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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 19.02.2003
Aktenzeichen: 21 U 37/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
Die vertraglich vereinbarte Änderung des für ein Gewerbegrundstück geschuldeten Erbbauzinses, wenn sich Leistung und Gegenleistung nicht mehr in einer "nach Recht und Billigkeit" angemessenen Weise entsprechen, richtet sich nicht zwingend nach dem geänderten Grundstückswert. Die Wertsteigerung des Grundstücks, die im Wesentlichen auf einer nicht absehbaren Änderung der planungsrechtlichen Situation beruht, führt jedenfalls dann nicht zu einer auszugleichenden Äquivalenzverschiebung, wenn der Erbbauberechtigte die Möglichkeit einer gesteigerten Nutzung des Grundstücks nicht realisiert.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

21 U 37/02

Verkündet am 19.02.2003

In dem Rechtsstreit

hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main - 21. Zivilsenat - durch die Richter am Oberlandesgericht ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29.1.2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Kläger wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Kläger nehmen die Beklagte als Erbbauberechtigte auf Erhöhung des Erbbauzinses in Anspruch.

Die Mutter der Kläger vereinbarte mit der B. O. GmbH, bei der es sich um die jetzige Beklagte handelt, durch notariellen Vertrag vom 29.2.1968 ein Erbbaurecht für die Dauer von vorerst 99 Jahren an den in ihrem Eigentum stehenden Flurstücken in O. mit einer Gesamtgröße von 6.231 qm. Der Erbbauzins betrug gemäß § 3 des Vertrages 1,20 DM pro Jahr und qm, zahlbar jeweils im voraus am 1.1. für ein laufendes Kalenderjahr. In § 3 Abs. 4 des Vertrages ist folgendes bestimmt:

"Wenn der vereinbarte Erbbauzins nicht mehr einer nach Recht und Billigkeit angemessenen Leistung und Gegenleistung entspricht, können beide Vertragsschließenden die Änderung des vereinbarten Erbbauzinses verlangen. Dabei soll gelten, daß Leistung und Gegenleistung dann nicht mehr einer nach Recht und Billigkeit angemessenen Leistung und Gegenleistung entsprechen, wenn der Preisindex für die Lebenshaltungskosten eines 4-Personen-Arbeitnehmerhaushaltes mit mittlerem Einkommen des alleine verdienenden Haushaltsvorstandes um mehr als 20 v.H. vom heutigen Stand nach oben oder unten abweicht. Maßgebend für die Feststellung des jeweiligen Indexes sollen sein die Erhebungen des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden oder ... Die Vertragspartner sind verpflichtet, die zur Eintragung eines nach den vorstehenden Vorschriften ermittelten abgeänderten Erbbauzinses erforderlichen Erklärungen gegenüber dem Grundbuchamt abzugeben."

Im Rahmen eines zugleich beurkundeten Ankaufsverpflichtungsvertrages gab die B. GmbH der Eigentümerin gegenüber ein bindendes Vertragsangebot zum Kauf des Grundeigentums ab. In § 13 des Vertrages war der Kaufpreis auf 30,- DM pro qm, insgesamt also 186.930,- DM festgesetzt und ferner bestimmt, daß für diesen Kaufpreis "die gleiche Wertgleitklausel vereinbart" sei, "die in Teil A § 3 Abs. 4 für den Erbbauzins vereinbart" sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf die bei der Akte befindliche Kopie (Blatt 17 ff. der Akte) Bezug genommen.

Mit notariell beurkundeter Bewilligungserklärung vom 30.5.1968 wurde zugunsten des jeweiligen Eigentümers der Grundstücke eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Erhöhung oder Ermäßigung des Erbbauzinses entsprechend der Steigerung oder Ermäßigung der Lebenshaltungskosten eines 4- Personen-Arbeitnehmerhaushaltes mit mittlerem Einkommen des alleine verdienenden Haushaltsvorstandes, gemessen nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes bewilligt (Blatt 137 der Akte). Die B. GmbH nutzte das damals nicht unmittelbar erschlossene Gelände als Parkplatz.

