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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 24.04.2006
Aktenzeichen: 20 W 294/03
Rechtsgebiete: BGB, WEG


Vorschriften:

BGB § 1004 I
WEG § 14 I
WEG § 15 III
WEG § 22 I
1. Das grundsätzliche Einstimmigkeitserfordernis des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG ist nicht dadurch abbedungen, dass in der Teilungserklärung die Zustimmung des Verwalters zu einer baulichen Veränderung und im Fall ihrer Verweigerung oder ihres Widerrufs die Herbeiführung eines Mehrheitsbeschlusses der Wohnungseigentümer vorgesehen ist.

2. Verbindet der Bauträger nach Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft eine Wohnung mittels Decken- bzw. Wanddurchbrüchen mit Mehrzweckräumen, stellt dies eine bauliche Veränderung im Sinn des § 22 Abs.1 WEG dar. Diese ist nicht allein deshalb zustimmungsbedürftig nach §§ 22 Abs. 1 Satz 1, 14 Nr. 1 WEG, weil sie eine intensivere bzw. zweckbestimmungswidrige Nutzung ermöglichen und sich daraus eine nachteilige Kostenverteilung ergeben könnte.


Gründe:

Die Antragsteller bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft X- Str. ... und ... a in O1, bei der es sich um eine aus zwei Mehrfamilienhäusern bestehende Wohnanlage handelt. Vor der Teilung war die Antragsgegnerin Alleineigentümerin des Grundstücks. Sie war zur Zeit der Antragstellung vor dem Amtsgericht im Juli 1999 noch als Wohnungseigentümerin der Erdgeschosswohnungen Nr. 1, 2 und 3 sowie der Mehrzweckräume M a, M b und M c im Kellergeschoss des Hauses X- Str. ... eingetragen. Zwischenzeitlich veräußerte die Antragsgegnerin die Einheiten. Die Rechtsnachfolger wurden im Grundbuch eingetragen.

Das Gebäude X- Str. ... war zum Zeitpunkt der Antragstellung im Juli 1999 noch nicht fertiggestellt. Die Antragsgegnerin ließ in den Erdgeschosswohnungen 2 und 3 jeweils ein Loch im Boden mit ca. 1,50 m Durchmesser zu den darunter liegenden Einheiten M a, M b und M c fertigen und errichtete dort Spindeltreppen, so dass die Mehrzweckräume mit den Wohnungen verbunden wurden. Zwischen den Sondereigentumseinheiten M a und M b nahm die Antragsgegnerin einen Wanddurchbruch vor. Den Eingang zu dem Mehrzweckraum M b mauerte sie zu. Diese Maßnahmen, die nach der rechtlichen Invollzugsetzung der Wohnungseigentümergemeinschaft vorgenommen wurden, widersprachen der Teilungserklärung und den ursprünglichen Bauplänen.

Die Antragsteller begehren die Rückgängigmachung der baulichen Maßnahmen.

Die Grundstückskaufverträge, die die Antragsgegnerin über die Wohneinheiten abgeschlossen hat, enthielten in § 11 eine Klausel, nach der sämtliche Kaufvertragsparteien unwiderruflich und unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB die Notariatsmitarbeiterin bevollmächtigten, "die Teilungserklärung in jeder Hinsicht abzuändern sowie alle dafür notwendigen Erklärungen abzugeben und entsprechende Bewilligungen, Anträge zu erklären." Im Innenverhältnis war der Verkäufer gebunden, die Teilungserklärung nur insoweit zu ändern, als die Änderungen sich auf das jeweilige Kaufobjekt nicht wertmindernd auswirkten und zur Bebauung des Grundstücks oder zur Durchführung der Kaufverträge notwendig oder sachdienlich waren. Die Vollmachten endeten ein Jahr nach Eigentumsumschreibung. Im Außenverhältnis waren sie auflagen- und bindungsfrei.

Nach § 5 Satz 2 der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung bedürfen Veränderungen an oder in der Wohnanlage, durch die das gemeinschaftliche Eigentum oder das Sondereigentum eines anderen Wohnungseigentümers berührt werden, der schriftlichen Einwilligung des Verwalters. Nach dem in § 5 Satz 2 für entsprechend anwendbar erklärten § 4 Abs. 6 der Teilungserklärung (Bl. 44, 48 d. A.) heißt es:

"Der Verwalter kann eine erteilte Einwilligung widerrufen, wenn sich eine für die Erteilung maßgebliche Voraussetzung ändert oder Auflagen nicht eingehalten werden. Erteilt der Verwalter die erforderliche Einwilligung nicht oder widerruft er sie, so kann der Wohnungseigentümer einen Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer herbeiführen (einfache Mehrheit der anwesenden Wohnungseigentümer)."

