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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 02.09.2009
Aktenzeichen: 23 U 101/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 138
BGB § 157
BGB § 313
Zur Auslegung eines Sicherheiten-Poolvertrages und zur Wirksamkeit der Vereinbarung einer Risikoprämie (success fee) für Banken.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 25.4.2008 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wie folgt teilweise abgeändert:

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, die keiner Änderung oder Ergänzung bedürfen, wird zunächst gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung einer Risikoprämie aus einem Sideletter zu einem Sicherheiten-Poolvertrag geltend, wobei sie ihren Anspruch auf Bereicherungsrecht sowie § 826 BGB stützt.

Das Landgericht hat der Klage zum Teil mit der Begründung stattgegeben, dass der Beklagten aufgrund der Auszahlung von "fresh money" lediglich in Höhe von 3 Mio DM anstatt der vereinbarten 5 Mio DM nur ein Anspruch auf 3/5 der wirksam vereinbarten, mit der vorbehaltlosen Zahlung der ersten Rate von der Klägerin akzeptierten Risikoprämie zustand. Im Übrigen hat es die Klageabweisung auf Verjährung der ersten Rate vom 22.12.2003 sowie die fehlende Schlüssigkeit eines Anspruchs aus § 826 BGB gestützt.

Gegen das ihr am 2.5.2008 zugestellte Urteil des Landgerichts hat die Beklagte am 29.5.2008 fristgerecht Berufung eingelegt und am 1.7.2008 begründet. Die Klägerin hat darauf innerhalb der Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO Anschlussberufung eingelegt.

Gegen die Klagestattgabe richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie die vollständige Klageabweisung weiterverfolgt. Das Landgericht habe den Sideletter vom 5.7.2001 zum Sicherheiten-Poolvertrag fehlerhaft ausgelegt, der nach seinem Wortlaut (u.a. "...für die Bereitschaft, die Restrukturierung der Unternehmensgruppe zu unterstützen") und systematischen Zusammenhang mit der Kreditzusage vom 4./23.7.2001 (insbesondere Entfall der Auszahlung von 610.000.- DM ohne ISB-Bürgschaft; Ziffer k)) eine Zahlungsverpflichtung der Klägerin hinsichtlich der vollständigen Risikoprämie auch für den Fall des Nichtzustandekommens der Ausfallbürgschaft der ISB mit der Folge einer Reduzierung der Fresh-money-Kreditlinie auf 3 Mio DM begründet habe. Die Unabhängigkeit der Risikoprämie - die nach dem Willen der Beteiligten bereits für ein Darlehensrisiko von nur 2 Mio DM habe anfallen sollen, also erst recht beim begebenen 3 Mio DM-Darlehen - vom tatsächlich ausbezahlten Fresh-money-Kredit folge sowohl aus der Tatsache der Nichterhöhung der Risikoprämie trotz der eingetretenen Risikoerhöhung als auch dem Fehlen einer Anpassungsregelung zur Risikoprämie im bilateralen Kreditvertrag vom 4./23.7.2001 im Gegensatz zur dort getroffenen Regelung zur Reduzierung der Kredithöhe bei Ausbleiben der ISB-Bürgschaft. Auch für eine ergänzende Vertragsauslegung oder die Anwendung der Regeln des Wegfalls der Geschäftsgrundlage bestehe keine Veranlassung, da es hierfür angesichts der getroffenen Regelungen und der Interessenlage r Beteiligten an einer planwidrigen Regelungslücke oder einem nicht vorhersehbaren Fortfall der Geschäftsgrundlage fehle. Darüber hinaus liege aufgrund der vorbehaltlosen Zahlung der ersten Rate der Risikoprämie durch die Klägerin vom 22.12.2003 in Kenntnis der Vereinbarungen und der eingetretenen Reduzierung des Fresh-money-Kredits auf 3 Mio DM ein deklaratorisches Anerkenntnis hinsichtlich der gesamten Risikoprämie vor, was das Landgericht übergangen habe, aber bereits zum Ausschluss der Klageforderung in vollem Umfang führe. Ein weiteres Schuldanerkenntnis der Klägerin liege in deren Stundungsbegehren bzw. der Stundungsvereinbarung hinsichtlich der zweiten Rate der Risikoprämie.Die Anschlussberufung der Klägerin sei aus den genannten Gründen zurückzuweisen. Weder der Sicherheiten-Poolvertrag noch die Vereinbarung der Risikoprämie im Sideletter seien angesichts der Umstände (Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung der Firmengruppe, drohende Insolvenz, Sanierungsrisiko, langer Sanierungsprozess mit privilegierten Normalkonditionen) sittenwidrig. Die Belastungsbuchung über 180.000.- € vom 31.5.2006 mit dem Buchungstext "Zinsen/Kosten/Auslagen" für die zweite Rate der Risikoprämie sei rechtmäßig gewesen aufgrund der wirksamen Entgeltvereinbarung im Kreditvertrag und Sicherheiten-Poolvertrag und als Entgelt gemäß Nr. 12 Abs. 2 AGB-Banken mit Belastungsrecht nach Nr. 7 Abs. 1 AGB-Banken. Für den Fall der Annahme des Erfordernisses einer gesonderten Ermächtigung werde die Hilfsaufrechnung mit dem Zahlungsanspruch hinsichtlich der zweiten Rate der Risikoprämie erklärt; im Falle deren Unzulässigkeit Hilfswiderklage auf Feststellung der entsprechenden Zahlungsverpflichtung der Klägerin gegenüber der Beklagten erhoben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Beklagten wird auf ihre Schriftsätze vom 30.6.2008 (Bl. 393-420 d.A.), 30.10.2008 (Bl. 479-497 d.A.) und 30.7.2009 (Bl. 519-525 d.A.) verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 25.4.2008 teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen sowie die Anschlussberufung zurückzuweisen;

