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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 07.03.2003
Aktenzeichen: 20 W 431/00
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 1
WEG § 16
Zur Auslegung des Begriffs "Wohnungseigentümer" in einer Regelung über die Kostenverteilung in einer Teilungserklärung
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

20 W 431/00

In der Wohnungseigentumssache

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 13. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 11.09.2000 am 07.03.2003 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde: 879,54 EUR.

Gründe:

Mit Antrag vom 14.07.1999 hat die Antragstellerin unter anderem die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 21.06.1999 bezüglich TOP 3 (Wohngeldabrechnung 1998 und Entlastung der Verwalterin) und TOP 4 (Wirtschaftsplan 1999) angefochten. Durch Beschluss vom 30.12.1999 hat das Amtsgericht diese Anträge zurückgewiesen und lediglich einen nicht mehr verfahrensgegenständlichen Beschluss für ungültig erklärt. Hiergegen hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt. Durch den angefochtenen Beschluss, auf den verwiesen wird, hat das Landgericht die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen hat die Antragstellerin sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Die Antragsgegner sind der sofortigen weiteren Beschwerde entgegen getreten.

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß § 45 Abs. 1 WEG statthaft und auch ansonsten zulässig, so insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie ist jedoch nicht begründet.

Der angefochtene Beschluss des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, §§ 43 Abs. 1 WEG, 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO.

Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanzen die angefochtenen Wohnungseigentümerbeschlüsse betreffend die Wohngeldabrechnung 1998 und die Entlastung der Verwalterin sowie den Wirtschaftsplan 1999 nicht für ungültig erklärt haben. Der Senat folgt der Rechtsauffassung der 13. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main im angefochtenen Beschluss, die mit derjenigen der 9. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main im Beschluss vom 16.03.1999 im Verfahren 2/9 T 1022/98 übereinstimmt. Entgegen der Rechtsauffassung der weiteren Beschwerde entspricht die beanstandete Jahresabrechnung den Regelungen der Teilungserklärung; mithin sind auch die Verwalterentlastung und der Wirtschaftsplan 1999 aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Dabei ist für die Feststellung des Inhalts der Teilungserklärung zunächst davon auszugehen, dass nach Eintragung der Teilungserklärung im Grundbuch die Vereinbarung zum Inhalt des Sondereigentums geworden ist und nunmehr den allgemeinen Grundsätzen für Eintragungsbewilligungen und Grundbucheintragungen unterliegt. Es ist nur auf den Wortlaut und Sinn des im Grundbuch Eingetragenen abzustellen, und zwar so, wie es sich für einen unbefangenen Beobachter als nächstliegende Bedeutung der Gemeinschaftsordnung ergibt. Damit kommt es für die Auslegung also nicht auf den Willen des Erklärenden an, sondern auf das, was jeder gegenwärtige und zukünftige Betrachter als objektiven Sinn der Erklärung ansehen muss. Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (vgl. Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl., § 10 Rz. 53; Staudinger/Kreuzer, BGB, Stand Juni 1997, § 10 WEG Rz. 72 f; Palandt/Bassenge, BGB, 62. Aufl., § 10 Rz. 8, 15; Weitnauer/Lüke, WEG, 8. Aufl., § 10 Rz. 44; Niedenführ/Schulze, WEG, 6. Aufl., § 10 Rz. 15 jeweils m. w. N.). Diese Auslegung hat das Rechtsbeschwerdegericht selbstständig - ohne Bindung an die Auffassung der Vorinstanzen - vorzunehmen (Bärmann/Pick/Merle, a.a.0., § 45 Rz. 87; Staudinger/Bub, a.a.0., § 45 WEG Rz. 40; Niedenführ/Schulze, a.a.0., § 45 Rz. 41, jeweils m. w. N.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist es zunächst zutreffend, dass in der Teilungserklärung in II nach Ziffer 21 keine Bestimmung dahingehend getroffen worden ist, wie sich das Verhältnis der Eigentümer von Tiefgaragenplätzen zur übrigen Gemeinschaft für die Tragung von Kosten und Lasten gestaltet. Insoweit kann auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen werden; diese rechtliche Würdigung wird von der weiteren Beschwerde auch nicht angegriffen.

