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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 29.01.2007
Aktenzeichen: 20 W 366/06
Rechtsgebiete: GBO, ZPO


Vorschriften:

GBO § 53
GBO § 78
ZPO § 750
ZPO § 867 Abs. 1
1. Das Grundbuchamt hat bei Eintragung einer Zwangssicherungshypothek die vollstreckungsrechtlichen und die grundbuchrechtlichen Voraussetzungen selbständig zu überprüfen. Beanstandet der Schuldner erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren eine Vollstreckungsvoraussetzung (ordnungsgemäße Zustellung), ist dies nur bei Offenkundigkeit beachtlich oder verfahrenfehlerhafter Tatsachenfeststellung der Tatsacheninstanzen.

2. Ob im Beschwerdeweg die Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die Zwangssicherungshypothek erreicht werden kann, auch wenn bei Eintragung keine Gesetzesverletzung im Sinn des § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO vorliegt (vgl. Vorlagebeschluss des OLG Schleswig Rpfleger 2006, 536), bleibt offen.


Gründe:

Die Antragsgegnerin ist seit 1993 zusammen mit ihrem früheren Ehemann als Eigentümerin des betroffenen Grundbesitzes zur ideellen Hälfte eingetragen. Die Antragstellerin, die frühere Schwiegermutter der Antragsgegnerin, erwirkte gegen die Firma A Gesellschaft bürgerlichen Rechts am 19.01.2006 einen Vollstreckungsbescheid des Amtsgericht Hünfeld -Az. 05-1721170-3-3, außerdem unter dem Aktenzeichen 05-1721170-1-7 einen Vollstreckungsbescheid gegen ... A und unter dem Aktenzeichen 05-1721170-2-5 einen Vollstreckungsbescheid gegen die Antragsgegnerin, jeweils über eine Gesamtsumme von 155.251,73 €.

Unter dem 29.03.2006 legte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin zunächst den gegen die GbR gerichteten Vollstreckungsbescheid vor und beantragte, auf dem betroffenen Grundbesitz der Schuldnerin eine Zwangssicherungshypotheken gemäß dem Titel einzutragen. Mit Schreiben vom 03.04.2006 (Bl. 74 d. A.) wies das Grundbuchamt auf Bedenken hin. Unter dem 11.04.2006 überreichte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin den gegen die Antragsgegnerin persönlich ergangenen Vollstreckungsbescheid und beantragte die Eintragung der Sicherungshypothek auf Grund dieses Vollstreckungsbescheids.

In dem betroffenen Grundbuch wurde am 12.04.2006 unter III/... eine Zwangssicherungshypothek über 155.251,72 € für die Antragstellerin eingetragen, " aufgrund der Vollstreckungsbescheide vom 19.01.2006 (05-1721170-3-3 Amtsgericht Hünfeld)", lastend auf dem unter lfd. Nr. ... eingetragenen Grundstück.

Gegen die Eintragung der Zwangshypothek hat die Antragsgegnerin Erinnerung eingelegt, mit der sie geltend gemacht hat, sie sei nicht die Schuldnerin des gegen die GbR erwirkten Titels. Diesem liege ein fingiertes Darlehen zu Grunde zwischen der Antragstellerin und ihrem Sohn, um an diesen im Rahmen des Scheidungsverfahrens bzw. den Vermögensauseinandersetzungen unschädlich Gelder zurückführen zu können. Die als Schuldnerin aufgeführte GbR existiere nicht. Nach dem Hinweis des Rechtspflegers auf den gegen sie persönlich ergangenen Vollstreckungsbescheid, der Grundlage für die Eintragung der Zwangshypothek gewesen sei, hat die Antragsgegner vorgetragen, sie habe von keinem der Titel vor dem 13.05.2006 Kenntnis gehabt. Der Grundbuchrechtspfleger hat mit Beschluss vom 12.06.2006 (Bl. 104 d. A.) der Erinnerung nicht abgeholfen und die Akten dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt, da die Rechtmäßigkeit des Vollstreckungsbescheids bzw. das Nichtbestehen der GbR gegebenenfalls im Klageweg zu verfolgen sei.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 26.07.2006 (Bl. 107-110 d. A.) die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Eintragung der Zwangshypothek vom 12.04.2006 zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die Eintragung auf Grund der der Vollstreckungsbescheide erfolgt sei, die gegen die eingetragenen Eigentümer persönlich ergangen sind. Die Kammer hat ausgeführt, die von der Antragsgegnerin vorgetragenen materiellen Einwendungen seien vor dem Prozessgericht geltend zu machen. Mangels eines Einstellungsbeschlusses des Prozessgerichts sei auch keine Einstellung nach § 775 Nr. 2 ZPO in Betracht gekommen. Die Angabe des Aktenzeichens desjenigen Vollstreckungsbescheids, der gegen die GbR erging, sei offensichtlich fehlerhaft, da diese nicht Eigentümerin des Grundstücks und nicht grundbuchfähig sei.

