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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 17.04.2002
Aktenzeichen: 20 W 277/01
Rechtsgebiete: BGB, GBO


Vorschriften:

BGB § 1018
BGB § 1019
GBO § 18 I 1
GBO § 78
Der Berechtigte einer Grunddienstbarkeit muss der jeweilige Eigentümer des herrschenden Grundstücks sein, wobei auch Wohnungseigentümer eingetragen werden können. Zugunsten des Eigentümers eines realen Grundstücksteils kann eine Grunddienstbarkeit nur nach vorheriger Abschreibung und Buchung als selbständiges Grundstück eingetragen werden. Davon zu unterscheiden ist, dass der Vorteil für das herrschende Grundstück sich auf einen realen Teil beschränken kann (analog der Ausübungsstelle bei dem dienenden Grundstück).Da der Berechtigte der Grunddienstbarkeit im Eintragungsvermerk selbst enthalten sein muss, kann insoweit nicht auf die Eintragungsbewilligung bezug genommen werden, insbesondere nicht mit dinglicher Wirkung, wenn nur der jeweilige "Eigentümer" und /oder der Mieter bzw. Nutzer der Erdgeschosswohnung eines nicht in Wohnungseigentum aufgeteilten herrschenden Grundstücks Berechtigte der Grunddienstbarkeit sein sollen.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN Beschluss

20 W 277/01

Verkündet am 17.04.2002

In der Grundbuchsache

betreffend den beim Amtsgericht Kassel im Wohnungsgrundbuch von Kassel Band 620, Blatt 16337-16344 eingetragenen Grundbesitz

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) gegen den Beschluss der 03. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 05.03.2001

am 17.04.2002 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten tragen die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde.

Der Beschwerdewert für die weitere Beschwerde wird auf 5.000,00 DM festgesetzt.

Gründe:

Die Beteiligen zu 1) übertrugen unter § 1 der UR-Nr. .../2000 des Verfahrensbevollmächtigten vom 02.02.2000 (Bl. 51 -64 der Grundakten Blatt 16337) eine noch zu vermessende, mit zwei Garagen bebaute Teilfläche an die Beteiligten zu 2). Die Beteiligten zu 1) und 2) vereinbarten unter § 2 des Vertrags eine Grunddienstbarkeit, wonach der jeweilige Eigentümer des herrschenden Grundstücks U...Straße ... das dienende Grundstück, nämlich die nach der Übertragung gemäß § 1 verbliebene Restfläche, auf Dauer zum Gehen von den beiden Garagen zum Hausgrundstück U...Straße ... und zurück neben dem jeweiligen Eigentümer des dienenden Grundstücks mitbenutzen darf. Innerhalb der Eigentümergemeinschaft U...Straße ... sollten jedoch nur die Eigentümer und/oder Mieter, Nutzer der Wohnung im Erdgeschoss zur Ausübung des Gehrechts berechtigt sein. Das als herrschend vorgesehene Grundstück U...Straße ... (Gemarkung Kassel, Flur J 1, Flurstück 1085/258) steht nach dem derzeitigen Grundbuchstand im Grundbuch von Kassel, Band 446, Blatt 11471 im Eigentum der Beteiligten zu 2) je zur Hälfte und ist nicht in Wohnungseigentum aufgeteilt.

Mit Zwischenverfügung vom 04.09.2000 (Bl. 102,103) verwies das Grundbuchamt auf mehrere Eintragungshindernisse, so verlangte es u.a. eine Abänderung der Eintragungsbewilligung für die unter dem 21.08.2000 u.a. zur Eintragung beantragten Grunddienstbarkeit, gegebenenfalls in der Form, dass es sich bei der Einschränkung, wonach nur die Eigentümer und/oder Mieter, Nutzer der Wohnung im Erdgeschoss zur Ausübung berechtigt sei n sollen, um eine schuldrechtliche Vereinbarung handele, da insoweit keine dingliche Absicherung möglich sei. Gegen diese Beanstandung richtete sich die Erinnerung der Beteiligten vom 16.01.2001 (Bl. 116,117), der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat (Bl. 137).

Sie ist darauf gestützt worden ist, dass es zulässig sei, eine Grunddienstbarkeit zugunsten des gesamten Grundstücks zu bestellen, wobei die Ausübung auf einen realen Teil des Grundstücks beschränkt werden könne und sich die Beschränkung gemäß § 874 BGB aus der Eintragungsbewilligung ergebe. Wegen der Begründung im einzelnen wird auf den Inhalt der Schriftsätze des Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten samt Anlagen Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen weil die Eintragung einer vom Eigentum bzw. einem eigentumsgleichen Recht losgelösten Grunddienstbarkeit, wie sie die Beteiligten erstrebten, indem sie die Berechtigung an den nur durch die soziale Zweckbestimmung als Wohnung konkretisierten Teil des Grundbesitzes anknüpften, nicht den Anforderungen für eine eintragungsfähige Grunddienstbarkeit nach § 1018 BGB genüge. Auch sei der Eintragungsantrag deshalb zu unbestimmt, weil mit der Veränderung der Wohnung im Erdgeschoss auch der Kreis der Berechtigten beliebig erweitert werden könne.

