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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 10.03.2006
Aktenzeichen: 24 U 175/05
Rechtsgebiete: BGB, BKleingG


Vorschriften:

BGB § 548
BKleingG § 11
Die zum Entschädigungsanspruch nach § 11 BKleingG entwickelten Regeln können entsprechend gelten, wenn ein zur kleingärtnerischen Nutzung verpachtetes Gelände die tatsächlichen Anforderungen an einen Kleingarten i. S. d. § 1 BKleingG nicht in jeder Hinsicht erfüllt.
Gründe:

1.

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten verpachtete dem Kläger ein in fünf unterverpachtete Parzellen aufgeteiltes Kleingartengelände; zwischen den Parteien ist unstreitig, dass dieses Gelände die tatsächlichen Anforderungen an einen Kleingarten i.S.d. § 1 BKleingG nicht erfüllt. Nachdem die Beklagten den Pachtvertrag unter Hinweis auf ihre Absicht, das Gartengelände für eigene Zwecke zu nutzen, gekündigt hatten, gab der Kläger das Grundstück zum 31.12.2003 an die Beklagten heraus. Er macht nunmehr Entschädigungsansprüche wegen verbliebener Anlagen und Anpflanzungen geltend.

Das Landgericht hat dem Kläger dem Grunde nach Entschädigung zugebilligt, seine Ansprüche aber der Höhe nach gekürzt. Wegen der von ihm gefundenen Gründe sowie der getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil vom 27.07.2005 verwiesen.

Mit der Berufung tragen die Beklagten vor, der Klageanspruch sei - nach Einreichung der Klage am 31.12.2004 und Zustellung am 01.02.2005 - verjährt. Der Kläger sei nicht aktiv legitimiert. Dessen ungeachtet seien der Höhe nach weitere Abstriche von der Klageforderung zu machen als das Landgericht sie berücksichtigt habe.

Die Beklagten beantragen,

unter Abänderung des am 27.07.2005 verkündeten Urteils des Landgerichts Darmstadt die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des zweitinstanzlichen Parteivorbringens im Einzelnen wird auf die vor dem Berufungsgericht gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

2.

Die Berufung ist nur in begrenztem Maße begründet.

a) Wie das Landgericht zutreffend festgehalten hat, schulden die Beklagten dem Kläger dem Grunde nach Schadensersatz wegen der verbliebenen Anpflanzungen und zugelassenen Anlagen. So ergibt es sich aus § 13 Abs. 2 des "Generalpachtvertrages" vom 14./01.07.1988 mit seiner - § 1 dieses Vertrages - Rechtsfolgenverweisung auf § 11 BKleingG. Die Entschädigungsverpflichtung besteht - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht im Verhältnis der Unterpächter des Klägers zu den Beklagten, vielmehr unmittelbar im Verhältnis der Parteien des Rechtsstreits. Denn diese sind die Parteien des Pachtvertrages, und die im Vertrag bezeichneten wechselseitigen Rechte und Pflichten treffen die Vertragsparteien; die Unterpächter sind nur mittelbar begünstigt (§ 13 Abs. 4 des "Generalpachtvertrages").

b) Der Höhe nach sind von der vom Landgericht auf der Grundlage des vom Kläger eingeholten Sachverständigengutachtens zugesprochenen Entschädigung i.H.v. 4.449,08 € weitere Abstriche mit der Folge zu machen, dass der Kläger nur 3.481,96 € beanspruchen kann.

Diese Abstriche betreffen zunächst den Wert der zum Zeitpunkt der Begutachtung auf Parzelle 108 noch vorhandenen Pflanzen, 473,00 €. Wie die Beklagten nämlich unbestritten vorgetragen haben, hat der Unterpächter dieser Parzelle die Pflanzen bei Räumung des Teilgrundstücks mitgenommen.

Nichts beanspruchen kann der Kläger auch wegen des auf dieser Parzelle errichteten Zauns; unbestritten haben die Beklagten selbst diesen Zaun bezahlt. Sein Wert beläuft sich allerdings nicht auf 305,70 €, sondern nur auf 152,64 € (Teilgutachten "Parzelle 108", S. 5, 3.5).

Kein Teil der entschädigungspflichtigen Anlagen ist der mit einem Wert von 342,20 € in die - insoweit vom Landgericht mitgetragene - Berechnung des Klägers eingegangene Schuppen auf Parzelle 108. Die Entschädigungspflicht aus § 13 Abs. 2 des "Generalpachtvertrages" reicht, was "Bauten und Anlagen" angeht, nur soweit, wie es sich um "zugelassene "Bauten und Anlagen" handelt; die Regelung knüpft folgerichtig an die in § 10 des Vertrages umschriebene Zustimmungspflicht der Verpächterseite an.

