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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 05.01.2004
Aktenzeichen: 20 W 420/03
Rechtsgebiete: AuslG


Vorschriften:

AuslG § 55
AuslG § 56
AuslG § 57
AuslG § 92
Der Abschiebungshaftrichter muss - anders als der Strafrichter im Verfahren nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG - nicht prüfen, ob der betroffene Ausländer einen Anspruch auf Erteilung einer ausländerrechtlichen Duldung hat.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

20 W 420/03

Entscheidung vom 05.01.2004

In dem Freiheitsentziehungsverfahren

betreffend die Inhaftierung des ... zur Sicherung seiner Abschiebung,

an dem beteiligt sind:

...

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main - 28. Zivilkammer - vom 17. November 2003 am 5. Januar 2004 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen, der sich seit dem ... Oktober 2003 in Abschiebungshaft befindet, ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass die Voraussetzungen für die Anordnung von Sicherungshaft nach § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AuslG gegeben sind.

Die Vorinstanzen sind zu der Überzeugung gelangt, dass der begründete Verdacht besteht, der Betroffene wolle sich der Abschiebung entziehen. Da es hierbei um Fragen tatrichterlicher Würdigung geht, hat der Senat als Rechtsbeschwerdegericht nur darüber zu befinden, ob das Amtsgericht und das Landgericht bei ihrer Beurteilung wesentliche Tatumstände übersehen haben oder ihre Feststellungen in Widerspruch zu Denkgesetzen oder Erfahrungssätzen stehen. Das ist jedoch nicht der Fall. Die Feststellungen tragen die tatrichterliche Überzeugung. Danach hält sich der Betroffene seit 1998 illegal in der Bundesrepublik Deutschland auf und hat durch die Verwendung eines verfälschten ... Reisepasses versucht, seine wahre Identität zu verschleiern.

Soweit der Betroffene auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 6. März 2003 in der Sache 2 BvR 397/02 Bezug nimmt, kann er damit seinem Rechtsmittel nicht zum Erfolg verhelfen. Nach jener Entscheidung muss der Strafrichter im Rahmen des Verfahrens nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG prüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer ausländerrechtlichen Duldung im Tatzeitraum vorgelegen haben oder nicht. Im Gegensatz zum Verfahren nach § 92 Abs.1 Nr. 1 AuslG, geht es im Abschiebungshaftverfahren nicht um Bestrafung, sondern ausschließlich um die Frage, ob die Abschiebung durch Freiheitsentziehung gesichert werden muss, mag auch der betroffene Ausländer die Abschiebungshaft als Strafe empfinden.

Nach Auffassung des Senats lässt sich aus der neuen verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung nicht ableiten, dass auch der Abschiebungshaftrichter prüfen muss, ob der betroffene Ausländer einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung hat (vgl. bereits die Senatsentscheidungen 20 W 69/03 und 20 W 400/03). Der Senat geht auch nach nochmaliger Überprüfung davon aus, dass eine Duldung der Anordnung von Abschiebungshaft nicht schlechthin entgegensteht, weil sie weder die Verlassenspflicht des Ausländers noch die Befugnis der Ausländerbehörde zur Abschiebung berührt und weil sie widerruflich ist, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen (§ 56 Abs. 4 AuslG).

Nach Auffassung des Senats lässt das AuslG nicht die Annahme zu, dass die Anordnung von Abschiebungshaft bereits dann unzulässig ist, wenn der betroffene Ausländer einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung hat. In der den Regeln über die Duldung (§§ 55, 56 AuslG) nachfolgenden Vorschrift über die Anordnung von Abschiebungshaft (§ 57 AuslG) hat sich der Gesetzgeber darauf beschränkt, die Anordnung von Sicherungshaft für unzulässig zu erklären, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann (§ 57 Abs. 2 Satz 4 AuslG).

Der Senat ist mit dem Bayerischen Obersten Landesgericht (BayObLGZ 1991, 247) und dem Oberlandesgericht Zweibrücken (NVwZ-Beil. 2001, 46) der Auffassung, dass die Prüfung, ob und für welchen Zeitraum eine Duldung erteilt werden muss, im Rahmen der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen allein den Verwaltungsgerichten vorbehalten ist.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 10. September 2003 in der Sache 4Z BR 56/03 (dok. bei juris). In jener Entscheidung ging es allein um die Frage, ob sich ein Ausländer auf eine durch Täuschung über seine Identität erschlichene Duldung berufen kann.



Ende der Entscheidung

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