Die Beteiligten verfolgen mit der weiteren Beschwerde die Eintragung der Grunddienstbarkeit in der vereinbarten Form mit ihrem bisherigen Vortrag weiter. Sie verweisen auf die Veränderlichkeit des Inhalts von Grunddienstbarkeiten in Abhängigkeit von den Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse. Sie sind auch der Auffassung, die Bewilligung sei bestimmt genug, wie ein Vergleich mit der Eintragungsfähigkeit eines Wohnungsrechts nach § 1093 BGB ergebe, das an einer Wohnung "im Erdgeschoss" eingetragen werden könne.

Die gemäß §§ 78 Satz 1, 80 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 GBO zulässige und formgerecht eingelegte weitere Beschwerde ist nicht begründet, denn die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 78 GBO, 550 ZPO a.F. i.V.m. §26 Nr. 10EGZPO).

Die Zurückweisung der Erstbeschwerde durch das Landgericht beruht nicht auf einer Gesetzesverletzung, denn die Zwischenverfügung des Grundbuchamts vom 04.09.2000, soweit sie hier Verfahrensgegenstand ist, war berechtigt. Die Beteiligten haben die mit der Zwischenverfügung angeregte Klarstellung, dass es sich bei der Bestimmung, innerhalb der Eigentümergemeinschaft U...Straße ... seien nur die Eigentümer und/oder Mieter, Nutzer der Wohnung im Erdgeschoss zur Ausübung des Gehrechts berechtigt, nur um eine schuldrechtliche Vereinbarung handele, nicht vorgenommen. Somit war für das Erstbeschwerdeverfahren wie auch jetzt im Verfahren der weiteren Beschwerde davon auszugehen, dass die Eintragung dieser "Ausübungsbeschränkung" mit dinglicher Wirkung zumindest durch die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung begehrt wird, obwohl die Formulierungen in der Beschwerdebegründung nicht ganz eindeutig sind. Zur Klarstellung ist darauf hinzuweisen, dass eine Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung hinsichtlich der Person des Berechtigten der Grunddienstbarkeit - wie auch sonst für den Gläubiger einer dinglichen Belastung - ausgeschlossen ist, dieser ist in den Eintragungsvermerk aufzunehmen, denn die Person des Berechtigten gehört nicht zum Rechtsinhalt (Demharter: GBO, 24. Aufl., § 44 Rdnr. 47; Bauer/von Oefele/Knothe: GBO, § 44, Rdnr. 41 m.w.H.). Deshalb wäre es nicht zulässig, im Eintragungsvermerk als Berechtigten der Grunddienstbarkeit den jeweiligen Eigentümer des herrschenden Grundstücks anzugeben, diese Berechtigung durch Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung jedoch mit dinglicher Wirkung auf die Eigentümer und/oder Mieter, Nutzer der Erdgeschosswohnung einzuschränken.

Die Grunddienstbarkeit (in der Form der Benutzungsdienstbarkeit) ist nach §§ 1018,1019 BGB das beschränkte dingliche Recht, ein Grundstück in einzelnen Beziehungen zu benutzen, wobei berechtigt nicht eine bestimmte Person (wie beim Nießbrauch oder der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit) ist, sondern der jeweilige Eigentümer eines anderen Grundstücks, für dessen Benutzung die Belastung des dienenden Grundstücks mit der Grunddienstbarkeit einen Vorteil bieten muss. Schon nach dieser gesetzlichen Definition ist zu unterscheiden zwischen dem Berechtigten der Grunddienstbarkeit und dem erforderlichen Vorteil für das herrschende Grundstück, was in der Beschwerdebegründung unzutreffend gleichgesetzt wird. Nur um diesen letztgenannten Vorteil geht es, wenn für zulässig erachtet wird, die Ausübung der Grunddienstbarkeit zugunsten des herrschenden Grundstücks auf einen realen Teil daran zu beschränken. Dabei handelt es sich praktisch um die parallele Regelung zu der Beschränkung der Ausübung auf reale Teile des dienenden Grundstücks. Dagegen kann herrschendes Grundstück, an dem das Eigentum oder eigentumsgleiche Recht des jeweiligen Eigentümers besteht, bei der Grunddienstbarkeit nur ein Grundbuchgrundstück nach dem geltenden Liegenschaftsrecht sein, d.h. diejenige räumlich abgegrenzte Bodenfläche, die auf einem besonderen Grundbuchblatt für sich allein oder auf einem gemeinschaftlichen Blatt nach § 4 GBO unter einer besonderen Nummer im Verzeichnis der Grundstücke eingetragen ist. Zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines realen Grundstücksteils kann nach einhelliger Meinung dagegen eine Grunddienstbarkeit nicht bestellt werden, es sei denn, dieser Teil wird durch Abschreibung zu einem selbständigen Grundstück umgestaltet (KGJ Nr. 53, 170; BayObLGZ 1965, 267, 271; Falckenberg in Münchener Kommentar zum BGB, 3. Aufl., § 1018, Rdnr. 24; Palandt/Bassenge: BGB, 61. Aufl., § 1018 Rdnr. 3; RGR-Komm. zum BGB, 12. Aufl., § 1018, Rdnr. 9; Staudinger BGB, 13. Aufl., § 1018 , Rdnr. 13; Soergel/Stürmer, BGB, 12. Aufl., § 1018 Rdnr. 38). Etwas anderes wird auch in dem Handbuch der Grundstückspraxis von Lambert-Lang/Tropf/Frenz (Seite 693, Rdnr. 9 und 10), auf das sich die Beteiligten in der weiteren Beschwerde berufen haben, nicht vertreten. Ihr Vergleich der Grunddienstbarkeit mit dem Wohnungsrecht nach § 1093 BGB ist schon deshalb kein Argument, weil letzteres sich als beschränkte persönliche Dienstbarkeit gerade hinsichtlich der Person des Berechtigten und damit im hier wesentlichen Kriterium von der Grunddienstbarkeit unterscheidet.

