Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 20.01.2005
Aktenzeichen: 20 W 455/02
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 44
KostO § 58
KostO § 156
1. Die weitere Beschwerde des Notars gegen eine Entscheidung des Landgerichts, die ihn zur Erhebung höherer Gebühren anweist, ist zulässig, weil nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 15.04.2002 - 1 BvR 358/02 -) der Notar in seiner Berufsausübungsfreiheit betroffen ist, soweit eine erstinstanzliche Entscheidung ihm auferlegt, entgegen seiner Rechtsauffassung höhere Gebühren zu verlangen.

2. Beim Zusammentreffen der Beurkundung eines Gesellschafterbeschlusses und einer Handelsregisteranmeldung in einer Urkunde ist die Zusatzgebühr des § 58 Abs. 1 KostO zweimal zu berechnen.


Gründe:

Der Kostengläubiger beurkundete am ... 2001 zu UR.-Nr. .../2001 in den Geschäftsräumen der Fa. A ... GmbH, wohin er sich laut Urkundsinhalt auf Ersuchen der Beteiligten begeben hatte, den Beschluss der Gesellschafterversammlung der B ... GmbH, ihren Sitz nach O 1 zu verlegen und den Gesellschaftsvertrag entsprechend zu ändern. Außerdem protokollierte der Kostengläubiger in derselben Urkunde die Anmeldung der Sitzverlegung und der Änderung des Gesellschaftsvertrags zum Handelsregister (Bl. 15, 16 d. A.).

In der zu dieser Protokollierung erstellten Kostenrechnung hat der Kostengläubiger neben den Gebühren nach §§ 47 und 38 KostO aus einem Geschäftswert von 50.000,00 DM eine Zusatzgebühr gemäß § 58 KostO in Höhe von 60,00 DM nebst 16 % Umsatzsteuer berechnet. Dies hat die Dienstaufsicht bei ihrer Kostenprüfung beanstandet und die Auffassung vertreten, es sei eine weitere Gebühr nach § 58 KostO zu erheben, da zwei Zusatzgebühren nach § 58 KostO entstünden, wenn rechtsgeschäftliche Erklärungen mit anderen Geschäften in einer Urkunde zusammen beurkundet werden. Nachdem der Kostengläubiger die Beanstandung nicht anerkannt hat, hat ihn die Dienstaufsicht am 14.11.2001 angewiesen, die Entscheidung des Landgerichts herbeizuführen. Nach Anhörung der Dienstaufsicht, die ihre Auffassung in der Stellungnahme vom 23.07.2002 (Bl. 50-52 d. A.) aufrechterhalten und auf die einhellige Literaturmeinung zu dieser Frage gerade bei dem Zusammentreffen von rechtsgeschäftlichen Erklärungen und Gesellschafterversammlungsbeschlüssen verwiesen hat, und nach Anhörung der Kostenschuldnerin hat das Landgericht den Kostengläubiger angewiesen, eine weitere Gebühr nach § 58 KostO aus einem Wert von 50.000,00 DM in Höhe von 60,00 DM (30,68 €) zu erheben.

Das Landgericht hat in seinem Beschluss vom 30.10.2002 (Bl. 64-67 d. A.) ausgeführt, nach der Gesetzessystematik käme § 58 Abs.1 Satz 2 KostO, wonach die Zusatzgebühr nur einmal erhoben wird, wenn mehrere Erklärungen in einer Urkunde verhandelt werden, hier nicht zum Tragen, weil unter Erklärungen im Sinn dieser Norm nicht Gesellschafterbeschlüsse zu verstehen seien. Der § 44 KostO sei nur anwendbar bei Zusammenbeurkundung von rechtsgeschäftlichen Erklärungen unter Lebenden. Beim Zusammentreffen von rechtsgeschäftlichen Erklärungen mit anderen Geschäften wie Gesellschafterbeschlüssen könne, wenn die Gegenstände verschieden sind, keine Zusammenrechnung der Werte entsprechend § 58 Abs. 1 Satz 2 KostO erfolgen.

