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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 26.01.2006
Aktenzeichen: 20 W 61/05
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 30 Abs. 1
KostO § 147 Abs. 2
KostO § 156
1. Für seine mit der Überwachung der Umschreibungsreife verbundene Tätigkeit erhält der Notar neben der Beurkundungsgebühr und der Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO für die Überwachung der Kaufpreisfälligkeit eine zusätzliche Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 12.05.2005 -V ZB 40/05-).

2. Die Gebührenhöhe richtet sich nach einem Bruchteil des Kaufpreises entsprechend dem Umfang der entfalteten Tätigkeit, § 30 Abs. 1 KostO.


Gründe:

Der Kostengläubiger beurkundete am ....2001 zu seiner UR-Nr. .../2001 einen Grundstückskaufvertrag, an dem die Kostenschuldner als Käufer beteiligt waren. Darin wurde er von den Vertragsbeteiligten beauftragt, den Eintritt der Fälligkeitsvoraussetzungen schriftlich zu bestätigen. Außerdem wurde er mit der Kaufpreisüberwachung beauftragt und angewiesen, die Eigentumsumschreibung im Grundbuch erst dann zu beantragen, wenn ihm die Zahlung des Kaufpreises nachgewiesen ist. Für die Überwachung der Kaufpreisfälligkeit berechnete der Kostengläubiger in seiner Kostenrechnung vom 11.05.2001 (Bl. 21 d. A.) eine Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO aus 30 % des Kaufpreises und für die Überwachung der Umschreibungsreife eine weitere Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO aus 25 % des Kaufpreises von 519.000,00 DM.

Diese Rechnungspositionen wurden von der Dienstaufsichtsbehörde des Notars beanstandet, da diese Nebentätigkeitsgebühr nur einmal aus 30 % des Kaufpreises angefallen sei. Der Notar half der Beanstandung nicht ab und beantragte gemäß § 156 Abs. 5 KostO gerichtliche Entscheidung. In seiner Stellungnahme zu dem Prüfbericht der Dienstaufsichtsbehörde hatte der Notar geltend gemacht, die streitgegenständlichen Gebühren seien aufgrund zwei gesonderter, auch einseitig widerrufbarer Aufträge entsprechend den unterschiedlichen Interessen von Verkäufer und Käufer entstanden. Wie bei der Vertragsgestaltung mit einer Abwicklung über Treuhandkonto im Verhältnis zwischen den Gebühren nach § 149 KostO und nach § 147 Abs. 2 KostO handele es sich auch vorliegend um getrennte Betreuungstätigkeiten.

Nach Einholung der Stellungnahme der Dienstaufsicht vom 23.10.2002, für deren Inhalt auf Blatt 36, 37 d. A. Bezug genommen wird, hat die Kammer mit Beschluss vom 05.12.2002 (Az. 5 T 637/02) unter anderem die Kostenberechnung hinsichtlich der streitgegenständlichen Betreuungsgebühren abgeändert und ist der Auffassung der Dienstaufsichtsbehörde dahin gefolgt, dass es sich um einen einheitlichen Betreuungsauftrag handele, weshalb nur einmal die Gebühr des § 147 Abs. 2 KostO aus einem Wert von 30 % des Kaufpreises entstanden sei.

Gegen diesen ihm am 18.12. 2002 zugestellten Beschluss hat der Kostengläubiger mit am 15.01. 2003 bei Gericht eingegangener weiterer Beschwerde die Verletzung des § 147 Abs. 2 KostO gerügt. Er hat vorgetragen, die streitgegenständliche Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO solle bei der jetzt üblichen Direktzahlung des Kaufpreises die im Auftrag der Gläubiger ausgeführte Treuhandaufgabe, nämlich darauf zu achten, dass die Eigentumsumschreibung erst nach vollständiger Zahlung des Kaufpreises erfolgt, abgelten, wie dies früher bei Abwicklung über Notaranderkonto durch die Hebegebühr erfolgt sei. Diese Treuhandaufgabe sei rechtlich und tatsächlich von der Feststellung der Zahlungsreife zu sondern, da es sich um verschiedene Arbeitsgänge mit unterschiedlichen Interessenlagen handele. Die Kostenberechnung sei aber auch bei Ansatz nur einer Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO nicht zu beanstanden, da der Beziehungswert von insgesamt 55 % auch für eine Gebühr angenommen werden könne.

Der Senat hat mit Beschluss vom 15.01.2004 (Az. 20 W 30/2003) auf die weitere Beschwerde des Kostengläubigers den landgerichtlichen Beschluss vom 05.12.2002 aufgehoben und die Sache zur erneuten Überprüfung und Entscheidung zurückverwiesen, da verfahrensfehlerhaft die Kostenschuldner nicht beteiligt worden waren und trotz voneinander unabhängiger Beurkundungsvorgänge und verschiedener Kostenschuldner die jeweiligen Verfahren nicht getrennt voneinander geführt und entschieden worden waren.

