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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 01.08.2005
Aktenzeichen: 20 W 304/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 145
BGB § 883 I

Entscheidung wurde am 27.10.2005 korrigiert: die Metaangabe Schlagworte wurde durch Stichworte ersetzt
1. Ein Ankaufsrecht auf Grund eines bindenden Verkaufsangebots ist als künftiger Anspruch nach § 883 Abs. 1 Satz 2 BGB vormerkungsfähig.

2. Für den Bindungswillen des Verkäufers spricht die Vereinbarung der Eintragung einer Auflassungsvormerkung im notariellen Vertrag.


Gründe:

Der Notar A, O1, beurkundete am ....2000 zu seiner UR.-Nr. .../2000 einen Kaufvertrag über umfangreichen land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundbesitz, unter anderem auch bezüglich der betroffenen Grundstücke. Vertragsbeteiligte waren der Beteiligte zu 1) als Verkäufer und der Beteiligte zu 2) als Käufer (Bl. 31- 67 d. A.). Die Urkunde enthält in § 1 V (Bl. 40 d. A.) hinsichtlich der in der Gemarkung Sterbfritz gelegenen Grundstücke die Einschränkung, dass vom Verkauf die als Steinbruch aktiv genutzte Fläche ausgenommen werde, wobei es sich um eine aus Markierungen in einer Anlage zur Urkunde ersichtliche noch zu vermessende Teilfläche von ca. 161.250 qm handele. In § 4 der Urkunde (Bl. 45, 46 d. A. ), der den vom Verkauf ausgenommenen Steinbruch betrifft, heißt es:

" Der Verkäufer wird jede Änderung der bisherigen Nutzung des Steinbruchs (Verfüllung, Deponierung, Einlagerung u. ä.) mit dem Käufer abstimmen.

Sollte nach Ablauf von 12 Jahren eine andere als die bisherige Nutzung nicht gefunden worden sein, so bietet der Verkäufer dem Käufer die als Steinbruch genutzte Fläche zum Verkauf zum Preis von DM 2.000,00 pro ha an.

Die Parteien bewilligen und beantragen die Eintragung einer Auflassungsvormerkung auf den belasteten Grundstücksflächen. Die in § 12 genannten Bevollmächtigten werden ermächtigt, die Eintragung der Auflassungsvormerkung nach Vermessung erneut zu bewilligen und zu beantragen."

Auf Antrag des Urkundsnotars vom 30.11.2000 (Bl. 68, 69 d. A.) wurde am 12.01.2001 auf Grund der Bewilligung vom 30.11.2000 eine Auflassungsvormerkung an dem betroffenen Grundbesitz eingetragen, zunächst nur bezüglich einer Teilfläche. Auf Intervention des Beteiligten zu 2) beantragte der Urkundsnotar unter dem 21.06.2001 die Berichtigung der eingetragenen Auflassungsvormerkung dahin, dass die Auflassungsvormerkung auf den gesamten Grundstücken laste. Das Grundbuchamt vermerkte berichtigend am 12.09.2001 in Abt. II des betroffenen Grundbuchs unter Veränderungen, dass die Auflassungsvormerkung auf den gesamten Grundstücken laste.

Eine zunächst gegen die berichtigende Eintragung eingelegte beschränkte Beschwerde des Beteiligten zu 1) nach § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO hat das Landgericht als unzulässig verworfen und die hilfsweise eingelegte Fassungsbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen. Auf den Inhalt des Kammerbeschlusses vom 12.03.2002 -3 T 306/01- (Bl. 108-117 d. A.) wird Bezug genommen.

Die anschließend eingelegte unbeschränkte Beschwerde vom 24.09.2002 hatte Erfolg. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 11.08.2003 -Az. 3 T 138/02- (Bl. 144-149 d. A.) dem Grundbuchamt aufgegeben, die Berichtigung der Auflassungsvormerkung vom 12.09.2001 wieder rückgängig zu machen. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, dem Antragsteller stünde hinsichtlich der in der Urkunde vom 30.11.2000 nicht veräußerten als Steinbruch genutzten Teilfläche kein im Sinn des § 883 Abs. 1 BGB vormerkungsfähiger Anspruch zu. Da das in § 4 Abs. 4 des Kaufvertrages vom Beteiligten zu 1) abgegebene Angebot auf Abschluss eines weiteren Kaufvertrages hinsichtlich der als Steinbruch genutzten Teilfläche von einer Bedingung abhängig sei, die ausschließlich vom Willen des Beteiligten zu 1) abhängig sei, nämlich dass eine andere Nutzung binnen 12 Jahren nicht gefunden wird, fehle der erforderliche "sichere Rechtsboden" für einen vormerkungsfähigen Anspruch des Antragstellers. Die in § 4 Abs. 3 des Vertrages vorgesehene Abstimmung hinsichtlich der Nutzung des Steinbruchs begründe kein Erfordernis der Zustimmung des Beteiligten zu 2) zu einer Nutzungsänderung, so dass diese nur vom Willen des Beteiligten zu 1) abhänge.