Die Vertragsparteien vereinbarten aufgrund der Erhöhungsverlangen der damaligen Eigentümerin vom 12.9.1973, vom 22.12.1977 und vom 14.12.1982 jeweils Anpassungen des Erbbauzinses um die von ihr ermittelten Indexwerte von 25,67 %, 22,49 % und 25,2 %.Der Erbbauzins betrug demnach zuletzt 14.353,- DM. Ende der achtziger Jahre gab die B. O. GmbH ihren Betrieb auf dem Gelände auf.

Durch notariell beurkundeten Schenkungsvertrag vom 28.11.1995 übertrug die Mutter der Kläger diesen das Eigentum an dem Grundbesitz einschließlich aller Rechte aus dem Erbbaurechtsvertrag vom 29.2.1986. Sie wurden am 21.12.1995 als Eigentümer im Grundbuch des Amtsgerichts Bad Homburg von O. Blatt 9674 eingetragen. Infolge einer Flurbereinigung handelt es sich nunmehr um zwei Flurstücke, nämlich 5138/2 und 5138/3 mit einer Gesamtgröße von 6.270 qm. Die Stadt O. hat das Gewerbegebiet, in dem die Grundstücke gelegen sind, zwischenzeitlich neu beplant und eine Erschließungsstraße angelegt. Die Grundstücke sind nunmehr erschlossen. Auf ihnen wird eine Gewerbebebauung mit GRZ 0,6, GFZ 2,0 bei vier Geschossen möglich sein. Die Beklagte hat für Grundstücke in diesem Gebiet mit einer Gesamtfläche von 56.265 qm einschließlich der Erbpachtgrundstücke an die Stadt O. entsprechend deren Schreiben vom 31.7.2000 (Blatt 210 der Akte). Erschließungskosten in Höhe von 2.155.840,- DM zu zahlen.

Im Zuge von Ankaufsverhandlungen der Parteien holte die Beklagte zur Ermittlung des Verkehrswertes des Erbbaurechtes und des Verkehrswertes der mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücke das aus Blatt 27 ff. der Akte ersichtlich Gutachten des Sachverständigen D. vom 23.8.2000 ein. Hiernach betrugen zum Stichtag 21.8.2000 der Bodenwert des unbelasteten Grundstücks 3.001.430,- DM und der anteilige Wert des Erbbaurechts hiervon 1.715.893,- DM. Für die Berechnung des Bodenwertanteils des Erbbaurechts wurde hierbei "gemäß der Vereinbarung im Erbbaurechtsvertrag ein Erbbauzins von 4,0 % angesetzt". Der Kläger zu 2) ließ ein weiteres Gutachten erstellen. Der Sachverständige F. ermittelte in seinem Gutachten vom 27.10.2000 (Blatt 38 ff. der Akte) einen Verkehrswert des unbelasteten Grundstücks von rund 4.033.000,- DM (abzüglich 45.000,- DM für Altablagerungen und Bodenkontamination). Hinsichtlich der Ermittlung des angemessenen Erbbauzinses übernahm der Sachverständige das Wertermittlungsverfahren des Sachverständigen D.. Mit Anwaltsschreiben vom 13.11.2000 (Blatt 24 f. der Akte) schlugen die Kläger der B. O. GmbH, O., unter Hinweis auf die Ergebnisse der Gutachten vor, wegen erneuter Steigerung des maßgebenden Indexes um 33,36 % vom 1.1.2001 an als angemessenen Erbbauzins 4 % des Grundstückswerts, mithin 162.000,- DM jährlich zu zahlen. Die B., O. GmbH schlug mit Anwaltsschreiben vom 12.12.2000 (Blatt 52 f. der Akte) eine Anpassung vom 1.1.2001 an um die Indexerhöhung, also um 4.388,16 DM, auf 19.141,16 DM vor und zahlte diesen Betrag am 18.4.2001. Die Kläger nahmen diese Zahlung "als Teilzahlung" an.

Die Kläger haben die Ansicht vertreten, der Erbbauzins sei nunmehr auf rund 4 % des jetzt ermittelten Grundstückswerts zu erhöhen. Eine derartige Berechnung sei auf der Grundlage der vertraglichen Regelung nach Recht und Billigkeit angemessen, wie sich aus den vorgelegten Sachverständigengutachten ergebe. Eine Anpassung gerade nach dem Lebenshaltungskostenindex sei nicht vereinbart worden.