Gegen diese Entscheidung hat der Kostengläubiger sowohl in eigenem Namen als auch auf Anweisung der Dienstaufsicht weitere Beschwerde eingelegt und die Auffassung vertreten, die Rechtslage habe sich gegenüber der zitierten Kommentarliteratur geändert. Es sei nicht zwingend, Erklärungen im Sinn des § 58 KostO so zu verstehen, dass auch dann mehrere Wegegebühren zu berechnen sind, wenn nur ein Weg für eine Urkunde angefallen ist. Die Kostenordnung zeichne sich weder durch eine überragende Systematik, noch durch stringente Begrifflichkeit aus. Da die Zusatzgebühr mit dem Gegenstand der Beurkundung kaum etwas zu tun habe, gehöre sie nicht in den Zusammenhang von § 44 KostO.

Die weitere Beschwerde des Kostengläubigers ist zulässig.

Die erforderliche Zulassung durch das Landgericht liegt vor. Allerdings könnte die Beschwer des Kostengläubigers fraglich sein, da er angewiesen worden ist, eine weitere Gebühr zu erheben, durch die angefochtene Entscheidung also nicht in seinen Gebühreninteressen beeinträchtigt ist. Grundsätzlich kann nach bisher ganz überwiegender Auffassung nur der Beteiligte des Verfahrens weitere Beschwerde einlegen, der durch die Entscheidung des Landgerichts beschwert ist, also nicht der Kostengläubiger von sich aus zugunsten des Kostenschuldners, auch auf Anweisung der Dienstaufsichtsbehörde nicht, wenn diese mit ihrer auf Erhöhung zielenden Anweisungsverfügung beim Landgericht -wie vorliegend -durchgedrungen ist (OLG Celle JurBüro 2005, 42, 43; Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann: KostO, 15. Aufl., § 156, Rdnr. 83 m.w.H.; Wedewer/Rohs: KostO, Stand April 2003, § 156, Rdnr. 56; a. A. BayObLG in st. Rspr., zuletzt MittBayNot 1994, 169 und Hartmann: KostG, 34. Aufl., § 156, Rdnr. 70).

Auf die Gebühreninteressen ist jedoch nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12.04.2002 (1 BvR 358/02) für die Beschwer nicht allein abzustellen, da der Notar in seiner Berufsausübungsfreiheit betroffen ist, soweit eine erstinstanzliche Entscheidung ihm auferlegt, entgegen seiner Rechtsauffassung höhere Gebühren zu verlangen. Aufgrund dieser Entscheidung hält der Senat seine bisherige Auffassung, im Fall der Anweisung des Kostengläubigers zur Erhebung höherer Gebühren sei eine dagegen gerichtete weitere Beschwerde des Kostengläubigers mangels Beschwer unzulässig, nicht mehr aufrecht.

Die weitere Beschwerde des Kostengläubigers ist demnach jedenfalls zulässig, soweit er sie in eigenem Namen eingelegt hat. Ob sie auch als Anweisungsbeschwerde zulässig wäre, obwohl die Kammer in vollem Umfang der Auffassung der Dienstaufsichtsbehörde gefolgt ist und deshalb kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Anweisungsbeschwerde ersichtlich ist (OLG Celle, aaO.; OLG Zweibrücken Büro 1988, 1054; Rohs/Wedewer, aaO.), kann dahingestellt bleiben.

In der Sache hat die weitere Beschwerde aber keinen Erfolg.

Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Landgericht den Kostengläubiger zur Berechnung einer weiteren Auswärtsgebühr gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 KostO angewiesen hat.

Zwar wurden der Beschluss der Gesellschafterversammlung über die Sitzverlegung und die Anmeldung zur Eintragung der Sitzverlegung und der entsprechenden Änderung des Gesellschaftsvertrages im Handelsregister in einer Verhandlung, d. h. in einer Urkunde beurkundet. Trotzdem greift § 58 Abs. 1 Satz 2 KostO, der vorsieht, dass dann die sog. Auswärtsgebühr nur einmal erhoben wird, nicht ein. Es entspricht der einhelligen Auffassung (KG DNotZ 1944, 6, 133; Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, aaO., § 44 Rdnr. 6, § 58 Rdnr. 20; Rohs/Wedewer, aaO., § 58, Rdnr. 12), dass trotz Beurkundung in einer Verhandlung mehrere Zusatzgebühren zu erheben sind, wenn rechtsgeschäftliche Erklärungen mit anderen -nicht rechtsgeschäftlichen- Vorgängen zusammentreffen, wobei gerade der hier vorliegende Fall der Gesellschafterversammlung und Registeranmeldung als Beispiel aufgeführt wird.