Dass es sich bei der Erdgeschosswohnung des Anwesens U...Straße ...-unterstellt, eine solche ist vorhanden- nicht um eine reale Teilfläche des herrschenden Grundstücks handeln kann, ergibt sich schon daraus, dass sie nicht nach formellem Grundstücksrecht als selbständiges Grundstück abgeschrieben werden kann. Zwar könnte zugunsten eines Wohnungseigentums als nahezu grundstücksgleichem Recht eine Grunddienstbarkeit eingetragen werden (Bärmann/Pick/Merle: WEG, 8. Aufl., § 1, Rdnr. 100; Palandt, aaO.; Staudinger, aaO., Rdnr. 7), an dem Anwesen U...Straße ... ist jedoch nach dem derzeitigen Grundbuchinhalt kein Wohnungseigentum, auch nicht an der Erdgeschosswohnung, begründet worden. Nach der für die Beurteilung der Eintragungsfähigkeit maßgeblichen Formulierung der Eintragungsbewilligung in § 2 des Vertrags vom 02.02.2000 kann demnach keine Eintragung der Grunddienstbarkeit erfolgen, weil die "Eigentümer" der Wohnung im Erdgeschoss des Anwesens U...Straße ... nicht Berechtigte im Sinne des § 1018 BGB sein können, jedenfalls nicht, solange kein Wohnungseigentum gebildet worden ist.

Die Eintragung von Mietern bzw. Nutzern der Wohnung als Berechtigten scheidet schon deshalb aus, weil auch eine teilweise Verdinglichung obligatorischer oder besitzrechtlicher Beziehungen unzulässig ist (vgl. zu der Problematik der Mitbenutzungsrechte Dritter bei Grunddienstbarkeiten Löscher Rpfleger 1962, 432). Daran ändert es nichts, dass anerkanntermaßen (BGH DNotZ 1971, 471 und DNotZ 1976, 21; MüKomm, aaO., § 1018, Rdnr. 22) die Berechtigung aus der Grunddienstbarkeit mangels anderer Vereinbarung auch von dritten Personen ausgeübt werden kann, die wie z. B. Kunden, Mieter und Pächter in besonderer Beziehung zum Eigentümer stehen. Der Fall, dass der Eigentümer des belasteten Grundstücks ein Mitbenutzungsrecht für Dritte bestellt hat, was als Beschränkung der Grunddienstbarkeit eintragungsfähig wäre (KG in HRR 1934 Nr. 169) liegt hier nicht vor. Die landgerichtliche Argumentation hinsichtlich der Unbestimmtheit des Antrags trifft jedenfalls insoweit zu, dass der in der Eintragungsbewilligung der Beteiligten vom 02.02.2002 unternommene Versuch, die Berechtigung aus der Grunddienstbarkeit anders als über das Eigentum am herrschenden Grundstück zu definieren, zu einer Verwischung des Unterschieds zwischen Grunddienstbarkeit und beschränkter persönlicher Dienstbarkeit führt, die nach dem formellen Bestimmtheitsgrundsatz im Eintragungsverfahren nicht hingenommen werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 131 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 KostO. Da keine Beteiligung mit entgegengesetztem Verfahrensziel vorlag, ist eine Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten nach § 13 a FGG nicht veranlasst. Die Festsetzung des Beschwerdewertes richtet sich nach §§ 131 Abs. 2, 30 Abs.2 KostO a.F. und entspricht der unbeanstandet gebliebenen landgerichtlichen Festsetzung.

Ende der Entscheidung

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