Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 15.03.2001
Aktenzeichen: 20 W 311/00
Rechtsgebiete: FGG, BGB, BVormVG, ZSEG, KostO


Vorschriften:

FGG § 56 g Abs. 5 Satz 2
BGB § 1908 i Abs. 1
BGB § 1836 Abs. 1 Satz 1
BGB § 1836 a
BGB § 1836 d
BGB § 1836 c
BGB § 1836 Abs. 2 Satz 3
BGB § 1836 d Nr. 1
BVormVG § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2
ZSEG § 15 Abs. 3 Satz 1
ZSEG § 15 Abs. 3 Satz 2
ZSEG § 15 Abs. 3 Satz 3
ZSEG § 15 Abs. 3 Satz 4
ZSEG § 15 Abs. 3 Satz 5
KostO § 131 Abs. 2
KostO § 30 Abs. 1
Betreuervergütung bei Mittellosigkeit des Betreuten
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

20 W 311/00

4 T 292/00 LG Wiesbaden

42 XVII 836/97 AG Wiesbaden

Entscheidung vom 15.3.2001

In dem Betreuungsverfahren ...

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige weitere Beschwerde der Betreuerin gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 06. Juni 2000 am 15. März 2001

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 1.015,90 DM.

Gründe:

I.

Der Betreuerin wurde durch Beschluss des Amtsgerichts vom 02. September 1999 antragsgemäß für ihre Tätigkeit in der Zeit vom 22. März 1999 bis zum 29. Februar 2000 ein Vorschuss in Höhe von 2.318,49 DM festgesetzt, den sie aufgrund gerichtlicher Ermächtigung dem damals noch vorhandenen Vermögen des Betreuten entnahm. Mit Schriftsatz vom 01. März 2000 beantragte die Betreuerin Vergütungsfestsetzung für den Zeitraum vom 22. März 1999 bis zum 29. Februar 2000 wegen zwischenzeitlich eingetretener Mittellosigkeit des Betreuten gegen die Staatskasse in Höhe von 1.792,20 DM, wobei sie für die bis zur Beantragung des Vorschusses erbrachten 18,17 Stunden einen Betrag von je 110,-- DM und für die restlichen 25,75 Stunden je 60,-- DM zuzüglich Mehrwertsteuer berechnete und den Vorschuss in Abzug brachte. Das Amtsgericht setzte mit Beschluss vom 05. Mai 2000 unter Berücksichtigung der Vorschusszahlung die aus der Staatskasse zu zahlende Betreuervergütung lediglich auf 776,30 DM fest, wobei für den gesamten Zeitraum ein Stundensatz von 60,-- DM in Ansatz gebracht wurde.

Die gegen die teilweise Zurückweisung des Vergütungsantrages gerichtete sofortige Beschwerde der Betreuerin wies das Landgericht mit Beschluss vom 06. Juni 2000 zurück.

Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Betreuerin, mit welcher sie ihren ursprünglichen Vergütungsantrag weiter verfolgt und im wesentlichen geltend macht, es müsse berücksichtigt werden, dass der Betroffene erst nach Zahlung des Vergütungsabschlages mittellos geworden; im übrigen könne der damalige Vorschussantrag auch in einen Antrag auf Vergütungsfestsetzung umgedeutet werden.

II. Die kraft Zulassung im angefochtenen Beschluss gemäß § 56 g Abs. 5 Satz 2 FGG statthafte und auch im übrigen zulässige sofortige weitere Beschwerde führt in der Sache nicht zum Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§§ 27 FGG, 550 ZPO).

Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass trotz der früheren Gewährung der Abschlagszahlung aus dem damals noch vorhandenen Vermögen des Betreuten für die jetzige Vergütungsfestsetzung insgesamt gemäß §§ 1908 i Abs. 1, 1836 Abs. 1 Satz 1, 2 und Abs. 2 Satz 1, 1836 a, 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG der verbindliche Stundensatz von 60,-- DM zuzüglich Mehrwertsteuer zugrunde zu legen ist.

Für die Frage der Mittellosigkeit hat das zum 01. Januar 1999 in Kraft getretene BtÄndG erstmals in den §§ 1836 a, c und d BGB konkrete Regelungen getroffen. Gemäß § 1836 a BGB hat der Betreuer einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse, wenn der Betreute mittellos ist. § 1836 d BGB bestimmt, dass der Betreute als mittellos gilt, wenn er den Aufwendungsersatz oder die Vergütung aus seinem gemäß § 1836 c BGB zu ermittelnden einzusetzenden Einkommen oder Vermögen nicht oder nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Für die Feststellung der Mittellosigkeit ist auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem über die Kostenübernahme durch die Staatskasse zu entscheiden ist (vgl. BT-Drucks. 13/7158 S. 32; Bienwald, Betreuungsrecht, 3. Aufl., vor § 65 ff FGG Rn. 212), wobei gegebenenfalls der Zeitpunkt der Entscheidung der letzten Tatsacheninstanz maßgeblich ist (vgl. BayObLG FamRZ 1993, 474 und BtPrax 1996, 29; OLG Zweibrücken FamRZ 1999, 799; Palandt/Diederichsen, BGB, 60. Aufl., § 1836 d Rn. 2).