hilfsweise festzustellen, dass die Klägerin der Beklagten die zweite Hälfte des auf sie entfallenden Anteils der Risikoprämie/success fee (1/2 von 46,9 % von 766.937,82 € = 179.846,91 €) aus der zwischen den Parteien getroffenen Kreditzusage vom 4.7.2001 in Verbindung mit der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung aus dem "Sideletter zum Sicherheiten-Poolvertrag bzgl. der Vereinbarung einer Risikoprämie vom 5.7.2001" schuldet.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und im Wege der Anschlussberufung das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 25.4.3008 teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 36.061,20 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.8.2007 zu zahlen.

Die Klägerin verteidigt die klagestattgebende Entscheidung des Landgerichts unter Wiederholung und teilweiser Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und begehrt im Wege der Anschlussberufung die Zahlung eines weiteren Betrags von 36.061,20 €, mithin insgesamt 180.000.- €, was dem Betrag der Belastungsbuchung vom 31.5.2006 entspricht, die sie für rechtswidrig hält. Die Auslegung des Landgerichts zu der Frage, wann die volle Prämie verdient sei, sei zutreffend, da einzig stichhaltiges Kriterium dafür die Gewährung des neuen Kredites über 5 Mio DM gewesen sei, hingegen nicht eine undefinierte schlichte Bereitschaft zur Unterstützung oder ein wirtschaftlicher Erfolg der Unterstützung als ohnehin selbstverständliche Voraussetzung der Prämienrealisierung. Die Sideletter-Vereinbarung sei sowohl für sich genommen sittenwidrig als auch im Zusammenhang mit dem Sicherheiten-Poolvertrag nach § 139 BGB, bei dem sich die Beklagte unter Ausnutzung der wirtschaftlichen Notlage der Klägerin überhöhte Gegenleistungen habe versprechen lassen; ohne Sicherheiten-Pool wäre es zur Insolvenz der Klägerin gekommen, was mangels Alternativen die Beklagte zur Vereinbarung der Risikoprämie ausgenutzt habe. Hierzu sowie zur Übersicherung und Knebelung, ferner zur erzwungenen Gläubigergefährdung/Kredittäuschung und den subjektiven Voraussetzungen des § 138 BGB werde auf das erstinstanzliche Vorbringen verwiesen. Damit sei zugleich eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Klägerin durch die Beklagte nach § 826 BGB gegeben mit der Folge nach § 852 BGB, dass hinsichtlich der ersten Rate keine Verjährung eingetreten sei. Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis liege mangels Erfüllung seiner Voraussetzungen nicht vor, weder im Hinblick auf die Zahlung der ersten Rate noch auf die Stundungsvereinbarung, und wäre ggf. unwirksam wegen der Nichtigkeit von Sideletter und Sicherheiten-Poolvertrag. Der Rückzahlungsanspruch in Höhe von 180.000.- € folge auch aus der eigenmächtigen Belastungsbuchung vom 31.5.2006 ohne Abbuchungsauftrag der Klägerin bei einem im Soll befindlichen Konto, der die Klägerin widersprochen habe. Entgelt gemäß Banken-AGB seien nur Zinsen, Kosten und Auslagen, bezogen auf die Kontoführung, nicht jedoch eine außerhalb vereinbarte Risikoprämie. Einer Aufrechnung der Beklagten mit einem Anspruch auf Risikoprämienzahlung stehe das Verbot nach § 393 BGB sowie § 242 BGB entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Klägerin wird auf ihre Schriftsätze vom 8.9.2008 (Bl. 437-450 d.A.) und 18.12.2008 (Bl. 499-503 d.A.) verwiesen.