Dagegen hat der Beteiligte zu 2) weitere Beschwerde eingelegt und darauf gestützt, dass das Landgericht die Voraussetzungen für die Eintragung einer Vormerkung nach § 883 Abs. 1 BGB wegen eines bedingten Anspruchs verkannt habe. Auf das Bestehen eines "sicheren Rechtsbodens" komme es vorliegend nicht an, da es sich bei dem zu sichernden Anspruch nicht um einen künftigen, sondern um einen bedingten Anspruch handele. Für diesen sei die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zulässig, weil hier eine Potestativbedingung von den Beteiligten vereinbart worden sei. Diese habe zum Inhalt, dass der Beteiligte zu 1) zwar in seinem künftigen Verhalten hinsichtlich der Nutzung des Steinbruchs frei sei. Die an sein Verhalten geknüpfte Rechtsfolge, nämlich der Bedingungseintritt für das Ankaufsrecht des Beteiligten zu 2) und der durch die Ausübung des Ankaufsrechts bedingte Auflassungsanspruch, sollten aber unabhängig davon eintreten, ob diese Rechtsfolge zum späteren Zeitpunkt noch gewollt sei.

Das Landgericht habe den Vertrag vom 30.11.2000 auch fehlerhaft ausgelegt und insbesondere nicht berücksichtigt, dass die Beteiligten ausdrücklich die Eintragung einer Vormerkung für den späteren Erwerb der als Steinbruch genutzten Teilflächen vereinbart haben. Dazu stehe eine Auslegung im Sinn einer einseitigen Verhinderungsmöglichkeit des Ankaufsrechts in Widerspruch. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang auch das in § 4 Abs. 3 des Kaufvertrags vorgesehene Abstimmungserfordernis im Fall einer Nutzungsänderung. Dieses wirke im Sinn eines Zustimmungserfordernisses und damit als Sperre für den Beteiligten zu 1), die Grundstücke ohne Zustimmung des Beteiligten zu 2) zu veräußern oder sie einer anderen als der bisherigen Nutzung zuzuführen.

Der Beteiligte zu 1) tritt der weiteren Beschwerde entgegen und verteidigt den angefochtenen Beschluss. Er ist der Auffassung, dem Anspruch des Beteiligten zu 2) fehle der "gesicherte Rechtsboden", da die Bindung des Antragsgegners einseitig durch eine Nutzungsänderung auszuhebeln sei. Es sei keineswegs eine Bindung des Beteiligten zu 1) gewollt gewesen, nach 12 Jahren an den Beteiligten zu 2) veräußern zu müssen. Die vorgesehene Abstimmung einer Nutzungsänderung bedeute kein Zustimmungserfordernis und sei im Zusammenhang mit der dem Beteiligten zu 1) gestatteten Zuwegung zu der als Steinbruch genutzten Teilfläche zu sehen.

Die gemäß § 78 GBO statthafte und gemäß §§ 80 Abs.1 Satz 2 und 3 GBO, 29 Abs. 1 Satz 2 FGG formgültig eingelegte weitere Beschwerde ist zulässig.

Die weitere Beschwerde ist auch begründet, denn der angefochtene Beschluss beruht auf einer Rechtsverletzung (§§ 78 GBO, 546 ZPO).

Zu Unrecht ist die Kammer davon ausgegangen, dass dem Beteiligten zu 2) aus dem Kaufvertrag vom 30.11.2000 kein durch eine Vormerkung nach § 883 Abs. 1 BGB sicherbarer schuldrechtlicher Anspruch zusteht, der sich auch auf die in diesem Vertrag nicht verkaufte, als Steinbruch genutzte Teilfläche bezieht.

