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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 17.08.2001
Aktenzeichen: 24 U 171/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 524 Abs. 4
ZPO § 91
ZPO § 708 Ziffer 10
ZPO § 713
ZPO § 546 Abs. 2
Zu Schallschutz- und Wärmedämmungsanforderungen an Wohnungseingangstüren, wenn keine ausdrücklichen Vereinbarungen getroffen worden sind.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

in dem Rechtsstreit ...

Der 24. Zivilsenat in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. August 2001 durch den Richter ... gemäß § 524 Abs. 4 ZPO für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 31.05.2000 wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Kläger wird dieses Urteil abgeändert: Die von der Beklagten auf der Grundlage des durch dieses Berufungsurteil bestätigten Ausspruchs der Kammer einzusetzenden Türen müssen auch der Schallschutzklasse DIN 4109 Pos. 17 entsprechen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte ist mit 10.500,00 DM beschwert.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet; hingegen hat die Berufung der Kläger Erfolg: Die Beklagte schuldet den Klägern den Einbau von Wohnungseingangstüren, welche die Anforderungen der Klimaklasse III und der DIN 4109 Pos. 17 erfüllen.

1. Zu Recht hat die Kammer die Beklagte zur Mängelbeseitigung (§ 633 Abs. 2 Satz 1 BGB) insofern verurteilt, als die von der Beklagten eingesetzten Eingangstüren den Anforderungen an die Wärme-Isolationsleistung nicht gerecht werden.

Da die Pflichten der beklagten Bauträgerin in den bauvertraglichen Vereinbarungen nicht konkret umschrieben waren, schuldete die Beklagte eine Ausgestaltung nach dem Stand der Technik. Im Blick auf die Wärme-Isolationsleistung bot sich nach dem Stand der Technik folgende Alternative: Falls das Treppenhaus beheizbar angelegt wurde, reichte es aus, Türen der Klimaklasse II einzusetzen. Falls es nicht beheizbar eingerichtet wurde, waren Türen der Klimaklasse III erforderlich.

Tatsächlich ausgeführt wurde eine dritte Variante: Obwohl das Treppenhaus nicht mit einer Heizung versehen wurde, wurden Türen nur nach der Klimaklasse II eingebaut; der so geschaffene Zustand war ­ wie die Beklagte nicht in Abrede stellt ­ objektiv mangelhaft.

Der ­ alleinige ­ Einwand der Beklagten, die Kläger seien auf der Grundlage von Treu und Glauben ­ widersprüchliches Verhalten ­ daran gehindert, sich auf diesen objektiven Mangel zu berufen, geht fehl. Die Kläger sind nicht dafür verantwortlich, daß eine an sich für das Treppenhaus zunächst vorgesehene Heizung nicht eingesetzt wurde.

Wie die Beklagte nämlich selbst hervorhebt, nahm sie aus eigener Erkenntnis und eigenem Antrieb von der zunächst geplanten Ausführungsweise ­ Einsatz eines an das Zentralheizungssystem angeschlossenen Heizkörpers ­ Abstand; sie hatte erkannt ­ so ihr ausdrücklicher Vortrag -, daß ihre ursprüngliche Planung in dieser Hinsicht dilettantisch" gewesen sei.

So wenig, wie die Kläger für die ursprüngliche Planung und deren letztendliche Nichtausführung verantwortlich waren, so wenig ist ihnen ein Vorwurf daraus zu machen, daß sie den ersatzweisen Einbau eines Elektro-Radiators ablehnten. Wie nämlich allgemein bekannt ist, verbrauchen einfache Elektro-Heizkörper regelmäßig weit mehr Heizenergie als Heizkörper, welche in ein Zentralheizungssystem eingegliedert sind. Vom ökologischen Aspekt völlig abgesehen, hätte die von der Beklagten vorgeschlagene Alternative dauerhaft höhere Betriebskosten für die Kläger mit sich gebracht, und wenn sie sich darauf nicht einließen, ist ihnen das nicht als treuwidrig" vorzuhalten.