"Zugelassen" war die Errichtung des Schuppens aber nicht. Soweit der Kläger darauf hinweist - Schriftsatz vom 07.04.2005 - , "sämtliche übrigen Aufbauten ... (seien) ... mit Zustimmung des Klägers sowie des ehemaligen Eigentümers erstellt", ergreift dies den streitigen Schuppen nicht. Denn dieser wurde erst nach Übertragung des Grundstückes an die Beklagten errichtet. Diese hätten also gefragt werden müssen, und das war unstreitig nicht der Fall.

c) Der sachlich begründete Klageanspruch ist nicht verjährt. Obwohl das Pachtgrundstück kein Kleingartengrundstück i.S.d. § 1 BKleingG darstellt, ist es in seinen für den Charakter des Entschädigungsanspruchs maßgeblichen Eigenschaften einem Kleingartengrundstück vergleichbar, und folgerichtig haben die Parteien des "Generalpachtvertrages" die Kündigungsfolgen in den wesentlichen Zügen den für Kleingärten geltenden Entschädigungsregeln des § 11 BKleingG unterworfen. Dies hat zur Folge, dass der Anspruch auf Zahlung der Kündigungsentschädigung der Regelverjährung unterliegt; entgegen der Auffassung der Beklagten greift die kurze Verjährung des § 548 BGB nicht.

Der originäre Anspruch des § 11 BKleingG steht in seinem rechtlichen Charakter dem öffentlichrechtlichen Enteignungsentschädigungsanspruch so nahe, dass im Interesse einer gleichen Behandlung gleichartiger Rechtsbeziehungen die Anwendung der für Ansprüche auf Entschädigung aus Enteignung geltenden (regelmäßigen) Verjährungsfrist gerechtfertigt ist (BGHZ 151, 71). Denn einige der zentralen Kündigungsregelungen des BKleingG (§ 9) knüpfen an Gründe des Gemeinwohls an. Die Rechtsklarheit fordert, für alle Fälle des § 11 BKleingG und damit für alle Fälle des § 9 BKleingG dieselben Verjährungsregeln gelten zu lassen (BGH a.a.O.). Diese Grundsätze gelten auch für die Abwicklung des hier streitigen Pachtverhältnisses ungeachtet dessen, dass § 11 BKleingG nicht unmittelbar, sondern wegen der bloßen Ähnlichkeit des hier vorliegenden Pachtverhältnisses zu einem Pachtverhältnis i.S.d. BKleingG entsprechend § 11 BKleingG abzuwickeln ist. Die auf die Nutzung des Grundstückes bezogenen Verhältnisse sind exakt die in § 1 Abs. 1 Ziffer 1 BKleingG angesprochenen Verhältnisse einer nicht erwerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung eines kleinen, keinem Wohngrundstück zugeordneten Gartengrundstückes. Ganz dementsprechend war auf den Parzellen auch alles das vorzufinden, was in Kleingärten vorzufinden ist; die vom Kläger mit der Wertfeststellung betraute Gutachterin bezeichnete die Grundstücke deshalb auch ohne Weiteres durchweg als "Kleingärten".

Es sind allein außerhalb der "entschädigungspflichtigen" Parzellen liegende Gründe, die eine unmittelbare Anwendung der Vorschriften des BKleingG ausschlossen, nämlich das Fehlen von gemeinschaftlichen Einrichtungen i.S.d. § 1 Abs. 1 Ziffer 2 BKleingG. Den Charakter des Entschädigungsanspruchs, seinen Gegenstand und die dem Entschädigungsanspruch zu Grunde liegenden Interessen der Beteiligten berührt dieser Aspekt aber nicht. Das Berufungsgericht erachtet es deshalb für geboten, die § 11 BKleingG entwickelten Verjährungsgrundsätze auch hier geltend zu lassen. Andernfalls würden - sogar - entgegen dem im Pachtvertrag geäußerten Parteiwillen im Wesentlichen gleichartige Rechtsbeziehungen gänzlich abweichenden Verjährungsregeln unterworfen; dies wäre mit dem - schon angesprochenen - Grundsatz der Rechtsklarheit nicht zu vereinbaren.

3.

Das Berufungsgericht erachtet die gesetzlichen Voraussetzungen einer Zulassung der Revision für nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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