Nach § 883 Abs. 1 BGB ist vormerkungsfähig ein schuldrechtlicher, auf Einräumung, Änderung oder Aufhebung eines dinglichen Rechts gerichteter Anspruch, der auch ein bedingter oder künftiger sein kann (Palandt/Bassenge: BGB, 64. Aufl., § 883, Rdnr. 5; Demharter: GBO, 25. Aufl., Anhang zu § 44, Rdnr. 94). Zwar können durch die Eintragung einer Vormerkung an dem nicht veräußerten Grundbesitz keine Ansprüche des Beteiligten zu 2) auf Unterlassung einer Nutzungsänderung oder ein rechtsgeschäftliches Verfügungsverbot gesichert werden. Der durch Vormerkung gesicherte Anspruch muss vielmehr seine Erfüllung durch eine endgültige Eintragung der Rechtsänderung finden können und daher sowohl eine nach ihrer allgemeinen Natur als auch an dem Recht, an dem sie vorgemerkt werden soll, eintragungsfähige dingliche Rechtsänderung betreffen (Palandt/Bassenge, aaO., Rdnr. 8; Kohler in Bauer/von Oefele: GBO, AT III 5). Als derartiger Anspruch kommt vorliegend ein Ankaufsrecht des Beteiligten zu 2) in Betracht, dieses kann auch als künftiges oder bedingtes Recht gemäß § 883 Abs. 1 Satz 2 BGB durch eine Vormerkung gesichert werden (Palandt/Bassenge, aaO., Rdnr. 16; Manfred Wolf: Sachenrecht, 16. Aufl., 2000, Rdnr. 352; Schöner/Stöber: Grundbuchrecht, 12. Aufl., Rdnr. 1453). Ein Ankaufsrecht kann vertraglich auf verschiedene Weise begründet werden, so durch ein einseitiges Vertragsangebot des Grundstückseigentümers, durch einen Vorvertrag auf Abschluss eines Kaufvertrages oder durch einen aufschiebend bedingten Kaufvertrag. Welche Rechtsform jeweils vorliegt, ist durch Auslegung aus den Umständen zu entnehmen (Schöner/Stöber, aaO., Rdnr. 1445, 1446; Palandt/Putzo: BGB, 64. Aufl., Vorbem. vor § 463, Rdnr. 14-17). Nicht in jedem Fall ist das Ankaufsrecht der Sicherung durch eine Vormerkung zugänglich. Die Eintragung einer Vormerkung ist unbestritten zulässig bei dem künftigen Auflassungsanspruch aus einem bindenden, formgültigen Kaufvertragsangebot. Voraussetzung für die Vormerkungsfähigkeit eines Ankaufsrechts aus einem Kaufvorvertrag ist, dass damit eine echte, vom Willen des Eigentümers unabhängige Verpflichtung zum Verkauf begründet worden ist (Palandt/Bassenge, aaO., § 883, Rdnr. 16, 17; Staudinger/Gursky: BGB, 2002, § 883, Rdnr. 112).

Der Tatsache der Bewilligung und Beantragung einer Auflassungsvormerkung in § 4 Abs. 5 des Vertrages kommt nach Auffassung des Senats maßgebliche Bedeutung für die Vertragsauslegung zu, wenn auch allein die Vereinbarung der Beteiligten nicht zur Eintragung einer Vormerkung führen kann, falls kein nach § 883 Abs. 1 BGB sicherbarer Anspruch besteht. Diesen Umstand, dass die Eintragung einer Auflassungsvormerkung auch hinsichtlich der nicht veräußerten Teilfläche von den Beteiligten übereinstimmend bewilligt und beantragt worden ist - für den veräußerten Grundbesitz ist die Auflassungsvormerkung in § 10 der Urkunde geregelt -, hat die Kammer bei ihrer Vertragsauslegung außer Acht gelassen, was in der weiteren Beschwerde zutreffend gerügt worden ist und dazu führt, dass der Senat nicht an die Auslegung des Landgerichts gebunden ist (Budde in Bauer/von Oefele: GBO, § 78, Rdnr. 29). Da davon auszugehen ist, dass der Urkundsnotar die ihn nach § 17 Abs. 1 BeurkG treffenden Aufklärungs- und Belehrungspflichten bei der Vertragsprotokollierung eingehalten hat, spricht die Vereinbarung der Eintragung einer Auflassungsvormerkung in § 4 Abs. 5 des Vertrages vom 30.11.2000 dafür, dass auch ein entsprechender Bindungswille des Beteiligten zu 1) vorgelegen hat. In diesem Zusammenhang macht auch die Regelung über die Abstimmung einer Änderung der Nutzung in § 4 Abs. 3 des Vertrages einen Sinn, weil dadurch erreicht werden sollte, dass die nicht veräußerte Teilfläche in einem Zustand verblieb, der sie für den späteren Erwerb durch den Beteiligten zu 2) geeignet erhielt. Aufgrund der Verpflichtung zur Abstimmung einer Nutzungsänderung mit dem Beteiligten zu 2) ist der Beteiligte zu 1) auch nicht frei in seiner Entscheidung über die Änderung der Nutzung, wobei für die hier vorzunehmende Auslegung dahingestellt bleiben kann, welchen rechtlichen Inhalt der Terminus "Abstimmung" im einzelnen haben sollte. Der Beteiligte zu 1) sollte es jedenfalls nicht allein in der Hand haben, durch eine von ihm einseitig veränderte Nutzung sich der Verpflichtung zum Angebot an den Beteiligten zu 2) zu entledigen, sonst wäre die Vereinbarung in § 4 Abs. 3 bis 5 der Urkunde sinnlos gewesen. In der Gesamtbetrachtung der Absätze 3 bis 5 des § 4 des Vertrages sind diese als ein bindendes Verkaufsangebot des Beteiligten zu 1) auszulegen, aus dem sich ein Ankaufsrecht des Beteiligten zu 2) hinsichtlich der nicht verkauften Teilfläche des Steinbruchs ergibt, das als künftiger Anspruch vormerkungsfähig ist.

Die Entscheidung über die Gerichtskosten des Verfahrens der Erstbeschwerde beruht auf § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KostO.

Die Erstattung außergerichtlicher Kosten des Verfahrens war gemäß § 13 a Abs.1 Satz 1 und 2 FGG anzuordnen.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes für die Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO in Anlehnung an die unbeanstandet gebliebene Festsetzung des Landgerichts.

Ende der Entscheidung

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