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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 30.08.2005
Aktenzeichen: 20 W 93/04
Rechtsgebiete: BGB, GBO, WEG


Vorschriften:

BGB § 894
GBO § 22
GBO § 53
GBO § 71
GBO § 80 III
WEG § 6 II
1. Den Wohnungs- bzw. Teileigentümern steht kein Berichtigungsanspruch nach § 894 BGB zu, wenn sie das Ziel verfolgen, den ursprünglichen Bauträger wieder als Teileigentümer eintragen zu lassen. Dementsprechend sind sie auch nicht beschwerdebefugt für eine Beschwerde mit dem Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruchs nach §§ 71 Abs. 2 Satz 2, 53 Abs. 1 Satz 1 GBO gegen die Eintragung des Erwerbers als Eigentümer.

2. Der Streit der Wohnungs- bzw. Teileigentümer über die Eigenschaft als Sondereigentum oder Gemeinschaftseigentum ist jedenfalls nicht im Grundbuchverfahren zu entscheiden.

3. Eine Eintragung als Eigentümer eines Teileigentums ist nicht deshalb inhaltlich unzulässig, weil nicht alle Räume angegeben sind, die zu dem mit dem Miteigentumsanteil verbundenen Sondereigentum gehören.


Gründe:

Die Antragsteller sind Mitglieder der Eigentümergemeinschaft X in O1 und betreiben die Grundbuchberichtigung hinsichtlich des betroffenen Teileigentums.

Durch Teilungserklärung vom ....1969 hatten die damaligen Grundstückseigentümerinnen nach § 8 Wohnungs- bzw. Teileigentum an der Liegenschaft begründet (Bl. 1-15 d. A.), u. a. unter laufender Nummer ... des Teilungsverzeichnisses hinsichtlich eines Miteigentumsanteils von 183/1000, verbunden mit dem Sondereigentum an 7 Räumen, 2 Vorräumen und 2 WC mit 529,28 qm im Keller hinten. Im Aufteilungsplan ist die Einheit mit Nr. ... bezeichnet, die Räume tragen die Bezeichnung a) bis i). Nach der Teilungserklärung bedarf die Veräußerung des Wohnungseigentums der Zustimmung des Verwalters mit Ausnahme der Erstveräußerung durch den Bauherrn oder im Weg der Zwangsvollstreckung bzw. durch den Konkursverwalter bzw. einen Grundpfandgläubiger. Mit diesem Inhalt ist der hier betroffene Miteigentumsanteil von 183/1000 im Dezember 1969 im Grundbuch eingetragen worden.

Im Jahr 1974 veräußerten die damaligen Sondereigentümer der Einheit Nr. ... 14/1.000 Miteigentumsanteil, verbunden mit dem Raum g) an den Sondereigentümer der Einheit ..., was zu einer Verminderung des Miteigentumsanteils von 183/1.000 auf 169/1.000 führte. In 1974 teilten die damaligen Eigentümerinnen von der Einheit Nr. ... eine Einzimmerwohnung ab mit der Bezeichnung e) im Aufteilungsplan, der sie einen Miteigentumsanteil von 17/1.000 zuordneten, und eine weitere Einzimmerwohnung mit der Bezeichnung f), verbunden mit einem Miteigentumsanteil von 23/1.000. Nach dem Verkauf der neu gebildeten Einheiten wurden diese auf neue Grundbuchblätter übertragen. Von dem verbliebenen Miteigentumsanteil von 129/1.000 teilten die damaligen Eigentümerinnen einen Miteigentumsanteil von 8/1.000, verbunden mit dem Sondereigentum an der Einzimmerwohnung mit der Bezeichnung a) im Aufteilungsplan, einen weiteren Miteigentumsanteil von 9/1.000, verbunden mit dem Sondereigentum an der Einzimmerwohnung b) und einen weiteren Miteigentumsanteil von 7/1.000, verbunden mit der Einzimmerwohnung c) ab. Auch diese wurden 1985 auf neue Grundbuchblätter übertragen und veräußert.

Am 14.03.1985 wurde unter laufender Nr. ... des Bestandsverzeichnisses ein Klarstellungsvermerk eingetragen, wonach der verbliebene Miteigentumsanteil von 105/1.000 verbunden sei mit dem Teileigentum an dem im Keller hinten gelegenen Raum mit Buchstabe d) bezeichnet (Aufteilungsplan Nr. ...). Unerwähnt blieben dabei die Räume h) und i).

