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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 08.06.2005
Aktenzeichen: 20 W 81/04
Rechtsgebiete: GmbHG, HandwO


Vorschriften:

GmbHG § 8 I Nr. 6
GmbHG § 9 c I
HandwO § 1 II
HandwO § 1 III
1. Die Eintragung einer GmbH, deren Unternehmensgegenstand den Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks vorsieht, kann im Handelsregister nur erfolgen, wenn der Nachweis der Eintragung in die Handwerksrolle oder ein diesbezügliches Negativattest vorgelegt wird.

2. Die Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des Meisterzwanges ist durch die Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 6 GmbHG dem Registergericht entzogen; hierüber ist im Streitfall durch die Verwaltungsgerichte zu befinden.


Gründe:

Der Geschäftsführer meldete mit notarieller Urkunde vom .... 2001 die Gesellschaft der Antragstellerin zur Eintragung in das Handelsregister an. In dem beigefügten Gesellschaftsvertrag vom 2001 ist als Gegenstand des Unternehmens der Betrieb eines Friseurgewerbes sowie der Handel mit Frisier- und Kosmetikartikeln angegeben. Auf Zwischenverfügung des Registergerichts lehnte die Antragstellerin die Vorlage eines Nachweises über die Eintragung in die Handwerksrolle bzw. eines diesbezüglichen Negativattestes mit der Begründung ab, nach ihrer Auffassung sei der Meisterzwang verfassungswidrig und das Registergericht habe die Frage der Eintragung in die Handwerksrolle nicht zu prüfen. Die Handwerkskammer widersprach auf gerichtliche Anfrage der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister, da ihr die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle nicht nachgewiesen worden seien. Daraufhin wies das Amtsgericht mit Beschluss vom 26. Oktober 2002 den Antrag auf Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister zurück.

Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde machte die Antragstellerin weiterhin geltend, der Meisterzwang für das Friseurhandwerk sei verfassungswidrig; des Weiteren stelle die unterschiedliche Behandlung deutscher Handwerkstreibender im Verhältnis zu EU-Ausländern eine durch die Sachlage nicht gerechtfertigte Benachteiligung dar. Das Landgericht wartete zunächst den Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zur Änderung der Handwerksordnung ab und wies die Beschwerde sodann mit Beschluss vom 22. Dezember 2003 zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister stehe die fehlende Eintragung in die Handwerksrolle entgegen. Die Entscheidung des Gesetzgebers im Rahmen der Novellierung der Handwerksordnung, für Friseure weiterhin den Meisterbrief zu fordern, sei insbesondere aufgrund des Kriteriums der um 50% über dem Durchschnitt der gewerblichen Wirtschaft liegenden Ausbildungsplatzquote sachlich gerechtfertigt.

Hiergegen legte die Antragstellerin weiteren Beschwerde ein und führt aus, es sei unzulässig, die Eintragung in das Handelsregister von einer Bescheinigung der Handwerkskammer als Interessenvertretung abhängig zu machen. Außerdem vertritt sie weiterhin die Auffassung, der Meisterzwang für den Friseurberuf sei verfassungswidrig.

Die zulässige weitere Beschwerde führt in der Sache nicht zum Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).

Die Vorinstanzen haben die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister zu Recht nach §§ 9 c Abs. 1, 8 Abs. 1 Nr. 6 GmbHG abgelehnt, weil die Antragstellerin weder den Nachweis der Eintragung in die Handwerksrolle noch ein diesbezügliches Negativattest vorgelegt hat.

Der Gesellschaftsvertrag sieht als Unternehmensgegenstand neben dem Handel mit Frisier- und Kosmetikartikeln den Betrieb eines Friseurgewerbes vor. Hierbei handelt es sich um ein Gewerbe, das sowohl zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Landgerichts als auch nach der ab dem 1. Januar 2004 geltenden und durch das Dritte Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I. S. 2934) geschaffenen Gesetzeslage nach §§ 1 Abs. 2 und 3 HandwO i.V.m. Anlage A zur HandwO als (zulassungspflichtiges) Handwerk aufgeführt ist. Nach § 1 Abs. 1 HandwO ist der selbständige Betrieb eines Handwerks (seit 1. Januar 2004 eines zulassungspflichtigen Handwerks) als stehendes Gewerbe nur den in die Handwerksrolle eingetragenen natürlichen und juristischen Personen gestattet. Damit sind die Vorinstanzen zutreffend davon ausgegangen, dass die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister ohne Nachweis der Eintragung in die Handwerksrolle oder die Vorlage eines entsprechenden Negativattestes nicht erfolgen kann.

