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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 19.02.2008
Aktenzeichen: 20 W 263/07
Rechtsgebiete: BGB, EGV, GmbHG, HGB


Vorschriften:

BGB § 181
EGV § 43
EGV § 48
GmbHG § 8 Abs. 4
HGB § 13 d
HGB § 13 e
HGB § 13 g Abs. 2
HGB § 18
Bei der Eintragung der Zweigniederlassung einer in Großbritannien gegründeten "private limited company by shares" in das Handelsregister kann für den "director" eine Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens und der Mehrfachvertretung auch dann nicht eingetragen werden, wenn eine diesbezügliche Gestattung in die Satzung (articles of association) aufgenommen werden.
Gründe:

I.

Die Antragstellerin, eine in Groß-Britannien registrierte private limited company by shares, meldete durch ihre Geschäftsführerin mit notariell beglaubigter Urkunde vom 12. Oktober 2006 die Errichtung einer Zweigniederlassung zur Eintragung in das Handelsregister B an. Dabei wurde zur Vertretungsberechtigung der Geschäftsführer neben den Angaben zur Einzel- und Gesamtvertretung weiter angemeldet:

"Die Geschäftsführer sind berechtigt, für die Gesellschaft Verträge abzuschließen und können dabei auch für sich selbst in eigenem Namen handeln oder als Vertreter Dritter auftreten."

Als einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer wurde ein beim Vereinsregister in Wiesbaden eingetragener Verein angemeldet.

Des Weiteren wurde als ständiger Vertreter der Niederlassung mit Einzelvertretungsberechtigung und Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB der Vorsitzende dieses Vereines angemeldet.

Mit Zwischenverfügungen vom 07. November 2006 und 22. Dezember 2006 beanstandete der Registerrichter die Anmeldung, soweit die Geschäftsführer (directors) berechtigt seien, Verträge für die Gesellschaft mit sich selbst oder als Vertreter eines Dritten abzuschließen, da das für die Vertretungsberechtigung der Geschäftsführer maßgebliche englische Recht eine generelle Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB nicht vorsehe, wobei angeregt wurde, die Anmeldung insoweit zurückzunehmen.

Des Weiteren wurde die Firma der Zweitniederlassung als unzulässig beanstandet, da sie nur aus Sachbegriffen bestehe.

Nachdem eine Änderung der Anmeldung nicht erfolgt war, wies das Amtsgericht die Anmeldung mit Beschluss vom 14. Februar 2007 unter Bezugnahme auf die in den Zwischenverfügungen aufgezeigten und nicht beseitigten Eintragungshindernisse zurück.

Hiergegen legte die Antragstellerin unter dem 05. März 2007 Beschwerde ein, mit der sie insbesondere geltend machte, die Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens sei im vorliegenden Falle einzutragen, da diese im Unterschied zu den bisher ergangenen Entscheidungen der Oberlandesgerichte München und Celle hier auf einer entsprechenden Regelung in der Satzung der Gesellschaft beruhe. Des Weiteren sei auch die Firma zulässig, da unter Berücksichtigung der Europäischen Niederlassungsfreiheit lediglich zu prüfen sei, ob eine Irreführung oder Verwechselungsgefahr vorliege, was beides nicht gegeben sei.

Das Landgericht wies die Beschwerde mit Beschluss vom 16. Mai 2007 zurück.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der weiteren Beschwerde unter Wiederholung und Vertiefung ihrer bisherigen Rechtsausführungen.

II.

Die weitere Beschwerde ist zulässig, führt aber in der Sache nicht der zum Erfolg, da die Vorinstanzen die Anmeldung bezüglich der Befreiung des Geschäftsführers (directors) vom Verbot des Insichgeschäftes und der Mehrfachvertretung zu Recht beanstandet haben und die Antragstellerin insoweit trotz diesbezügliche Anfrage des Registergerichts den Eintragungsantrag weder insoweit teilweise zurückgenommen noch eine getrennte Bescheidung der einheitlichen Anmeldung begehrt hat.