Bei der Vertragsauslegung seien die Ergebnisse des Parallelverfahrens K (Abschluß des Erbbaurechtsvertrages gleichfalls am 29.2.1986, beurkundet gleichfalls von Notar Dr. C.) gemäß dem Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M., Az.: 2/18 O 413/87, und dem vor dem Oberlandesgericht Frankfurt a.M. abgeschlossenen Vergleich, Az.: 4 U 143/88, (Blatt 61 ff. der Akte) nicht berücksichtigt worden. Anders als dort sei hier gerade kein direkter Bezug zur Preisindexerhöhung hergestellt worden.

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 162.000,- DM nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.1.2001 zu zahlen abzüglich am 18.4.2001 gezahlter 19.141,16 DM,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, mit ihnen einig zu sein, daß für das Kalenderjahr 2001 ein Erbbauzins von 162.000,- DM zu zahlen ist, und die Beklagte zu verurteilen, an sie diese 162.000,- DM nebst 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.1.2001 zu zahlen abzüglich am 18.4.2001 gezahlter 19.141,16 DM,

weiterhin hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, die zur Eintragung eines auf 162.000,- DM abgeänderten Erbbauzinses erforderlichen Erklärungen gegenüber dem Grundbuchamt abzugeben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, die Erhöhung des Erbbauzinses müsse nach der Steigerung des Lebenshaltungskostenindexes bemessen werden. Dies ergebe sich bereits aus dem eindeutigen Wortlaut der Vertragsklausel und werde bestätigt durch die einvernehmliche Anwendung der Klausel in der Vergangenheit. Sie beruft sich ferner auf die grundbuchliche Sicherung des Anspruchs auf Erhöhung oder Ermäßigung des Erbbauzinses gemäß der notariellen Urkunde vom 30.5.1968. Schließlich entspreche die Erhöhung nach dem Indexmaßstab auch Recht und Billigkeit.

Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 5.4.2002, den Klägern zugestellt am 10.4.2002, abgewiesen. Zur Begründung hat es angeführt, § 3 des Vertrages eröffne einen, wenn auch begrenzten, Ermessensspielraum. Die Klausel erwähne als relevant allein die Entwicklung des Lebenshaltungskostenindexes, aber insbesondere nicht eine Veränderung der Bodenwerte. Dies gelte nicht nur für das "Ob", sondern auch für die Höhe einer Anpassung. Die Vertragsparteien hätten dies auch so gehandhabt. Im übrigen sei die Beklagte durch die werterhöhenden baulichen Veränderungen bereits finanziell belastet worden und müsse die entstandenen Vorteile nicht nochmals über eine Erhöhung des Erbpachtzinses ausgleichen.

Die Hilfsanträge seien nur insoweit zulässig, wie damit eine Anpassung des Erbbauzinses in Höhe von mehr als dem von der Beklagten freiwillig gezahlten Betrag gefordert werde, da die Beklagte zur Vereinbarung eines dahingehenden Erbbauzinses bereit sei. Sie seien aber aus den genannten Gründen gleichfalls unbegründet.

Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und ebenso begründeten Berufung verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter. Sie wiederholen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Die Vertragsklausel regele nur das "Ob", nicht das "Wie" einer Erhöhung.

Maßgebend seien "Recht und Billigkeit". Dies entspreche einem Zins in Höhe von 4 % des Verkehrswertes der Grundstücke, wie es beide Sachverständige ermittelt hätten und was auch allgemein üblich sei. Die Regelung in § 13 des Vertrages sei für die Auslegung mitheranzuziehen. Hieraus ergebe sich, daß eine Anpassung des Kaufpreises nur nach dem Lebenshaltungskostenindex unangemessen sei und daher auch der Verkehrswert der Grundstücke berücksichtigt werden müsse. Die von der Beklagten vorgetragenen Erschließungskosten hätten nicht berücksichtigt werden dürfen, da sie umgerechnet nur 38,32 DM/qm betrügen und die Sachverständigen ohnehin davon ausgegangen seien, die Grundstücke seien nicht erschlossen. Im übrigen habe der nach Schluß der mündlichen Verhandlung vom 2.11.2001 eingereichte Schriftsatz der Beklagten vom 12.12.2001 nicht ohne ausdrücklichen Hinweis verwertet werden dürfen.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 5.4.2002 (Az.: 2/21 O 335/01) abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 82.829,28 € (vormals 162.000,- DM nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.1.2001 zu zahlen abzüglich am 18.4.2001 gezahlter 9.786,65 € (vormals 19.141,16 DM).

