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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 30.11.2005
Aktenzeichen: 20 W 449/02
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 10
WEG § 15
WEG § 23
1. Vor der Vereinigung eines von den Mitgliedern einer Wohnungseigentümergemeinschaft erworbenen Grundstücks mit dem Grundbesitz, an dem Wohnungseigentümergemeinschaft besteht, und der entsprechenden Änderung der Teilungserklärung fehlt der Wohnungseigentümerversammlung die Regelungskompetenz für Gegenstände, die die Nutzung des Erwerbsgrundstücks betreffen.

2. Ein Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung, der vorher gefasst worden ist, kann keine verbindliche Gebrauchsregelung treffen. Darüber hinaus setzt die Begründung von Sondernutzungsrechten eine Vereinbarung (mit konkreter Bezeichnung des Berechtigten und des Inhalts seiner Berechtigung) voraus, ein Mehrheitsbeschluss reicht nicht aus.


Gründe:

Die Beteiligten zu 1) bis 7) sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft ... in O1. Im Jahr 1996 hatten die Wohnungseigentümer ein angrenzendes Grundstück zu einem Kaufpreis von 159.750,00 DM erworben, auf dem sich zwei Schuppen befinden. Im Vorfeld des Erwerbs war auf mehreren Eigentümerversammlungen die Nutzung einer Teilfläche zum Bau von Garagen diskutiert worden. In einer Anlage zu TOP 4 der Wohnungseigentümerversammlung vom 04.11.1993 (Bl. 119-121 d. A.) war u. a. vorgesehen, dass der Erwerb entsprechend den bestehenden Miteigentumsanteilen statt findet und mit dem bestehenden Eigentum zu diesen Anteilen vereinigt werden soll. Weiter heißt es, die Eigentümergemeinschaft sei bereit, einen Teil der Erwerbsfläche zur Bebauung mit Pkw-Garagen an einzelne Eigentümer zu verpachten. Hierzu werde nach Klärung der baurechtlichen Möglichkeiten gesondert beschlossen.

Zu TOP 3 der Eigentümerversammlung vom 23.03.1994 (Bl. 19, 20 d. A.) waren allstimmig der Erwerb beschlossen worden sowie mehrheitlich, eine Teilfläche "..." -soweit möglich- interessierten Miteigentümern zur Nutzung von noch zu errichtenden Pkw-Garagen nach einem noch zu beschließenden Nutzungs- und Kostenmodus zu überlassen. In der Eigentümerversammlung vom 07.12.1994 war der Beschluss zum Grundstückserwerb bestätigt worden (Bl. 308 d.A.).

In der Eigentümerversammlung vom 22.05.2000 beschlossen die Beteiligten zu 1) bis 7) mehrheitlich u. a. zu TOP 7 die Nutzung der beiden auf dem erworbenen Grundstück befindlichen Hütten bis zu einer anderen Verwendung als Wäschetrockenplatz (Bl. 96 d. A.). Die Anfechtung dieses Beschluss ist erfolglos geblieben. Die weitere Beschwerde des Antragstellers ist in dem Verfahren 20 W 146/2000 mit Beschluss vom 16.09.2002 zurückgewiesen worden. Eine Beschlussfassung über die Nutzung des Erwerbsgrundstücks zu der unter TOP 12 der Wohnungseigentümerversammlung vom 22.05.2000 drei Gestaltungsvarianten vorgeschlagen wurden, ist an der fehlenden Zustimmung des Antragstellers gescheitert (Bl. 97 d. A.).

Der Antragsteller hat erstinstanzlich neben einem Zahlungsantrag wegen von ihm vorgelegter Architektenhonorare und Gebühren bzw. Freistellung insoweit von der Eigentümergemeinschaft verlangt, ihm einen bestimmten Teil der Erwerbsfläche zur Verfügung zu stellen, um den darauf befindlichen Schuppen zu einer Garage auszubauen. Außerdem hat er die Einräumung eines Sondernutzungsrechts an dieser Grundstücksfläche begehrt, wegen der Antragstellung im einzelnen wird auf die Antragsschrift vom 09.03.2000 und den Schriftsatz vom 10.07.2000 (Bl. 2 und 116 d. A.) Bezug genommen. Zur Begründung hat der Antragsteller vorgetragen, er habe ein Recht auf Übernahme der Fläche, da er als einziger bereits vor dem Kauf ein Interesse daran bekundet habe. Er habe dem Erwerb des Grundstücks überhaupt nur unter der Voraussetzung der Zusage zur Nutzung eines Schuppens als Garage zugestimmt. Die Antragsgegner verweigerten aber die Umsetzung des Beschlusses vom 23.03.1994.