In der Wohnungseigentümerversammlung vom 13.12.1999 wurde die Verwalterin durch Mehrheitsbeschluss angewiesen, die Zustimmung zu den baulichen Änderungen zu erteilen. Die Anfechtung dieses Beschlusses im Verfahren mit dem Az. 61 UR II 169/99 - Amtsgericht Wiesbaden - wurde rechtskräftig zurückgewiesen, der Verwalter erteilte seine Zustimmung jedoch bislang nicht. In dem hierzu ergangenen Senatsbeschluss vom 24.04.2002 -20 W 354/2000- hat der Senat offengelassen, ob trotz des Mehrheitsbeschlusses noch die Zustimmung aller Wohnungseigentümer zu den baulichen Veränderungen erforderlich bleibt.

Die Antragsteller haben geltend gemacht, es liege eine unzulässige bauliche Veränderung vor, da die Abgeschlossenheit der einzelnen Einheiten aufgehoben sei. Eine übermäßige Nutzung sei zu befürchten, weil der Sinn der baulichen Maßnahmen in einer Nutzung der Mehrzweckräume zu Wohnzwecken bestehe. Sie sind der Auffassung gewesen, neben der Verwalterzustimmung müssten noch sämtliche Wohnungseigentümer die baulichen Veränderungen genehmigen. Allein die Verwalterzustimmung begründe keine Duldungspflicht. Die Antragsgegnerin könne sich auch nicht auf die Vollmacht zur Änderung der Teilungserklärung in den notariellen Kaufverträgen berufen, da diese Vollmacht auf ein Jahr nach der Eigentumsumschreibung befristet gewesen ist. Die Vollmacht sei wegen Verstoßes gegen § 10 Nr. 4 AGBG unzulässig. Eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der Antragsteller liege darin, dass sich die baulichen Veränderungen wertmindernd auf die anderen Einheiten auswirkten wegen der intensiveren Nutzung des Eigentums. Auch müsse aus der Vergrößerung der Wohnfläche eine Änderung der Kostenverteilung folgen, da diese sich nach der ursprünglichen Größe der Miteigentumsanteile richtet und die Mehrzweckräume dabei nicht in vollem Umfang berücksichtigt werden.

Die Antragsgegnerin ist dem Beseitigungsantrag entgegengetreten, da sie die Verwalterzustimmung für ausreichend hält. Das Einstimmigkeitserfordernis des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG sei hier durch die Teilungserklärung abbedungen. Im übrigen meint sie, es sei rechtsmissbräuchlich, wenn die Antragsteller einen Verstoß gegen die Teilungserklärung rügten, da sämtliche Antragsteller in den notariellen Kaufverträgen die unwiderrufliche Vollmacht zur Änderung der Teilungserklärung erteilt hätten.

Eine Wertminderung der Einheiten der Antragsteller sei durch die bauliche Veränderung nicht eingetreten, da sich die für die Kostenverteilung maßgeblichen Miteigentumsanteile nicht geändert hätten.

Mit Beschluss vom 12.12.2002 (Bl. 268-276 d. A.) hat das Amtsgericht die Anträge zurückgewiesen. Es hat die Regelung über die Verwalterzustimmung so ausgelegt, dass damit das Erfordernis der Zustimmung der Wohnungseigentümer nach § 22 WEG abbedungen sei. Im übrigen ist es davon ausgegangen, dass das Begehren der Antragsteller rechtsmissbräuchlich sei, da diese der Antragsgegnerin in den notariellen Kaufverträgen eine Vollmacht zur Änderung der Teilungserklärung eingeräumt haben.

Gegen den amtsgerichtlichen Beschluss, der ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 24.01.2003 zugestellt worden ist, richtet sich die per Fax-Schreiben am 07.02.2003 bei Gericht eingegangene Beschwerde der Antragsteller.

Die Antragsteller haben auch im Beschwerdeverfahren die Auffassung vertreten, dass mangels Abbedingung des Einstimmigkeitserfordernisses die vorgenommenen baulichen Veränderungen nicht von ihnen zu dulden seien, und geltend gemacht, in der Ermöglichung einer Wohnnutzung und ungerechter Kostenverteilung liege eine das Maß des § 14 WEG übersteigende Beeinträchtigung der Antragsteller. Die Antragsteller haben behauptet, die streitgegenständlichen Mehrzweckräume seien von der Antragsgegnerin bereits als Wohnräume angeboten worden und würden von den Eigentümern auch ausschließlich und vollumfänglich zu Wohnzwecken genutzt.