Die Kammer hat nach Anhörung der Kostenschuldner und erneuter Anhörung der Dienstaufsichtsbehörde mit Beschluss vom 25.01.2005 (Az. 5 T 79/04) die Kostenrechnung vom 11.05.2001 abgeändert und für die Überwachung der Kaufpreisfälligkeit und der Umschreibungsreife dem Kostengläubiger nur eine halbe Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO nach einem Wert von 30 % des Kaufpreises zugebilligt. Dabei hat die Kammer sowohl auf ihre eigene als auch auf die bisherige Rechtsprechung des Senats Bezug genommen und sich im wesentlichen darauf gestützt, dass die Überwachung der Umschreibungsreife mit der Überwachung der Kaufpreisfälligkeit und dem Vollzug der Eigentumsumschreibung so eng zusammenhänge, dass sie nicht als selbständiges Geschäft in Erscheinung trete.

Gegen den ihm am 31.01.2005 zugestellten landgerichtlichen Beschluss hat der Kostengläubiger mit am 10.02.2005 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz erneut weitere Beschwerde eingelegt unter Bezugnahme auf seinen bisherigen Vortrag und später dann unter Hinweis auf den Beschluss des BGH vom 12.05.2005 (Az. V ZB 40/05).

Die weitere Beschwerde des Kostengläubigers ist gemäß § 156 Abs. 2, Satz 4 KostO kraft Zulassung in dem Beschluss des Landgerichts statthaft und auch sonst zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg, denn die Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Verletzung des Rechts (§ 156 Abs. 2 Satz 2 KostO), da der Kostengläubiger zu Recht eine halbe Gebühr gemäß § 147 Abs. 2 KostO aus 25 % des Kaufpreises für die Kaufpreisüberwachung angesetzt hat.

Der Senat schließt sich der vom Kostengläubiger zitierten Entscheidung des BGH vom 12.05.2005 -V ZB 40/05- (JurBüro 2005, 485, 488= ZNotP 2005, 354) an.

Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 12.05.2005 ausgeführt, obwohl die Fälligkeitsüberwachung und die Überwachung der Kaufpreiszahlung der Durchführung eines einheitlichen Kaufvertrages dienten, mache sie dies nicht zu einem einheitlichen Geschäft, denn es handele sich um Tätigkeiten des Notars zu unterschiedlichen Zeitpunkten und mit verschiedenem Inhalt, insbesondere in unterschiedlichem Interesse, nämlich die Fälligkeitsüberwachung im Interesse des Käufers und die Kaufpreisüberwachung im Interesse des Verkäufers. Deshalb gelte die für die Fälligkeitsüberprüfung angesetzte Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO nicht auch die für die Kaufpreisüberwachung entfaltete Tätigkeit ab.

Bei der zur Überwachung der Kaufpreiszahlung vom Notar entfalteten Tätigkeit handele es sich um eine eigenständige Betreuungstätigkeit neben der Beurkundung und dem Vollzug der Urkunde. Denn wenn der Notar wie auch im vorliegenden Fall den Umschreibungsantrag erst stellen soll, wenn ihm die Kaufpreiszahlung nachgewiesen wird, müsse er nach dem Willen der Parteien vor dem Vollzug des Vertrages eigenverantwortlich feststellen, ob die vertragsgemäße Zahlung als Voraussetzung für die Stellung des Umschreibungsantrags erfolgt ist. Dazu habe der Notar eigene Ermittlungen anzustellen und ihr Ergebnis zu prüfen und nicht nur ohne Entfaltung eigener Tätigkeit abzuwarten, bis die Vertragsbeteiligten die Voraussetzungen für die Umschreibung geschaffen haben. Deshalb werde diese Betreuungstätigkeit weder durch die Beurkundungs-, noch durch die Vollzugsgebühr nach § 146 KostO abgegolten.

Der im Einzelfall größere oder geringere Aufwand des Notars bei der Kaufpreisüberwachung könne nur für die Höhe der Gebühr, nicht aber für das Entstehen oder Nichtentstehen maßgeblich sein und sei im Rahmen des § 30 Abs. 1 KostO zu berücksichtigen. Also entstehe die gesonderte Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO auch dann, wenn der Notar seine Tätigkeit bei der Kaufpreisüberwachung darauf beschränkt, bei dem Verkäufer eine Bestätigung des Eingangs einzuholen. Dass der Kostengläubiger dem geringen Umfang seiner Tätigkeit dadurch Rechnung getragen habe, dass er als Wert nur 10 % des Kaufpreises der Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO zu Grunde gelegt habe, sei nicht zu beanstanden.

