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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 05.12.2003
Aktenzeichen: 20 W 417/03
Rechtsgebiete: FGG, WEG, ZPO


Vorschriften:

FGG § 6 Abs. 2
WEG § 43
ZPO § 46 Abs. 2
ZPO § 567
ZPO § 574
Weist das Landgericht im Beschwerdeverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit einen Antrag auf Ablehnung eines Richters der Kammer wegen Besorgnis der Befangenheit zurück, so ist dagegen seit der Änderung der Zivilprozessordnung zum 01.01.2002 die sofortige weitere Beschwerde gegeben, sofern sie durch das Landgericht entsprechend § 574 ZPO zugelassen worden ist.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN Beschluss

20 W 417/2003

Entscheidung vom 05.12.2003

In der Wohnungseigentumssache -hier Befangenheitsantrag- betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft ehemals ...

an der beteiligt sind:

...

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss der 19. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 08.10.2003 am 05.12.2003 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners wird verworfen.

Der Antragsgegner trägt die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde. Außergerichtliche Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 2.256,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Auf Antrag der Antragstellerin wurde dem Antragsgegner durch Beschluss des Amtsgerichts vom 29.08.2002 die Zahlung von rückständigem Wohngeld nebst Zinsen und Kosten aufgegeben. Nachdem der Antragsgegner anwaltlich vertreten gegen diesen Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt und diese begründet hatte und Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt war, hat der Antragsgegner persönlich am 20.01.2003 einen Befangenheitsantrag gegen alle Richter der Beschwerdekammer gestellt, die mit einem Vorverfahren befasst waren. Dieses Gesuch ist mit Beschluss vom 02.05.2003 zurückgewiesen worden (Bl. 86-88 d. A.). Ein erneutes Ablehnungsgesuch vom 25.08.2003 gegen die gesamte 19. Zivilkammer unter namentlicher Benennung des Vorsitzenden und drei weiterer Richter hat die Kammer mit Beschluss vom 08.10.2003 (Bl. 121, 122 d. A.) zurückgewiesen und der dagegen eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde des Antragsgegners nicht abgeholfen.

Das Rechtsmittel des Antragsgegners ist unzulässig.

Für die Richterablehnung durch Beteiligte sind nach allgemeiner Auffassung die §§ 42 ff. ZPO entsprechend anwendbar, da weder das Wohnungseigentumsgesetz, noch das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit insoweit eigene Bestimmungen enthält (Niedenführ/Schulze: WEG, 6. Aufl., vor §§ 43 ff., Rdnr. 187; Palandt/Bassenge: BGB, 62. Aufl., § 43 WEG, Rdnr. 19; Keidel/Kuntze/Winkler: FGG, 15. Aufl., § 6 Rdnr. 39). Die Statthaftigkeit von Rechtsmitteln richtet sich dementsprechend nach §§ 46 Abs. 2, 567, 574 ZPO. Dies bedeutet, dass nach der Änderung der Zivilprozessordnung zum 01.01.2002 die sofortige weitere Beschwerde gegen einen Beschluss des Landgerichts, durch welchen dieses in einem Beschwerdeverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit einen Antrag auf Ablehnung eines Richters der Kammer wegen Besorgnis der Befangenheit zurückgewiesen hat, nur gegeben ist, sofern sie durch das Landgericht zugelassen worden ist.

Bis zur Änderung der ZPO war die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs im landgerichtlichen Beschwerdeverfahren nur deshalb statthaft, weil § 567 Abs. 3 Satz 2 ZPO a. F. für die Entscheidung nach § 46 ZPO ausdrücklich eine Ausnahme von dem Grundsatz des § 567 Abs. 3 Satz 1 ZPO a. F. vorsah, dass gegen Entscheidungen der Landgerichte im Berufungsverfahren und im Beschwerdeverfahren eine Beschwerde nicht zulässig ist. Nach neuem Recht sieht zwar § 46 Abs. 2 ZPO gegen den Beschluss, durch den ein Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt wird, wie bisher die sofortige Beschwerde vor. Sie ist nach § 567 Abs. 1 ZPO n. F. aber nur statthaft, soweit es sich um eine Entscheidung handelt, die im ersten Rechtszug ergangen ist. Daher ist gegen den das Ablehnungsgesuch zurückweisenden Beschluss des Beschwerdegerichts nach neuem Recht unter den engen Voraussetzungen des § 574 ZPO die Rechtsbeschwerde gegeben. Sie setzt, da die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde in § 46 ZPO nicht ausdrücklich bestimmt ist ( § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), die Zulassung durch das Beschwerdegericht voraus ( § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Dies entspricht nach der Auffassung von Rechtsprechung und Literatur der Grundkonzeption der ZPO-Reform, die sofortige Beschwerde in Funktion und Ausgestaltung der Berufung nachzubilden und Rechtsmittel gegen Zwischenentscheidungen zur Beschleunigung und Vereinfachung der Verfahren zu beseitigen (OLG Stuttgart NJW-RR 2003, 494; OLG Karlsruhe MDR 2003, 651; Zöller/Vollkommer: ZPO, 24. Aufl., § 46 Rdnr. 14 m. w. H.).