Der Miteigentumsanteil von 105/1.000 wurde in den Jahren 1990 und 1996 weiterveräußert, wobei als Kaufgegenstand in den notariellen Verträgen entsprechend dem Klarstellungsvermerk jeweils der 105/1.000 Miteigentumsanteil, verbunden mit dem Teileigentum an dem im Keller hinten gelegenen Raum mit Buchstabe d), bezeichnet wurde.

Die Antragsteller haben unter dem 27.10.2003 die Berichtigung des Grundbuchs nach § 22 GBO beantragt und geltend gemacht, bei dem Verkauf des Miteigentumsanteils von 105/1.000 sei der § 6 WEG nicht beachtet worden. Außer dem Sondereigentum an dem Raum d) hätte entweder auch das Sondereigentum an den außerdem noch verbliebenen Räumen h) und i) mitübertragen oder ein neuer Miteigentumsanteil gebildet werden müssen. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 05.01.2004 (B. 85 d. A.) den "Antrag auf Bildung von neuen Miteigentumsanteilen" zurückgewiesen, da zwar der Klarstellungsvermerk unrichtig sei, dadurch aber keine rechtliche Veränderung bewirkt, insbesondere die Räume h) und i) nicht in Gemeinschaftseigentum überführt worden seien. Das Grundbuchamt sei nicht befugt, einen Miteigentumsanteil zu bilden und diesen mit den Räumen h) und i) den Bauträgern zu übertragen.

Mit ihrer Beschwerde gegen den amtsgerichtlichen Beschluss haben die Antragsteller beantragt, das Grundbuch durch Löschung aller unzulässigen Eintragungen zu berichtigen und die Bauträger wieder als Eigentümer einzutragen. Die Übertragung des gesamten Miteigentumsanteils ohne das gesamte Sondereigentum sei unwirksam und ein gutgläubiger Erwerb ausgeschlossen. Darüber hinaus sei die Sachlage den Beteiligten und dem Notar bekannt gewesen.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 11.02.2004 (Bl. 100-107) die Beschwerde der Antragsteller verworfen und ausgeführt, die Antragsteller seien nicht beschwerdeberechtigt, da ihr nur mittelbares wirtschaftliches Interesse zur Durchsetzung von Hausgeldforderungen keine Antrags- oder Beschwerdeberechtigung begründe.

Die Beschwerde sei auch unbegründet, da keine inhaltlich unzulässige Eintragung vorliege, sondern allenfalls der Klarstellungsvermerk unrichtig sei, ohne dass damit rechtliche Auswirkungen verbunden seien.

Die Antragsteller machen in der weiteren Beschwerde, mit der sie ihren Löschungsantrag weiterverfolgen, gegen den ihre Erstbeschwerde zurückweisenden Beschluss des Landgerichts geltend, die derzeitig als Eigentümerin des 105/1.000 Miteigentumsanteils eingetragene Berechtigte sei zu Unrecht eingetragen. Dass sie als Wohnungseigentümerin ihr nicht zustehende Rechte ausübe, insbesondere alle Eigentümerbeschlüsse über die Genehmigung von Jahresabrechungen und Wirtschaftsplänen anfechte, stelle eine ganz gravierende Rechtsbeeinträchtigung der Antragsteller dar.

Die weitere Beschwerde ist gemäß §§ 78, 80 Abs.1 Satz 2 GBO zulässig, insbesondere sind die Antragsteller schon deshalb beschwerdebefugt, weil das Landgericht ihrer Erstbeschwerde den Erfolg versagt hat (Demharter: GBO, 25. Aufl., § 78, Rdnr. 2; Bauer/von Oefele: GBO, § 78 Rdnr. 12).

Die weitere Beschwerde ist aber nicht begründet, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 78 GBO, 546 ZPO).