Die Kammer hatte bisher keine Veranlassung, sich mit der Höhe der Gebühr für die Kaufpreisüberwachung zu befassen, da ihrer Rechtsauffassung nach die Entstehung einer zusätzlichen Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO für die Kaufpreisüberwachung schon abzulehnen war. Aus diesem Grund ist auch jede Tatsachenfeststellung dazu unterblieben, welche eigene Tätigkeit der Kostengläubiger im konkreten Einzelfall entfaltet hat, um seinen Auftrag zur Kaufpreisüberwachung zu erfüllen. Dies wird bei zukünftigen Entscheidungen, in denen von der Entstehung einer Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO auszugehen sein wird, anders zu handhaben sein. Wenn der Vertragsurkunde wie auch im vorliegenden Fall nicht zu entnehmen ist, dass der Nachweis der Kaufpreiszahlung in einer bestimmten Art und Weise erfolgen soll, wird der Kostengläubiger die von ihm entfalteten Tätigkeit im konkreten Einzelfall darzulegen haben bzw. werden seine Handakten beizuziehen sein. Denn der Entscheidung des BGH ist - auch wenn sie sich nicht grundsätzlich zu der Höhe der Gebühr äußert- jedenfalls zu entnehmen, dass der Umfang der Tätigkeit dafür maßgeblich sein soll, welcher Prozentsatz des Kaufpreises angemessen ist. In dem entschiedenen Fall hatte der Notar die Kaufpreiszahlung an Hand eines von ihm vorbereiteten Formularschreiben überprüft, in dem der Verkäufer die Kaufpreiszahlung ohne Zusätze und Abänderungen umgehend bestätigt hatte. Für diese Fallgestaltung mit geringem Tätigkeitsumfang hat der BGH den Ansatz von 10 % des Kaufpreises nicht beanstandet. Dies bedeutet aber nicht, dass ein Teilwert von 10 % des Kaufpreises nicht überschritten werden darf, vielmehr ist der Geschäftswert nach § 30 Abs. 1 KostO nach freiem Ermessen vom Notar zu bestimmen (Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann: KostO, 16. Aufl., § 147, Rdnr. 91; Rohs/Wedewer: KostO, Stand Dezember 2005, § 147, Rdnr. 13 a m. w. H.). Diese Ermessensausübung ist vom Beschwerdegericht wie auch in sonstigen Fällen des § 30 Abs. 1 KostO nur auf seine Gesetzmäßigkeit zu überprüfen, also dahin, ob die vom Notar angewandten rechtlichen Kriterien zutreffen und ob die angestellten Erwägungen rechtsfehlerfrei sind (Senat, Beschl. v. 09.06.2005 -20 W 305/2002-; OLG Düsseldorf FG-Prax 1995, 247; Rohs/Wedewer, aaO., Stand 2003, § 30, Rdnr. 3, 3 a).

Nach diesen Kriterien ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass der Kostengläubiger vorliegend der Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO einen Wert von 25 % des Kaufpreises zu Grunde gelegt hat.

Generell gilt für den Wert der Gebühren nach § 147 Abs. 2 KostO, dass die darunter fallenden Geschäfte sehr verschiedenartig sind und sich allgemeine Grundsätze für die Schätzung nach freiem Ermessen kaum aufstellen lassen, weshalb dem Notar ein weiter Spielraum zu geben ist (Rohs/Wedewer, aaO., § 147, Rdnr. 21). Entsprechendes gilt auch für den Wert der Gebühr für die Kaufpreisüberwachung, da die dazu entfaltete Tätigkeit ebenfalls einen ganz verschiedenen Umfang haben kann.

Wie bereits ausgeführt, ist der Tätigkeitsumfang für den hier zu entscheidenden Fall nicht konkret festgestellt, an einer eigenen Aufklärung erst im Rechtsbeschwerdeverfahren ist der Senat gehindert. Dies zwingt aber nicht zu einer erneuten Zurückverweisung, da weder die Dienstaufsicht des Notars, noch die am Beschwerdeverfahren beteiligten Kostenschuldner die Ermessensausübung des Notars beanstandet haben. Auch die vom BGH im Rahmen seiner Ausführungen zur Gebührenhöhe in Bezug genommene Kommentarliteratur (Bengel/Tiedtke in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann: aaO., § 147, Rdnr. 91; Rohs/Wedewer, aaO., § 147, Rdnr. 13 a) erachtet einen Schätzwert von 20-30 oder auch 50 % des Kaufpreises noch als angemessen.

Die Entscheidung des Landgerichts war deshalb abzuändern und die Kostenrechnung des Kostengläubigers vom 11.05.2001 zu bestätigen.

Es entsprach nicht der Billigkeit, eine Kostenerstattung durch die Kostenschuldner anzuordnen (§§ 156 Abs. 4 Satz 4 KostO, 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG), da die Entstehung außergerichtlicher Kosten auf Seiten des Kostengläubigers nicht erkennbar ist und sein Obsiegen auf einer Änderung der Rechtsprechung beruht.

Ende der Entscheidung

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