Wie die Vorinstanzen zutreffend festgestellt haben, bestimmt sich gegenüber der sonstigen Gemeinschaft die Regelung der Kostenverteilung ausschließlich nach Absatz V Ziffer 7 der Teilungserklärung in Verbindung mit der gesetzlichen Bestimmung des § 16 Abs. 2 WEG. Der Senat folgt der von der 9. Zivilkammer und der 13. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main übereinstimmend als nächstliegende Bedeutung der Gemeinschaftsordnung angesehenen Auslegung, wonach alle übrigen Kosten für Instandhaltung und Instandsetzung sowie die Betriebskosten einschließlich der Versicherungsprämie - abgesehen von den geregelten Ausnahmen - die Wohnungseigentümer im Verhältnis der Miteigentumsanteile zu tragen haben, also auch die Eigentümer, die lediglich Teileigentum an einem Tiefgaragenplatz erhalten haben. Dies hat dann - wie der angefochtene Beschluss zutreffend festgehalten hat - zur Folge, dass auch die Teileigentümer hinsichtlich all dieser Kosten entsprechend ihren Miteigentumsanteilen zu belasten sind, woraus sich erhellt, dass die angefochtene Jahresabrechnung zutreffend aufgestellt worden ist. Auf die Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Beschluss sowie der 9. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main im Beschluss vom 16.03.1999 im Verfahren 2/9 T 1022/98, denen der Senat folgt, kann zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden. Entgegen der Rechtsauffassung der Antragstellerin vermag dem Umstand, dass in der Regelung der Teilungserklärung in V Ziffer 7 von"Wohnungseigentümern" die Rede ist, eine entscheidungserhebliche Bedeutung für die Auslegung nicht beigemessen werden. Soweit die Antragstellerin darauf abstellt, dass die Teilungserklärung durchgehend die Unterscheidung zwischen"Wohnungseigentum" und"Teileigentum" getroffen hat, so trifft dies im Hinblick auf den genauen Wortlaut - abgesehen davon, dass dieser nach den obigen Ausführungen nicht das allein entscheidende Auslegungskriterium wäre - nicht zu. In dem von der Antragstellerin zitierten Vorspann der Teilungserklärung ist gerade nicht von"Wohnungseigentum" die Rede, sondern von der Verbindung jedes Miteigentumsanteils mit"Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung resp. Teileigentum an einem bestimmten Garageneinstellplatz etc.". Insofern sind die Formulierungen durchaus - im Verhältnis zu V Ziffer 7 - unterschiedlich gewählt. Gleiches gilt für die Beschreibung der Aufteilung in II der Teilungserklärung. Für die Verwendung des Begriffes"Wohnungseigentümer" in V Ziffer 7 der Teilungserklärung gibt diese Beschreibung mithin nichts her. Gleiches gilt für die Regelungen in V Ziffern 1, 4 und 5, in der - insoweit abweichend zu V Ziffern 7 und 8 - von "Sonder- und Teileigentum" die Rede ist; in V Ziffer 6 ist wiederum lediglich von Sondereigentum die Rede.

Kann also die Bezeichnung"Wohnungseigentümer" in V Ziffer 7 der Teilungserklärung nicht zwingend mit den Inhabern von Miteigentumsanteilen verbunden mit Sondereigentum an den jeweiligen Wohnungen entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 1 Abs. 2 WEG gleichgesetzt werden, so kann entgegen der Rechtsauffassung der weiteren Beschwerde in diesem Zusammenhang auch der Rechtsgedanke des § 1 Abs. 6 WEG nicht unberücksichtigt bleiben. Wenn es auch zutreffend ist, dass diese Vorschrift für die Auslegung der Teilungserklärung nicht unmittelbare Wirkung entfalten kann, so ist es doch immerhin so, dass nach dem gesetzlichen Leitgedanken für das Teileigentum die Vorschriften über das Wohnungseigentum entsprechend gelten. Angesichts dieser gesetzlichen Gleichstellung von Teil- und Wohnungseigentum (vgl. Staudinger/Rapp, a.a.O., § 1 WEG Rz. 2) ergibt sich für den unbefangenen Beobachter aber durchaus als sehr naheliegende Bedeutung der Teilungserklärung, dass entsprechendes für die Verwendung des Begriffes"Wohnungseigentümer" in V Ziffer 7 der Teilungserklärung gelten soll, jedenfalls soweit sich aus der Teilungserklärung nichts anderweitiges ergibt. Dies ist jedoch nach den obigen Ausführungen vorliegend nicht der Fall. Vielmehr liegt nahe, dass die Bezeichnung"Wohnungseigentümer" in V Ziffer 7 der Teilungserklärung entsprechend der Verwendung des Begriffs in § 16 Abs. 2 WEG gewählt wurde, so dass sich nicht mit der hinreichenden Sicherheit feststellen lässt, dass damit auch im Verhältnis von Wohnungs- und Teileigentum eine von § 16 Abs. 2 WEG abweichende Regelung getroffen werden sollte.

Zutreffend hat das Landgericht auch darauf hingewiesen, dass die in der Teilungserklärung vorliegend enthaltene Kostenregelung nicht grob unbillig ist; auf die diesbezüglichen Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss, Seite 4, denen sich der Senat anschließt, kann verwiesen werden. Es mag sein, dass in der wohnungseigentumsrechtlichen Literatur bei Tiefgaragenplätzen, Doppelparkern oder ähnlichen Teileigentumseinheiten eine separate Kostenerfassungs- und Verteilungsregelung für sinnvoll gehalten wird und dem folgend in der Praxis häufig vorkommt. Dies spielt für die Frage der Auslegung einer entsprechenden Regelung in der Teilungserklärung jedoch keine entscheidungserhebliche Bedeutung. Daraus ergibt sich nämlich nicht zwingend, dass die hier verfahrensgegenständliche Regelung in der Teilungserklärung dementsprechend, also im Sinne einer differenzierteren Kostenverteilungsregelung auszulegen wäre, die die Antragstellerin für gerechter empfindet.

Es entsprach billigem Ermessen, dass die Antragstellerin die Gerichtskosten ihres ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen hat, § 47 Satz 1 WEG.

Für die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten, § 47 Satz 2 WEG, hat der Senat keinen Anlass gesehen.

Den Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat der Senat in Anwendung des § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG ausgehend von der unbeanstandet gebliebenen Wertfestsetzung durch das Landgericht in Ansatz gebracht.

Ende der Entscheidung

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