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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 17.06.2004
Aktenzeichen: 20 W 92/04
Rechtsgebiete: EGBGB, PStG


Vorschriften:

EGBGB Art. 5 I 2
EGBGB Art. 10 I
PStG § 21
PStG § 45
PStG § 48
Der in Kroatien übliche Vorname "Luca" kann bei Anwendung deutschen Namensrechts im Geburtenbuch für einen Jungen auch ohne Beifügung eines weiteren nach deutschem Sprachempfinden männlichen Vornamens eingetragen werden, wenn er im Zusammenhang mit dem Familiennamen auf das Herkunftsland hindeutet.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

20 W 92/04

Entscheidung vom 17.06.2004

In der Personenstandssache

betreffend den Eintrag des am ... März 2003 in O1 geborenen Kindes A B in das Geburtenbuch,

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige weitere Beschwerde der unteren standesamtlichen Aufsichtsbehörde gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 13. Februar 2004 am 17. Juni 2004

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beteiligte zu 2) hat den Antragstellern die entstandenen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu erstatten.

Beschwerdewert: 3.000,-- EUR.

Gründe:

I.

Die Antragsteller, die beide aus Kroatien stammen, wobei die Antragstellerin nach Einbürgerung die deutsche Staatsangehörigkeit und der Antragsteller die kroatische Staatsangehörigkeit besitzt, gaben bei der Geburt ihres ehelichen Sohnes an, dass dessen Vorname "A" lauten solle. Der Standesbeamte lehnte die Eintragung dieses alleinigen Vornamens ab und forderte die Hinzufügung eines weiteren geschlechtsspezifischen Vornamens.

Das Amtsgericht wies mit Beschluss vom 15. September 2003 den Antrag der Antragsteller auf Anweisung des Standesbeamten zur Eintragung des gewählten Vornamens zurück.

Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde hob das Landgericht den amtsgerichtlichen Beschluss auf und wies den Standesbeamten an, für das Kind im Geburtenbuch den Vornamen "A" einzutragen.

Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 2) mit der sofortigen weiteren Beschwerde, mit der er insbesondere geltend macht, nach seiner Auffassung sei der Vorname "A" geschlechtsneutral und erfordere deshalb unabhängig vom Familiennamen und der Herkunft der Eltern die Hinzufügung eines geschlechtsspezifischen weiteren Vornamens.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist nach §§ 48 Abs. 1, 49 Abs. 1 Satz 1 PStG i.V.m. §§ 22 Abs. 1, 27 Abs. 1, 29 FGG statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache führt das Rechtsmittel nicht zum Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 48 Abs. 1 PStG, 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).

Unbeschadet der Frage, ob das Kind auch die kroatische Staatsangehörigkeit besitzt, ist das Landgericht gemäß Art. 10 Abs. 1 i. V. m. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB im Hinblick auf die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 StAG durch Geburt von der Mutter erworbene deutsche Staatsangehörigkeit zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Erteilung des Vornamens nach deutschem Recht beurteilt.

Das deutsche Recht enthält keine gesetzlichen Vorschriften über die Zulässigkeit von Vornamen. Die Befugnis, einem ehelichen Kind den Vornamen zu erteilen, steht den sorgeberechtigten Eltern als Teil der Personensorge gemäß § 1626 Abs. 1 Satz 1 BGB zu. Angesichts des Fehlens gesetzlicher Regelungen wird die freie Wahl der Vornamen durch die Eltern deshalb nur dadurch beschränkt, dass die Namensgebung die allgemeine Sitte und Ordnung nicht verletzen und dem Kindeswohl nicht widersprechen darf. Dabei ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass dem Vornamen neben der Individualisierung der Person zusätzlich die Funktion zukommt, das Geschlecht des Namensträgers hinreichend kenntlich zu machen. Dies hat auch in den Vorschriften des Personenstandsgesetzes und des Transsexuellengesetzes Anklang gefunden. Diese Rechtsgrundsätze gelten mangels sachlicher Unterschiede sowohl für inländische als auch für im Ausland gebräuchliche Vornamen (vgl. BGHZ 73, 239; OLG Köln StAZ 1989, 285, KG StAZ 1991, 45: OLG Hamm FamRZ 1994, 396; OLG Frankfurt am Main StAZ 1995, 173 ; OLG Stuttgart InFAuslR 2003, 71).

