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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 15.04.2008
Aktenzeichen: 20 W 37/08
Rechtsgebiete: VBVG


Vorschriften:

VBVG § 5 Abs. 1
VBVG § 5 Abs. 2
VBVG § 5 Abs. 4 S. 2
Auch wenn die Vergütung des Berufsbetreuers wegen zum Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Festsetzungsentscheidung gegebener Mittellosigkeit insgesamt aus der Staatskasse zu zahlen ist, richtet sich für die Vergütungshöhe das Maß der nach § 5 Abs. 1 und 2 VBVG anzusetzenden Stunden ausschließlich danach, ob der Betreute während des jeweiligen Vergütungsmonats mittellos war oder nicht, wobei gegebenenfalls taganteilig zu differenzieren ist.
Gründe:

I.

Der bereits seit 1994 für den Betroffenen bestellte Berufsbetreuer beantragte mit Schreiben vom 27. Februar 2007 die Festsetzung seiner Vergütung für den Zeitraum von 1. Juli 2006 bis 31. Dezember 2006 gegen die Staatskasse.

Im Antrag wurde ausgeführt und sodann auf gerichtliche Nachfrage nachgewiesen, dass der Betroffene erstmals seit dem 1. September 2006 nicht mehr vermögend war. Für die Monate Juli und August 2006, in denen der Betroffene noch über Vermögen verfügte, machte der Betreuer jeweils viereinhalb Stunden monatlich zu je 44 € geltend, für den Zeitraum der Mittellosigkeit im September und Oktober 2006 beanspruchte er jeweils dreieinhalb Stunden monatlich zu je 44 €.

Der Rechtspfleger des Amtsgerichts setzte mit Beschluss vom 20. August 2007 dem entsprechend die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung antragsgemäß auf 1.012 € fest.

Mit der hiergegen gerichteten Erinnerung machte der Bezirksrevisor geltend, da die Vergütung aus der Staatskasse zu zahlen sei, dürfe für den gesamten Zeitraum nur der niedrigere Ansatz von dreieinhalb Stunden zu Grunde gelegt werden.

Der Rechtspfleger des Amtsgerichts lies mit Beschluss vom 4. September 2007 die sofortige Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache nachträglich zu und lehnte im Übrigen eine Abhilfe ab.

Das Landgericht wies das nunmehr als sofortige Beschwerde zu behandelnde Rechtsmittel mit Beschluss vom 14. November 2007 zurück. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, wegen der zum Zeitpunkt der Vergütungsfestsetzung unzweifelhaft gegebenen Mittellosigkeit des Betroffenen sei die gesamte Vergütung zwar gegen die Staatskasse festzusetzen, dabei sei nach § 5 Abs. 4 VBVG für die ersten beiden Monate jedoch der höhere Stundenansatz von viereinhalb Stunden für den nicht in einem Heim lebenden Betroffenen zugrunde zu legen, da während dieses Zeitraums noch Vermögen vorhanden war, während der niedrigere Stundenansatz von dreieinhalb Stunden nur für die nachfolgenden zwei Monate ab Eintritt der Mittellosigkeit gelte.

Mit der hiergegen gerichteten sofortigen weiteren Beschwerde vertritt der Bezirksrevisor weiterhin die Rechtsauffassung, dass für den gesamten Zeitraum der niedrigere Stundenansatz zur Anwendung kommen müsse, da durch die Festsetzung gegen die Staatskasse fingiert werde, dass der Betroffene für den gesamten Vergütungszeitraum mittellos war.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist kraft Zulassung im angefochtenen Beschluss gemäß § 56 g Abs. 5 Satz 2 FGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, da sie insbesondere form- und fristgerecht eingelegt wurde.

In der Sache führt das Rechtsmittel nicht zum Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO). Die Zurückweisung der Erstbeschwerde des Bezirksrevisors ist rechtsfehlerfrei, da der Rechtspfleger in seinem Beschluss vom 20. August 2007 die Vergütung für den Berufsbetreuer, der für den nicht in einem Heim lebenden Betroffenen bereits seit mehreren Jahren bestellt ist, unter Zugrundelegung eines monatlichen Stundenansatzes von viereinhalb Stunden für die Monate Juli und August 2006 und von dreieinhalb Stunden für die Monate September bis Dezember 2006 mit einem Stundensatz von 44,-- € gegen die Staatskasse auf 1.012,-- € festgesetzt hat.

Da das zuvor höhere Vermögen des Betroffenen erstmals mit Beginn des Monats September 2006 unter die nach § 1836 c Ziff. 2 BGB, § 90 SGB XII maßgebliche Schongrenze abgesunken ist, war die Vergütung nach § 1 Abs. 2 S. 2 VBVG i. V. m. § 1836 d BGB gegen die Staatskasse festzusetzen. Mangels einer diesbezüglichen abweichenden Regelung in den durch das 2. BtÄntG zum 01. Juli 2005 in Kraft getretenen Vorschriften des VBVG ist für die Bestimmung des Vergütungsschuldners wie bereits nach vorherigem alten Recht auf die zum Zeitpunkt der Entscheidung der letzten Tatsacheninstanz maßgeblichen Verhältnisse abzustellen (vgl. BayObLG FamRZ 2002, 1289; OLG Schleswig FGPrax 05, 161; OLG Zweibrücken FGPrax 05, 264; OLG München BtPrax 2007, 131; OLG Dresden, Beschluss vom 22. Februar 2007 - 3 W 77/07; Brandenburgisches OLG Beschluss vom 30. Juli 2007 - 11 Wx 14/07 dok bei Juris; OLG Frankfurt am Main FamRZ 2001, 1098 und Beschluss vom 18. Dezember 2007, 20 W 314/07).

