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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 08.11.2005
Aktenzeichen: 22 U 97/02
Rechtsgebiete: BGB, GmbHG, HGB


Vorschriften:

BGB § 823
GmbHG § 64
GmbHG § 82
GmbHG § 84
HGB § 331
Zur Haftung der Geschäftsführer einer GmbH wegen Verletzung der Pflicht zur Konkursantragsstellung und zur rechtzeitigen Erstellung eines korrekten Jahresabschlusses.
Gründe:

Die Klägerin nimmt die Beklagten als damalige Geschäftsführer der liquidierten A-B GmbH persönlich für Leistungen in Anspruch, welches sie aufgrund von Verträgen mit der GmbH erbrachte. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Ergänzend ist festzustellen, dass ausweislich der Zahlungserinnerung der Klägerin vom 02.09.1994 (Bl. 114) zu diesem Zeitpunkt ein Zahlungsrückstand von 83.599,92 DM (ohne Verzugszinsen) bestand, welcher sich auf die im Schreiben genannten Rechnungen vom August 1994 gründete und bis zum Jahresende um die Beträge zweier weiterer Rechnungen vom 28.12.1994 über 2.810,01 DM und 31.12.1994 über 6.582,60 DM auf insgesamt 92.992,53 DM erhöhte.

Von diesen Verbindlichkeiten waren am 02.04.1996 noch vier Rechnungen vom August 1994 mit einem Gesamtbetrag von 11.501,07 DM sowie ein Restbetrag in Höhe von 8.476,96 DM aus der Rechnung Nr. ... über insgesamt 29.176,96 DM offen; die darüber hinausgehenden Forderungen aus dem Jahre 1994 waren bis zum Mahnschreiben vom 02.04.1996 getilgt. Die weiteren der Berechnung der Klageforderung zugrunde liegenden Aufträge wurden der Klägerin von der A-B GmbH in der Zeit vom 01.06.1995 bis 15.12.1995 erteilt.

Von den der Klageforderung zugrunde liegenden Rechnungsbeträgen entfallen 82 % auf Warenforderungen und 18 % auf Lohnforderungen. Der Rohgewinn der Klägerin aus dem Warenanteil beträgt durchschnittlich 12 %, der Überschuss aus dem Lohnanteil 30 %.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Gericht hielt die von der Klägerin behauptete persönliche Haftungsübernahme in Gesprächen am 01.09.1994 oder 20.03.1996 aufgrund des Ergebnisses der von diesem durchgeführten Beweisaufnahme für nicht erwiesen. Im Übrigen stehe, so das Landgericht, der Klägerin auch kein Schadensersatzanspruch nach §§ 64, 84, 82 Abs. 2 GmbHG oder aus § 331 HGB i. V. m. § 823 Abs. 2 BGB zu. Selbst wenn man die angeführten Fehler in der Bilanz vom 31.12.1994 als richtig unterstelle, könne daraus nicht zwingend auf eine Zahlungsunfähigkeit der GmbH geschlossen werden. Ein Sachverständigengutachten hierzu sei nicht einzuholen gewesen, weil die Klägerin keine Anknüpfungstatsachen dafür vorgetragen habe, dass Anfang 1995 nicht nur eine vorübergehende Zahlungsunfähigkeit vorgelegen habe. Die von der Klägerin gerügten Verstöße gegen die Grundsätze der Bilanzwahrheit und Bilanzvollständigkeit gründeten sich allein auf Fehler im Hinblick auf die eigenen Forderungen der Klägerin. Diese seien ihr aber bekannt gewesen und könnten sich nicht auf die Annahme von Aufträgen der A-B GmbH ausgewirkt haben.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Gegen dieses am 22.04.2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 16.05.2002 Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 22.07.2002 verlängerten Frist begründet.

Sie rügt unter Vorlage einer von ihr eingeholten gutachterlichen Stellungnahme SV1 vom 15.05.2002, das Landgericht habe die Haftung der Beklagten unter Missachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung fehlerhaft verneint, welche sich aus dem Verstoß gegen die Grundsätze der Bilanzwahrheit und Bilanzvollständigkeit aus §§ 242, 246 Abs. 2 HGB, der Verletzung der Antragspflicht gemäß § 64 GmbHG sowie einer Verwirklichung der Straftatbestände der §§ 331 HGB sowie 82 GmbHG ergebe.