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, mit ihnen einig zu sein, daß für das Kalenderjahr 2001 ein Erbbauzins von 82.829,28 € (vormals 162.000,- DM) zu zahlen ist, und die Beklagte zu verurteilen, an sie diese 82.829,28 € (vormals 162.000,- DM) nebst 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.1.2001 zu zahlen abzüglich am 18.4.2001 gezahlter 9.786,65 € (vormals 19.141,16 DM),

weiterhin hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, die zur Eintragung eines auf 82.829,28 € (vormals 162.000,- DM) abgeänderten Erbbauzinses erforderlichen Erklärungen gegenüber dem Grundbuchamt abzugeben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch sie wiederholt ihre Argumente. Die Auslegung des Vertrages ergebe eindeutig, daß sich Änderungen des Erbbauzinses an den Veränderungen des Preisindexes orientieren sollten. Für eine Anknüpfung an den Wert des Grundstücks finde sich hingegen keinerlei Anhaltspunkt im Vertrag. Für eine ergänzende Vertragsauslegung sei kein Raum. Diese ergäbe im übrigen das gleiche Ergebnis, da eine Anbindung der Erbbauzinserhöhung an den Verkehrswert der Grundstücke in dem Vertrag keinen Niederschlag gefunden habe. Ferner zieht sie den - nur im Falle von Wohngebäuden anwendbaren - § 9a ErbbauVO heran, dessen Abs. 1 gerade gegen die Ansicht der Kläger spreche; das Vorliegen einer Rückausnahme gemäß S. 4, also einer Steigerung des Grundstückswerts für die Beklagte, die nicht schon von ihr bezahlt sei, müßten die Kläger selbst vortragen und beweisen.

Auch sei der geforderte Betrag nicht substantiiert dargelegt, da er keinem der von den Sachverständigen genannten Beträge entspreche.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in des Sache keinen Erfolg. Die Beklagte schuldet den Klägern keinen über den bereits freiwillig geleisteten Betrag von 19.141,16 DM hinausgehenden Erbbauzins.

Die Voraussetzungen einer Änderung der Höhe des Erbbauzinses lagen unstreitig vor. Sie sind in § 3 Abs. 4 des Vertrages vom 29.2.1986 klar geregelt in Gestalt der Abweichung des Lebenshaltungskostenindexes um mehr als 20 % vom bisherigen Stand. Die Steigerung vom Zeitpunkt der letzten Erhöhung bis zum Mai 2000 betrug 33,36 %. Es besteht auch keine Begrenzung auf eine einmalige Abweichung während des gesamten Vertragszeitraums; vielmehr kann bei Vorliegen der Voraussetzungen jeweils erneut Abänderung verlangt werden. Hiervon gehen auch beide Parteien aus.

Die Erhöhung ist jedoch entsprechend der Erhöhung des Lebenshaltungskostenindexes um 33,36 % auf - lediglich - 19.141,16 DM (= 9.786,65 €) vorzunehmen; diesen Betrag hat die Beklagte bereits gezahlt.

Bezüglich der Ermittlung der Höhe des geänderten Erbbauzinses ist in § 3 Abs. 4 des Vertrages am Ende geregelt, daß diese "nach den vorstehenden Vorschriften" zu erfolgen hat. Es ist also durchaus eine Regelung im Vertrag getroffen, die allerdings auslegungsbedürftig ist. Maßgebend soll demnach sein, daß Leistung und Gegenleistung sich in einer "nach Recht und Billigkeit" angemessenen Weise entsprechen sollen. Wenn diese Angemessenheit nicht mehr gewahrt ist, soll eine Änderung möglich sein. Daraus ist zu schließen, daß mit der Änderung eine "Recht und Billigkeit" entsprechende Regelung wiederhergestellt werden soll. Dabei kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß es nicht nur einen genauen Betrag gibt, der Recht und Billigkeit entspricht, sondern eine Bandbreite möglicher Beträge.