Dagegen hat die Antragsgegnerin Gegenvorstellung erhoben, die gegebenenfalls als weitere Beschwerde zu behandeln sei. Die Antragsgegnerin trägt vor, es fehle an einer wirksamen Zustellung, da die Zustellung in sämtlichen Mahnverfahren unter ihrer alten Anschrift erfolgt sei, obwohl sie bereits ein Jahr vor Einleitung der Mahnverfahren dort ausgezogen gewesen sei. Zur Glaubhaftmachung hat sich die Antragsgegnerin auf die beglaubigte Abschrift einer Ummeldebestätigung der Stadt ... von 10.03.2005 (Bl. 119 d. A.) bezogen, sowie auf ihre eidesstattliche Versicherung, für deren Inhalt auf Blatt 120-125 d. A. Bezug genommen wird.

Das Prozessgericht hat mit Beschluss vom 31.08.2006 (2/24 O 49/06 Landgericht Frankfurt am Main) die Zwangsvollstreckung aus dem gegen die Antragsgegnerin persönlich ergangenen Vollstreckungsbescheid einstweilen ohne Sicherheitsleistung eingestellt (Bl. 147 d. A).

Die weitere Beschwerde ist zulässig gemäß §§ 78, 80 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 3, 73 GBO. Sie ist aber nicht begründet, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 78 GBO, 546 ZPO).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zu Recht von der Zulässigkeit der Erstbeschwerde ausgegangen. Da sich an eine eingetragene Zwangssicherungshypothek aber ein gutgläubiger Erwerb anschließen kann, weil sie mit ihrer Eintragung einer durch Rechtsgeschäft bestellten Sicherungshypothek (§ 1184 BGB) gleichsteht (vgl. Budde in Bauer/von Oefele: Grundbuchordnung, 2. Aufl., § 71, Rdnr. 44 m. w. H.; Meikel/Streck: Grundbuchrecht, 9. Aufl., § 71, Rdnr. 63), ist nur die eingeschränkte Beschwerde gemäß § 71 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 53 GBO zulässig. Da eine inhaltlich unzulässige Eintragung gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO nur dann vorliegt, wenn ein nicht eintragungsfähiges Recht, ein Recht ohne den gesetzlich gebotenen oder mit einem nicht erlaubten Inhalt eingetragen worden ist (vgl. Demharter: GBO, 25. Aufl., § 53, Rdnr. 44-47), was auf das Recht Abt. III/... nicht zutrifft, ist die Erstbeschwerde nicht mit dem Ziel der Löschung, sondern nur mit dem Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruchs gegeben gewesen. Entsprechendes gilt auch für die weitere Beschwerde.

Voraussetzung für die Eintragung eines Amtwiderspruchs ist, dass das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist, § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO.

Das Grundbuchamt hat bei Eintragung einer Zwangssicherungshypothek selbständig zu überprüfen, ob sowohl die Vollstreckungsvoraussetzungen nach der ZPO als auch die grundbuchrechtlichen Eintragungserfordernisse gegeben sind (Demharter, aaO., Anhang zu § 44, Rdnr. 67; Schöner/Stöber: Grundbuchrecht, 13. Aufl., Rdnr. 2168; Zöller/Stöber: ZPO, 26. Aufl., § 867, Rdnr. 1).