Im Übrigen rügt sie eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Landgerichts zur Frage eines Schuldbeitritts der Beklagten.

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil. Sie meinen, auch das weitere Vorbringen der Klägerin belege weder eine schuldhaft verspätete Bilanzerstellung, noch eine verspätete Konkursantragstellung wegen Überschuldung. Zudem fehle auch weiterhin der Nachweis der Kausalität für den geltend gemachten Schaden. Im Übrigen sei der Vortrag zur Überschuldung verspätet und deshalb nicht mehr zuzulassen. Schließlich weisen sie erneut auf die im Schriftsatz vom 12.02.2002 geschilderte Vereinbarung der Parteien hin, nach welcher der Klägerin auf die von dieser mit notariellem Vertrag vom 13.08.1996 erworbenen Wohnung (Bl. 73), welche für 487.000,00 DM zum Kauf angeboten worden sei, zur Abgeltung aller Ansprüche der Klägerin ein Nachlass von 117.000,00 DM gewährt worden sei (Beweis: Parteivernehmung des Beklagten A).

Der vom Berufungsgericht mit der Erstattung eines Gutachtens gemäß Beweisbeschluss vom 23.07.2004 beauftragte Sachverständige sah sich zur Beantwortung der Beweisfrage nicht in der Lage, nachdem die Beklagten erklärten, einen Jahresabschluss auf den 31.12.1995 sowie die Finanzbuchhaltungsunterlagen der Jahre 1994 und 1995 weder vorlegen, noch sonst beschaffen zu können, weil diese bei Auflösung des Büros der damaligen GmbH offenbar verloren gegangen seien.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivortrags in zweiter Instanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsbegründung vom 11.07.2002, der Berufungserwiderung vom 02.09.2002, sowie die Schriftsätze vom 05.07.2004, 20.07.2005 und 29.07.2005 Bezug genommen.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache nur geringen Erfolg.

Mit zutreffender Begründung, der sich das Berufungsgericht anschließt, hat das Landgericht nicht als bewiesen angesehen, dass die Beklagten in Gesprächen im September 1994 oder März 1996 erklärten, sie würden alle offenen Rechnungen der A-B GmbH und die Vergütung aus künftigen Aufträgen notfalls auch privat bezahlen.

Die landgerichtliche Beweiswürdigung ist auch unter Berücksichtigung des Berufungsvortrags der Klägerin nicht zu beanstanden. In Ansehung der sich widersprechenden Aussagen des Zeugen Z1, Vater der beiden Geschäftsführer der Klägerin und früheren Firmeninhabers einerseits, sowie der auf Antrag der Klägerin als Partei vernommenen beiden Beklagten andererseits, lässt sich in der Tat nicht mit der zu einer Verurteilung ausreichenden Gewissheit feststellen, dass sich die Beklagten mit den von der Klägerin behaupteten Erklärungen auch persönlich zur Zahlung verpflichteten. Dies kann, muss aber nicht geschehen sein, wie das Landgericht zutreffend ausführte. Eine davon abweichende Beurteilung folgt auch nicht aus dem Hinweis der Klägerin, die vom Landgericht vermisste plausible Erklärung für einen Schuldbeitritt der Beklagten finde sich in der Aussage des Geschäftsführers Z2 in seiner informatorischen Anhörung vor dem Landgericht, er habe mit der Gesellschaft der Beklagten keinerlei Geschäfte mehr machen, sondern vor Gericht ziehen wollen, was unweigerlich zum Konkurs der GmbH geführt hätte, so dass die Beklagten den Zeugen Z1 und seinen Sohn durch ihre Erklärungen zum Stillhalten und "Weitermachen" hätten bewegen wollen.

Derartiges hat der Geschäftsführer Z2 ausweislich des Protokolls der Sitzung vom 08.11.2001 nicht erklärt. Vielmehr hat der Zeuge Z1 in seiner Vernehmung vom 31.01.02 ausgesagt, im Verlaufe des Gesprächs am 20.03.1996, an welchem der Beklagte zu 1) nicht beteiligt gewesen sei, habe der Beklagte zu 2) ihm und seinem Sohn ... eröffnet, die inzwischen auf ca. 110.000,00 DM aufgelaufenen Außenstände wegen aufgetretener Zahlungsschwierigkeiten nicht bezahlen zu können. Falls sie klagen würden, müsse morgen Konkurs angemeldet werden.

