Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 07.01.2002
Aktenzeichen: 20 W 477/2001
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, KostO


Vorschriften:

ZPO § 550
BGB § 313
BGB § 925 Abs. 2
KostO § 146
KostO § 36 Abs. 2
KostO § 44 Abs. 1
KostO § 44 Abs. 1 Satz 1
KostO § 38 Abs. 2 Nr. 5 a
KostO § 38 Abs. 2 Nr. 6 a
KostO § 20 Abs. 1 Satz 1
KostO § 156 Abs. 2 Satz 2
KostO § 156 Abs. 2 Satz 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN Beschluss

20 W 477/2001

Verkündet am 07.01.2002

In der Notarkostensache

betreffend die Kostenrechnung des Notars G. S. vom 09.08.2000 in der Form der Kostenrechnung gemäß Schriftsatz vom 30.04.2001 zu UR-Nr. .../2000 (Geschäftszeichen: n/99/0274-02-Se/Rü)

an der beteiligt sind: ...

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die weitere Beschwerde des Kostengläubigers gegen den Beschluss der 07. Zivilkammer des Landgerichts Gießen vom 08.10.2001 am 07.01.2002 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen. Die Gerichtskosten des weiteren Beschwerdeverfahrens trägt der Kostengläubiger.

Beschwerdewert: 3.180,84 DM/ 1.626,34 EUR

Gründe:

Die Kostenschuldner waren hälftige Eigentümer eines beim AG Wetzlar im Grundbuch von Bs. Band 138, Blatt 2... eingetragenen Grundstücks Flur 4, Flurstück .../1 Gebäude-und Freifläche H.-str. ... mit 1... qm. Von diesem Grundstück verkauften sie am 29.09.1999 zu UR.-Nr. .../1999 (Bl. 24-43 d.A.) des Kostengläubigers eine noch zu vermessende Teilfläche von ca. 770 qm entsprechend der Einzeichnung in dem der Urkunde als Anlage I beigefügten Lageplan zu einem Kaufpreis von 335.000,00 DM an Herrn J.-P. F. und Frau S. Si.. In der Urkunde bevollmächtigten die Vertragsparteien Notariatsangestellte, die Vollständigkeit und Richtigkeit des zu erstellenden Veränderungsnachweises anzuerkennen sowie die Wahrung im Grundbuch bzw. die endgültige Teilung des Grundbesitzes im Grundbuch zu bewilligen und zu beantragen und auch die Auflassung zu erklären und entgegenzunehmen. Unter VII des Vertrages vereinbarten die Vertragsbeteiligen die Aufhebung des protokollierten Kaufvertrags für den Fall, dass eine bezüglich des Flurstücks .../1 und des nördlich daran angrenzenden Flurstücks 95 eingereichte Bauvoranfrage negativ beschieden werden sollte. In diesem Fall wurde vereinbart, einen Kaufvertrag über eine noch zu vermessende Teilfläche des Flurstücks .../1 entsprechend der Anlage II zu denselben Vertragsbedingungen abzuschließen. Nachdem die Teilungsgenehmigung entsprechend der Anlage II zu dem Kaufvertrag vom 29.09.1999 erteilt worden war und die Teilfläche die Flurstücksnummer 94/3 erhalten hatte, beurkundete der Kostengläubiger am 08.08.2000 zu seiner UR-Nr. .../2000 die Aufhebung des Vertrags vom 29.09.1999 sowie einen neuen Kaufvertrag samt Auflassung hinsichtlich des Flurstücks 94/3 zu den Bedingungen des