Die Antragsgegnerin ist der Beschwerde entgegengetreten unter Bezugnahme auf den bisherigen Vortrag und hat ergänzt, dass in den Kaufverträgen der Erwerber diese darauf ausdrücklich hingewiesen wurden, dass die Mehrzweckräume nicht zu Wohnzwecken benutzt werden dürften.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 21.07.2003 (Bl. 320-329 d. A.) die Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen, da kein Beseitigungsanspruch gegeben sei. Bei der hier vorliegenden Fallgestaltung müsse davon ausgegangen werden, dass die Verwalterzustimmung die Zustimmung der benachteiligten Wohnungseigentümer ersetze. Der nach § 4 Abs. 6 der Teilungserklärung vorgesehene Mehrheitsbeschluss im Fall einer Verweigerung oder eines Widerrufs der Verwalterzustimmung wäre sinnlos, wenn zusätzlich noch alle benachteiligten Wohnungseigentümer der baulichen Veränderung zustimmen müssten. Eine Gefahr des Missbrauchs durch den Verwalter bestehe nicht, da die betroffenen Wohnungseigentümer gerichtlichen Rechtsschutz gegen das Verwalterhandeln in Anspruch nehmen könnten. Es könne deshalb dahingestellt bleiben, ob ein Nachteil im Sinn des § 14 Nr. 1 WEG bestehe, insbesondere durch die Möglichkeit einer intensiveren Benutzbarkeit. Ein derartiger Nachteil werde nach der Rechtsprechung des BGH jedenfalls nicht dadurch begründet, dass der Decken- und Wanddurchbruch die Abgeschlossenheit aufhebt.

Gegen den Beschluss des Landgerichts, der ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 29.07.2003 zugestellt worden ist, wenden sich die Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde, die per Fax-Schreiben am 12.08.2003 bei Gericht eingegangen ist und mit der der erstinstanzliche Beseitigungsantrag weiter verfolgt wird.

Die Antragsteller rügen, dass die Auslegung der Teilungserklärung durch die Kammer den Schutzzweck des Einstimmigkeitserfordernisses vernachlässige und vertreten weiter die Auffassung, dass der § 22 WEG nicht durch die Regelung in §§ 5, 4 Ziff. 6 der Teilungserklärung abbedungen sei.

Eine Wertminderung der Wohnungseigentumseinheiten ergebe sich daraus, dass die Miteigentumsanteile sich durch die geänderte Nutzung der Mehrzweckräume nachteilig veränderten. Während die Mehrzweckräume nach der II. Berechnungsverordnung bisher nur zur Hälfte ihrer Fläche bei der Flächenberechnung berücksichtigt wurden, seien sie auf Grund der jetzigen Nutzung zu Wohnzwecken mit ihrer ganzen Fläche anzusetzen. Deshalb erhöhe sich die gesamte Fläche von 1.778 qm auf 1823,97 qm, was zu einer Minderung der Miteigentumsanteile der übrigen Wohnungseigentümer führe. Eine Gleichstellung der Kostenverteilung sei nicht mehr gegeben. Für größere Kostenanteile auf Grund der erhöhten Betriebs- und Verbrauchskosten der Mehrzweckräume sei in der Vergangenheit keine Beschlussfassung im Rahmen einer Wohnungseigentümerversammlung möglich gewesen. Schon daraus, dass in den Mehrzweckräumen Sanitärinstallation sowie Heizkörper einschließlich Heizkostenverteiler eingebaut wurden, sei die Motivation zur Nutzung zu Wohnzwecken ersichtlich und sie stelle bereits den Beginn einer Nutzung zu Wohnzwecken dar.

Die Antragsgegnerin verteidigt die landgerichtliche Entscheidung und verweist darauf, dass die Kostenverteilung unabhängig von der konkreten Nutzung des Wohnungseigentums nach Zehntausendstel Anteilen vorgesehen ist. Die abstakte Gefahr einer intensiveren Nutzung reiche zur Begründung eines Nachteils im Sinn von § 14 Nr. 1 WEG nicht aus. Eine Wohnnutzung der Mehrzweckräume finde nach wie vor nicht statt, die Installation von Heizkörpern besage nichts für eine Wohnnutzung, Sanitärinstallationen habe die Antragsgegnerin in den Mehrzweckräumen nicht vorgenommen, sondern lediglich eine Sanitärvorinstallation, weil ein Erwerber den Einbau einer Sauna beabsichtigte.