II. Die Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet. Sie hat auch in der Sache Erfolg im Gegensatz zur form- und fristgerecht eingelegten Anschlussberufung der der Klägerin. Es liegt zugunsten der Beklagten ein Berufungsgrund im Sinne des § 513 ZPO vor, denn die Entscheidung des Landgerichts beruht im Ergebnis auf einer Rechtsverletzung nach § 546 ZPO bzw. nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen rechtfertigen eine andere Entscheidung.

Das Landgericht hat zu Unrecht der Klage zum Teil mit der Begründung stattgegeben, dass der Beklagten aufgrund der Auszahlung von "fresh money" lediglich in Höhe von 3 Mio DM anstatt der vereinbarten 5 Mio DM nur ein Anspruch auf 3/5 der wirksam vereinbarten, mit der vorbehaltlosen Zahlung der ersten Rate von der Klägerin akzeptierten Risikoprämie zugestanden habe. Denn auch hinsichtlich der übrigen 2/5 der Risikoprämie besteht ein Zahlungsanspruch der Beklagten gegen die Klägerin, folglich kein umgekehrter Kondiktionsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte.

Die gegenteilige Auslegung des Sideletters vom 5.7.2001 (Bl. 31 d.A.) durch das Landgericht vermag bei Berücksichtigung aller auslegungsrelevanten Gesichtspunkte nicht zu überzeugen.

Wie der BGH mit Urteil vom 14.7.2004 (BGHZ 160, 83) entschieden hat, hat das Berufungsgericht auch nach der Reform des Rechtsmittelrechts die erstinstanzliche Auslegung einer Individualvereinbarung gemäß §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO - auf der Grundlage der nach § 529 ZPO maßgeblichen Tatsachen - in vollem Umfang darauf zu überprüfen, ob die Auslegung überzeugt. Hält das Berufungsgericht die erstinstanzliche Auslegung lediglich für eine zwar vertretbare, letztlich aber - bei Abwägung aller Gesichtspunkte - nicht für eine sachlich überzeugende Auslegung, so hat es selbst die Auslegung vorzunehmen, die es als Grundlage einer sachgerechten Entscheidung des Einzelfalles für geboten hält (BGH a.a.O.).