Vertrags vom 29.09.1999 (Bl. 11-23). Der Kostengläubiger hat in seiner Kostenberechung vom 09.08.2000 mit Ergänzung laut Schriftsatz vom 30.04.2001 (Bl. 59,60) u.a. neben der Gebühr nach § 38 Abs. 2 Nr. 5 a KostO für die Anforderung der Pfandfreigabeerklärungen und einer Vollzugsgebühr nach § 146 KostO für die Einholung der Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz eine doppelte Gebühr gemäß § 36 Abs.2 KostO aus einem Geschäftswert von 670.000,00 DM angesetzt. Dagegen haben die Kostenschuldner Beschwerde eingelegt mit der Begründung, die Erreichung ihres dem Kostengläubiger erklärten wirtschaftlichen Ziels, nämlich Teilflächen der Liegenschaft H.-straße entweder entsprechend dem Lageplan I oder dem Lageplan II zu veräußern und schon vor vollzogener Teilung Kaufinteressenten durch Beurkundung an das Objekt zu binden, sei auch mit einer einzigen Beurkundung zu erreichen gewesen. Dem ist der Kostengläubiger entgegengetreten und hat gemeint, die ihm gegenüber durch die Notarkammer mit Schreiben vom 15.11.2000 (Bl. 51) vertretene Auffassung, ein hinsichtlich des Vertragsgegenstands alternativ formulierter Kaufvertrag mit nachfolgender Identitätserklärung und Auflassung sei zielführend und kostengünstiger gewesen, sei unzutreffend. Da die noch zu vermessenden Teilflächen gemäß den Anlagen I und II des Vertrages vom 29.09.1999 verschieden gewesen seien, habe keine nachträgliche Identitätserklärung erfolgen können. Kaufverträge über alternativ aufgelistete Grundstücke seien ihm nicht bekannt. Außerdem hat der Kostengläubiger auf die Entscheidung BGHZ 74, 116 (121) hingewiesen sowie auf die Kommentierung von Haegele im Handbuch der Rechtspraxis.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 08.10.2001, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, die angefochtene Kostenberechnung vom 09.08.2000/30.04.2001 auf insgesamt 429,20 DM ermäßigt. Dabei hat die Kammer unter Zugrundelegung eines Geschäftswertes von 335.000,00 DM lediglich eine Gebühr nach § 38 Abs.2 Nr. 6 a KostO für die gesonderte Beurkundung der Auflassung für gerechtfertigt erachtet. Als kostengünstigster Weg zur Erreichung des von den Beteiligen zu 2) verfolgten Ziels hätte der Notar zunächst ein alternatives Verpflichtungsgeschäft bezüglich der einen oder der anderen Teilfläche beurkunden können, für das entsprechend der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts in BayObLGZ 1986, 236 nach § 44 Abs.1 KostO ein einheitliches Rechtverhältnis anzunehmen sei, mit der Folge, dass für die Beurkundung eines derartigen Verpflichtungsgeschäfts lediglich eine 20/10 Gebühr aus einem Geschäftswert von 335.000,00 DM angefallen wäre sowie die 5/10 Gebühr gemäß § 38 Abs.2 Nr. 6a KostO für eine gesonderte Beurkundung der Auflassung hinsichtlich des Teilstücks, bezüglich dessen die erforderlichen Genehmigungen erteilt wurden.

