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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 14.03.2003
Aktenzeichen: 20 Ww 5/02
Rechtsgebiete: GrdstVG, BGB


Vorschriften:

GrdstVG § 9
GrdstVG § 22 I
BGB § 119 II
BGB § 123
BGB § 134
Wird die Genehmigung nach § 9 GrdstVG uneingeschränkt erteilt, so ist ein gegen diesen Bescheid gerichteter Antrag einer Vertragspartei auf gerichtliche Entscheidung im landwirtschaftsgerichtlichen Verfahren unzulässig. Will die Vertragspartei den genehmigten Kaufvertrag wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung anfechten oder die Unwirksamkeit wegen Sittenwidrigkeit geltend machen, so hat dies im zivilgerichtlichen Verfahren zu erfolgen.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

20 Ww 5/02

Entscheidung vom 14.03.2003

In der Landwirtschaftssache

betreffend die Genehmigung des am 15. Juni 2002 vor dem Notar J. W. K. in Wetzlar unter UR-Nr. .../2002 beurkundeten Kaufvertrages über die dort näher bezeichneten Grundstücke

hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterinnen am Oberlandesgericht ... und ... sowie die ehrenamtliche Richterin ... und den ehrenamtlichen Richter ... auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller zu 1) und 2) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Nidda vom 19. September 2002 am 14. März 2003 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller haben die Gerichtskosten des Verfahrens zu tragen.

Des weiteren haben die Antragsteller der Beteiligten zu 3) ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Beschwerdewert: 1.525.000,-- Euro

Gründe:

Durch den eingangs genannten notariellen Vertrag veräußerten die Antragsteller zu 1) und 2) die in dieser Urkunde näher bezeichneten und zu dem von ihnen ererbten Hof G. gehörenden landwirtschaftlichen Grundstücke an die Bet. zu 3) zu einem Kaufpreis von 1.525.000,-- Euro. Der Kaufvertrag wurde vom Notar dem Landrat des Lahn-Dill-Kreises als unterer Genehmigungsbehörde zur Erteilung der landwirtschaftsgerichtlichen Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz vorgelegt.

Die Antragsteller fochten mit Schreiben vom 26. August 2002 den Kaufvertrag im wesentlichen mit der Begründung an, ihnen sei nicht bekannt gewesen und sie seien von dem Geschäftsführer der Käuferin arglistig darüber getäuscht worden, dass der Grundbesitz durch eine Änderung des Naturschutzgesetzes und die hierdurch eröffnete Möglichkeit des Handels mit sog. Öko-Punkten einen Wert von knapp 10 Mio Euro habe. Über diese Vertragsanfechtung informierten die Antragsteller die untere Genehmigungsbehörde telefonisch und per Fax am 27. August 2002.

Mit dem Notar übersandten Bescheid vom 28. August 2002 genehmigte der Landrat des Lahn-Dill-Kreises den Vertrag gemäß § 2 Grundstücksverkehrsgesetz, da Hinderungsgründe nach diesem Gesetz nicht vorlägen. Die Eigentumsumschreibung im Grundbuch ist zwischenzeitlich erfolgt.

Am 11. September 2002 stellten die Antragsteller bei dem Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht- in Nidda Antrag auf gerichtliche Entscheidung und beantragten die Aufhebung des Genehmigungsbescheides.

Das Amtsgericht wies den Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit Beschluss vom 19. September 2002 als unzulässig zurück.

Hiergegen wenden sich die Antragsteller mit ihrer am 4. Oktober 2002 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 22 Abs. 1 LwVG statthaft und zulässig. Insbesondere gilt sie gemäß §§ 9, 21 Abs. 2 LwVG, 21, 22 Abs. 1 FGG als fristgerecht eingelegt, da die erstinstanzliche Entscheidung dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller nicht zugestellt und deshalb die Frist nicht in Gang gesetzt wurde . Sie erweist sich auch im übrigen bereits deshalb als zulässig, weil das Amtsgericht den Antrag der Antragsteller als unzulässig verworfen hat. ( vgl. BGH, RdL 1963, 103; Barnstedt/Steffens, LwVG, 6. Aufl., § 22 Rn. 38 ).

In der Sache führt das Rechtsmittel jedoch nicht zum Erfolg, weil das Amtsgericht den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu Recht als unzulässig verworfen hat.

Nach § 22 Abs. 1 GrdstVG kann ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung von den Beteiligten nur gestellt werden, wenn die Genehmigungsbehörde eine Genehmigung versagt oder unter Auflagen oder Bedingungen erteilt hat.