Die Antragsgegner sind dem Antrag entgegengetreten, u.a. mit dem Vorbringen, die Einräumung von Sondernutzungsrechten sei vor dem Zivilprozessgericht zu verfolgen. Eine gerichtliche Gebrauchsregelung setze eine ablehnende Mehrheitsentscheidung voraus. Es liege keine Beschlussfassung vor, die dem Antragsteller seiner Antragstellung entsprechende Rechte eingeräumt hätte.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 01.03.2001 (Bl. 191-199 d. A.) dem Zahlungsantrag teilweise stattgegeben und die Anträge im übrigen zurückgewiesen.

In der Entscheidung ist u. a. ausgeführt worden, für die beantragte Einräumung eines Sondernutzungsrechts könne sich der Antragsteller nicht auf den Beschluss vom 23.03.1994 zu TOP 3 berufen, da dieser Beschluss, wenn man ihn im Sinn der Antragstellung als auf die Einräumung eines Sondernutzungsrechts gerichtet auslege, nichtig sei. Nur im Weg der Vereinbarung und nicht durch einen Mehrheitsbeschluss könne nach der BGH-Entscheidung vom 20.09.2000 ein Sondernutzungsrecht begründet werden.

Darüber hinaus werde dem Antragsteller die begehrte Rechtsstellung auch nicht eingeräumt, da keine Einzelheiten geregelt seien. Ein Recht auf Einräumung eines Sondernutzungsrechts ergebe sich ebenso wenig aus dem Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung wie die hilfsweise beantragte Verpachtung. Diese könne auch nicht als gerichtliche Gebrauchsregelung angeordnet werden.

Mit der Beschwerde hat der Antragsteller beantragt,

festzustellen, dass der unter TOP 3 gefasste 1. Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 23.03.1994 unwirksam ist;

ferner festzustellen, dass die im anliegenden Lageplan mit "..." gekennzeichnete, derzeit mit einem Schuppen bebaute Teilfläche des Anwesens ..., O1, gemäß dem Beschluss der Wohnungseigentümer vom 23.03.1994 interessierten Miteigentümern zur Nutzung von noch zu errichtenden Pkw-Garagen nach einem noch zu beschließenden Nutzungs- und Kostenmodus zu überlassen ist und keiner anderen Nutzung zugeführt werden darf.

In seiner Beschwerdebegründung gesteht der Antragsteller zu, dass durch die Beschlussfassung von 23.03.1994 kein Sondernutzungsrecht des Antragstellers begründet wurde. Es sei aber eine in Beschlussform bekundete Absichtserklärung der Wohnungseigentümer erfolgt, (später) eine Vereinbarung über die Nutzung des Schuppens als Pkw-Garage zu schließen. Ein besonderes Interesse des Antragstellers an der Feststellung der verbindlichen Festlegung der zukünftigen Nutzung der streitgegenständlichen Teilfläche bzw. des darauf befindlichen Schuppens ergebe sich aus der Beschlussfassung zu TOP 7 der Wohnungseigentümerversammlung vom 22.05.2000 über die Nutzung des Schuppens als Wäschetrockenplatz.

Die Antragsgegner sind der Beschwerde entgegengetreten und haben den angefochtenen Beschluss verteidigt.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 16.10.2002 (Bl. 269-275 d. A.) die Erstbeschwerde zurückgewiesen, da der Antragsteller auch nach seinem weiteren Vorbringen keinen Anspruch auf die von ihm beanspruchte Teilfläche habe. Auch wenn durch die Beschlussfassung vom 23.03.2004 zu TOP 3 kein Sondernutzungsrecht zu Gunsten des Antragstellers habe begründet werden sollen, sondern nur eine Garagenbebauung als Inhalt eines Sondernutzungsrechts, habe dies allstimmig erfolgen müssen. Auch wenn nachträglich eine Bestätigung des Beschlusses in der Wohnungseigentümerversammlung vom 07.12.1994 bzw. einem Schreiben der Antragsgegnerin zu 6) zu sehen sei, fehle es weiter an einer Zuweisung von Sondernutzungsrechten durch konkrete Beschlussfassungen.