Die Auslegung des Sideletters als Individualvereinbarung nach § 133 iVm § 157 BGB hat vom Wortlaut der Erklärung auszugehen (vgl. BGH NJW 2001, 144 u. 2535; VersR 2007, 784; Palandt-Heinrichs, BGB, 67. Aufl. 2008, § 133 Rn 14). Der an die Beklagte und die übrigen Poolbanken gerichtete Eingangssatz lautet wie folgt: "Sie haben der X-Gruppe gemäß dem oben näher bezeichneten Sicherheiten-Poolvertrag Kredite in Höhe von insgesamt DM 12,8 Mio DM (kurzfristige Altkredite) und DM 5 Mio (fresh money) zur Unterstützung einer nachhaltigen Sanierung/Restrukturierung der Unternehmensgruppe eingeräumt." Nachfolgend "verpflichten sich (u.a. die Klägerin) bereits heute als Gesamtschuldner zur Zahlung einer "success fee" in Höhe von DM 1.500.000.- an die gemäß obigem Poolvertrag in § 1 (2) a) näher bezeichneten Poolbanken entsprechend deren jeweiliger Quote für die Bereitschaft, die Restrukturierung der Unternehmensgruppe zu unterstützen." Vereinbarungsgemäßer Grund für die Zahlung der Risikoprämie "success fee" war danach explizit die Bereitschaft der Poolbanken zur Unterstützung der Restrukturierung, die ihren Ausdruck in dem in Bezug genommenen Sicherheiten-Poolvertrag gefunden hat, der auch erst nach dem Sideletter zustande gekommen ist (5.-27.7.2001, Bl. 29 d.A.) und in dem neben der unbedingten Weitergewährung der kurzfristigen Kreditlinien in Höhe von 12,8 Mio DM die Einräumung einer Fresh-money-Kreditlinie über 5 Mio DM vereinbart wurde, die jedoch in Höhe von 2 Mio DM unter der (ungewissen) Bedingung der Stellung einer ISB-Bürgschaft stand (§ 1 Abs. 1 Sicherheiten-Poolvertrag, Bl. 17 d.A.). Es steht danach außer Zweifel, dass die mit der Risikoprämie honorierte Unterstützungsbereitschaft der Poolbanken zwei Bezugspunkte hatte, nämlich die Weitergewährung und die Neueinräumung von Kredit, und dass sie hinsichtlich letzterem in voller Höhe von 5 Mio DM bestand, wobei allein der Abruf des Teilbetrags von 2 Mio vom Eintritt der Bürgschaftsbedingung abhing, die nicht im Einflussbereich der Poolbanken lag. Wenn in Kenntnis dieser Konstellation "bereits heute", also noch vor dem Abschluss des Sicherheiten-Poolvertrages, "für die Bereitschaft, die Restrukturierung der Unternehmensgruppe zu unterstützen", eine bezifferte Risikoprämie vereinbart worden ist, so spricht dies eindeutig dafür, dass sie als fixer Betrag geschuldet sein und nicht in quotaler Abhängigkeit von der Höhe des ausgezahlten Neukredits stehen sollte, der ja auch nur ein Element der Unterstützungsmaßnahme war neben der ihn wertmäßig weit überwiegenden Weitergewährung der Altkredite.

Es kommt das systematische Argument hinzu, dass im Kreditvertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten vom 4./23.7.2001 (Bl. 244ff d.A.) nicht nur die dem Sideletter entsprechende Bestimmung unter Buchst. k) aufgenommen ist: "Die Firma X GmbH & Cie KG verpflichtet sich bereits heute zur Zahlung einer Risikoprämie in Höhe von DM 1.5000.000.- an die Poolbanken entsprechend deren jeweiliger Quote bei erfolgreicher Sanierung der Unternehmensgruppe gemäß beigefügtem Sideletter zum Poolvertrag.", sondern für den Fall des Ausbleibens der ISB-Bürgschaft eine quotale Kürzung des Neukredits durch Entfall der Auszahlung von 610.000.- DM ausdrücklich geregelt worden ist, hingegen keine dementsprechende Kürzung der Risikoprämie vereinbart worden ist. Dieses argumentum e contrario gilt auch für das Sideletter im Zusammenhang mit dem Sicherheiten-Poolvertrag, indem das Sideletter eine fixe Risikoprämie vorgesehen hat im Gegensatz zur teilweise bedingten Auszahlung des Neukredits.

Vor diesem Hintergrund von Wortlaut und Systematik der getroffenen Regelungen sowie den unterschiedlichen Bezugspunkten der Risikoprämie verfängt der Einwand der Klägerin nicht, wonach einzig stichhaltiges Kriterium für volle Risikoprämie die Gewährung des neuen Kredites über 5 Mio DM gewesen sein könne, hingegen nicht eine undefinierte schlichte Bereitschaft zur Unterstützung oder ein wirtschaftlicher Erfolg der Unterstützung als ohnehin selbstverständliche Voraussetzung der Prämienrealisierung.

Auch kommt ein Recht zur Reduzierung der Risikoprämie im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung oder nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB nicht in Betracht.

Ergänzende Vertragsauslegung hat den Zweck, Lücken der rechtsgeschäftlichen Regelung zu schließen unter Anknüpfung an den im Vertrag enthaltenen Regelungsplan als Rechtsquelle, aus der unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte Regelungen für offen gebliebene Punkte abgeleitet werden können (vgl. Palandt-Heinrichs § 157 Rn 2 mwN). Voraussetzung ist danach eine planwidrige Regelungslücke (BGHZ 127, 138), entstanden durch bewusstes Offen- bzw. Auslassen oder Nichtbedenken (vgl. Palandt-Heinrichs § 157 Rn 3 mwN). Keine Lücke liegt vor, wenn die getroffene Regelung nach dem Parteiwillen bewusst abschließend sein sollte (BGH NJW 1985, 1835) oder wenn sich eine eindeutige Regelung als unbillig erweist (Palandt-Heinrichs a.a.O.).

