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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 10.09.2007
Aktenzeichen: 21 AR 134/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 36 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Der Antragsteller, der mit zwei Kommanditanteilen von 50.000,00 € und 100.000,00 € dem als B-KG organisierten Filmfonds A -GmbH & Co. KG beigetreten ist, beabsichtigt, die Antragsgegner zu 1., 2. und 3. als für den Verkaufsprospekt Verantwortliche und die Antragsgegnerin zu 4. als beratende Bank auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Prospektangaben zu verklagen und beantragt die Bestimmung eines für die Klage gegen alle Antragsgegner gemeinschaftlich zuständigen Gerichts.

Auf den nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zulässigen Antrag ist das Landgericht Hanau als das für die Klage insgesamt zuständige Gericht zu bestimmen. Nach dieser Vorschrift kann ein Gericht als zuständig bestimmt werden, wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben (also z.B. in verschiedenen Gerichtsbezirken wohnen oder ihren Sitz haben), als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand (für alle Klagegründe) nicht begründet ist. Diese Voraussetzungen liegen vor.

Streitgenossenschaft auf Antragsgegnerseite ist gegeben. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO findet bei allen Arten der passiven Streitgenossenschaft Anwendung (Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, Rn. 20 zu § 36 und Zöller-Vollkommer, Zivilprozessordnung, 26. Auflage, Rn. 14 zu § 36). Es genügt einfache Streitgenossenschaft nach §§ 59, 60 ZPO, für deren Vorliegen es ausreicht, dass nach dem Vortrag des Antragstellers gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Verpflichtungen gegeben sind. Darüber hinaus ist die Vorschrift des § 60 ZPO weit auszulegen, da sie überwiegend auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht. Sie dient der Prozesswirtschaftlichkeit und der Erzielung von Ergebnissen, die für mehr als zwei Personen als gerecht empfunden werden können und erfordert lediglich einen inneren Zusammenhang der Ansprüche, der vorliegend zweifelsfrei gegeben ist.

Auch für den Antragsgegner zu 3., der seinen Wohnsitz inzwischen in L1 hat, ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach Art. 6 Nr. 1 EuGVVO gegeben. Ein für alle Antragsgegner gültiger besonderer Gerichtsstand ist nicht begründet. Zwar stützt der Antragsteller seine Schadensersatzforderung auf "Prospekthaftung in engerem und weiterem Sinne". Für derartige Klagen ist durch § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO seit dem 01.11.2005 ein ausschließlicher besonderer Gerichtsstand begründet. Der Antragsteller führt jedoch weiter aus, dass die Mitarbeiter der Antragsgegnerin zu 4. ihn hinsichtlich des Beitritts zur Beteiligungsgesellschaft beraten hätten. Somit begründet er die Schadensersatzforderung gegen die Antragsgegnerin zu 4. als beratende Bank nicht eigentlich mit Prospekthaftung, sondern mit fehlerhafter Anlageberatung. Für Schadensersatzansprüche aufgrund individueller Beratung ist jedoch der Anwendungsbereich des § 32b ZPO nicht eröffnet, auch wenn im Rahmen der individuellen Beratung Verkaufsprospekte zum Einsatz gekommen sind (OLG Hamburg OLGReport 2007, 33; BGH NJW 2007, 1365). Ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand ergibt sich ferner nicht aus § 22 ZPO. Zwar können nach dieser Vorschrift Mitglieder von Anlagegesellschaften Ansprüche aus irreführender Prospektgestaltung gegen den der Prospekthaftung unterliegenden Personenkreis im Gerichtsstand des § 22 ZPO geltend machen, wenn die als Beklagte in Anspruch genommenen Personen nicht Mitglieder der Gesellschaft sind, ihr jedoch als Gründer, Initiatoren oder Gestalter nahe stehen (BGHZ 76, 231 = NJW 1980, 1470). Nicht von § 22 ZPO erfasst werden allerdings selbständige Vermittler und deren Erfüllungsgehilfen (BGHZ 76, 231; BayObLG, NJW-RR 2003, 134). Da die Antragsgegnerin zu 1. als Vermittlerin in Anspruch genommen wird, lässt sich ein gegenüber allen Antragsgegnern bestehender besonderer Gerichtsstand nicht aus § 22 ZPO herleiten. Schließlich lässt sich ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand auch nicht aus § 32 ZPO (i.V.m. §§ 823 Abs. 2 BGB, 264a StGB) herleiten. Für die Antragsgegnerin zu 4. sind die Voraussetzungen einer deliktischen Haftung nicht erkennbar. Hinsichtlich der Antragsgegner zu 1. bis 3. wird im übrigen die Vorschrift des § 32 ZPO durch § 32b ZPO verdrängt (vgl. Zöller-Vollkommer a.a.O. Rdnr. 7 zu § 32b ZPO).

Unter den in Betracht kommenden Gerichten erfolgt die Auswahl nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten. Danach ist das Landgericht Hanau als zuständiges Gericht auszuwählen, da in dessen Bezirk, nämlich in K1, sowohl der Sitz der Antragsgegnerinnen zu 1. und 2. als auch der frühere Wohnsitz des Antragsgegners zu 3. gelegen sind und die Beteiligungsgesellschaft ihren Sitz hat, dort mithin der örtliche Schwerpunkt der Angelegenheit anzunehmen ist.

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