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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 01.11.2004
Aktenzeichen: 20 W 6/04
Rechtsgebiete: GBO


Vorschriften:

GBO § 15
GBO § 55 I
GBO § 78
1. Im Grundbuchverfahren ist der Notar grundsätzlich nicht in eigenem Namen beschwerdebefugt.

2. Dem Beteiligten, der von seinem Recht auf Einlegung der Erstbeschwerde keinen Gebrauch gemacht hat, kann trotzdem weitere Beschwerde einlegen. Dies gilt nicht, wenn die weitere Beschwerde als unzulässig verworfen worden ist, dann steht nur dem Erstbeschwerdeführer die weitere Beschwerde zu, gleichgültig aus welchem Grund seine Erstbeschwerde erfolglos geblieben ist.

3. Der Notar, der Eintragungsanträge nur "zur Wahrung" ohne Berufung auf § 15 GBO beim Grundbuchamt einreicht, handelt lediglich als Bote der Antragsberechtigten. Diesen sind deshalb nach § 55 Abs. 1 GBO Eintragungsnachrichten zusätzlich zu denjenigen des Notars zuzuleiten.


OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN Beschluss

20 W 6/04

In der Grundbuchsache

...

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 27.11.2003

am 01.11.2004 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird verworfen. Die Antragsteller tragen die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert für das Verfahren der weiteren Beschwerde und das Erstbeschwerdeverfahren wird auf 100,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Am 14.11.2002 beurkundete der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller einen Grundstückskaufvertrag über das betroffene Erbbaurecht samt Auflassung, an dem die Antragsteller als Verkäuferin und Käuferin beteiligt waren, sowie eine Grundschuldbestellung zur Finanzierung dieses Kaufes. Unter dem 20.11.2002 reichte der Notar die Urkunden beim Grundbuchamt ein und beantragte die Wahrung der Auflassungsvormerkung und die Wahrung der Grundschuld im Grundbuch. Die Anträge wurden im Dezember 2002 im Grundbuch vollzogen. Unter dem 10.03.2003 beantragte der Notar die Löschung der Auflassungsvormerkung und die Eigentumsumschreibung im Grundbuch. Von der Eintragung der neuen Erbbauberechtigten und der Löschung der Vormerkung erhielten das Katasteramt, die Eigentümerin des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks, die Gläubigerin und das Stadtvermessungsamt Nachricht. Der Notar erhielt ein Exemplar der Eintragungsnachricht mit dem Hinweis, die Eintragungsbenachrichtigung erfolge ausschließlich an ihn. Der Notar bat um Übersendung von weiteren Exemplaren der Eintragungsnachricht für die Beteiligten. Daraufhin verwies ihn die Grundbuchrechtspflegerin mit Schreiben vom 21.03.2003 auf die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur, wonach ausschließlich der Notar die Eintragungsnachricht nach § 55 GBO erhalte, wenn die Eintragung auf Grund eines Antrages des beurkundenden Notars erfolgte. Es obliege dem Notar, die Beteiligten von der erfolgten Eintragung zu benachrichtigen. Daraus folge jedoch keine Verpflichtung zur Beifügung einer entsprechenden Anzahl von Überstücken. Die Bitte des Notars um eine rechtsmittelfähige Entscheidung hat die Rechtspflegerin als Beschwerde angesehen und dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt. Dieses hat die Akten mangels einer rechtsmittelfähigen Entscheidung zurückgegeben. Mit Beschluss vom 07.05.2003 (Bl. 70 d. A.) hat die Grundbuchrechtspflegerin die Beschwerde des Notars gegen die Versagung der Beifügung von Überstücken bei der Übersendung der Eintragungsnachricht an den Notar gemäß §§ 55, 15 GBO zurückgewiesen und sich auf die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur wie schon in ihrem Schreiben vom 21.03.2003 berufen. Dagegen hat der Notar Beschwerde eingelegt und ausgeführt, Grundlage des Entstehens der "herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur" seien Verwaltungsanordnungen der Justizministerien in den jeweiligen Bundesländern gewesen. Da es eine derartige Anordnung für Hessen nicht gebe, seien gemäß § 55 GBO auch die Antragsteller zu benachrichtigen bzw. dem Notar zusätzlich zu seinem Exemplar der Eintragungsnachricht Überstücke zur Weiterleitung an die Antragsteller zur Verfügung zu stellen. In einer ergänzenden Begründung gegenüber dem Landgericht hat sich der Notar auch dagegen gewandt, dass das Grundbuchamt keine Direktbenachrichtigung der Beteiligten für erforderlich halte. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 27.11.2003 (Bl. 110- 112 d. A.) die Beschwerde verworfen mangels Beschwerdeberechtigung des Notars. Dieser sei durch die Übersendung von nur einer Benachrichtigung nicht in seinen Rechten beschwert. Bei der Versagung der Übersendung weiterer Überstücke der Eintragungsbenachrichtigung handele es sich um Verwaltungsuntätigkeit, über die nicht die Kammer zu entscheiden habe. Die Frage der Direktbenachrichtigung sei nicht Gegenstand des amtsgerichtlichen Beschlusses. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde, die der Notar namens und in Vollmacht der Beteiligten eingelegt hat und mit der beantragt wird, dem Grundbuchamt aufzugeben, dem Notar von der Eintragungsbenachrichtigung vom 13.03.2003 zwei weitere Abschriften, bestimmt für die Urkundsbeteiligten, zu übersenden. Zur Begründung wird ausgeführt, der Notar sei gemäß § 15 GBO und nicht in eigenem Interesse tätig geworden. Auch gehe es nicht um Verwaltungsuntätigkeit, sondern die Einhaltung von § 55 GBO, der die Bekanntmachungsempfänger kumulativ aufzähle. Dem werde auch in den Kostenvorschriften Rechnung getragen, wonach eine weitere Ausfertigung bzw. Abschrift nach §§ 35, 136 Abs. 4 KostO zur Verfügung zu stellen sei, wenn ein Bevollmächtigter auftritt. Die Informationspflicht über die Eintragung sei primär beim Grundbuchamt, nicht bei dem beurkundenden Notar angesiedelt.