"Recht und Billigkeit" kann nun allgemein zu verstehen sein mit der Folge, daß hier alle relevanten Aspekte, möglicherweise auch der geänderte Grundstückswert, miteinbezogen werden sollen, oder konkretisiert dahingehend, daß gleichfalls nur der Stand des Lebenshaltungskostenindexes maßgebend sein soll. Der Wortlaut der nach Vertragsschluß erstellten notariellen Urkunde vom 30.5.1968 ist für die Auslegung nicht bindend. Das gleiche gilt für das Schreiben des Notars Dr. C. vom 19.1.1987, welches in dem Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 14.7.1988 (Az. 2/18 O 413/87) zitiert ist. Auch § 13 des Vertrages bietet insoweit keine weitere Auslegungshilfe, da die für den Kaufpreis vereinbarte Wertgleitklausel nur auf diejenige für den Erbbauzins verweist. Ein Argument für die Einbeziehung einer Steigerung des Grundstückswerts in die Bemessung des Erbbauzinses ergibt sich hieraus jedenfalls nicht, da auch hinsichtlich der Höhe des Kaufpreises für die Grundstücke eine Bezugnahme auf den Lebenshaltungskostenindex plausibel erscheinen kann. Dem steht nicht entgegen, daß an sich ein Verkauf zu dem jeweiligen Verkehrswert interessengerechter sein könnte, während eine Orientierung an dem Index möglicherweise zu ungewöhnlichen, sich erheblich zum Nachteil des Verkäufers auswirkenden Ergebnissen führen kann. In dem Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 14.7.1988 in der Sache K ./. B. GmbH (Az.: 2/18 O 413/87), auf welches sich die Kläger beziehen, ist auf Seite 10 überzeugend dargelegt, daß gerade eine Orientierung des Kaufpreises am Verkehrswert zu unbilligen Ergebnissen führen könnte, da das Angebot des Erbbauberechtigten laut Vertrag bindend ist und zu einer Ankaufverpflichtung zu einem Kaufpreis in bei Vertragsschluß überhaupt nicht kalkulierbarer Höhe führen würde. Hingegen ist ein an dem Lebenshaltungskostenindex ausgerichteter Preis stets wirtschaftlich kalkulierbar, da ihm notwendigerweise auch eine etwa entsprechend gestiegene Kaufkraft des Einkommens des Erbbauberechtigten gegenübersteht.

Die Formulierung von § 3 Abs. 4 des Vertrages spricht dafür, daß das Kriterium "Recht und Billigkeit" ebenso wie bei dem ausdrücklich aufgeführten Fall des Eintritts der Unangemessenheit, welche die Voraussetzung für eine Vertragsanpassung sein soll, auch bei der Rechtsfolge der Ermittlung des nun angemessenen Erbpachtzinses anhand des Lebenshaltungskostenindexes auszufüllen sei. Ansonsten hätte es nahegelegen, auch andere Gründe als Anlaß für eine Änderung zu nennen oder zuzulassen und eine Änderung des Lebenshaltungskostenindexes lediglich beispielhaft anzuführen. Im Falle der Berücksichtigung weiterer Umstände müßten die Vertragsparteien im Wege der Verhandlungen ermitteln, welcher Betrag nun Recht und Billigkeit entspricht. Angesichts des mangels näherer Spezifizierung breiten Spektrums hier in Betracht kommender Kriterien, welche sich auf das Grundstück selbst, die äußeren Umstände, den Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen sowie Umstände die Vertragsparteien betreffend beziehen können, wäre das Ergebnis zunächst völlig offen und damit auch nicht hinreichend bestimmbar.

Eine Heranziehung ausschließlich oder vorrangig des Verkehrswerts des Grundstücks ergibt sich aus der Vertragsklausel jedenfalls nicht. Die Parteien wären mithin fast gezwungen, jeweils ein Sachverständigengutachten über den angemessenen Erbbauzins einzuholen, bzw. das Gericht müßte dies tun, da davon auszugehen ist, daß im Falle der Nichteinigung eine Neufestsetzung durch Urteil gewollt ist. Für eine solche recht unpraktikable Intention des Vertrages bestehen aber keine Anhaltspunkte.

Etwas anderes ergibt sich nicht aus einem Umkehrschluß zu den Vereinbarungen in dem Parallelvertrag K. vom 29.2.1986, welcher dem genannten Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 14.7.1988 zugrundeliegt. Zwar war hier eine ganz eindeutige Regelung in der Weise getroffen, daß "eine Erhöhung (oder Senkung) des vereinbarten Erbbauzinses in Höhe des Unterschiedes im Preisindex in Prozenten" eintritt, während der mit der Mutter der Kläger geschlossene Vertrag eine solche Regelung nicht enthält. Es ist aber auch keine andere konkrete Regelung getroffen, sondern wie dargelegt auf die "vorstehenden Vorschriften" verwiesen worden, die aber als konkreten Bezugspunkt lediglich den Lebenshaltungskostenindex nennen.