Die Anmeldung und Eintragung einer englischen private limited company bestimmt sich nach §§ 13 d, 13 e und 13 g HGB. Die Eintragung hat in Abteilung B des deutschen Handelsregisters zu erfolgen, da dort gemäß § 3 Handelsregisterverordnung - HRV- neben Kapitalgesellschaften deutschen Rechts und deren Zweigniederlassungen auch die Zweigniederlassungen ausländischer Rechtsträger einzutragen sind, wenn diese der Rechtsform nach dem deutschen Recht in der Abteilung B einzutragenden Rechtsträgern vergleichbar sind (§ 40 Ziffer 2 i.V.m. § 43 Ziffer 2 HRV, § 13 d HGB). Von einer derartigen Vergleichbarkeit der britischen private limited company by shares mit der GmbH deutschen Rechts ist insbesondere unter Berücksichtigung der EU-Zweigniederlassungsrichtlinie (Elfte Richtlinie 89/666/EWG über die Offenlegung von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen errichtet wurden, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen vom 21. Dezember 1989 - ABl. Nr. L 395/36) und der Einpersonen-Gesellschaft-Richtlinie (Zwölfte Richtlinie 89/667EWG auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter vom 21. Dezember 1989 - Abl. Nr. L 395/40, geändert durch Beschluss vom 1. Januar 1995 - Abl. Nr. L 1/144), welche eine Auflistung der der GmbH vergleichbaren ausländischen Gesellschaftsformen enthält, auszugehen (vgl. KG FGPrax 2004, 45; OLG Celle, GmbHR 2005, 1303; OLG Frankfurt NZG 2006, 515 = FGPrax 2006, 126; Wachter ZNotP 2005, 122/123; Klose-Mokroß DStR 2005, 971, 972). Die Eintragung hat deklaratorische Bedeutung (KG FGPrax 2004, 45; OLG München Rpfleger 2006, 84).

Gemäß § 13 g Abs. 2 S. 2 HGB i.V.m. § 8 Abs. 4 GmbHG ist auch die Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer der ausländischen Gesellschaft anzumelden. Eine Eintragung der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB oder einer dem Inhalt dieser Vorschrift nachgebildeten Umschreibung der Befreiung vom Verbot des Insichgeschäftes und/oder der Mehrfachvertretung kommt jedoch für die directors einer englischen Limited nicht in Betracht. Für die körperschaftliche Verfassung einer Gesellschaft, insbesondere die Frage welche Organe diese bestellen muss und darf sowie für die Geschäftsführungsbefugnis und den Umfang der Vertretungsmacht dieser Organe ist das Personalstatut der Gesellschaft maßgeblich (vgl. Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht; Palandt/Heldrich, BGB, 66. Aufl., Anh. Art 12 EGBGB Rn. 6 und 13; Ulmer NJW 2004, 1201). Da nach der Rechtsprechung des EuGH die in einem Vertragsstaat wirksam gegründete Gesellschaft in den übrigen Vertragsstaaten in der Rechtsform ihrer Gründung auch dann anzuerkennen ist, wenn sie ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in einem anderen Vertragsstaat hat und sich nur dort wirtschaftlich betätigt (vgl. EuGH -Überseering NJW 2002, 3614 und Inspire Art ZIP 2003, 1885 und BGH NJW 2003, 1461 und 2005, 1648), ist hier englisches Gesellschaftsrecht maßgeblich.

Das englische Recht kennt für die directors einer private limited by shares keine dem generellen Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB vergleichbare Regelung. Vielmehr ist dort die Vertretungsmacht der directors Dritten gegenüber grundsätzlich unbeschränkt. Zugleich ergeben sich jedoch Beschränkungen aus den besonderen Treuepflichten, welche auf dem Vertrauensverhältnis zwischen der Gesellschaft und den directors beruhen. Nach der sog. "non-conflict-rule" ist es dem director untersagt, sich in eine Position so begeben, in der seine Pflichten gegenüber der Gesellschaft mit seinem persönlichen Interesse kollidieren könnten. Diesbezügliche Pflichtverletzungen führen jedoch nicht zur Unwirksamkeit, sondern zur Anfechtbarkeit der betroffenen Rechtsgeschäfte. Allerdings ist insoweit eine Pflichtverletzung nicht gegeben, wenn der director im konkreten Einzelfall die Interessenkollision gegenüber der Gesellschafterversammlung oder - soweit in der Satzung vorgesehen - gegenüber den übrigen directors - offen legt und diese zustimmen (vgl. Wachter, ZNotP 2005, 122/132; Kasolowsky/Schall, Ausgewählte ausländische Gesellschaftsformen Rn. 35 in Hirte/Bücker: Grenzüberschreitende Gesellschaften; Herchen, RIW 2005, 529/ 531). Darüber hinaus bedürfen bestimmte Rechtsgeschäfte eines directors nach englischem Gesellschaftsrecht in jedem Fall der Zustimmung der Gesellschafterversammlung, wie etwa langfristige Anstellungsverträge sowie Rechtsgeschäfte über wesentliche Vermögenswerte (vgl. Wachter, a.a.O., S. 133).