Die weitere Beschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdeberechtigung der Antragsteller scheitert bereits daran, dass sie keine Erstbeschwerde eingelegt haben. Die weitere Beschwerde gegen die auf Beschwerde eines anderen Beteiligten ergangene Entscheidung steht zwar grundsätzlich auch demjenigen hierdurch in seiner Rechtsstellung beeinträchtigten Beteiligten zu, der von seinem eigenen Recht zur einfachen, d. h. unbefristeten Beschwerde gegen die erstinstanzliche Verfügung keinen Gebrauch gemacht hat. Dies gilt allerdings nicht, wenn die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen worden ist. Dann steht nur dem Erstbeschwerdeführer stets die Beschwerdebefugnis für die weitere Beschwerde zu, gleichgültig aus welchem Grund die Erstbeschwerde erfolglos geblieben ist (Keidel/Kuntze/Winkler: FGG, 15. Aufl., § 27, Rdnr. 11; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann: Grundbuchrecht, 5. Aufl., § 78, Rdnr. 27; Jansen: FGG, § 27, Rdnr. 8 ). Ohne Rechtsfehler und von der weiteren Beschwerde insoweit unbeanstandet hat die Kammer die Erstbeschwerde des Notars verworfen, weil der Notar im Grundbuchverfahren nicht in eigenem Namen beschwerdebefugt ist (OLG Naumburg FGPrax 2003, 109; Demharter: GBO, 23. Aufl., § 71, Rdnr. 74, § 15 Rdnr. 20, § 80 Rdnr. 5 und 6; Budde in Bauer/von Oefele: GBO, § 71 Rdnr. 93 und § 80 Rdnr. 7; Schöner/Stöber: Grundbuchrecht, 12. Aufl., Rdnr. 189). Die Kammer hatte auch keine Veranlassung, auf Grund der mangelnden Beschwerdebefugnis des Notars von einer namens der Antragsteller eingelegten Erstbeschwerde auszugehen. Dagegen spricht die eindeutige Formulierung "...lege ich hiermit Beschwerde ein" . Außerdem stützt sich die Beschwerdebegründung in erster Linie auf die Rechtsposition des Notars. Da die weitere Beschwerde schon mangels Beschwerdebefugnis der Antragsteller unzulässig ist, kann dahingestellt bleiben, ob sie durch den Verfahrensbevollmächtigten formgerecht eingelegt worden ist, weil für ihn die Vollmachtsvermutung des § 15 GBO im vorliegenden Fall nicht gilt, wie im Folgenden noch ausgeführt wird.

Zur Klarstellung ist aber darauf hinzuweisen, dass nach der herrschenden Meinung zwar in jedem Fall der Notar eine Eintragungsmitteilung erhält, gleichgültig, ob er nach § 15 GBO den Eintragungsantrag gestellt oder den Eintragungsantrag eines (der) Beteiligten dem Grundbuchamt als Bote zugeleitet hat. Hat der Notar aber den Eintragungsantrag nur als Bote dem Grundbuchamt weitergeleitet, erhält auch der Antragsteller Eintragungsnachricht (Demharter, aaO., § 55, Rdnr. 10; Schöner/Stöber, aaO., Rdnr. 187). Da diese letztere Fallgestaltung vorliegt, waren auch nach der herrschenden Meinung die Antragsteller nach § 55 GBO zusätzlich zu dem Notar zu benachrichtigen.

Die Vollmachtsvermutung des § 15 GBO galt hier nicht, da die Antragstellung nicht gemäß § 15 GBO erfolgt ist. Vielmehr ist ohne Hinweis auf § 15 GBO "Wahrung ...im Grundbuch" beantragt worden, eine Formulierung, mit der lediglich auf die Anträge der Beteiligten hingewiesen wurde, mit der Folge, dass der Notar nur als Bote fungierte (BGH DNotZ 1964, 434, 435; Demharter: GBO, 24. Aufl., § 15, Rdnr. 13; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 12. Aufl., Rdnr. 181; Wilke in Bauer/von Oefele: GBO, § 15, Rdnr. 13). Zwar kann der Notar einen zunächst nur als Bote eingereichten Antrag nachträglich gemäß § 15 GBO wiederholen. Eine solche Wiederholung ist anzunehmen, wenn er auf Beanstandungen des Grundbuchamts Ausführungen macht bzw. gegen eine Zwischenverfügung Beschwerde einlegt (Demharter aaO., § 15, Rdnr. 14; Schöner/Stöber, aaO. Rdnr. 189). Vorliegend hat sich der Notar aber erst nach dem grundbuchlichen Vollzug der Anträge in der Auseinandersetzung um die Eintragungsnachricht erstmalig auf § 15 GBO berufen.

Die Gerichtskostenentscheidung beruht auf § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KostO. Da keine Beteiligte mit entgegengesetztem Verfahrensziel vorhanden sind, war keine Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen.

Die Geschäftswertfestsetzung des Verfahrens der weiteren Beschwerde beruht auf §§ 131 Abs. 2, § 30 Abs.2 KostO. Die Befugnis zur Abänderung der landgerichtlichen Wertfestsetzung folgt aus § 31 Abs. 1 Satz 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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