Nachdem die Antragstellerin ihren Antrag auf die gegen die eingetragenen Eigentümer persönlich ergangenen Vollstreckungsbescheide gestützt hat, stellte sich das Problem der Voreintragung nach § 39 GBO nicht mehr. Die falsche Bezeichnung der Vollstreckungstitel hat das Landgericht bereits in seiner Entscheidung korrigiert.

Das Vorliegen sonstiger grundbuchrechtlicher Voraussetzungen für die Eintragung der Zwangssicherungshypothek ist nicht zweifelhaft.

An vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen waren neben dem Vollstreckungsantrag der Gläubigerin vom Grundbuchamt das Vorliegen eines Vollstreckungstitels und der Vollstreckungklausel sowie die Zustellung zu überprüfen. Dagegen unterliegt es nicht der Prüfung durch das Grundbuchamt - und auch nicht der an seine Stelle tretenden Instanzgerichte-, ob der Vollstreckungstitel zu Recht ergangen ist. Zu Recht haben deshalb Amts- und Landgericht die Antragsgegnerin wegen materiell-rechtlicher Einwendungen gegen die titulierte Forderung auf den Prozessweg verwiesen.

Die ordnungsgemäße Zustellung des Vollstreckungsbescheids des Amtsgericht Hünfeld vom 19.01.2006, der gegen die Antragsgegnerin persönlich ergangen ist, unterlag zwar der Prüfung des Grundbuchamts. Dieses durfte sich allerdings mit der auf dem Vollstreckungsbescheid aufgebrachten Zustellungsbescheinigung gemäß §§ 169 Abs. 1, 703 b ZPO begnügen und musste nicht die Vorlage einer Zustellungsurkunde verlangen (OLG Köln Rpfleger 1997, 31; Zöller/Stöber, aaO., § 750, Rdnr. 17).

Davon abgesehen wäre auch der Zustellungsurkunde nicht zu entnehmen gewesen, dass die Antragsgegnerin tatsächlich unter der angegebenen Adresse, dem Familienwohnsitz, im Zeitpunkt der Zustellung nicht mehr wohnhaft gewesen sei, wie die Antragsgegnerin behauptet.

Nach bisher herrschender Auffassung (BGHZ 30, 255, 258; OLG Hamm ZfIR 2005, 825; Demharter, aaO., § 53, Rdnr. 22; Budde, aaO., § 74, Rdnr. 4; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann: Grundbuchrecht, 6. Aufl., § 53, Rdnr. 6), die auch der Senat in ständiger Rechtsprechung vertritt ( so z. B. Beschluss vom 02.05.2002-20 W 121/2005; Beschl. vom 12.12.2002 -20 W 352/02- FGPrax 2003, 197 mit ablehnender Anmerkung von Dümig), kommt die Eintragung eines Amtswiderspruchs auch gegen eine Zwangssicherungshypothek nur dann in Betracht, wenn das Grundbuchamt gesetzliche Vorschriften auf den ihm unterbreiteten Sachverhalt unrichtig angewandt hat.

Auch bei nachträglich bekannt werdenden Umständen, die die rechtliche Fehlerhaftigkeit der Eintragungsunterlagen belegen, kann im Beschwerdeverfahren nicht die Eintragung eines Amtswiderspruchs erreicht werden, es sei denn, dass das Grundbuchamt die Fehlerhaftigkeit der Unterlagen kannte oder fahrlässig nicht kannte. Die hiervon abweichende Auffassung, dass nämlich bei Zwangseintragungen im Vollstreckungsweg das Gebot eines effektiven Rechtsschutzes dazu führen müsse, dass auf ein von dem Schuldner eingelegtes Rechtsmittel vom Grundbuchamt ein Widerspruch eingetragen wird, wenn die Voraussetzungen für die Eintragung objektiv nicht vorlagen, auch wenn dies für das Grundbuchamt nicht erkennbar war, hat das OLG Celle in einem Beschluss vom 11.10.1989 -4 W 279/89- (Rpfleger 1990, 112) vertreten (zustimmend Meikel/Streck, aaO., § 71, Rdnr. 80). Dies hat zu einem Vorlagebeschluss des OLG Schleswig vom 11.04.2006 -2 W 249/05- (Rpfleger 2006, 536) geführt, über den der BGH durch Beschluss vom 09.11.2006 -V ZB 66/06- (zitiert nach juris) entschieden hat, in dem er die Sache an das OLG zur Entscheidung in eigener Zuständigkeit zurückgegeben hat, da nicht dieselbe Rechtsfrage betroffen sei.