Ist - wie im vorliegenden Fall- die Genehmigung uneingeschränkt erteilt worden, so können die Vertragsparteien einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor dem Landwirtschaftsgericht nicht stellen( vgl. Barnstedt-Steffens,a.a.O., § 1 Rn. 91 ; Lange, GrdstVG, 2.Aufl., § 22 Anm. 2; Wöhrmann/Herminghausen, GrdstVG, § 22 Anm. 21; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 13. Aufl., Rn. 4009). Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist in diesem Falle als unzulässig zu verwerfen, weil durch eine uneingeschränkt erteilte Genehmigung nach dem GrdstVG keine Vertragspartei beschwert ist. Denn die Vorschriften über die Genehmigungspflicht sind Verfügungsbeschränkungen und die Erteilung der Genehmigung bewirkt nur die Aufhebung dieser Verfügungsbeschränkung für den zur Genehmigung vorgelegten Vertrag. Deshalb stellt die Erteilung der Genehmigung keine Beeinträchtigung der Rechte des Verfügenden dar, sondern im Gegenteil eine Verbesserung seiner Rechtsstellung (vgl. Lange, a.a.O., § 22 Anm. 8; BGH RdL 1951, 189; OLG Köln RdL 1969, 44 ).

Dies gilt auch dann, wenn eine der Vertragsparteien - wie hier die Antragsteller geltend macht, der genehmigte Vertrag sei in materiell rechtlicher Hinsicht etwa wegen Anfechtung aufgrund Eigenschaftsirrtums oder arglistiger Täuschung oder Sittenwidrigkeit unwirksam. Denn Einwendungen, die sich gegen die zivilrechtliche Gültigkeit des Kaufvertrages richten, sind im Genehmigungsverfahren nach dem GrdstVG und dem landwirtschaftsgerichtlichen Verfahren nach § 22 GrdstVG grundsätzlich nicht zu prüfen. Vielmehr sind diesbezügliche Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien vor den Prozeßgerichten auszutragen. Selbst wenn ein aus zivilrechtlichen Gründen nichtiges Rechtsgeschäft durch die nach dem GrdstVG zuständige Behörde genehmigt wird, ist hierdurch kein Vertragsteil beschwert ( BGH AgrarR 1977, 65 ). Des weiteren sind die zur Entscheidung über die Rechtswirksamkeit des Vetrages berufenen Zivilgerichte an die materiell rechtliche Beurteilung durch die Genehmigungsbehörde nicht gebunden.( vgl. BGH RdL 1964, 98 ).

Zwar können die Landwirtschaftsgerichte ausnahmsweise berücksichtigen, wenn ein Vertrag offensichtlich aus zivilrechtlichen Gründen nichtig ist, weil dann ein behördlicher Entscheidungsbedarf nicht besteht ( vgl. OLG München AgrarR 1992, 260; OLG Stuttgart AgrarR 1998, 398). Eine solche offensichtliche Nichtigkeit kann nur dann angenommen werden, wenn keinerlei Zweifel daran bestehen kann, dass die zur Entscheidung über die Rechtswirksamkeit des Vertrages berufenen Zivilgerichte die Nichtigkeit bejahen werden ( vgl. BGH AgrarR 1977, 65 ).

Dies ist in dem zitierten Fall des OLG München aufgrund einer vorausgegangenen diesbezüglichen rechtskräftigen Entscheidung im Zivilrechtsweg angenommen worden. Auf den hier gegebenen Fall, in welchem die Antragsteller die Vertragsanfechtung wegen arglistiger Täuschung erklärt und der Erteilung der Genehmigung nach dem GrdstVG widersprochen haben, die Käuferin nach Angaben der Antragsteller aber an dem Vertrag festhalten will und zwischen den Vertragsparteien bereits ein einstweiliges Verfügungsverfahren vor dem Landgericht anhängig ist, trifft dies aber nicht zu ( ebenso BGH AgrarR 1977, 65 ).

Im übrigen kommt auch die Berücksichtigung einer offensichtlichen Unwirksamkeit des Vertrages durch das Landwirtschaftsgericht nur in Betracht, wenn dieses Gericht aufgrund eines zulässigen Antrages zu einer Sachentscheidung im Sinne einer selbständigen Entscheidung über den Genehmigungsantrag befugt ist.

Daran fehlt es aber, wenn der Antrag auf gerichtliche Entscheidung - wie bereits ausgeführt - wegen uneingeschränkter Erteilung der Genehmigung durch die Behörde - nach § 22 GrdstVG unzulässig ist ( vgl. Lange, a.a.O., § 22 Anm. 12 ).

Letztlich können die Antragsteller sich auch nicht darauf berufen, es fehle bereits an einem Genehmigungsantrag, weil dieser von ihnen gegenüber der Behörde durch Mitteilung der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung konkludent zurück genommen worden sei. Denn der Antrag wurde nach den von den Antragstellern vorgelegten Unterlagen nicht durch diese selbst, sondern durch den hierzu nach § 17 des Vertrages von beiden Vertragsteilen beauftragten Notar eingereicht und konnte deshalb nicht von einer Vertragspartei allein zurückgenommen werden.

Damit verbleibt es dabei, dass die zwischen den Antragstellern und der Käuferin umstrittene Frage der Wirksamkeit des Vertrages in dem anhängigen Zivilprozessverfahren zu klären ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 34 Abs. 1, 44 Abs. 1 LwVG.

Die Anordnung der Erstattung der außergerichtlichen Kosten beruht auf § 45 Abs. 1 S.2 LwVG.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes ergibt sich aus § 36 Abs. 2 LwVG i.V.m. § 30 Abs. 1 KostO.

Der Senat hat keinen Anlass für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 24 Abs. 1 LwVG gesehen.

Ende der Entscheidung

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