Gegen den ihnen am 04.11.2002 zugestellten Beschluss des Landgerichts haben die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers mit am 18.11.2002 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz sofortige weitere Beschwerde eingelegt, mit der die Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts begehrt wird und die Feststellungsanträge, wie sie im landgerichtlichen Verfahren gestellt worden sind, weiterverfolgt werden. Hilfsweise wird die Feststellung begehrt, dass der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 23.03.1994 wirksam ist, soweit die Wohnungseigentümer sich durch diesen Beschluss sich dazu verpflichtet haben, die beiden Schuppen zu Garagen umzugestalten.

Der Antragsteller trägt vor, der Beschluss vom 23.03.1994 enthalte die Verpflichtung der Wohnungseigentümer, die beiden Schuppen auf der erworbenen Teilfläche "..." zu Garagen umzugestalten. Dies habe mehrheitlich beschlossen werden können.

Es liege aber auch eine entsprechende Vereinbarung vor, da die Beteiligte zu 6) als Rechtsnachfolgerin des der Beschlussfassung vom 23.03.1994 über die Nutzung des zu erwerbenden Grundstücks nicht zustimmenden Wohnungseigentümers in der Wohnungseigentümerversammlung vom 07.12.1994 ihre Zustimmung erklärt habe.

Die sofortige weitere Beschwerde ist § 45 Abs. 1 WEG statthaft. Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden, bleibt aber ohne Erfolg, weil die angefochtene Entscheidung nicht an einem Rechtsfehler leidet, worauf sie im Rechtsbeschwerdeverfahren nur zu überprüfen war, §§ 43 Abs. 1 WEG, 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO.

Die weitere Beschwerde ist bereits deshalb unbegründet, weil es schon an der Zulässigkeit der Feststellungsanträge fehlt, die der Antragsteller in beiden Beschwerdeverfahren an Stelle des erstinstanzlichen Leistungsantrags gestellt hat. Da die Stellung eines auf Leistung gerichteten Antrags zulässig war, hat der Antragsteller kein Feststellungsinteresse und seine auf Feststellung des Anspruchsgrundes beschränkten Feststellungsanträge sind unzulässig (BGHZ 5, 314; NJW 93, 2993; Zöller-Greger: ZPO, 25. Aufl., § 256, Rdnr. 7a).

Ein Fall ausnahmsweise trotz möglichen Leistungsantrags zu bejahendem Feststellungsinteresse (vgl. Zöller, aaO., Rdnr. 8- 8 b) liegt nicht vor. Weder ist zu erwarten, dass die Entscheidung über die Feststellung zu einer endgültigen Streitbeilegung führen könnte, noch geht es um eine Verjährungshemmung oder die Auslegung eines streitigen Leistungstitels.

Die Feststellungsanträge sind aber auch unbegründet. Ohne Rechtsfehler sind die Vorinstanzen von der Nichtigkeit des unter dem ersten Abschnitt von TOP 3 der Wohnungseigentümerversammlung vom 23.03.1994 gefassten Beschlusses zur Nutzung der Erwerbsfläche ausgegangen.

Eine Vereinbarung von Sondernutzungsrechten ist auch unter Berücksichtigung des nachträglichen Verhaltens der Antragsgegnerin zu 6) nicht zu Stande gekommen. Wie sich schon aus dem Beschlusstext von TOP 4 der Versammlung vom 07.12.1994 ergibt, wurde nur der einstimmige Beschluss zum Grundstückserwerb nach Eintritt der Rechtsnachfolge der Beteiligten zu 6) bestätigt, aber nicht der Mehrheitsbeschluss zur künftigen Nutzung. In dem Versammlungsprotokoll vom 07.12.1994 heißt es direkt vor dem Beschlusstext zu TOP 4:

"Erst nach erfolgtem Grunderwerb und der Vereinigung beider Grundstücke wird über eine neue Teilungsgenehmigung (gemeint war wohl Teilungserklärung) und die künftige Nutzung des zu erwerbenden Grundstücksteils beschlossen. Vorschläge können natürlich schon vorher gemacht und diskutiert werden."