Vorliegend bestehen schon erhebliche Zweifel am Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke in dem Sinne, dass die Parteien eine regelungsbedürftige Frage nicht geregelt haben (vgl. BGHZ 127, 138). Schließlich enthalten die Vertragsbedingungen sowohl im Sicherheiten-Poolvertrag als auch der Darlehenszusage - wie dargelegt - Regelungen für den Fall des Ausbleibens der ISB-Bürgschaft zur Kürzung der Darlehenssumme bzw. -auszahlung, eine Reduzierung der Risikoprämie ist dabei im Unterschied dazu eben nicht vorgesehen. Es erscheint sehr fraglich, ob insoweit eine Regelungsbedürftigkeit angenommen werden muss, da auch die Vereinbarung einer festen Risikoprämie denkbar, rechtlich zulässig (s.u.) und angesichts der beschriebenen Anknüpfung durchaus sachgerecht ist. Eine eindeutige Interessenlage allein zugunsten der Klägerin besteht daher nicht.

Auch ist aufgrund dessen ein eindeutiger hypothetischer Parteiwille nicht feststellbar. Kann die Regelungslücke aber in verschiedener Weise geschlossen werden und bestehen keine Anhaltspunkte dafür, für welche Alternative sich die Parteien entschieden hätten, ist eine ergänzende Vertragsauslegung nach ständiger Rechtsprechung des BGH ausgeschlossen (BGH NJW-RR 2005, 1619; NJW 1990, 1723; BGHZ 90, 69; Palandt-Heinrichs § 157 Rn 10). Das ist hier der Fall, denn es kann aus den dargelegten Gründen nicht angenommen werden, dass allein eine nach dem Umfang des Neukredits quotierte Risikoprämienregelung interessengerecht oder gar denklogisch notwendig gewesen wäre, insbesondere unter Berücksichtigung der unterschiedlichen wirtschaftlichen Gewichtung von Alt- und Neukrediten.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB liegen nicht vor, da sich vorliegend keine Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss geändert haben; vielmehr war das Ausbleiben der Bürgschaft und seine Folgen in den Verträgen bedacht und geregelt worden. Darüber hinaus kommt bei beiderseits bereits vollständig erfüllten Verträgen eine Anwendung des § 313 BGB regelmäßig ohnehin nicht in Betracht (vgl. BGH NJW 1995, 47 und 592; Palandt-Grüneberg § 313 Rn 24).

Entgegen der Auffassung der Klägerin, wonach die Sideletter-Vereinbarung sowohl für sich genommen sittenwidrig sei als auch im Zusammenhang mit dem Sicherheiten-Poolvertrag nach § 139 BGB, bei dem sich die Beklagte unter Ausnutzung der wirtschaftlichen Notlage der Klägerin überhöhte Gegenleistungen habe versprechen lassen, liegt eine Sittenwidrigkeit insoweit nicht vor.

Der BGH hat mit Urteil vom 12.11.1992 (WM 1993, 265) die grundsätzliche Rechtmäßigkeit eines Sicherheiten-Poolvertrages anerkannt und dazu folgendes ausgeführt: "Das Berufungsgericht hält eine Poolvereinbarung, die, wie im Streitfall, zwischen verschiedenen Gläubigerbanken unter Einbeziehung des späteren Gemeinschuldners zum Zweck einer Unternehmenssanierung getroffen wird, grundsätzlich für rechtlich unbedenklich. Dies läßt Rechtsfehler nicht erkennen und wird auch von der Revision nicht in Zweifel gezogen. Der Senat hat für Sicherheitenverwertungsverträge unter Warenkreditgebern bereits entschieden, daß sie nicht wegen Umgehung konkursspezifischer Regelungen unwirksam sind (Senatsurt. v. 3. November 1988 - IX ZR 213/87, WM 1988, 1784, 1785 m.w.N.). Dies muß auch für eine Poolbildung unter Gläubigerbanken gelten. Sie dient in der Regel dazu, die vorhandenen Sicherheiten bestmöglich zu nutzen, die Sicherheitenbestellung und -verwaltung zu vereinfachen sowie die Gefahren aus einem Zusammentreffen von Sicherungen verschiedener Gläubiger durch deren Beteiligung am Sicherungsgut auszuräumen (vgl. Obermüller, Handbuch Insolvenzrecht für die Kreditwirtschaft 4. Aufl. Rdn. 1249; Scholz/Lwowski, Das Recht der Kreditsicherung 6. Aufl. Rdn. 216; Schröter/v. Westphalen, Sicherheiten- Poolverträge der Banken und Warenlieferanten S. 5, jeweils m.w.N.). Diese Zielsetzung entspricht dem Grundsatz der Vertragsfreiheit und ist von Rechts wegen regelmäßig nicht zu beanstanden."