Diese von dem Zeugen geschilderte Äußerung kann die behauptete Erklärung des Beklagten zu 1) in diesem Gespräch schon deshalb nicht zur Folge gehabt haben, weil der Beklagte zu 1) an diesem im März 1996 gar nicht teilnahm, wie die Klägerin nach zunächst anderweitiger Darstellung zu Gesprächsdaten und den an Gesprächen Beteiligten eingeräumt hat (Schriftsatz vom 05.01.02 Seite 8 = Bl. 134). Dass Derartiges bereits im September 1994 erklärt worden sei, hat auch der Zeuge Z1 nicht geschildert und kann also nicht als "plausible Erklärung" für eine im Gespräch vom 13. September 1994 abgegebene persönliche Haftungserklärung gelten.

Im Übrigen verwundert es, wenn der Zeuge Z1 bekundete, im Anschluss an eine heftige Auseinandersetzung habe er Herrn B schließlich doch noch zu der Aussage bewegen können, dass die Rechnungen bezahlt würden, auch wenn er sie privat bezahlen müsse. Hätten beide Beklagten nämlich, wie behauptet, bereits im September 1994 erklärt, für die bislang erteilten und auch für künftige Aufträge persönlich zu haften, dann hätte es weiterer Bemühungen des Zeugen Z1 im Gespräch vom 20.03.1996, den Zeugen zu der Aussage zu bewegen, die Rechnungen notfalls privat zu bezahlen, gar nicht mehr bedurft.

Bei Abwägung und Würdigung aller Umstände kann auch nach Ansicht des Berufungsgerichts die behauptete persönliche Haftungsübernahme der Beklagten nicht als bewiesen angesehen werden.

Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht ferner eine Haftung der Beklagten wegen Verletzung ihrer Verpflichtung zur rechtzeitigen Erstellung eines sachlich korrekten Jahresabschlusses zum 31.12.1994 und dessen Vorlage bei dem Handelsregister verneint. Denn abgesehen davon, dass der Klägerin bekannt war, dass die Verbindlichkeiten der Schuldnerin bei ihr am 31.12.1994 nicht nur die in der Bilanz ausgewiesenen 9.336,40 DM ausmachten, sondern 92.992,53 DM betrugen, scheitert eine Haftung unter diesem Aspekt daran, dass die den Geschäftsführern angelasteten bilanzrechtlichen Verstöße einschließlich der Pflicht aus § 316 Abs. 1 HGB nur dann in ursächlichem Zusammenhang mit den im Zeitraum 01.06. bis 15.12.1995 angenommenen Aufträgen und deren Durchführung hätte stehen können, wenn die Klägerin durch den Inhalt der fehlerhaften Bilanz zu einer Fortsetzung der Geschäftsbeziehung mit der GmbH veranlasst worden wäre, welche sie nach Kenntnisnahme einer korrekten Bilanz sofort beendet hätte. Die Klägerin hat aber gar nicht behauptet, dass sie sich jemals durch Einsichtnahme in das Handelsregister Kenntnis des Inhalts der Jahresabschlüsse der B-A GmbH verschafft und die Annahme von Aufträgen vom Ergebnis der dort ausgewiesenen Geschäftslage abhängig gemacht habe. Ansonsten hätte ihr ja auch zumindest auffallen müssen, dass der Jahresabschluss 1994 bei Annahme der Aufträge ab Juni 1995 noch nicht vorlag.

Zutreffend macht die Klägerin jedoch geltend, das Landgericht habe die Frage der Verletzung der Pflicht der Beklagten zur Konkursantragstellung nicht nur unter dem Aspekt der Zahlungsunfähigkeit betrachten dürfen. Eine nicht nur vorübergehende Unfähigkeit der GmbH im Jahre 1995, fällige Forderungen sofort zu erfüllen, ist in der Tat nicht feststellbar, nachdem die Schuldnerin allein auf die bis zum 31.12.1994 bei der Klägerin offenen Forderungen von 92.992,53 DM bis zum 02.04.1996 immerhin 73.014,50 DM (nämlich alle Verbindlichkeiten aus 1994 bis auf die offenen Rechnungen Nr. ... über 1.221,70 DM, Nr. ... über 8.420,30 DM, Nr. ... über 655,50 DM, Nr. ... über 1.203,57 DM sowie restliche 8.476,96 DM aus der Rechnung Nr. ...) bezahlt hat.