Auch in dem Schreiben der Antragsgegnerin zu 6) vom 05.09.1996, aus dem der Antragsteller die Beteiligung der Antragsgegnerin zu 6) an einer Vereinbarung über die künftige Nutzung herleiten will, ergibt sich nichts anderes. Denn auch darin heißt es:

" Unabhängig von der Äußerung meines Interesses plädiere ich dafür, durch Kauf das Gesamtgelände in Gemeinschaftseigentum zu übernehmen und anschließend eine einvernehmliche Lösung über Sondereigentum bzw. Sondernutzung zu erzielen."

Das spricht gegen den Willen der Gemeinschaft, eine verbindliche Festlegung der Nutzung der Erwerbsfläche schon vor dem Erwerb zu treffen und zwar auch nicht im Sinn einer Verpflichtung, die beiden Schuppen in Garagen umzugestalten, worauf der Hilfsantrag des Antragstellers abzielt. Abgesehen davon, dass neue Sachanträge im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht gestellt werden können, wäre auch dieser Antrag nicht begründet.

In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümerversammlung nur das Sondereigentum und das Gemeinschaftseigentum umfasst, das den hier Beteiligten zu 1) bis 7) als Wohnungseigentümern gemeinschaftlich gehört. Solange das erworbene Grundstück nicht mit dem ursprünglich von der Teilungserklärung betroffenen Grundbesitz vereinigt und die Teilungserklärung entsprechend geändert worden ist, gehört es aber einer anderen Bruchteils- oder Miteigentümergemeinschaft. Auch dann, wenn diese personenidentisch mit den hier Beteiligten sein sollte, können diese nicht als Wohnungseigentümer Beschlüsse nach § 23 WEG über Angelegenheiten der anderen Bruchteils- oder Miteigentümergemeinschaft fassen, weil sie damit ihre Regelungsbefugnis überschreiten (AG Frankfurt am Main Wohnungseigentum 2000, 103; Weitnauer: WEG, 9. Aufl., § 23, Rdnr. 25).

Dass die Vereinigung des Erwerbsgrundstücks mit dem von der Teilungserklärung aus 1978 betroffenen Grundbesitz und eine entsprechende Änderung der Teilungserklärung erfolgt wäre, haben die Vorinstanzen nicht festgestellt und die Beteiligten haben auch nichts dazu vorgetragen. Der Antragsteller hat jedenfalls mit der Begründung der weiteren Beschwerde noch die unveränderte Teilungserklärung aus 1978 vorgelegt. Erst recht fehlte der Wohnungseigentümerversammlung im März bzw. Dezember 1994, also noch vor dem Erwerb des Grundstücks in 1996, die Befugnis, die Nutzung dieses damals noch im Eigentum der Stadt O1 stehenden Grundstücks verbindlich zu regeln und zwar sowohl im Hinblick auf die Einräumung von Sondernutzungsrechten als auch von Gebrauchsregelungen. Aus dieser Beschlussfassung, die sowohl im Hinblick auf die Begründung von Sondernutzungsrechten mangels Beschlusskompetenz (vgl. BGH NJW 2000, 3500) als auch hinsichtlich sonstiger Gebrauchsregelungen mangels Regelungsbefugnis nichtig ist, kann der Antragsteller keine Verpflichtung der Antragsgegner herleiten, wie sie nach seinen Anträgen festgestellt werden soll.

Die Gerichtskosten seiner demnach erfolglosen weiteren Beschwerde hat der Antragsteller zu tragen, § 47 Satz 1 WEG, § 97 Abs. 1 ZPO (analog).

Der Senat hat keine Veranlassung gesehen, die Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen, § 47 Satz 2 WEG, da die Erfolglosigkeit des Rechtsmittels allein dies nicht rechtfertigt.

Die Festsetzung des Beschwerdewert des Verfahrens der weiteren Beschwerde erfolgte entsprechend der nicht beanstandeten Festsetzung der Vorinstanzen (§ 48 Abs. 3 WEG).

Ende der Entscheidung

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