Hiernach ist im Grundsatz von der Rechtmäßigkeit auch des vorliegenden Sicherheiten-Poolvertrages auszugehen. Der unstreitige Umstand, dass es ohne Sicherheiten-Pool mangels Alternativen zur Insolvenz der Klägerin gekommen wäre, indiziert noch kein Ausnutzen der wirtschaftlichen Notlage der Klägerin durch die Beklagte, sondern bildete die Voraussetzung der Notwendigkeit und des Zustandekommens des Sicherheiten-Poolvertrags. Angesichts der weiteren unstreitigen Umstände der gegebenen Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung der Firmengruppe mit unmittelbar drohender Insolvenz, dem hohen Sanierungsrisiko, verbunden mit einem jahrelangen Sanierungsprozess mit Zinsnormalkonditionen erscheint auch die Vereinbarung der Risikoprämie im Sideletter nicht per se als sittenwidrig nach § 138 BGB, zumal sie nicht vorab in Abzug gebracht wurde, sondern vom ungewissen Erfolg der Sanierung abhing.

Soweit die Klägerin hierzu sowie zur Übersicherung und Knebelung, ferner zur erzwungenen Gläubigergefährdung/Kredittäuschung und den subjektiven Voraussetzungen des § 138 BGB lediglich pauschal auf das erstinstanzliche Vorbringen verwiesen hat, hat sie in dieser Hinsicht die gegenteiligen Feststellungen des Landgerichts nicht im Sinne des § 520 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 ZPO angegriffen. Insoweit bestehen bereits erhebliche Bedenken gegen die Einhaltung der Anforderungen des § 520 Abs. 3 Nr. 2 und 3 ZPO an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung durch die Klägerin. Die pauschale Bezugnahme auf den Sachvortrag in erster Instanz stellt keine ausreichende Berufungsbegründung dar, selbst dann, wenn der Streitstoff einfach liegt und nur eine einzige Rechtsfrage zu entscheiden ist (BGH NJW-RR 1996, 572; NJW 1993, 3333; Zöller-Gummer/Heßler § 520 Rn 40 mwN). Das gilt erst recht nach der Novellierung der ZPO, nach der die Berufungsinstanz nicht mehr eine automatische Fortsetzung der ersten Instanz ist (BTDrucks. 14/4722 S. 61; Zöller-Gummer/Heßler aaO). Dementsprechend sind auch die Beweisangebote im Berufungsverfahren zu wiederholen (Zöller-Gummer/Heßler § 520 Rn 41), was gleichfalls nicht erfolgt ist.

In der Sache selbst ist eine Knebelung der Klägerin nicht substantiiert dargetan. Von einer Absicht der Gläubigerbenachteiligung kann keine Rede sein. Die Neukredite wurden nicht gegeben und die Altkredite nicht stehengelassen, um die Gläubiger der Klägerin zu benachteiligen, sondern als Beitrag zu dem Sanierungsversuch, der im Interesse aller Gläubiger lag. Sie sollten das Weiterarbeiten der Klägerin ermöglichen, sicherlich auch im Interesse der Beklagten, die naturgemäß ihr bisheriges Engagement retten wollte, was nicht verwerflich ist. Dass die Beklagte dabei ebenso wie die anderen Poolbanken nicht "gutes Geld" dem "schlechten" einfach nachwarf, sondern auf Sicherheiten wegen der Neukredite bestand, versteht sich von selbst (vgl. auch KG Berlin, Urteil vom 20.10.2000 Az. 14 U 9911/99 - bei juris). Auch kann von einer sittenwidrigen Übersicherung der Poolbanken in Anbetracht des bestehenden Risikos und einer etwaigen Verwertung der Sicherheiten im Verhältnis zu den bestehenden Forderungen nicht ausgegangen werden.