Die Klägerin behauptet auch gar nicht, die GmbH sei zu Beginn des Jahres 1995 zahlungsunfähig gewesen. Sie hat vielmehr schon in erster Instanz die Pflicht der Beklagten zur Konkursantragstellung Anfang 1995 aus einer Überschuldung der GmbH hergeleitet, welche sie aus dem Inhalt der Bilanz 1994, insbesondere dem dort ausgewiesenen Verlust in Höhe von 228.095,24 DM, der ferner ausgewiesenen Kapitalunterdeckung von 129.126,91 DM sowie den in der Bilanz verschwiegenen weiteren, über die bezifferten 9.336,40 DM hinausgehenden Verbindlichkeiten bei ihr begründete, die tatsächlich insgesamt unstreitig 92.992,53 DM betrugen.

Diese Fakten beinhalteten, weil ausweislich der Bilanz 1994 auch im Geschäftsjahr 1995 mit einem negativen Ergebnis zu rechnen war, jedenfalls hinreichende Hinweise darauf, dass die GmbH überschuldet sein könnte und lösten daher die Pflicht der Beklagten als deren Geschäftsführer aus, ohne Verzug einen Überschuldungsstatus aufzustellen (vgl. hierzu z. B. Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 4. Aufl., § 64 Rn 9 f., § 63 Rn 38 f.). Weil die Beklagten die Bilanz 1994 schuldhaft nicht innerhalb der Frist des § 264 Abs. 1 HGB erstellten und unverzüglich danach die gebotene Überprüfung ihrer Antragspflicht nach § 64 GmbHG vornahmen, sind sie der Klägerin aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 64 Abs. 1 GmbHG, einem Schutzgesetz im Sinne der vorgenannten Bestimmung (vgl. z. B. BGHZ 127 Seite 181 f.), zum Schadensersatz verpflichtet. Denn es ist davon auszugehen, dass das Ergebnis der Prüfung Anfang 1995 tatsächlich eine Überschuldung der GmbH ergeben hätte und daher unverzüglich und mithin noch vor dem 01.06.1995 von den Beklagten die Eröffnung des Konkursverfahrens hätte beantragt werden müssen. Dies deshalb, weil es die Beklagten zu vertreten haben, dass die Klägerin den grundsätzlich ihr obliegenden Beweis der objektiven Voraussetzungen der Konkursantragspflicht (vgl. BGH a. a. O. Seite 200) nicht mehr führen kann. Der Nachweis durch das vom Berufungsgericht angeordnete Sachverständigengutachten scheitert nämlich daran, dass die Beklagten die von dem Sachverständigen zur Beantwortung der Beweisfrage außer der den Anfangsverdacht einer Antragspflicht begründenden Bilanz 1994 benötigten weiteren Beurteilungsgrundlagen für den Überschuldungsnachweis der Auflage des Gerichts im Beschluss vom 16.06.2005 entsprechend nicht erfüllen und insbesondere einen Jahresabschluss 1995 sowie die Finanzbuchhaltungsunterlagen der Jahre 1994 und 1995 nicht vorlegen können. In Ansehung der Bilanz ist dies schon deshalb vorwerfbar, weil die Beklagten eine solche trotz Fortführung der Geschäfte der GmbH bis zur Konkursantragstellung am 28.11.1996 entgegen ihrer Pflicht aus § 42 GmbHG (wie auch für andere Jahre) niemals erstellten, wie sie dem Amtsgericht - Registergericht - Dieburg mit Schreiben vom 24.01.2000 (Bl. 80) selbst mitteilten. Die weiteren Unterlagen können sie ihrer Darstellung im Schriftsatz vom 20.07.2005 (Bl. 328) nach nicht vorlegen, weil sie bei der Auflösung des Büros der GmbH "offenbar verloren gegangen" sind. Auch dies beinhaltet eine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten, die gemäß § 74 Abs. 2 GmbHG nach Beendigung der von ihnen vorgenommenen Liquidation der GmbH die Aufbewahrung aller Bücher und Schriften der Gesellschaft für die Dauer von zehn Jahren durch sie selbst oder einen Dritten sicherzustellen hatten. Weil der Klägerin in Ansehung des von den Beklagten dadurch verschuldeten Aufklärungshindernisses eine weitergehende Beweisführung nicht möglich ist, die Beklagten andererseits aber wussten oder jedenfalls wissen mussten, dass die GmbH Rechnungen der Klägerin über mehr als 110.000,00 DM nicht beglichen hatte, haben sie zumindest fahrlässig eine Beweisführung der Klägerin vereitelt, indem sie eine Bilanz 1995 pflichtwidrig gar nicht erst erstellten und im Übrigen die Verfügbarkeit der weiteren Beweismittel nicht sicherstellten. Dass diese Unterlagen zum Nachweis eines etwa verspätet gestellten Konkursantrags von wesentlicher Bedeutung sein würden, war für die Beklagten auch ohne weiteres erkennbar. Dies hat zur Folge, dass es nunmehr Sache der Beklagten wäre, diejenigen Tatsachen darzulegen und erforderlichenfalls auch zu beweisen, welche - gegebenenfalls mit sachverständiger Beratung - die Feststellung zuließen, dass eine Konkursantragspflicht im Frühjahr 2005 noch nicht bestand (vgl. hierzu z. B. BGH NJW 83 Seite 2935, BGH ZIP 85 Seite 312, BGH NJW 94 Seite 1594, auch BGH NJW-RR 2005 Seite 766 f. II 2). Derartige konkrete Tatsachen haben die Beklagten aber nicht vorgebracht. Ihr pauschaler Hinweis darauf, die GmbH habe noch bis Ende 1996 ihren Geschäftsbetrieb aufrechterhalten und erhebliche Umsätze und sogar Gewinne gemacht, bis zur Antragstellung im November 1996 habe keinerlei Veranlassung hierzu bestanden und schon gar nicht zur Zeit der hier in Rede stehenden Auftragserteilungen (Schriftsatz vom 04.09.2000, Bl. 61 f.) reicht hierfür keinesfalls aus; die Beklagten bleiben auch jede Erklärung dafür schuldig, weshalb die GmbH die Rechnungen der Klägerin aus der zweiten Jahreshälfte 1995 dann nicht bezahlte und die im November 1996 beantragte Konkurseröffnung mangels Masse abgelehnt wurde.