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller ist gemäß den §§ 43 Abs. 1, 45 Abs. 1 WEG statthaft und auch ansonsten zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist aber nicht begründet.

Das Landgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass den Antragstellern der geltend gemachte Beseitigungsanspruch gemäß den §§ 1004 Abs. 1 BGB, 14 Nr. 1, 15 Abs. 3 WEG nicht zusteht.

Zwar haben die Antragsteller trotz der Bevollmächtigung der Antragsgegnerin zur Änderung der Teilungserklärung in den jeweiligen Kaufverträgen ein Rechtschutzbedürfnis für die Geltendmachung des Beseitigungsanspruchs. Diese Vollmacht betraf zum einen lediglich die rechtliche Veränderung, nicht aber eine abweichende Bauausführung. Davon abgesehen ist sie gegenstandslos geworden dadurch, dass die Antragsgegnerin nicht davon Gebrauch gemacht hat, solange es ihr rechtlich möglich war.

Die Antragsgegnerin ist als Handlungsstörerin auch passivlegitimiert. Daran hat sich durch die Veräußerung der streitgegenständlichen Wohneinheiten nach Verfahrenseinleitung nichts geändert. Ob und in welcher Form ein Beseitigungsanspruch gegenüber den Erwerbern der Einheiten durchgesetzt werden könnte, kann für die vorliegende Entscheidung dahingestellt bleiben.

Schließlich handelt es sich, weil die streitgegenständlichen Baumaßnahmen nach Invollzugsetzung der Wohnungseigentümergemeinschaft vorgenommen worden sind, wie inzwischen außer Streit steht, um bauliche Veränderungen im Sinn des § 22 Abs. 1 WEG und nicht um die erstmalige Herstellung des Gebäudes durch den Bauträger vor Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft.

Der Senat folgt allerdings nicht der Auffassung der Kammer, insbesondere weil die Teilungserklärung die Möglichkeit des Mehrheitsbeschlusses vorsehe, sei der § 22 WEG durch die Teilungserklärung abbedungen.

Für die Feststellung des Inhalts der Teilungserklärung ist davon auszugehen, dass nach Eintragung der Teilungserklärung im Grundbuch die in Teil III geregelte Gemeinschaftsordnung zum Inhalt des Sondereigentums geworden ist und nunmehr den allgemeinen Grundsätzen für Eintragungsbewilligungen und Grundbucheintragungen unterliegt. Es ist nur auf den Wortlaut und Sinn des im Grundbuch Eingetragenen abzustellen, und zwar so, wie es sich für einen unbefangenen Beobachter als nächstliegende Bedeutung der Gemeinschaftsordnung ergibt. Damit kommt es für die Auslegung also nicht auf den Willen des Erklärenden an, sondern auf das, was jeder gegenwärtige und zukünftige Betrachter als objektiven Sinn der Erklärung ansehen muss. Umstände außerhalb der Erklärung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (Bärmann/Pick/Merle: WEG, 9. Aufl., § 10 Rdnr. 53; Palandt/Bassenge: BGB, 65. Aufl., § 10 WEG, Rdnr. 8; Niedenführ/Schulze: WEG, 7. Aufl. § 10, Rdnr. 15, jeweils mit weiteren Hinweisen; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z. B. Beschluss vom 07.03.2003 - 20 W 431/2000 -). Der Senat kann als Rechtsbeschwerdegericht die Auslegung der Teilungserklärung selbst vornehmen.