Dabei können zwar gegebenenfalls die Zustimmungserfordernisse in der Satzung abweichend geregelt werden, während die Offenlegungs- und Anzeigepflichten aber zwingendes Recht sind und somit nicht zur Disposition stehen (vgl. Schall, a.a.O., S. 54; Wachter a.a.O., S. 132/133; Kasolowsky/Schall, a,.a.O. Rn. 35). Somit bestehen wesentliche rechtssystematische Unterschiede zwischen dem diesbezüglichen deutschen und englischen Recht. Insbesondere kennt das englische Gesellschaftsrecht im Unterschied zu § 181 BGB keine generelle und uneingeschränkte Gestattung des Selbstkontrahierens und der Mehrfachvertretung. Aus diesen Gründen erachtet der Senat in Übereinstimmung mit der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte München (Rpfleger 2006, 84 und GmbHR 2006, 603), Celle (GmbHR 2005, 1303) sowie Hamm (FGPrax 2006, 276) und Düsseldorf (NJW-RR 2006, 1040/1042) für den director einer in das deutsche Handelsregister deklaratorisch einzutragenden Zweigniederlassung einer englischen Limited eine Eintragung der Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens und der Mehrfachvertretung als ausgeschlossen.

Dies gilt auch für den hier gegebenen Fall, dass eine diesbezügliche Gestattung des Selbstkontrahierens und der Mehrfachvertretung in die Satzung (Articles of Association) der Limited aufgenommen wurde. Dies geht ersichtlich auf eine Empfehlung von Heinz (Die englische Limited, 2. Aufl., § 18 Rn. 81) zurück, der von einer Eintragungsfähigkeit einer solchen Ermächtigung mit dem zusätzlichen Hinweis, dass die Offenlegungspflichten der Geschäftsführer unter dem Companies Act hiervon nicht berührt werden, ausgeht (ähnlich wohl Schall, a.a.O., S. 55). Dem kann jedoch nach Auffassung des Senates nicht gefolgt werden. Denn eine derartige Eintragung im deutschen Handelsregister wäre vom Ansatz her verfehlt, weil durch sie eine Irreführung des Rechtsverkehrs herbeigeführt würde. Denn hierdurch würde der unzutreffende Eindruck hervorgerufen, dass die diesbezügliche Vertretungsregelung der directors dem deutschem Recht unterliegt oder zumindest das anwendbare ausländische Recht eine dem deutschen Recht vergleichbare Regelung enthält. Dies ist jedoch angesichts der bereits aufgezeigten inhaltlichen und rechtssystematischen Unterschiede nicht der Fall. So muss auch Heinz (a.a.O., Rn. 80) zugestehen, dass im Falle einer Abbedingung der Klausel 85 des Table A der Mustersatzung nach englischem Gesellschaftsrecht Insichgeschäfte zwar weitestgehend, aber im Unterschied zur gesetzlichen Regelung des § 181 BGB eben doch nicht generell möglich sind.

Deshalb kommt die Eintragung einer derartigen Ermächtigung des directors, einer englischen Limited zum Selbstkontrahieren und einer Mehrfachvertretung per in das Handelsregister auch bei Aufnahme einer diesbezüglichen Klausel in die Satzung nicht in Betracht (vgl. ebenso Krafka/Willer, Registerrecht, 7. Aufl., Rn. 322 und NZG 2006, 512/513; Just, Die englische Limited in der Praxis, 2. Aufl., Rn. 50; Wachter, GmbHR 2005, 169/ 172; Kloße-Mockroß, DStR 2005, 1013/1015).

Da zwischen dem director und dem ständigen Vertreter keine Personenidentität besteht, stellt sich die vom OLG München GmbHR 2006, 603) erörterte besondere Problematik der Eintragung Befreiung des ständigen Vertreters von den Beschränkungen des § 181 BGB hier nicht und wurde auch von den Vorinstanzen nicht beanstandet.