Mit seiner weiteren Beschwerde verfolgt der Notar die von ihm vertretene Auffassung weiter, dass § 44 Abs.1 Satz 1 KostO insbesondere für den hier gegebenen Fall zweier Verpflichtungsgeschäfte nicht anwendbar sei, wie schon die in der Norm angegebenen Beispiele von schuldrechtlichem und dinglichem Geschäft als Erklärungen mit demselben Gegenstand belegten. Die Anwendung der Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts führe zu unhaltbaren Ergebnissen.

Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist kraft Zulassung gemäß § 156 Abs. 2 Satz 2 KostO statthaft und auch form- und fristgemäß eingelegt. Sie ist jedoch unbegründet, weil die landgerichtliche Entscheidung nicht auf einer Gesetzesverletzung beruht (§ 156 Abs. 2 Satz 4 KostO, § 550 ZPO).

Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die von dem Beteiligten zu 1) gewählte Vertragsgestaltung mit der Beurkundung eines Kaufvertrages über eine noch zu vermessende Teilfläche sowie einer Neubeurkundung samt Auflassung nach Durchführung der Teilung unter Aufhebung des ersten Kaufvertrags nicht der kostengünstigste Weg war, die von den Vertragsbeteiligten gewünschte wirtschaftliche Zielsetzung zu erreichen. Diese bestand nach dem vom Landgericht für den Senat bindend festgestellten und vom Kostengläubiger auch nicht in Zweifel gezogenen Sachverhalt darin, dass sich die Vertragsbeteiligten darin einig waren, dasjenige Teilstück zu übertragen, für das die Teilung genehmigt werden würde, wobei eine vertragliche Bindung durch notariellen Kaufvertrag bereits vor dieser Genehmigung erreicht werden sollte. Obwohl der Notar grundsätzlich über seine Kosten nicht belehren muss, so hat er doch dann, wenn mehrere verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten zur Wahl stehen, auf den billigsten Weg hinzuweisen, wenn dieser eine für die Erreichung des gewollten Erfolgs angemessene und zumindest in gleicher Weise sichere und zweckmäßige rechtliche Form darstellt, anderenfalls gemäß §§ 16 Abs.1 Satz 1, 141 KostO die Mehrkosten wegen unrichtiger Sachbehandlung nicht erhoben werden können (Korintenberg//Lappe/Bengel/Reimann: KostO, 14. Aufl., § 16 Rdnr. 51; OLG Köln JurBüro 1990, 75, 78;). Dafür dass diese Belehrungspflicht ausnahmsweise deshalb entfallen wäre, weil die Beteiligten aufgrund eigener Sachkunde dem Notar die Vertragsgestaltung nicht überlassen, sondern die Beurkundung nach einem von ihnen gefertigten Entwurf gewünscht hätten, gibt es keinen Anhaltspunkt. Allein die Kenntnis des Entwurfs vor der Beurkundung enthebt den Notar jedenfalls nicht seiner Belehrungspflicht. Eine andere, kostengünstigere Vertragsgestaltung als die von ihm gewählte hat der Notar jedoch nach seinem Beschwerdevorbringen überhaupt nicht in Erwägung gezogen, wie er sie unzutreffenderweise nicht für zulässig erachtet hat. Aus welchen Gründen die erforderliche Aufklärung der Vertragsbeteiligten unterblieben ist, ist aber unerheblich. Wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, hätte der Notar das Verpflichtungsgeschäft so gestalten können, dass alternativ die noch zu vermessende Teilfläche laut Anlage I des Vertrags vom 29.09.1999 und für den Fall der Nichtgenehmigung dieser Teilung die noch zu vermessende Teilfläche laut Anlage II verkauft wird. Dem Erfordernis der sachenrechtlichen Bestimmtheit des Vertragsgegenstandes bei der Beurkundung nach § 313 BGB wäre in gleicher Weise wie bei dem tatsächlich beurkundeten Kaufvertrag durch die Flächenfestlegung in den Anlagen und die Bezugnahme auf diese im Vertragstext Genüge getan. Deshalb handelt es sich auch um eine andere Fallgestaltung als in BGHZ 74, 116, auf die sich der Beteiligte zu 1) berufen hat, denn dort hatten die Parteien eines Grundstückskaufvertrags ein nach der Eintragung im Grundbuch bezeichnetes Grundstück im Text des notariellen Vertrags als verkauft bezeichnet, während sie in Wirklichkeit nur ein noch zu vermessendes Teilstück zum Gegenstand des Kaufvertrags machen wollten, das im Vertragstext nicht umschrieben war. Es bestehen auch keine Bedenken gegen die rechtliche Wirksamkeit der Beurkundung wegen des alternativen Leistungsgegenstands entsprechend dem Eintritt oder Ausfall der zur Bedingung