Auffällig ist ferner, dass die Klägerin vorprozessual während der Laufzeit des Sicherheiten-Poolvertrages dessen Sittenwidrigkeit oder die Nichtigkeit der Sideletter-Vereinbarung nicht eingewandt hat, sondern bis zuletzt (auch bei den Bankentreffen) nur die Höhe der Risikoprämie in Frage gestellt hat, und das auch nicht im Hinblick auf eine 3/5 Quotelung, sondern auf andere Gesichtspunkte wie Verzinsung etc.. Mithin hat die Klägerin die Vorteile des Sicherheiten-Poolvertrages während seiner Laufzeit in vollem Umfang in Anspruch genommen, um nach dessen Beendigung seine Sittenwidrigkeit zu reklamieren, was als widersprüchliches Verhalten im Sinne des § 242 BGB (venire contra factum proprium) gewertet werden könnte.

Wegen der Wirksamkeit der Vereinbarung der Risikoprämie mit einer entsprechenden Zahlungsverpflichtung der Klägerin an die Beklagte bedarf es auch nicht mehr der Heranziehung eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses der Klägerin aufgrund der vorbehaltlosen Zahlung der ersten Rate der Risikoprämie durch sie am 22.12.2003. Allerdings ist diese nach vorangegangenem Streit und in Kenntnis der Vereinbarungen und der eingetretenen Reduzierung des Fresh-money-Kredits auf 3 Mio DM erfolgt, was ein deklaratorisches Anerkenntnis hinsichtlich der gesamten Risikoprämie nahelegt. Ob ein weiteres Schuldanerkenntnis der Klägerin in deren Stundungsbegehren bzw. der Stundungsvereinbarung hinsichtlich der zweiten Rate der Risikoprämie liegt, kann aber im Ergebnis ebenso dahingestellt bleiben.

Nach dem Vorstehenden sind die Voraussetzungen eines Bereicherungsanspruchs der Klägerin gegen die Beklagte aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB mangels Fehlens eines Rechtsgrunds nicht gegeben, ebenso wenig wie die eines Anspruchs wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung nach § 826 BGB mangels sittenwidriger Schädigung und Schädigungsvorsatzes.

Ein durchsetzbarer Zahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte folgt ferner auch nicht aus einer eigenmächtigen Abbuchung der zweiten Rate der Risikoprämie am 31.5.2006.

Hierbei kann dahinstehen, ob die Rechtsauffassung der Beklagten zutrifft, der zufolge die Belastungsbuchung über 180.000.- € vom 31.5.2006 mit dem Buchungstext "Zinsen/Kosten/Auslagen" für die zweite Rate der Risikoprämie rechtmäßig gewesen sei aufgrund der wirksamen Entgeltvereinbarung im Kreditvertrag und Sicherheiten-Poolvertrag und somit als Entgelt gemäß Nr. 12 Abs. 2 AGB-Banken mit Belastungsrecht nach Nr. 7 Abs. 1 AGB-Banken oder ob der Klägerin darin zu folgen wäre, dass Entgelt gemäß Banken-AGB nur Zinsen, Kosten und Auslagen, bezogen auf die Kontoführung seien, nicht jedoch eine außerhalb der Kontoführung vereinbarte Risikoprämie. Denn einem etwaigen Zahlungsanspruch bzw. Gutschriftsanspruch der Klägerin steht jedenfalls der Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung wegen Fehlen eines schutzwürdigen Eigeninteresses aufgrund einer bestehenden Pflicht zur alsbaldigen Rückgewähr entgegen (dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est; vgl. Palandt-Heinrichs § 242 Rn 52) im Hinblick auf die materielle Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung der vollen Risikoprämie an die Beklagte.

Eines Rückgriffes auf die von der Beklagten für den Fall der Annahme des Erfordernisses einer gesonderten Ermächtigung erklärte Hilfsaufrechnung mit dem Zahlungsanspruch hinsichtlich der zweiten Rate der Risikoprämie bedarf es daher nicht, ebenso wenig einer Entscheidung über die von der Beklagten für den Fall der Unzulässigkeit der Hilfsaufrechnung erhobene Hilfswiderklage auf Feststellung der entsprechenden Zahlungsverpflichtung der Klägerin ihr gegenüber.

Die gemäß § 524 ZPO zulässige Anschlussberufung der Klägerin hat aus den vorstehenden Gründen keinen Erfolg im Gegensatz zur Berufung der Beklagten.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 ZPO).

Ende der Entscheidung

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