Der geschuldete Erbbauzins ist nicht deshalb auf einen 4 % des jetzigen Grundstückswerts entsprechenden Betrag zu erhöhen, weil gerade dies angemessen wäre. Zwar ist es allgemein üblich, daß der Erbbauzins bei der Begründung des Erbbaurechts nach einem Prozentsatz des Grundstückswerts bestimmt wird (vgl. BGH, NJW 2003, 354, 355 f.; BGHZ 119, 220, 222 f.). Das hat aber nicht zur Folge, daß dieses Verhältnis zum Grundstückswert - ohne entsprechende konkrete Vereinbarung - auch künftig gewahrt werden müßte. Vielmehr ist die zu berücksichtigende Interessenlage im Falle der Neufestsetzung des Erbbauzinses eine andere als diejenige zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Die Erhöhung soll die Folgen einer eingetretenen Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse ausgleichen.

Dabei sollen die vertraglich vereinbarten Änderungen des Erbbauzinses für die Vertragsparteien aber grundsätzlich kalkulierbar bleiben. Erhöhungen des Grundstückswertes, die über Jahrzehnte hin einen ganz erheblichen Umfang erreichen können, waren aber im Jahre 1968 noch nicht kalkulierbar. Die Orientierung am Grundstückswert entspricht demzufolge nicht ohne weiteres Recht und Billigkeit.

Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, daß die Wertsteigerung der Grundstücke maßgeblich nicht nur auf der allgemeinen Preisentwicklung am Grundstücksmarkt, sondern auch in erheblichem Maße auf der geänderten planungsrechtlichen Situation in diesem Gewerbegebiet in O. beruht. Hierbei kann dahinstehen, ob derartige bei Vertragsschluß nicht absehbare Entwicklungen - soweit sie nicht durch eigenes Zutun der Beklagten, sondern infolge von äußeren, von Dritten verursachten Veränderungen eingetreten sind - im Rahmen von "Recht und Billigkeit" Einfluß auf die Bemessung des zu erhöhenden Erbbauzinses erlangen können.

Hierfür spricht allerdings, daß diese Umstände nicht Grundlage der im Jahre 1968 getroffenen Vereinbarungen gewesen sein dürften, bei ihrer Berücksichtigung liegt daher nicht ohne weiteres eine unzulässige Korrektur der seinerzeit getroffenen Vereinbarungen vor. Vielmehr können "Recht und Billigkeit" gerade gebieten, daß derartige Veränderungen bei der künftigen Bemessung des Erbbauzinses mit zu berücksichtigen sind. Dies setzt voraus, daß die Auslegung des geschlossenen Vertrages ergibt, daß der Erbbaurechtsbesteller zusätzlich zu dem ihn grundsätzlich treffenden Risiko eines Geldwertschwundes nicht auch das Risiko einer so wesentlichen Änderung des rechtlichen Status des Grundstücks, insbesondere seiner Bebauungsmöglichkeiten übernehmen sollte. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß der Vertrag nicht nur für 99 Jahre geschlossen ist, sondern der Beklagten oder ihren Rechtsnachfolgern nach § 8 des Vertrages zudem ein Vorrecht auf Erneuerung des Erbbaurechts gemäß § 31 ErbbRVO auf die Dauer von weiteren 99 Jahren zusteht. Derartige zu einer erheblichen Wertsteigerung führende Umstände könnten aber allenfalls dann Bedeutung gewinnen, wenn die Beklagte die erweiterten planungsrechtlichen Möglichkeiten auch tatsächlich nutzt. Allein die Begründung der Möglichkeit einer gesteigerten Nutzung des Grundstücks durch den Erbbauberechtigten führt noch nicht zu einer nach Recht und Billigkeit auszugleichenden Äquivalenzverschiebung, solange diese Möglichkeit nicht in Gestalt einer entsprechenden Nutzung durch den Erbbauberechtigten realisiert ist.