gemachten Teilungsgenehmigung. Formwirksam nach § 313 BGB protokolliert werden können auch bedingte Verpflichtungsgeschäfte über Grundstücke bzw. Grundstücksteile. Nicht die schuldrechtliche Verpflichtung zum Erwerb oder zur Veräußerung eines Grundstücks, sondern lediglich die Auflassung ist bedingungsfeindlich (§ 925 Abs.2 BGB). Deshalb hätte auch bei der Gestaltung des Kaufvertrages mit alternativem Leistungsgegenstand bzw. bedingter Verpflichtung die Auflassung nicht in derselben Urkunde mitbeurkundet werden können, da die dingliche Einigung nicht unter der Bedingung der Teilungsgenehmigung hätte erfolgen dürfen, sondern erst als der Leistungsgegenstand feststand, nachdem zu einer der alternativen Grundstücksteilungen die Genehmigung erteilt worden war. Ausnahmsweise hätte wegen der Bedingungsfeindlichkeit der Auflassung hier ein Grund vorgelegen, trotz der grundsätzlichen Zusammengehörigkeit von Kauf und Auflassung beides getrennt zu protokollieren, mit der Folge dass für die getrennte Beurkundung der Auflassung eine 5/10 Gebühr in Höhe von 310,00 DM nach § 38 Abs.2 Nr. 6 a KostO aus dem Kaufpreis von 335.000,00 DM gemäß § 20 Abs.1 Satz 1 KostO entstanden wäre, wie das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt hat. Abgesehen von dieser Reduzierung der Beurkundungsgebühren waren auch die in der Kostenberechnung zu UR-Nr. .../2000 enthaltene Vollzugsgebühr nach § 146 und die Gebühr nach § 38 Abs.2 Nr. 5 a KostO zu streichen, weil sie bereits in der Kostenberechnung zu UR-Nr. .../99 aufgeführt sind und bei richtiger Sachbehandlung nicht doppelt entstanden wären. Die Schätzung der Gebühren nach § 152 Abs.1 und 2 KostO durch die Kammer hat der Beteiligte zu 1) nicht konkret beanstandet. Soweit der Beteiligte zu 1) die von ihm gewählte Vertragsgestaltung damit verteidigt, dass bei einem alternativen Verpflichtungsgeschäft entgegen der vom Landgericht unter Berufung auf die Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 26.06.1986 (DNotZ 1987, 170= BayObLGZ 1986, 236) vertretenen Meinung nicht denselben Gegenstand im Sinn von § 44 Abs.1 Satz 1 KostO hätten, kann ihm nicht gefolgt werden. Er verkennt, dass "derselbe Gegenstand" mehrerer in einer Verhandlung beurkundeter Erklärungen im Sinn dieser Norm - mit der Folge, dass die Gebühr nur einmal von dem Wert dieses Gegenstandes berechnet wird- nicht "Sache" oder "Leistungsgegenstand", sondern "Rechtsverhältnis" bedeutet. Entscheidend dafür, ob mehrere in einer Urkunde niedergelegten Erklärungen denselben Gegenstand haben, ist nicht ihre Rechtsnatur als schuldrechtliches oder dingliches Geschäft, maßgeblich ist vielmehr der innere Zusammenhang. Je mehr die beurkundete weitere Erklärung vom Hauptgeschäft abhängt, umso eher wird man Gegenstandsgleichheit annehmen dürfen (Reimann, aaO., § 44 Rdnr.15, 19, 93, 210; BayObLG aaO., 172). Bei alternativen Verpflichtungsgeschäften, die durch eine Bedingung verknüpft sind und demselben wirtschaftlichen Ziel dienen, ist dieser innere Zusammenhang zweifellos vorhanden. Das von dem Beteiligten zu 1) in der Begründung der weiteren Beschwerde zum Beleg für die Unhaltbarkeit der Auffassung des Bayerischen Obersten Landesgerichts gebildete Beispiel überzeugt schon deshalb nicht, weil es von einem kumulativen und keinem alternativen dinglichen Geschäft ausgeht.

Nur zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass für das vorliegende Verfahren die in der Kostenberechnung zu UR-Nr. .../99 gegenüber der kostengünstigsten Vertragsgestaltung enthaltenen Mehrkosten nicht Verfahrensgegenstand geworden sind, da die Beschwerde der Beteiligten zu 2) sich nur gegen die Kosten der zweiten Protokollierung und damit nur gegen die Kostenrechnung vom 09.08.2000/30.04.2001 richtete.

Die Entscheidung über die Gerichtskosten folgt aus §§ 156 Abs. 4 Satz 3, 131 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 KostO; von einer Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten gemäß § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG wurde abgesehen mangels anwaltlicher Vertretung der Beteiligten zu 2) im Beschwerdeverfahren.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 30 Abs.2 KostO.



Ende der Entscheidung

Zurück