Soweit sich die Erstbeschwerde der Antragsteller gegen die Eintragung der derzeitigen Eigentümerin richtete, konnte sie schon deshalb keinen Erfolg haben, weil sie -als beschränkte Beschwerde mit dem Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruchs gemäß §§ 71 Abs. 2 Satz 2, 53 Abs. 1 Satz 1 GBO- nicht zulässig war. Die Unzulässigkeit der Erstbeschwerde ergibt sich daraus, dass für die beschränkte Beschwerde gegen eine Grundbucheintragung mit dem Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruchs nur derjenige beschwerdeberechtigt ist, der nach § 894 BGB einen Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs hätte, wenn die angefochtene Eintragung unrichtig wäre und zu dessen Gunsten der Widerspruch einzutragen wäre. Dafür ist unerheblich, ob sich die Beschwerde unmittelbar gegen die Eintragung oder wie vorliegend gegen die Zurückweisung einer zunächst an das Grundbuchamt gerichteten Anregung richtet, einen Amtswiderspruch einzutragen (KG in KGJ Band 47, 182 ff.; dass. Rpfleger 1972, 174; OLG Hamm NJW-RR 1997, 593, 594; Senat, Beschl. v. 29.10.2001 -20 W 448/2000-; Demharter, aaO., § 71, Rdnr. 68, 69 m.w.H.; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann: Grundbuchrecht, 5. Aufl., § 71, Rdnr. 71 m.w.H.; Meikel/Streck: Grundbuchrecht, 9. Aufl., § 71, Rdnr. 125). Schon nach dem Wortlaut des § 894 BGB kann Berichtigung des Grundbuchs nur derjenige verlangen, dessen Recht nicht oder nicht richtig eingetragen oder durch die Eintragung einer nicht bestehenden Belastung oder Beschränkung beeinträchtigt ist. Dass die Rechte der Gesamtheit der Antragsteller oder einzelner von ihnen nicht richtig eingetragen wären, machen die Antragsteller aber selbst nicht geltend, sondern verfolgen das Ziel, dass die ursprünglichen Bauträger, die nach der vorgelegten Eigentümerliste nicht mehr Mitglieder der Gemeinschaft sind, wieder als Teileigentümer eingetragen werden sollen. Wenn dieser Anspruch überhaupt bestehen würde, könnte er jedenfalls nur durch die ehemaligen Bauträger verfolgt und nur von ihnen die Sicherung durch Eintragung eines Amtswiderspruchs verfolgt werden. Dass ein derartiges Interesse der ehemaligen Bauträger offenbar nicht besteht, ändert nichts an der Rechtslage.

Ein originäres Interesse der Antragsteller an der Eintragung eines Amtswiderspruchs könnte allenfalls dann bestehen, wenn sie geltend machen würden - was sie aber gerade nicht tun-, ihnen stünden die Räume h) und i) materiell-rechtlich als Gemeinschaftseigentum zu. Das könnte dann der Fall sein, wenn es sich bei den Räumen h) und i) um Teile des Gebäudes handeln würde, die nach § 5 Abs. 2 WEG zwingend Gemeinschaftseigentum sein müssen, weil es sich um Zugänge handelt, die die Erwerber des nach Unterteilung der Einheit Nr. ... neu gebildeten Sondereigentums benötigen, um in ihre Räume zu gelangen, bzw. um Räumlichkeiten, die den Zugang zu Gemeinschaftsanlagen sicherstellen (Niedenführ/Schulze: WEG, 7. Aufl., § 5, Rdnr. 18; Weitnauer: WEG, 9. Aufl., § 5, Rdnr. 20). Aber auch dann, wenn Räume und Gebäudeteile zwingend ihre Sondereigentumsfähigkeit verlieren, setzt die Begründung von gemeinschaftlichem Eigentum die formgerechte Mitwirkung aller Betroffenen gemäß §§ 4 Abs. 1 und Abs. 2 WEG, 925 BGB voraus (BGH NJW 1998, 3711, 3712; Weitnauer, aaO., § 4, Rdnr. 2).

Die Zugehörigkeit der Räume h) und i) zum Sonder- oder Gemeinschaftseigentum kann aber nicht hier im Grundbuchverfahren mit seinen beschränkten Beweismitteln, d. h. hier nur an Hand des Aufteilungsplans des Kellergeschosses geklärt werden, der zudem nicht der tatsächlichen Bauausführung entsprechen muss und möglicherweise vorhandene separate Zugänge zu den nach Unterteilung geschaffenen Einheiten nicht ausweist. Streitigkeiten zwischen Wohnungseigentümern darüber, ob bestimmte Räume zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören oder Sondereigentum eines Wohnungseigentümers sind, sind nach herrschender Meinung im Zivilprozessverfahren auszutragen (vgl. Bärmann/Pick/Merle: WEG, 9. Aufl., § 43 Rdnr. 26 m. w. H.; Niedenführ/Schulze: WEG, 7. Aufl., § 43 , Rdnr. 31), weil sie die sachenrechtlichen Grundlagen der Gemeinschaft betreffen, nach einer Mindermeinung (Weitnauer, aaO., § 43, Rdnr. 8) im Verfahren nach § §§ 43 ff. WEG.

