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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 01.04.2004
Aktenzeichen: 20 W 269/02
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 23 I
WEG § 28 III
WEG § 45 I
Auch die Anfechtung der Genehmigung der Jahresabrechnung und der Verwalterentlastung bemisst sich der Beschwerdewert allein nach dem individuellen vermögenswerten Interesse des Rechtsmittelführers an der von ihm begehrten Rechtsmittelentscheidung. Wird die Anfechtung darauf gestützt, dass einzelne Posten (teilweise) nicht als Ausgaben in die Jahresabrechnung hätten eingestellt werden dürfen, so bemisst sich die Beschwer des Rechtsmittelführers nach der anteiligen Belastung, die ihm bei der nach seiner Ansicht richtigen Abrechnung erspart geblieben wäre.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN Beschluss

20 W 269/2002

Entscheidung vom 01.04.2004

In der Wohnungseigentumssache

betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Einzelrichterin der 8. Zivilkammer des Landgerichts Hanau vom 04.06.2002 am 01.04.2004 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird als unzulässig verworfen.

Die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat die Antragstellerin zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde: 42.285,00 EUR

Gründe:

Die Antragstellerin hat zusammen mit einem weiteren Antragsteller mit bei Gericht am 10.09.2001 eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 09.08.2001 (Bl. 5 d. A.) über die Genehmigung der Gesamt- und Einzelabrechnungen 2000 sowie der Entlastung des Verwalters angefochten. Sie hat geltend gemacht, die Beschlüsse seien unwirksam, da die Jahresabrechnung nicht ordnungsgemäß sei. Zu beanstanden seien die Einzelpositionen für die verbundene Gebäudeversicherung mit 14.132,90 DM und die Feuerversicherung mit 1.574,80 DM, die überdurchschnittlich hoch seien und nicht dem entsprächen, was bei ordnungsgemäßer Verwaltung anfallen würde. Dies gelte auch für die Positionen "Lohn Hausmeister/Reinigung" mit 8.180,00 DM und "Lohnnebenkosten mit 5.281,66" DM. Die Position "Vorschüsse Zwangsverwalter" mit 19.000,00 DM sei nicht nachvollziehbar.

Die Antragsgegner haben hierzu vorgetragen, die beanstandeten Positionen seien in 2000 in dieser Höhe angefallen und demnach in der Abrechnung zu berücksichtigen. Für die Liegenschaft mit 72 Wohnungen seien die Versicherungskosten auch nicht zu hoch, wobei sich die Prämie an der hohen Schadensquote orientiere. Mit monatlich 680,00 DM zuzüglich Nebenkosten für Steuer, Berufsgenossenschaft und Sozialversicherung werde auch Hausreinigung und Hausmeistertätigkeit preisgünstig erledigt. Nach Anforderung durch den Zwangsverwalter und das Gericht seien am 26.05.2000 10.000,00 DM und am 27.12.2000 9.000,00 DM an den Zwangsverwalter für das Verfahren betreffend die Wohnung des Miteigentümers A gezahlt worden.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 10.12.2001 (Bl. 34-36 d. A.) die Anfechtungsanträge zurückgewiesen. Gegen den ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 21.01.2002 zugestellten amtsgerichtlichen Beschluss haben die Antragstellerin und ein weiterer Antragsteller mit am 04.02.2002 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Die Antragsgegner sind der Beschwerde entgegengetreten. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat der Geschäftsführer der Verwalterin zu der Position "Vorschüsse Zwangsverwalter" erläutert, es sei seit ca. 10 Jahren mit den Wohnungseigentümern die Verfahrensweise abgesprochen, dass nach Titelerlangung gegen einen mit seinen Zahlungen säumigen Miteigentümer die Zwangsverwaltung seiner Wohnung betrieben werde. Die für den Zwangsverwalter aufzuwendenden Vorschüsse flössen als Hausgeld nach Abzug der Verwaltervergütung wieder an die Gemeinschaft zurück bzw. seien bei der Zwangsversteigerung vorrangig aus dem Erlös zu begleichen.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 04.06.2002 (Bl. 80-84 d. A.) die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat gegen die ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 17.06.2002 zugestellte landgerichtliche Entscheidung mit am 01.07.2002 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz weitere Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt sie aus, im Vergleich zu dem unmittelbaren Nachbargebäude ... Str. ... seien die Versicherungskosten und die Hausmeisterkosten unangemessen hoch. Bei einem Volumen von 19.000,00 DM bedürfe die Leistung der Zwangsverwaltervergütung auch einer gesonderten Ermächtigung der Gemeinschaft.