Nach ganz herrschender Meinung ist der § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG regelmäßig auch dann nicht wirksam abbedungen, wenn die Teilungserklärung bauliche Veränderungen von einer schriftlichen Einwilligung des Verwalters abhängig macht und bei Versagung die Herbeiführung eines Mehrheitsbeschlusses der Eigentümer vorsieht (KG Wohnungseigentum 1991, 328; OLG Düsseldorf NJW-RR 1997,1103; OLG Köln ZMR 2004, 146; Bärmann/Pick/Merle: WEG, 9. Aufl., § 22 Rdnr. 283; Palandt/Bassenge: WEG, 65. Aufl., § 22, Rdnr. 26; Niedenführ/Schulze: WEG, 7. Aufl., § 22, Rdnr. 31, 33; Rieke/Schmid: WEG, 2005, § 22 Rdnr. 35; a. A. Staudinger/Bub: WEG, 2005, § 22, Rdnr. 26). Diese Auffassung wird zum einen damit begründet, dass eine Abweichung von dem gesetzlich vorgesehenen Zustimmungserfordernis aller Wohnungseigentümer eine eindeutige Regelung in der Teilungserklärung voraussetzt. Diese Eindeutigkeit fehlt auch bei der Formulierung der hier maßgeblichen Teilungserklärung, die nicht erkennen lässt, dass die Zustimmung des Verwalters bzw. der Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümerversammlung auch die Zustimmung eines nachteilig betroffenen Wohnungseigentümers ersetzen soll. Zum anderen betreffe die Verwalterzustimmung und der an deren Stelle tretende Mehrheitsbeschluss einen anderen Regelungsinhalt als das gesetzliche Einstimmigkeitserfordernis (so OLG Köln, aaO.). Folgerichtig haben die Wohnungseigentümer in dem Beschluss zu TOP 14 vom 13.12.1999, der Gegenstand des Vorverfahrens 20 W 354/2000 war, auch lediglich über das bisherige Vorgehen des Verwalters entschieden und ihn angewiesen, die Zustimmung nach § 5 der Teilungserklärung zu der baulichen Veränderung zu erteilen. Damit wurde aber nur über die Verwalterzustimmung entschieden. Es ist nicht erkennbar, dass die Wohnungseigentümer überhaupt in dem Bewusstsein abgestimmt hätten, in Ersetzung der Zustimmung nachteilig betroffener Wohnungseigentümer mehrheitlich die bauliche Veränderung zu billigen. Während die Verwalterzustimmung und der an ihre Stelle tretende Mehrheitsbeschluss die Wahrung der Belange der Gemeinschaft insgesamt zum Gegenstand hat, betrifft das gesetzlich normierte grundsätzliche Einstimmigkeitserfordernis die Belange des konkret beeinträchtigten einzelnen Wohnungseigentümers. Beide Interessenlagen können durchaus differieren, deshalb haben das zusätzliche Erfordernis der Verwalterzustimmung und der nachgeschaltete Mehrheitsbeschluss durchaus eine eigenständige Bedeutung.

Diese Auslegung der Teilungserklärung führt aber im vorliegenden Fall zu keinem anderen Ergebnis als die angefochtene Entscheidung. Zwar ist § 22 Abs. 1 WEG nicht abbedungen und der Mehrheitsbeschluss vom 13.12.1999 würde nicht die Zustimmung nachteilig betroffener Wohnungseigentümer ersetzen. Die Zustimmung der Antragsteller war aber gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG entbehrlich, weil sie durch die streitgegenständlichen Baumaßnahmen nicht über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG muss die Beeinträchtigung im Sinn des § 14 Nr. 1 WEG durch die bauliche Veränderung verursacht sein. Bei der hier vorliegenden Fallgestaltung beeinträchtigt die bauliche Veränderung selbst die übrigen Wohnungseigentümer nicht in einem die Grenze des § 14 Nr. 1 WEG überschreitenden Ausmaß.

Dass die Aufhebung der Abgeschlossenheit und die Abweichung von der Teilungserklärung als solche keine Beeinträchtigungen der übrigen Wohnungseigentümer darstellen, ist vom Landgericht unter Berufung auf die Entscheidung des BGH NJW 2001, 1212 bereits zutreffend ausgeführt worden. Eine Beeinträchtigung in Folge nachteiliger optischer Veränderung der Anlage scheidet aus, weil die streitgegenständlichen Veränderungen innerhalb des Sondereigentums vorgenommen worden sind. Auch ist das Interesse der Antragsteller daran, dass Veränderungen der Anzahl und der Größe der in der Anlage vorhandenen Wohnungen ohne ihre Zustimmung unterbleiben, grundsätzlich nicht geschützt (BGH, aaO., Seite 1213).

Auch wenn in der Teilungserklärung bei der Bestimmung der Größe der Miteigentumsanteile von der Größe der Nutzfläche des einzelnen Sondereigentums ausgegangen wird, ist diese Bewertung nicht zwingend (Niedenführ/Schulze: WEG, 7. Aufl., § 3, Rdnr. 6). Deshalb würde die Vergrößerung der tatsächlichen Nutzfläche der Einheiten Nr. 2 und Nr. 3 noch keine automatische Vergrößerung des Miteigentumsanteils ihrer Sondereigentümer und daraus resultierende Verkleinerung der anderen Anteile bedeuten, wie die Antragsteller, die daraus eine Wertminderung ihres Wohnungseigentums ableiten, offenbar meinen.