Was nun die Höhe des zu leistenden Schadensersatzes anbelangt, so ist diese auf das negative Interesse gerichtet, d. h. die Klägerin ist so zu stellen, wie sie stünde, wenn die Beklagten im Frühjahr 1995 wegen eingetretener Überschuldung der GmbH Konkursantrag gestellt hätten. Die Klägerin hätte dann in der Tat, wie sie unbestritten und nachvollziehbar behauptet, die nach dem 01.06.1995 angenommenen Aufträge der B-A GmbH nicht mehr ausgeführt, welche jedoch nicht die von der Klägerin angenommene Rechnungssumme von insgesamt 98.918,05 DM, sondern lediglich einen Rechnungswert von insgesamt 90.366,09 DM ausmachten.

Soweit die Klägerin ihre Forderung nämlich aus dem Mahnschreiben vom 02.04.1996 (Bl. 54) herleitet, der einen Gesamtschuldbetrag von 110.344,12 DM ausweist, verkennt sie, dass darin ein Schuldenanteil von 19.978,03 DM an Altschulden aus dem Jahre 1994 enthalten ist, nämlich die im Schreiben vom 02.04.1996 angeführten vier Rechnungsbeträge aus 1994 in Höhe von insgesamt 11.501,07 DM sowie der offene Restbetrag von 8.476,96 DM der weiteren Rechnung Nr. ... aus 1994 über insgesamt 21.754,80 DM. Um diesen Anteil ist die Gesamtsumme der Aufträge aus 1995 deshalb zu vermindern.