Nach § 8 Abs. 1 Ziffer 6 GmbHG muss der Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister die Genehmigungsurkunde beigefügt werden, wenn der Gegenstand des Unternehmens der staatlichen Genehmigung bedarf. Seit der grundlegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 09. Dezember 1987 (BGHZ 102, 209) ist in Rechtsprechung und Literatur nahezu einhellig anerkannt, dass die Eintragung in die Handwerksrolle einer staatlichen Genehmigung im Sinne dieser Vorschrift gleichzusetzen ist (vgl. OLG Zweibrücken GmbHR 1995, 723; OLG Celle, GmbHR 2003, 245; Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 8 Rn. 9; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 8 Rn. 20; Roth/Altmeppen, GmbHG, 4. Aufl., § 8 Rn. 12; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., § 8 Rn. 7; Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 4. Aufl., § 8 Rn. 10; Ammon GmbHR 2004, 1578; a. A. ohne Erwähnung der BGH-Entscheidung noch: Robrecht GmbHR 2004, 946). § 8 Abs. 1 Nr. 6 GmbHG stellt eine Ausnahme zu dem Grundsatz des § 7 HGB dar, wonach durch die Vorschriften des öffentlichen Rechts, nach welchen die Befugnis zum Gewerbebetrieb ausgeschlossen oder von gewissen Voraussetzungen abhängig gemacht ist, die Anwendung der die Kaufleute betreffenden Vorschriften nicht berührt wird. Durch § 8 Abs. 1 Nr. 6 GmbHG soll verhindert werden, dass durch die Registereintragung eine GmbH überhaupt entstehen kann, die eine Tätigkeit anstrebt, die nur mit besonderer staatlicher Genehmigung ausgeübt werden kann. Wie der BGH näher ausgeführt hat, erfüllt die Eintragung in die Handwerksrolle alle wesentlichen Voraussetzungen einer Genehmigung in diesem Sinne. Er hat in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, dass die Prüfung und Entscheidung der dem öffentlichen Recht zugehörigen Genehmigungsfragen nicht zu den Aufgaben des Registerrichters gehört und durch die Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 6 GmbHG ausdrücklich den staatlichen Genehmigungsbehörden zugewiesen wird. Diese Kompetenzverteilung und die Notwendigkeit einer präventiven behördlichen Entscheidung vor Entstehung der GmbH und Aufnahme der angestrebten Tätigkeit hat der BGH auch für die Eintragung in die Handwerksrolle als maßgeblich und erforderlich erachtet.

Die Entscheidung der Genehmigungsbehörde sowie deren Negativattest bzw. der insoweit zur Überprüfung berufenen Verwaltungsgerichte ist nach einhelliger Auffassung für die Registergerichte bindend. Dies gilt sowohl für die Frage, ob der Unternehmensgegenstand genehmigungspflichtig ist als auch für die Frage, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung erfüllt sind. (vgl. BGH a.a.O., S. 217; BayObLG BB 1979, 1467 und FGPrax 2000, 161; Baumbach/Hueck, a.a.O., § 8 Rn. 9 Rowedder/Rittner/Schmidt-Leithoff, a.a.O., § 8 Rn. 12; Lutter/ Hommelhoff, a.a.O., § 8 Rn. 7; Ammon, a.a.O., S. 1579).

Für das vorliegende Verfahren bedeutet dies, dass sowohl über die Notwendigkeit der Eintragung der Antragstellerin, als auch darüber, ob die Eintragungsvoraussetzungen erfüllt sind oder eine Ausnahmebewilligung zu erteilen ist, die Handwerkskammer bzw. die Genehmigungsbehörde und im Streitfalle allein die Verwaltungsgerichte zu befinden haben. Dies gilt auch, soweit die Antragstellerin sich auf die Verfassungswidrigkeit des Meisterzwanges für das Friseurhandwerks, eine unzulässige Inländerdiskriminierung und eine Eingliederung der Tätigkeiten der Friseure in den freien Beruf des Maskenbildners beruft. Denn diese Rechtsfragen sind untrennbar mit der rechtlichen Beurteilung der Eintragungspflicht und der Eintragungsvoraussetzungen nach der Handwerksordnung verbunden und deshalb auch zur Vermeidung divergierender Entscheidungen und durch die Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 6 GmbHG der Entscheidungskompetenz der Registergerichte entzogen.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin verstößt die Bindung der Registergerichte an die Entscheidung der Handwerkskammer als Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht gegen rechtsstaatliche Grundsätze, da für die Antragstellerin hiergegen der Verwaltungsrechtsweg und nach dessen Ausschöpfung auch die Verfassungsbeschwerde eröffnet ist.

Soweit die Antragstellerin mit der weiteren Beschwerde erstmals geltend macht, es sei diesbezüglich bereits ein Verfahren beim Verwaltungsgericht anhängig, rechtfertigt dieser Umstand auch keine Aussetzung des vorliegenden Verfahrens nach § 127 FGG, da die Handwerkskammer als Organ des Handwerksstandes nicht als weitere materiell Beteiligte im Sinne des § 127 FGG in Betracht kommt (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 127 Rn. 32 m. w. N.).

Vielmehr ist der vorherige Nachweis der Eintragung in die Handwerksrolle oder die Vorlage eines entsprechenden Negativattestes zwingende Voraussetzung der Eintragung in das Handelsregister, so dass der Eintragungsantrag von den Vorinstanzen wegen deren Fehlens zu Recht zurückgewiesen wurde.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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