Die Antragsgegner haben demgegenüber darauf verwiesen, dass die betroffene Liegenschaft mit 72 Einheiten nicht mit dem von der Antragstellerin zum Vergleich herangezogenen, nur über 49 Wohneinheiten und eine geringere Qualität verfügenden Objekt vergleichbar sei, zumal dessen Finanzierung im Argen liege. Die Höhe der Versicherungsprämie sei bedingt durch die frühere Schadenshäufung, inzwischen habe eine Reduzierung der Versicherungsprämie erreicht werden können. Im übrigen verweisen die Antragsgegner darauf, dass es sich bei der aktuell beauftragten Versicherung um die entsprechend § 11 der Teilungserklärung (Bl. 133 d. A.) noch von dem Erstverwalter ausgesuchte Versicherung handele und durch Mehrheitsbeschluss ein Wechsel beschlossen werden könne.

Die Hausmeisterkosten seien nach dem Frankfurter Mietspiegel (Betriebskostenmittelwerte, Bl. 149 d. A.) angemessen.

Hinsichtlich der beanstandeten Vorschüsse für den Zwangsverwalter haben die Antragsgegner auf die laut § 19 Nr. 4 b der Teilungserklärung bestehende Befugnis des Verwalters zur gerichtlichen Geltendmachung der Lasten- und Kostenbeiträge bzw. die zu TOP 7 der Versammlung vom 31.05.1979 beschlossene Ermächtigung verwiesen. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Antragsgegner wurden in der Eigentümerversammlung vom 05.06.2002 zu TOP 2 die in den Jahresabrechnungen 2000/2001 enthaltenen Zahlungen von Zwangsverwaltervorschüssen genehmigt (Bl. 122 d. A.).

Die an sich gemäß § 45 Abs.1 WEG statthafte weitere Beschwerde ist unzulässig, da die Beschwer der Antragstellerin nicht wie erforderlich 750 übersteigt. Der Beschwerdewert im Sinn von § 45 Abs. 1 WEG ist nicht gleichzusetzen mit dem Geschäftswert im Sinn von § 48 Abs. 3 WEG. Während sich letzterer auf das Interesse aller Beteiligter bezieht (Niedenführ/Schulze: WEG, 6. Aufl. § 48, Rdnr. 24; Palandt/Bassenge: WEG, 63. Aufl., § 48, Rdnr. 12), ist der Beschwerdewert nach der Beschwer des Rechtsmittelführers und seinem Interesse an der angefochtenen Entscheidung zu bemessen. Wird wie vorliegend der Beschluss über die Jahresabrechnung mit der Begründung angefochten, einzelne Positionen hätten nicht oder nicht in der eingebuchten Höhe in die Jahresabrechnung eingestellt werden dürfen, so bemisst sich die Beschwer des Rechtsmittelführers nach der anteiligen Belastung, die ihm bei der nach seiner Ansicht richtigen Abrechnung erspart geblieben wäre. Dabei hat die Belastung des erfolglosen Rechtsmittelführers mit Verfahrenskosten außer Betracht zu bleiben. Auch die Interessen der übrigen Eigentümer und die Bedeutung der Sache für die Gemeinschaft insgesamt bleiben unberücksichtigt, da allein das vermögenswerte Interesse des Beschwerdeführers an einer Änderung der angefochtenen Entscheidung maßgeblich ist (BayObLG ZWE 2000, 461 m. w. H.; Niedenführ/Schulze, aaO. § 45, Rdnr. 1, 13; Staudinger/Wenzel, 12. Aufl., § 45, Rdnr. 8 und 12). Auch dann wenn, wie ebenfalls im vorliegenden Fall erfolgt, ein Wohnungseigentümer den Beschluss über die Entlastung des Verwalters anficht, bemisst sich der Wert seiner Beschwer allein nach seinem individuellen Interesse an der von ihm begehrten Rechtsmittelentscheidung (BayObLG ZMR 2001 , 720; Staudinger/Wenzel, aaO.; Rühlicke ZWE 2003, 200, 201).