Vorliegend wird auch von der Betreuerin nicht in Abrede gestellt, dass zum Zeitpunkt der Beantragung der Vergütung und der Entscheidungen des Amts- und des Landgerichts einzusetzendes Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden war und somit Mittellosigkeit vorlag. Dies gilt nach dem Inhalt der gesetzlichen Regelung für den gesamten von der Betreuerin gewählten Abrechnungszeitraum und hat die Anwendung des Stundensatzes gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG für den gesamten abgerechneten Zeitaufwand zur Folge.

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde vermag die Bewilligung des seinerzeit beantragten Vorschusses gemäß § 1836 Abs. 2 Satz 3 BGB hier nicht zu einer zeitlichen Zäsur mit der Folge einer unterschiedlichen Beurteilung der Mittellosigkeit bzw. der zu bewilligenden Stundensätze führen, auch wenn dieser Vorschuss gemäß der gerichtlichen Entscheidung aus dem damals noch vorhandenen Vermögen des Betroffenen entnommen werden durfte. Nach dem Inhalt der gesetzlichen Neuregelung der Betreuervergütung bei Mittellosigkeit in den §§ 1836 a, c und d BGB ist eine Aufspaltung der Vergütungszahlung für einen einheitlichen Abrechnungszeitraum zwischen dem Vermögen des Betreuten und der Staatskasse gerade nicht vorgesehen. Vielmehr ist eine einheitliche Beurteilung vorzunehmen und gemäß § 1836 d Nr. 1 BGB die Vergütung wegen Mittellosigkeit auch dann für den gesamten Abrechnungszeitraum aus der Staatskasse zu zahlen, wenn das von dem Betreuten einzusetzende Vermögen zwar zum Teil, aber nicht insgesamt zur Befriedigung der Aufwendungsersatz- und Vergütungsansprüche ausreicht. Hierbei hat der Gesetzgeber durchaus erkannt, dass dem Betreuer durch die Wahl der Abrechnungszeiträume gewisse Einflussnahmemöglichkeiten eröffnet worden sind (vgl. BT-Drucks. 13/7158 S. 22 und 27; Schl.-Holst. OLG BtPrax 2000, 128). Zu deren Begrenzung wurde für den Abrechnungszeitraum eine Höchstfrist von 15 Monaten eingeführt und die Möglichkeit der Verlängerung oder Verkürzung der Frist im Einzelfall durch das Vormundschaftsgericht in §§ 1835 Abs. 1 Satz 4, 1836 Abs. 2 Satz 4 BGB in sinngemäßer Anwendung des § 15 Abs. 3 Satz 1 ­ 5 ZSEG geschaffen. Dies ändert jedoch nichts an der einheitlichen Beurteilung der Mitellosigkeit für den gesamten zur Abrechnung gestellten Zeitraum. Deshalb muss die Betreuerin sich an dem hier von ihr selbst gewählten Abrechnungszeitraum festhalten lassen. Insoweit hat das Landgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass mit der früheren Bewilligung eines Vorschusses gerade nicht ein bestimmter Abrechnungszeitraum bereits abgegolten wurde und hiermit eine abschließende Entscheidung über die Höhe des Stundensatzes oder den Umfang des zu vergütenden Zeitaufwandes nicht verbunden war.

Des weiteren kommt entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch eine Umdeutung des früheren Vorschussantrages in einen Antrag auf Vergütungsfestsetzung nicht in Betracht. Zwar hatte die Betreuerin in ihrem Vorschussantrag die von ihr bereits erbrachten Vergütungsstunden konkret beziffert und die Höhe des Stundensatzes entsprechend der ihr früher bewilligten Vergütung mit 110,-- DM angegeben. Der nunmehr begehrten Umdeutung steht jedoch bereits entgegen, dass nach Eingang des ausdrücklich auf Vorschuss gerichteten Antrages die Rechtspflegerin ausdrücklich anfragte, ob im Hinblick auf den eingereichten Tätigkeitsnachweis nicht eine endgültige Vergütungsfestsetzung gewünscht werde und die Betreuerin hierauf den Antrag nicht abänderte, sondern durch telefonische Mitteilung klarstellte, dass es sich um einen Vorschussantrag handele.

Im übrigen bemerkt der Senat, dass von einer besonderen Schwierigkeit der Betreuungsgeschäfte im hier maßgeblichen Abrechnungszeitraum nach dem Bericht der Betreuerin und dem übrigen Inhalt der Akte nicht ausgegangen werden kann, so dass auch im Falle einer Bewilligung der Vergütung aus dem Vermögen des Betroffenen ein über 60,-- DM hinausgehender Stundensatz nicht gerechtfertigt wäre (vgl. hierzu BGH MDR 2001,91; BayObLG FamRZ 2000, 318; OLG Frankfurt Rpfleger 2000, 498).

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 Kost0.

Ende der Entscheidung

Zurück