Mit dem Deckendurchbruch ist zwar in die Substanz des Gemeinschaftseigentums eingegriffen worden, auf Grund der dazu erteilten Baugenehmigung ist jedoch von einer insbesondere die Erfordernisse der Statik erfüllenden fachgerechten Ausführung auszugehen. Nachdem die Antragsteller dies nach Vorlage der Baugenehmigung vom September 1999 nicht mehr in Abrede gestellt haben, kann ein nicht hinnehmbarer Nachteil auch nicht aus der Gefährdung der Standsicherheit hergeleitet werden. Insofern ist die Sachlage anders als in dem vom BayObLG mit Beschluss vom 29.10.1991 -BReg. 2 Z 130/91- (NJW-RR 1992, 272) entschiedenen Fall.

Zwar würde auch die Möglichkeit einer intensiveren Nutzung bzw. die Ermöglichung einer zweckbestimmungswidrigen Nutzung nach h. M. einen Nachteil im Sinn des § 14 Nr. 1 WEG darstellen können (BayObLG NJW-RR 1992, 272; KG NJW-RR 1997, 587). Abstrakte Gefahren begründen aber keinen Nachteil im Sinn des § 14 Nr. 1 WEG, sondern im Einzelfall muss geprüft werden, ob nicht nur eine erhöhte Nutzung möglich ist, sondern dies auch zu konkreten, nicht ganz unerheblichen und höheren Beeinträchtigungen führen kann (Staudinger/Bub: WEG, 2005, § 22, Rdnr. 80 m. w. H.).

Allein mit dem geschaffenen direkten Zugang zu den Mehrzweckräumen ist eine solche Gefahr aber noch nicht verbunden. Dass die Notwendigkeit entfällt, über das gemeinsame Treppenhaus in die Mehrzweckräume zu gelangen, ist für die Antragsteller nicht nachteilig, sondern eher vorteilhaft. Anders als bei dem Einbau von Heizung und Fenster in Keller oder Speicherräume stehen die hier streitgegenständlichen baulichen Veränderungen nicht in Widerspruch zur Zweckbestimmung der jeweiligen Wohnräume bzw. der Mehrzweckräume. Allein mit ihrem Vortrag, die Mehrzweckräume würden zu Wohnzwecken genutzt, haben die Antragsteller noch keine Beeinträchtigung im Sinn des § 14 Nr. 1 WEG dargetan. Selbst unterstellt, eine Wohnnutzung würde gegen die Zweckbestimmung als Mehrzweckraum verstoßen, würde sie nur dann einen Nachteil darstellen, wenn sie die anderen Wohnungseigentümer stärker oder in anderer Weise stören würde als die zweckbestimmungsgemäße Nutzung. Diese Feststellung muss nach Auffassung des Senats einem mit Ziel der Verpflichtung zur Unterlassung der störenden Nutzung betriebenen Verfahren vorbehalten bleiben (vgl. auch OLG Schleswig ZMR 2003, 709), ebenso wie eine aus einer ungerechten Kostenverteilung hergeleitete Beeinträchtigung in einem auf Änderung des Verteilungsschlüssels gerichteten Verfahren geklärt werden muss. Eine bauliche Veränderung, die eine zweckbestimmungswidrige Nutzung ermöglichen kann, die wiederum zu einer ungerechten Kostenverteilung führen könnte, ist aber für sich genommen noch keine Beeinträchtigung im Sinn des § 14 Nr. 1 WEG (Staudinger/Bub, aaO., Rdnr.81).

Da die Antragsteller mit ihrem Rechtsmittel unterlegen sind, entspricht es billigem Ermessen, dass sie die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde tragen, § 47 Satz 1 WEG.

Dagegen bestand keine Veranlassung hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten von dem in Wohnungseigentumsverfahren geltenden Grundsatz abzuweichen, wonach jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat, § 47 Satz 2 WEG.

Die Festsetzung des Geschäftswertes des Verfahrens der weiteren Beschwerde folgt aus § 48 WEG und orientiert sich an der unbeanstandet gebliebenen Festsetzung durch das Landgericht.

Ende der Entscheidung

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