Nachdem die Antragstellerin die Anfechtung der Genehmigung der Jahresabrechnung 2000 und die Entlastung der Verwalterin für das Wirtschaftsjahr 2000 auch in der weiteren Beschwerde damit begründet hat, dass die Einzelpositionen Gebäudeund Feuerversicherung sowie "Lohn Hausmeister/Reinigung" und "Lohnnebenkosten" unangemessen hoch seien und für die Position "Vorschüsse Zwangsverwalter" eine Ermächtigung des Verwalters fehle, richtet sich die Beschwer der Antragstellerin nach den Anteilen, die bezüglich dieser Einzelpositionen nach der Einzelabrechnung auf sie entfallen. Für das Wirtschaftsjahr 2000, in dem die Antragstellerin nur in 135 Tagen Mitglied der Gemeinschaft war, machen diese Anteile insgesamt nur 255,98 DM aus. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass die Antragstellerin die Versicherungs- und Hausmeisterkosten nur als zu hoch beanstandet, also eigentlich nur die durch die von der Antragstellerin nicht bezifferte Überhöhung verursachte Anteilssteigerung ihre Beschwer darstellt.

Konkrete Schadenseratzansprüche gegen die Verwalterin, die durch eine Anfechtung ihrer Entlastung gewahrt werden sollten, hat die Antragstellerin nicht beziffert. Selbst wenn man von Ansprüchen in Höhe der beanstandeten Positionen ausgehen würde, wäre doch nur der auf die Antragstellerin entfallende Anteil des Gesamtschadens als ihre individuelle Beschwer zu berücksichtigen. Dieser Anteil dürfte nochmals dem Anteil der Antragstellerin entsprechen, wie ihn die Jahresabrechnung ausweist, so dass auch unter Berücksichtigung der Anfechtung der Entlastung im Sinn einer Anspruchshäufung insgesamt nicht 750 überschritten werden. Für die Unzulässigkeit der weiteren Beschwerde ist es ohne Bedeutung, dass das Landgericht ohne Darlegung der Beschwer der Antragstellerin von der Zulässigkeit der Erstbeschwerde ausgegangen ist.

Abgesehen von der Unzulässigkeit der weiteren Beschwerde wäre sie auch unbegründet. Dabei kann ausnahmsweise der Vortrag der Antragsgegner in der weiteren Beschwerde berücksichtigt werden, weil ihm die Antragstellerin nicht entgegengetreten ist.

Wie die Vorinstanzen bereits zutreffend ausgeführt haben, kommt es auf die Beanstandungen der Antragstellerin nur hinsichtlich der Genehmigung der Entlastung an, weil die Frage der Berechtigung der in die Jahresabrechnung eingestellten Positionen für die Genehmigung der Jahresabrechnung keine Rolle spielt. Die Antragstellerin hat selbst nicht behauptet, die streitgegenständlichen Positionen seien nicht tatsächlich gezahlt worden.

Ein Eigentümerbeschluss, mit dem einem Verwalter Entlastung erteilt wird, steht nicht grundsätzlich im Widerspruch zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung, sondern erst, wenn Ansprüche gegen den Verwalter erkennbar in Betracht kommen und nicht aus besonderen Gründen Anlass besteht, auf die hiernach möglichen Ansprüche zu verzichten (BGH FGPrax 2003, 254, 257).

Wegen der beanstandeten Höhe der Gebäude- und Feuerversicherung kommen, unabhängig von der Berechtigung der Prämienhöhe infolge häufiger Schadensfälle, Ansprüche gegen die Verwalterin schon deshalb nicht in Betracht, weil nach § 11 Nr. 2 der Teilungserklärung nach Ablauf der ersten Versicherungsperiode die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit einen Wechsel beschließen können. Die Auswahl des Versicherers liegt demnach nicht im Verantwortungsbereich der jetzigen Verwalterin. Ebenso ausgeschlossen sind Ansprüche gegen die Verwalterin wegen der beanstandeten Zwangsverwaltervorschüsse, nachdem diese durch Beschluss vom 05.06.2002 ausdrücklich genehmigt worden sind. Schließlich ist die Angemessenheit der Höhe der Hausmeistervergütung im einzelnen von den Antragsgegnern dargelegt worden, ohne dass die Antragstellerin dem entgegengetreten wäre.

Der Hinweis auf die geringeren Kosten des Nachbargebäudes - mit nur 49 Einheitenwar von vornherein für die betroffene Liegenschaft mit 72 Einheiten nicht zielführend, weil es sich ganz offensichtlich nicht um vergleichbare Objekte handelt.

Die Gerichtskosten ihrer demnach erfolglosen weiteren Beschwerde hat die Antragstellerin zu tragen (§ 47 Satz 1 WEG i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO analog). Einen Grund, die Erstattung außergerichtlicher Kosten in diesem Verfahren anzuordnen, hat der Senat nicht gesehen (§ 47 Satz 2 WEG), zumal die Antragsgegner nicht anwaltlich vertreten waren.

Die Wertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 WEG und orientiert sich an der landgerichtlichen Festsetzung.

Ende der Entscheidung

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