Obwohl es für die vorliegende Entscheidung wegen des bis zur Entscheidung des Landgerichts nicht beseitigten Eintragungshindernisses bezüglich der Vertretungsregelung, welches die Zurückweisung und des Eintragungsantrages rechtfertigt, nicht mehr ankommt, weist der Senat im Hinblick auf die gesetzliche Verpflichtung der Antragstellerin zur ordnungsgemäßen erneuten Anmeldung der Zweigniederlassung darauf hin, er dass die Beanstandung der Firma der Zweigniederlassung nicht als rechtlich begründet erachtet.

Nach internationalem Privatrecht in der Ausprägung durch die bereits zitierte Rechtsprechung des EuGH ist auf die Firma das Gesellschaftsstatut des Gründungsstaates der Gesellschaft unabhängig vom Ort ihres tatsächlichen Verwaltungssitzes anzuwenden. Nach dem insoweit sehr liberalen britischen Recht (vgl. hierzu Triebel/Hogdson/Kellenter/Müller, Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 2. Aufl., § 3 Rn. 607 ff; Güthoff, Gesellschaftsrecht in großbnritannien, 3. Aufl., S. 51) ergeben sich bezüglich der angemeldeten Firma keine rechtlichen Bedenken.

Soll die Firma der im EU-Ausland gegründeten Gesellschaft - wie im vorliegenden Fall - für die in Deutschland tätige Zweigniederlassung unverändert verwendet und in das Handelsregister eingetragen werden, so muss sie aber zugleich den Anforderungen des deutschen Rechtes entsprechen, soweit § 18 HGB im öffentlichen Interesse zum Schutz des Rechtsverkehrs vor Täuschung und Missbrauch die Unterscheidbarkeit und Kennzeichnungskraft der einzelnen Firmen fordert und eine Irreführung verbietet, wobei eine an der europäischen Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 43 und 48 EGV orientierte Auslegung geboten sein kann (vgl. KG Rpfleger 2007, 85; OLG München GmbHR 2007, 855; Triebel/von Hase/Mellerski, Die Limited in Deutschland, Rn. 462f; Wachter ZNotP 2005, 122/138).

Nach diesen Maßstäben ist die angemeldete Firma der Zweigniederlassung der Limited entgegen der Auffassung der Vorinstanzen rechtlich zulässig. Nach dem seit der Neufassung durch das Handelsrechtsreformgesetz -HRefG- vom 22. Juni 1998 (BGBl. I S. 1474) nunmehr einheitlich für alle Einzelkaufleute und sämtliche Handelsgesellschaften geltenden § 18 Abs. 1 HGB muss die Firma nur noch zur Kennzeichnung des Kaufmanns bzw. der Gesellschaft geeignet sein und Unterscheidungskraft besitzen; daneben hält § 18 Abs. 2 HGB in eingeschränktem Umfang an dem bereits früher geltenden Grundsatz des Irreführungsverbotes fest. Im vorliegenden Fall handelt es sich bei dem Firmenbestandteil "Hausverwaltung " bei isolierter Betrachtung zwar um eine bloße Gattungs- oder Branchenbezeichnung, die für sich genommen unzulässig wäre. Durch den Zusatz "Rhein-Main" wird die Firma jedoch hinreichend individualisiert und erhält die erforderliche Unterscheidungs- und Kennzeichnungskraft. Unter Berücksichtigung der allgemeinen Liberalisierung des Firmenrechts in Bezug auf geographische Zusätze bestehen gegen die Wahl dieser Firma im Hinblick auf den Sitz der Zweigniederlassung und die beabsichtigte Tätigkeit in deren räumlichem Umfeld keinen durchgreifenden Bedenken (vgl. Ebenroth/Boujong/Zimmer, HGB, 2. Aufl., § 18 Rn. 53 ff; MünchKomm/Heidinger, HGB, 2. Aufl., § 18 Rn. 142 ff; OLG Stuttgart FGPrax 2004, 40; KG Rpfleger 2008, 85).

Einer Geschäftswertfestsetzung bedarf es nicht ( Festgebühr nach § 131 c KostO i.V.m. § 4 HRegGebV ).

Ende der Entscheidung

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