Von diesen Grundsätzen ist das Landgericht ausgegangen und hat in rechtlich nicht zu beanstandender Weise einen Verstoß gegen den Grundsatz der Geschlechtsoffenkundigkeit des Vornamens unter den Umständen des hier gegebenen Falles verneint. Gestützt auf die von den Antragstellern vorgelegte Bescheinigung des Generalkonsulats der Republik Kroatien ist das Landgericht rechtsfehlerfrei zu der für den Senat bindenden Feststellung gelangt, dass der Vorname "A" in Kroatien nach dortigem Sprachgebrauch als männlicher Vorname angesehen wird und Verwendung findet. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 27. Januar 1995 (StAZ 1995, 173) ausgeführt hat, ergibt sich aus dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 17. Januar 1979 (BGHZ 73, 239) für Fälle dieser Art, dass ausländische Vornamen dann im Geburtenbuch eintragungsfähig sind, wenn sie im Ursprungsland eindeutig einem Geschlecht zugeordnet sind, wobei maßgeblich für diese Zuordnung nicht das deutsche Sprachempfinden, sondern die Gebräuchlichkeit im Ausland ist. Der in Rechtsprechung und Literatur teilweise vertretenen Auffassung, dass ein im Ausland gebräuchlicher Vorname im Inland nur dann als einziger Vorname gewählt werden dürfe, wenn er nach inländischem Sprachempfinden eindeutig auf das Geschlecht des Kindes hinweise (vgl. die Hinweise hierzu in StAZ 1995, 173) ist der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 27. Januar 1995 entgegen getreten, weil der BGH die Erteilung eines weiteren geschlechtsspezifischen Vornamens gerade nur für den Fall gefordert hat, dass ein aus dem Ausland stammender Vorname in seinem Ursprungslan geschlechtsneutral ist. Deshalb kommt es entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht entscheidend darauf an, ob nach deutschem Sprachempfinden im deutschen Sprachraum der Vorname "A" weder als typisch weiblich, noch als typisch männlich, sondern als geschlechtsneutral anzusehen ist.

Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat (vgl. StAZ 1995, 173 und 2000, 238), kann das Prinzip der Geschlechtsoffenkundigkeit bei der Verwendung ausländischer Vornamen nicht schrankenlos gelten. Durch die Internationalisierung der Namensgewohnheiten, insbesondere durch die steigende Zahl von Kindern aus gemischt-nationalen Ehen und im Zusammenhang mit dem Aufenthalt von Ausländern in Deutschland, hat es sich in der Rechtswirklichkeit ohnehin ergeben, dass hier in erheblichem Umfang ausländische Vornamen verwendet werden, die nach inländischem Sprachempfinden das Geschlecht des Kindes nicht ohne weiteres erkennen lassen. Deshalb erscheint es jedenfalls in begrenztem Umfang hinnehmbar, auf das Erfordernis der Geschlechtsoffenkundigkeit des Vornamens zu verzichten, wenn sich die Vornamenserteilung nach deutschem Recht richtet und von der Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, ausländische Vornamen zu wählen. In diesem Zusammenhang ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass nach deutschem Recht etwa verbleibende Unklarheiten über das Geschlecht des Namensträgers jedenfalls dann im Interesse einer freien Ausübung des Rechts der Vornamenswahl hinzunehmen sind, wenn der sprachliche Klang des ausländischen Vornamens dem Familiennamen angepasst ist und Vor- und Familienname in ihrer Gesamtheit auf ein bestimmtes Herkunftsland hindeuten (so bereits Senatsbeschluss vom 27. Januar 1995 a.a.O.). Diese Voraussetzungen hat das Landgericht im vorliegenden Falle zutreffend als erfüllt angesehen, so dass die Anweisung des Standesbeamten zur Eintragung des gewählten Vornamens in das Geburtenbuch rechtlich nicht zu beanstanden ist.

Die Anordnung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes folgt aus §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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