2. Die nunmehr im Zuge der Nachbesserung einzusetzenden Wohnungseingangtür müssen auch die Anforderungen der DIN 4109 Pos. 17 erfüllen. Wie zur Wärme- Isolationsleistung haben die Parteien auch zu den konkreten Anforderungen an die Schallschutzleistung der Türen keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen; geschuldet wurde damit ein Schallschutz nach dem Stand der Technik, wie er sich in den einschlägigen DIN widerspiegelt. Nach DIN 4109 Pos. 16 müssen Türen, die von Hausfluren in Flure von Wohnungen führen", eine Dämmleistung von 27 dB erfüllen. Pos. 17 dieser DIN fordert für Türen, die von Hausfluren in Aufenthaltsräume von Wohnungen führen", eine Dämmleistung von 37 dB.

Die eingesetzten Türen erfüllen die Leistungsanforderungen der DIN 4109 Pos. 16 (und überschreiten sie möglicherweise sogar in gewissem Maße); den in Pos. 17 geforderten Dämmwert erreichen sie allerdings nicht. Nach den baulichen Gegebenheiten hätte diese DIN 4109 Pos. 17 aber in der Dämmleistung erfüllt werden müssen:

Der im Bauplan gewählten Bezeichnung und dem ersten äußeren Eindruck nach sind die Räume, in die die jeweiligen Wohnungseingangstüren führen, zwar Flure". Sachlich aber führen diese Türen vom Hausflur in Aufenthaltsräume der Wohnungen. Diese Einschätzung ergibt sich orientiert am Zweck der DIN 4109 Pos. 16 und 17 aus der konkreten Gestaltung der Räumlichkeiten.

Die Normen dienen der akustischen Trennung von öffentlichen Hausfluren und privaten Aufenthaltsräumen. Dort, wo Flure üblicher Bauweise und Nutzung vorgesehen sind, sind Aufenthaltsräume durch zwei Türen vom Hausflur abgeschirmt, nämlich durch die Wohnungseingangstür einerseits, die Innentür zum jeweiligen Aufenthaltsraum andererseits. Führt die Eingangstür hingegen in einen Aufenthaltsraum hinein, dann muß die Eingangstür den gesamten Schallschutz übernehmen; sie muß folgerichtig höheren Schallschutzanforderungen entsprechen, um die Privatsphäre im schalltechnischen Sinn hinreichend gewährleisten zu können.

Eine am umschriebenen Zweck der DIN 4109 orientierte Auslegung gebietet die Anwendung der Pos. 17 auch dann, wenn die Wohnungseingangstür in einen als Flur" bezeichneten, in anderen Hinsichten auch als solchen gestalteten Raum hineinführt, dieser Flur" aber unmittelbar und ohne Zwischentür in einen Aufenthaltsraum übergeht, wenn der Aufenthaltsraum damit gleichsam im Einzugsbereich der Eingangstür liegt; denn in diesem Fall kann der Flur die in DIN 4109 Pos. 16 vorausgesetzte Schutzfunktion" nicht erfüllen.

Exakt so gilt es hier: Die Wohnungseingangstür öffnet sich zu dem nur leicht seitlich versetzten Durchgang zum Wohn- und Eßzimmer; er ist mit einer Tür nicht versehen, und er ist auch mit einer Entfernung von nur 2,20 Metern sehr nah an der Eingangstür; es besteht eine unmittelbare, geradlinige optische und akustische Verbindung. Was den Wohn-Eßbereich von der Eingangstür trennt, sind lediglich Wand- Stümpfe". Die in DIN 4109 Pos. 16 vorausgesetzte akustische Trennung können sie ­ naturgemäß ­ nicht bewirken. Damit wurde erhöhter Schallschutz nach DIN 4109 Pos. 17 geschuldet.

3. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Ziffer 10, 713, 546 Abs. 2 ZPO.

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