Bei der vorliegenden Fallgestaltung führt dies aber nicht dazu, dass der Senat ebenfalls gemäß § 79 Abs. 2 GBO die Sache dem BGH zur Entscheidung vorlegen müsste, wenn er an seiner bisher vertretenen Auffassung festhalten will.

Denn die Antragsgegnerin hat erstmals in der weiteren Beschwerde die Unwirksamkeit der Zustellung des Vollstreckungsbescheids geltend gemacht und Beweismittel dafür vorgelegt, dass sie bereits etwa ein Jahr vorher aus der Ehewohnung ausgezogen sei. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen im Rechtsbeschwerdeverfahren aber nur berücksichtigt werden, soweit sie einen Verfahrensmangel erweisen sollen, die Zulässigkeit der Erstbeschwerde betreffen oder die weitere Beschwerde gegenstandslos oder erst zulässig machen. Im übrigen können neue Tatsachen und Beweismittel in Bezug auf die Sache weder durch die Beteiligten, noch durch das Gericht der weiteren Beschwerde eingeführt werden, das gilt sowohl für Tatsachen, die bei Erlass der Beschwerdeentscheidung schon bestanden, aber nicht vorgebracht wurden, wie für erst nachträglich eingetretene (Senat Beschl. vom 22.03.2005 -20 W 287/2004- und vom 03.04.2006 -20 W 465/2004-; Demharter, aaO., § 78, Rdnr. 11). Aus Gründen der Verfahrensökonomie sind davon aber neue Tatsachen ausgenommen, die offenkundig sind oder sich unzweideutig aus den Akten ergeben (Meyer/Holz in Keidel/Kuntze/Winkler: FGG, 15. Aufl., § 27, Rdnr. 45). Auch wenn die Antragstellerin dem Vorbringen der Antragsgegnerin in der weiteren Beschwerde nicht entgegengetreten ist, folgt daraus noch nicht die unzweideutige Unwirksamkeit der Zustellung des Vollstreckungsbescheids auf Grund Aktenlage. Die Vorinstanzen haben auch nicht das Recht der Antragsgegnerin auf rechtliches Gehör verletzt oder sonstige Verfahrensfehler begangen, die zur Folge hätten, dass neues tatsächliches Vorbringen ausnahmsweise zu berücksichtigen wäre. Vor der Eintragung einer Zwangshypothek ist der Schuldner nicht anzuhören (Zöller/Stöber: ZPO, 26. Aufl., Vor § 704, Rdnr. 28).

Das Vorbringen der Antragsgegnerin vor der landgerichtlichen Entscheidung war hinsichtlich des Bestehens der titulierten Forderung als materiell-rechtlicher Einwand im vorliegenden Verfahren unerheblich. Die Behauptung, es habe keine Kenntnis von dem Vollstreckungstitel vor der Eintragung der Zwangssicherungshypothek bestanden, war zu vage, um daraus für das Landgericht Zweifel am Vorliegen von Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen, insbesondere einer ordnungsgemäßen Zustellung zu begründen.

Nachdem die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Prozessgericht erst mit Beschluss vom 31.08.2006 und damit nach Eintragung der Zwangssicherungshypothek am 12.04.2006 erfolgt ist, ist sie nur nach § 868 ZPO von Einfluss auf das Verfahren. Ein Erwerb der Zwangssicherungshypothek durch die Antragsgegnerin gemäß § 868 Abs. 2 ZPO setzt außer der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung die Anordnung der Aufhebung der erfolgten Vollstreckungsmaßregeln durch gerichtliche Entscheidung voraus.

Die Entscheidung über die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde beruht auf § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KostO.

Die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin war nach § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG anzuordnen.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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