Hieraus kann jedoch entgegen der von dem Bezirksrevisor vertretenen Auffassung (so auch Jurgeleit/Maier, Betreuungsrecht, § 5 VBVG Rn. 43) nicht geschlossen werden, dass für die Berechnung der Höhe der Vergütung ebenfalls für den gesamten Abrechnungszeitraum der für mittellose Betreute geltende Stundenansatz gemäß § 5 Abs. 2 VBVG maßgeblich ist.

Der Senat vertritt mit dem Brandenburgischen OLG (Beschluss vom 30. Juli 2007 - 11 Wx 14/07) sowie dem OLG Dresden (Beschluss vom 19. Februar 2007 - 3 W 77/07) und dem Hanseatischen Oberlandesgericht (Beschluss vom 15. August 2007 - 2 Wx 85/07 = OLGR Hamburg 2008, 201) die Auffassung, dass zur Bestimmung der Vergütungshöhe gemäß § 5 Abs. 4 S. 2 VBVG auf die jeweiligen Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Betroffenen während des Abrechnungszeitraumes abzustellen ist (vgl auch Jürgens, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 5 VBVG Rn. 7; Palandt/Diederichsen, BGB, 67. Aufl., Anh. zu § 1836 VBVG § 5 Rn. 6; Zimmermann FamRZ 2006, 1802/1806). Das VBVG hat ein neues und pauschaliertes Vergütungssystem eingeführt. Danach bemisst sich der dem Betreuer pauschal zu vergütende Zeitaufwand nach den drei Kriterien der Dauer der Betreuung, der Mittellosigkeit des Betroffenen sowie der Frage, ob er seinen gewöhnlichen Aufenthalt in oder außerhalb eines Heimes hat. Ändern sich die Umstände, die sich auf die Vergütung auswirken, vor Ablauf eines vollen Monates, so ist nach der ausdrücklichen Regelung des § 5 Abs. 4 S. 2 VBVG der Stundenansatz zeitanteilig nach Tagen zu berechnen. Zu diesen Umständen gehört neben der Dauer der Betreuung und dem Aufenthalt in einem Heim auch der Eintritt oder die Dauer der Mittellosigkeit. Insoweit haben bereits das Hanseatische Oberlandesgericht und das Brandenburgische Oberlandesgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass die Vergütungshöhe in § 5 VGVG gesetzessystematisch nicht daran anknüpft, ob die Vergütung von dem Betreuten oder der Staatskasse zu zahlen ist. Vielmehr richtet sich das Maß der nach § 5 Abs. 1 und 2 VBVG anzusetzenden Stunden ausschließlich danach, ob der Betreute während des jeweiligen Vergütungszeitraumes mittellos gewesen ist oder nicht, wobei gegebenenfalls auch zeitanteilig zu differenzieren ist.

Dies ergibt sich bereits aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Regelung des § 5 Abs. 4 S. 2 VBVG. Darüber hinaus findet diese Gesetzesauslegung ihre Stütze auch in den Gesetzesmaterialien, da dort die geringeren Stundenansätze für mittellose Betreute insbesondere damit gerechtfertigt werden, dass insoweit in der Regel von einem geringeren Zeitaufwand des Betreuers im Vergleich zu bemittelten Betreuten wegen des für diese zu verwaltenden Vermögens auszugehen ist (vgl. BT-Drucks. 15/2494 S. 32). Zwar hat der Rechtsausschuss des Bundestages (BT-Drucks.15/4874 S. 32) als weiteres Motiv für die diesbezügliche Differenzierung zwischen mittellosen und bemittelten Betreuten zusätzlich auf die Schonung der Staatskasse verwiesen. Dies kann jedoch nur den Regelfall betreffen, dass der Betreute sowohl im Abrechnungszeitraum wie auch im Zeitpunkt der Vergütungsfestsetzung mittellos ist. Da die Frage des Vergütungsschuldners außerhalb des § 5 VBVG in § 1 Abs. 2 VBVG geregelt wurde, kann bei der Bestimmung des Stundenansatzes nach § 5 VBVG nicht so verfahren werden, dass immer dann wenn die Vergütung aus der Staatskasse zu zahlen ist zugleich auch die geringeren Stundenansätze des § 5 Abs. 2 VBVG herangezogen werden.

Da im vorliegenden Falle der Betroffene nur während der ersten beiden Monate des Abrechnungszeitraumes noch als vermögend einzustufen war, wurde bei der Festsetzung der Vergütung zutreffend differenziert und für diese Zeitspanne der Stundenansatz des § 5 Abs. 1 VBVG herangezogen, während für die restliche Zeit wegen der sodann eingetretenen Mittellosigkeit der niedrigere Stundenansatz des § 5 Abs. 2 VBVG berücksichtigt wurde.

Die sofortige weitere Beschwerde war deshalb zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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