Weil die Klägerin jedoch keinen Anspruch auf das Erfüllungsinteresse hat, kann sie auch den Gesamtrechnungsbetrag von 90.366,09 DM der Aufträge des Jahres 1995 nicht in voller Höhe beanspruchen. Dieser ist vielmehr um den Gewinnanteil der in Rechnung gestellten Waren und Lohnkosten zu kürzen. Ihrem Vortrag im Schriftsatz vom 05.07.2004 zufolge betrug der Warenanteil dieser Rechnungen 82 %, mithin 74.100,19 DM, der Lohnanteil 18 % = 16.265,90 DM. Der Rohgewinn am Warenanteil machte 12 % = 8.892,02 DM aus, von den Lohnkosten verblieben der Klägerin 30 % Rohgewinn = 4.879,77 DM. Hieraus folgt, dass der Klägerin aus den zwischen Juni und Dezember 1995 ausgeführten Arbeiten Aufwendungen an Waren- und Lohnkosten in Höhe von insgesamt 76.594,30 DM (90.366,09 DM - 13.771,79 DM) entstanden, die ihr ohne Ausführung dieser Aufträge erspart geblieben wären.

Aber auch um diesen Betrag ist das Vermögen der Klägerin letztlich nicht geschädigt worden. Ein im Frühjahr 1995 gestellter Konkursantrag hätte nämlich nicht nur zur Folge gehabt, dass die Klägerin weitere Aufträge der B-A GmbH nicht mehr angenommen und dadurch Aufwendungen in der zuvor genannten Höhe erspart hätte, vielmehr hätte sie dann auch keine weiteren Zahlungen auf die Altschulden des Jahres 1994 mehr erhalten. Wie die Klägerin selbst vorgetragen hat, führte die GmbH ihre zum 31.12.1994 bestehenden Schulden von insgesamt 92.992,53 DM bis zum 02.04.1996 um insgesamt 73.014,50 DM zurück. Als offene Altschulden verblieben der Klägerin nämlich lediglich die von ihr genannten 11.501,70 DM sowie weitere 8.476,96 DM als Restschuld aus der Rechnung Nr. ... vom 15.08.1994 über insgesamt 29.176,96 DM, welche sie irrtümlich in ihrer Schadensberechnung als nach dem 01.06.1995 entstandene Verbindlichkeit einstellte. Auf Altschulden aus dem Jahre 1994 wurden bis zur Konkursantragstellung mithin noch 73.014,50 DM (nämlich 92.992,53 DM abzüglich verbliebener 19.978,03 DM) getilgt.

Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass bis zu der ihrer Behauptung nach gebotenen Konkursantragstellung auf die verbliebenen Altschulden bereits weitere Beträge gezahlt worden seien, sie hat auch nicht behauptet, dass sie bei einer Konkursantragstellung im Frühjahr 1995 auf diese Altschulden noch eine (nennenswerte) Konkursquote erhalten hätte. Das von ihr vorgelegte, in Bezug genommene Privatgutachten SV1 legt im Gegenteil nahe, dass sie auch bei einer Antragstellung zu dem von ihr geltend gemachten Zeitpunkt mit ihren Forderungen gänzlich ausgefallen wäre.

Hieraus folgt, dass das Vermögen der Klägerin durch die unterbliebene Antragstellung im Frühjahr 1995 andererseits auch um die Zahlungen auf die bestehenden Altschulden des Jahres 1994 in Höhe von 73.014,50 DM vermehrt wurde. Ihr tatsächlicher Schaden liegt daher lediglich in der Differenz zwischen dem Schadensbetrag aus den Neuaufträgen in Höhe von 76.594,30 DM und den andererseits durch die verspätete Antragstellung noch auf Altschulden bezahlten 73.014,50 DM, insgesamt also 3.579,80 DM = 1.830,32 €.

Die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz dieses Betrags entfällt auch nicht etwa im Hinblick auf eine Vereinbarung der Klägerin mit der Schuldnerin, dass durch einen Rabatt von 120.000,00 DM auf den Kaufpreis der von der GmbH am 13.08.1996 erworbenen Eigentumswohnung in ... alle Ansprüche der Klägerin aus zuvor erteilten Aufträgen erledigt sein sollten.

Die Klägerin hat eine solche Absprache vehement bestritten, die Beklagten haben zum Beweis der Richtigkeit ihrer Darstellung lediglich die Vernehmung des Beklagten zu 1) als Partei beantragt; diesem Antrag war mangels Einverständnisses der Klägerin nichts zu entsprechen (§ 447 ZPO).

Der Zinsanspruch ist lediglich auf der Grundlage der Teilforderung über 21.794,80 DM ab dem insoweit geltend gemachten, nicht bestrittenen Zeitpunkt schlüssig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO lagen nicht vor (vgl. z. B. BGH NJW 2003 Seite 65).

Ende der Entscheidung

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