden. Denn der Vergütungsanspruch entsteht dem Grunde nach zwar bereits mit der Erbringung der entsprechenden Leistung, der Höhe nach wird die Vergütung aber erst durch die gerichtliche Festsetzung konkretisiert und abschließend bestimmt. Zu § 291 BGB ist jedoch anerkannt, dass in Fällen, in denen die Verpflichtung zu einer Geldleistung erst durch eine gestaltende gerichtliche Entscheidung begründet wird, die Verzinsungspflicht erst mit dem Eintritt der Rechtskraft dieser Entscheidung beginnen kann (vgl. Staudinger/Löwisch, BGB, 13. Bearb. § 291 Rn. 9; Thode MünchKomm BGB, 4. Aufl., § 291 Rn. 9). Dies trifft auch auf den Vergütungsanspruch des Betreuers zu, so dass eine Verzinsung nach § 291 BGB nicht ab Antragstellung, sondern erst ab Rechtskraft der Festsetzungsentscheidung gemäß § 56 g FGG in Betracht kommt (ebenso BayObLG und OLG Hamm jeweils a.a.O.; Palandt/Diederichsen, BGB, 64. Aufl., § 1835 Rn. 1; Jürgens, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 1836 BGB Rn. 11).

Eine früher einsetzende Verzinsungspflicht kann entgegen der Auffassung der ehemaligen Betreuerin hier auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Verzuges aus den §§ 286, 288 BGB abgeleitet werden. Denn der bei dem Vormundschaftsgericht zu stellende Antrag auf Vergütungsfestsetzung gemäß § 56 g FGG kann weder als Mahnung im Sinne des § 286 Abs. 1 BGB noch als Rechnung oder gleichwertige Zahlungsaufstellung im Sinne des § 286 Abs. 3 BGB angesehen werden. Dem steht bereits der vorerwähnte Umstand entgegen, dass durch die gerichtliche Festsetzung der Vergütungsanspruch der Höhe nach erst konkretisiert und begründet wird. Hieraus ergibt sich zugleich, dass der Anspruch des Berufsbetreuers auf Vergütung gerade nicht einer Handwerkerrechnung oder einer anderen vertraglich begründeten Entgeltforderung gleich gesetzt werden kann. Vielmehr hat der Gesetzgeber gerade wegen der Besonderheiten des Anspruches des Vormundes, Pflegers oder Betreuers auf Vergütung seiner berufsmäßig erbrachten Tätigkeiten, bei welchen es sich nicht um vertraglich geschuldete Leistungen, sondern die Wahrnehmung der mit dem Amt übertragenen Aufgaben handelt, das besondere Festsetzungsverfahren gemäß § 56 g FGG geschaffen, welches den Vergütungsanspruch einerseits einer gerichtlichen Kontrolle unterwirft, andererseits für den Betreuer jedoch ein Verfahren zur Verfügung stellt, das einfacher und schneller als eine zivilrechtliche Klage eine Realisierung der Ansprüche zulässt.

Da vorliegend wegen des vorhandenen und zunächst vermieteten Hausgrundstückes des Betroffenen und der im Grundbuch auf dessen Namen noch eingetragenen Waldgrundstücke die Festsetzung der einzelnen Vergütungen zunächst gegen den Betroffenen selbst erfolgt war und die Festsetzung gegen die Staatskasse mit den beiden Beschlüssen vom 19. April 2001 erst erfolgen konnte, nachdem sich herausgestellt hatte, dass der Betroffene selbst die Waldgrundstücke bereits veräußert und den Veräußerungserlös ausgegeben hatte sowie das Hausgrundstück wegen seines Zustandes und der Marktlage kurzfristig weder durch Vermietung noch durch Veräußerung zu verwerten war, hat das Landgericht zutreffend eine Verzinsung mit der Begründung abgelehnt, dass die Rechtskraft der gegen die Staatskasse gerichteten Festsetzungsbeschlüsse erst am 24. Mai 2001 eingetreten ist und zu diesem Zeitpunkt die Überweisung der festgesetzten Beträge bereits veranlasst war und kurz darauf auch auf dem Konto der ehemaligen Betreuerin gutgeschrieben wurde.