Zu einer Abweichung von dieser Auffassung hat der Senat auch auf Grund der weiteren Beschwerde keine Veranlassung gesehen.

Darauf, welche Wege für die Protokollierung tatsächlich angefallen sind, kommt es nicht an. Dies folgt schon daraus, dass auch dann, wenn das gebührenpflichtige Geschäft mehrere Wege erfordert, z. B. bei Abwesenheit des aufzusuchenden Beteiligten, die Gebühr grundsätzlich nur einmal angesetzt werden kann (Rohs/Wedewer, aaO., § 58, Rdnr. 10). Wenn mehrere Erklärungen nicht in einer Verhandlung beurkundet werden, sondern mehrere Urkunden errichtet werden, ist dagegen die Zusatzgebühr für jede Urkunde besonders zu berechnen, wie sich aus dem Umkehrschluss aus § 58 Abs. 1 Satz 2 KostO ergibt (KG DNotZ 1944, 133; Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann: KostO, aaO., § 58, Rdnr. 18; Rohs/Wedewer, aaO., § 58, Rdnr. 12), auch wenn sich der Notar nur einmal außerhalb seiner Notarstelle begeben musste.

Zu Recht hat die Kammer auch auf § 44 KostO als Argumentationshilfe zurückgegriffen, da es sich dabei um die grundlegende Regelung für die Zusammenbeurkundung mehrerer Erklärungen in einer Urkunde handelt und § 58 Abs. 1 Satz 2 KostO dem § 44 Abs. 2 a) KostO entspricht. Der § 44 KostO betrifft nur die Zusammenbeurkundung von rechtsgeschäftlichen Erklärungen unter Lebenden, Anmeldungen zu den Registern und entsprechende notarielle Entwürfe. Für Beschlüsse ist er dagegen nicht direkt anwendbar, weil es sich dabei nicht um rechtsgeschäftliche Erklärungen handelt, sondern nur kraft Verweisung des § 27 Abs. 3 KostO. Diese Verweisung hat aber nur die Bedeutung, dass mehrere in einer Verhandlung beurkundete Beschlüsse nach § 44 KostO bewertet werden. Treffen sie aber mit rechtsgeschäftlichen Erklärungen zusammen, ist eine getrennte Bewertung für Beschlüsse und rechtsgeschäftliche Erklärungen vorzunehmen (Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann: KostO, aaO., § 44, Rdnr. 6).

Demnach ist auch eine Zusammenrechnung der Werte, wie sie in § 58 Abs. 1 Satz 2 KostO für den Fall vorgesehen ist, dass die in einer Verhandlung beurkundeten Erklärungen verschiedene Gegenstände betreffen, nur möglich, wenn es sich ausschließlich um rechtsgeschäftliche Erklärungen handelt, denn nur insoweit kommt auch eine Zusammenrechnung nach § 44 KostO in Betracht. Wenn dagegen rechtsgeschäftliche Erklärungen wie vorliegend mit Beschlüssen zusammentreffen, so ist dies für die Zusatzgebühr des § 58 KostO so zu behandeln, als wären mehrere Urkunden errichtet worden, die Zusatzgebühr also mehrfach anzusetzen.

Für die hier zur Entscheidung stehende Frage der einfachen oder mehrfachen Entstehung der Zusatzgebühr nach § 58 KostO ist die Entscheidung des OLG Hamm vom 27.05.2004 (JurBüro 2004, 551) nicht einschlägig, da der Kostengläubiger seine Urkunde vom 02.04.2001 in den auswärtigen Geschäftsräumen der A ... GmbH beurkundet und nicht lediglich einen in seinen Amtsräumen gefertigten Entwurf auswärts beglaubigt hat.

Die Entscheidung über die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde beruht auf §§ 156 Abs. 5 Satz 2, 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KostO.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten war nicht anzuordnen, solche auf Seiten der Kostenschuldnerin nicht entstanden sind. Von der Anhörung der Kostenschuldnerin zu der weiteren Beschwerde konnte abgesehen werden, da diese mit dem Ziel einer Ermäßigung der Kosten zu ihren Gunsten eingelegt worden ist und eine reine Rechtsfrage zu entscheiden war.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes des Verfahrens der weiteren Beschwerde beruht auf § 30 Abs. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

Zurück