Es ist aus Rechtsgründen auch nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die Voraussetzungen für eine Amtslöschung wegen inhaltlicher Unzulässigkeit nach § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO nicht für gegeben erachtet hat.

Der Antrag auf "Berichtigung durch Löschung aller unzulässigen Eintragungen", den die anwaltlich vertretenen Antragsteller auch in der weiteren Beschwerde verfolgen, ist nach der Begründung insbesondere der Rechtsbeeinträchtigung dahin auszulegen, dass damit die Eintragung der jetzigen Eigentümerin des Sondereigentums gemeint sein soll, möglicherweise auch ihres Rechtsvorgängers bzw. die Eintragung des Klarstellungsvermerks. Insoweit mag das Grundbuch unrichtig sein, weil nach der materiellen Rechtslage auch die Räume h) und i) nach § 6 Abs. 2 WEG auf die jetzige Sondereigentümerin bzw. ihren Rechtsvorgänger übergegangen sind. Auch wenn die im Grundbuch ausgewiesene Rechtslage nicht mit der materiellen Rechtslage übereinstimmt, handelt es sich noch nicht um eine inhaltlich unzulässige Eintragung. Eine Eintragung ist nur dann inhaltlich unzulässig, wenn ein Recht mit dem Inhalt oder in der Ausgestaltung, wie es eingetragen ist, aus Rechtsgründen nicht bestehen kann.

Dies ist vorliegend auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BayObLG (Beschluss vom 10.11.1987 -2 Z 75/86- BayObLGE 1987, 390; Beschluss vom 11.02.1988 -2 Z 138/86- Rechtspfleger 1988, 256-), auf die sich die Antragsteller berufen, nicht der Fall. Die Räume h) und i) sind nicht bei einer Unterteilung der Einheit Nr. ... vergessen worden, sondern wurden nicht ausdrücklich im grundbuchlichen Klarstellungsvermerk und bei der Übertragung des Miteigentumsanteils von 105/1.000, der nach den bis 1985 erfolgten Unterteilungen übrig geblieben war, auf die neuen Sondereigentümer erwähnt. Wenn ein Miteigentumsanteil belastet oder übertragen wird, umfassen diese Rechtsänderungen nach § 6 Abs.2 WEG aber ohne weiteres stets auch das zugehörige Sondereigentum (BayObLG -Beschl. v. 14.02.1985- 2 Z 80/85- ZMR 1985, 307 -Leitsatz-; Niedenführ/Schulze, aaO., § 6, Rdnr. 8; Weitnauer, aaO., § 6, Rdnr. 5) , wie das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt hat. Der Fall, dass der Übergang des Sondereigentums bzw. hier von Teilen des Sondereigentums ausgeschlossen worden wäre, liegt nicht vor. Das kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass die Räume h) und i) in den Kaufverträgen der derzeitigen Eigentümerin und ihres Rechtsnachfolgers nicht erwähnt sind, da die Beschreibung des Vertragsgegenstandes dem verlautbarten Grundbuchinhalt entsprach.

Eine Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde war mangels weiterer Beteiligter mit widersprechendem Verfahrensziel nicht zu treffen.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes für das landgerichtliche Verfahren und das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 Satz 2, 19 Abs. 2 KostO.

Ebenso wie der Wert der Eintragung eines Widerspruchs dem Wert der gesicherten Grundbuchberichtigung entspricht (vgl. Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann: KostO, 15. Aufl., § 66, Rdnr. 11, 5), ist auch für das Beschwerdeverfahren, mit dem die Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die Eintragung als Eigentümer verfolgt wird, der Geschäftswert für diese Eintragung maßgeblich. Auch für die Löschung einer Eintragung knüpft § 68 KostO an die Eintragungsgebühr und damit an den dafür maßgeblichen Wert an. Nach dem Kaufvertrag vom 08.12.1995 betrug der Kaufpreis für das betroffene Teileigentum nebst 3 Räumen im Parkgeschoss 240.000,00 DM. Dies rechtfertigt die Abweichung von dem Regelwert des § 30 Abs. 2 Satz 1 KostO und die Abänderung der landgerichtlichen Festsetzung nach § 31 Abs. 1 Satz 2 KostO, zumal die Antragsteller ihr wirtschaftliches Interesse auf 70.000,00 € beziffert haben.

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