Die angemessene Höhe des Erbpachtzinses läßt sich auch nicht zwingend gerade den beiden vorgelegten Gutachten entnehmen, die von einem Erbbauzins von 4 % des Verkehrswertes des Grundstücks ausgehen (S. 16 f. des Gutachtens D. und Anlage I des Gutachtens F., Blatt 44 der Akte). Diese Werte wurden lediglich unter Bezugnahme auf die ursprüngliche Vereinbarung im Erbbaurechtsvertrag angenommen.

Eine Begründung, gerade 4 % des Verkehrswertes sei in diesem Fall der - allein - angemessene Erbbauzins, liegt hierin nicht. Dem Gutachten D., auf das sich das Gutachten F. lediglich bezieht, lag das Ziel zugrunde, den Verkehrswert des Erbbaurechts festzustellen. Dies ist ein völlig anderer Ansatz. Das Erbbaurecht als Handelsobjekt muß sich nach der nachhaltig marktgerechten Verzinsung des Bodenwertes richten. Der vertragliche Erbbauzins ist in diesem Zusammenhang lediglich unter dem Aspekt zu ermitteln, daß die Differenz zu der marktüblichen Verzinsung des Bodenwerts festgestellt und hierdurch ein Bodenwertanteil des Erbbaurechts in Gestalt der verbleibenden Differenz ermittelt wird (vgl. S. 13 des Gutachtens D.). Damit wird gerade keine Aussage über eine etwaige Unangemessenheit des vertraglichen Erbbauzinses getroffen. Vielmehr wird im Gegenteil hierzu gerade vorausgesetzt, daß die zur Anpassung des Erbbauzinses verwendbaren und verwendeten Indizes nicht der Entwicklung der Bodenpreise entsprechen, was die Gutachter per se nicht beanstanden.

Im übrigen ist bei mehrdeutigen Klauseln auch die bisherige Handhabung durch die Parteien bedeutsam (vgl. BGH, NJW 2002, 1421; Palandt/Bassenge, § 9 ErbbauVO, Rdnr. 12). Die bisherigen Vertragsparteien haben dreimal eine Erhöhung allein anhand des gestiegenen Lebenshaltungskostenindexes durchgeführt. Wenn auch zum Zeitpunkt der letzten Erhöhung im Jahre 1983 die Wertsteigerung der Grundstücke noch nicht in relevantem Maße eingetreten war, so spricht die frühere Handhabung durch die Vertragsparteien doch jedenfalls nicht für eine Heranziehung auch des Grundstückswertes für die Bemessung des Erbbauzinses.

Die hier angenommene Auslegung ist nicht sach- oder interessenwidrig. Vielmehr zeigt die bei Wohngebäuden geltende Bestimmung des § 9a Abs. 1 S. 2, 3 ErbbauVO, die auch auf vor Inkrafttreten dieser Vorschrift am 23.1.1974 geschlossene Verträge für später fällig werdende Erbbauzinsen anwendbar ist, daß eine solche Regelung durchaus als sinnvoll angesehen werden kann. Selbst eine deutliche Differenz in den Wertsteigerungen von Lebenshaltungskosten und Verkehrswert des Grundstücks würde damit eine Abweichung von der getroffenen Regelung nicht gebieten.

Ein Zinsanspruch ist nicht geschuldet (§§ 286 Abs. 1, 284 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB a.F.). Verzug ist nicht eingetreten, da die Beklagte den berechtigt geforderten Erhöhungsbetrag sogleich nach ihrer Einverständniserklärung mit dieser Erhöhung am 18.4.2001 gezahlt hat. Der Anspruch auf den erhöhten Erbpachtzins wird erst mit der Einigung der Vertragspartner vollwirksam und fällig. Zu einer anderen Beurteilung etwa unter dem Gesichtspunkt treuwidrigen Verhaltens würde auch nicht der Umstand führen, daß der Erbbauberechtigte einem begründeten Erhöhungsbegehren widerspräche und dieses im Klageweg durchgesetzt werden müßte (vgl. BGH, BB 1978, 581).

Die Hilfsanträge sind aus den gleichen oben genannten Gründen unbegründet.

Die Kläger haben die Kosten ihres ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 543 Abs. 2 ZPO). Vielmehr handelt es sich um eine Vertragsauslegung im Einzelfall.

Ende der Entscheidung

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