Des Weiteren hat das Landgericht im Ergebnis zutreffend eine Verzinsung des von der ehemaligen Betreuerin für die Zeit von Februar 1999 bis Januar 2001 beantragten und ebenfalls am 31. Mai 2001 aus der Staatskasse gezahlten Aufwendungsersatzes abgelehnt. Allerdings kann der Betreuer nach §§ 1908 i Abs. 1, 1835 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 BGB im Falle der Mittellosigkeit des Betroffenen von der Staatskasse für die zum Zwecke der Führung der Betreuung gemachten Aufwendungen nach den für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 669, 670 BGB Ersatz verlangen. Der Ersatzanspruch nach § 670 BGB ist gemäß § 256 Satz 1 BGB vom Zeitpunkt der Aufwendung an in Höhe von mindestens 4% nach § 246 BGB zu verzinsen. Die Vorschrift des § 256 BGB wird nach verbreiteter Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. OLG Hamm a.a.O.; BayObLG BtPrax 2001, 39 Palandt/Diederichsen, a.a.O., § 1835 Rn. 13; HK-BUR/Bauer/Deinert § 1835 BGB Rn. 23; Gregersen/Deinert, Die Vergütung des Betreuers, S. 49) auch auf den Aufwendungsersatzanspruch des Vormundes und Betreuers für anwendbar gehalten. Dies vermag im vorliegenden Falle jedoch eine Verzinsung der in der Zeit von Februar 1999 bis Januar 2001 von der ehemaligen Betreuerin in Höhe von 879,28 DM geltend gemachten und in den Beschlüssen vom 19. April 2001 gegen die Staatskasse festgesetzten Aufwendungen nicht zu rechtfertigen. Dem steht im vorliegenden Falle die Vorschrift des § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB entgegen. Nach § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB erlöschen die Ansprüche auf Aufwendungsersatz, wenn sie nicht binnen 15 Monaten nach ihrer Entstehung gerichtlich geltend gemacht werden. Diese für den Aufwendungsersatz als Hauptforderung geltende Vorschrift ist auch auf den Zinsanspruch als diesbezüglichen Nebenanspruch anzuwenden. Im vorliegenden Fall hat die Betreuerin eine Verzinsung ihrer Aufwendungsersatzansprüche jedoch erstmals mit Schreiben vom 25. September 2002, das am 27. September 2002 bei Gericht einging, geltend gemacht. In diesem Schreiben wird zwar auf ein früheres Schreiben vom 19. Juni 2001 Bezug genommen, mit welchem bereits eine Erstattung von Zinsen gefordert worden sein soll. Ein derartiges Schreiben ist jedoch nicht zu der Betreuungsakte gelangt. Unter Zugrundelegung der 15monatigen Ausschlussfrist des § 1835 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 4 Satz 2 BGB käme eine Verzinsung somit erst für die Zeit nach dem 27. Juni 2001 in Betracht. Die von der Betreuerin für ihre Tätigkeit in der Zeit vom Februar 1999 bis Januar 2001 geforderten und mit den beiden Beschlüssen vom 19. April 2001 festgesetzten Beträge des Aufwendungsersatzes wurden jedoch bereits vorher, nämlich am 31. Mai 2001 dem Konto der ehemaligen Betreuerin gutgeschrieben, so dass eine Verzinsung hier insgesamt ausscheidet.

Soweit das Landgericht gleichwohl in seinem Beschluss einen geringfügigen Zinsbetrag von 2,71 EUR als aus der Staatskasse zu zahlen festgesetzt hat, kommt eine Abänderung wegen des Verbots der reformatio in peius nicht in Betracht.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO.

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