Da die dargestellten neuen Regeln über die Beschwerde im Zivilprozessverfahren sich auf die Statthaftigkeit des Rechtsmittels beziehen, sind sie in Übereinstimmung mit den bisher für die entsprechende Anwendung maßgebenden Grundsätze auf Ablehnungsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu übertragen (BayObLG Beschl. v. 21.03.2002 -3Z BR 49/02- FGPrax 2002, 119; Palandt/Bassenge: BGB, 62.Aufl., § 43, Rdnr. 19 und § 45 Rdnr. 6; Demharter NZM 2002, 433, 436). Der Senat folgt der in der zitierten Entscheidung durch das Bayerische Oberste Landgericht vertretenen Auffassung, dass die dargestellte Einschränkung des Rechtsweges bei der erfolglosen Richterablehnung im Beschwerdeverfahren auch in das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu übernehmen ist, wobei allerdings über die Rechtsbeschwerde entgegen § 133 GVG nicht der BGH, sondern das Oberlandesgericht bzw. in Bayern das Bayerische Oberste Landesgericht zu entscheiden hat (so auch Bassenge, aaO., § 45 Rdnr. 6). Zusätzlich zu den in der Entscheidung angeführten Gründen dafür, dass eine Übernahme in das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ohne Systembruch möglich ist, kommt vorliegend noch hinzu, dass es sich hier um ein echtes Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt, für das schon generell die Vorschriften der ZPO ergänzend heranzuziehen sind (Bassenge, aaO., § 43 Rdnr. 5 und 14).

Demnach war das Rechtsmittel des Antragsgegners als unzulässig zu verwerfen.

Als sofortige Beschwerde ist es nicht statthaft, wie bereits ausgeführt. Als sofortige weitere Beschwerde nach § 45 Abs. 1 WEG wäre zwar von einer fristgemäßen (§ 22 Abs. 1 FGG) Einlegung auszugehen, da sich mangels Zustellungsurkunde der Zugang des Beschlusses vom 08.10.2003 an den Antragsgegner nicht nachweisen lässt, es fehlt aber an der formgerechten Einlegung (§§ 29 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4, 21 Abs. 2 FGG). Darüber hinaus ist § 45 Abs. 1 WEG nicht anwendbar auf Zwischenentscheidungen, für die wie hier die ZPO entsprechend gilt. Für die Rechtsbeschwerde in entsprechender Anwendung von § 574 ZPO fehlt es an der Zulassung durch das Landgericht, die nicht nachgeholt werden kann, zumal die in § 574 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO dafür vorgesehenen gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

Über die Zulassung hat allein das Landgericht zu befinden, an seine Entscheidung ist der Senat gebunden. Eine Nichtzulassungsbeschwerde sieht das Gesetz nicht vor.

Die Gerichtskosten seines erfolglosen Rechtsmittels hat der Antragsgegner gemäß §§ 47 Satz 1 WEG, 97 Abs. 1 ZPO (analog) zu tragen.

Die Anordnung der Erstattung der außergerichtlicher Kosten im vorliegenden Verfahren entsprach nicht der Billigkeit, da das Unterliegen des Antragsgegners dafür nicht ausreicht und mangels formeller Beteiligung der Beteiligten zu 1) nicht erkennbar außergerichtliche Kosten entstanden sind. Deren Anhörung war nicht erforderlich, weil ihr Vortrag nichts an der nur auf Rechtsfragen beruhenden Senatsentscheidung zu ändern vermocht hätte.

Die Wertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 WEG (1/3 der Hauptforderung).



Ende der Entscheidung

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