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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 19.05.2006
Aktenzeichen: 24 U 203/05
Rechtsgebiete: InsO


Vorschriften:

InsO § 129
InsO § 130
InsO § 134
InsO § 142
InsO § 143
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Parteien streiten über eine Bezahlung an den Beklagten für die Erstellung eines Insolvenzplans. Der Kläger ist Insolvenzverwalter der X-AG. Die X-AG ist Muttergesellschaft der Y-GmbH. Der Beklagte erhielt den Auftrag zur Prüfung und Vorbereitung eines Insolvenzplanverfahrens für die X-AG (GA 73). Die Übersendung von Unterlagen an den Beklagten erfolgte am 14. Mai 2002 (GA 75). Der Beklagte erstellte ein Angebot zur "Beratung und Begleitung" eines Insolvenzverfahrens für die X-AG und die Y-GmbH zu je 116.000,00 € brutto am 21. Mai 2002 (GA 36, 38). Die S-AG überwies dem Beklagten am 28. Mai 2002 232.000,00 €, deren Rückzahlung der Kläger nun begehrt. Die X-AG und die Y-GmbH erteilten dem Beklagten eine Vollmacht für die Sanierung/Insolvenz am 29. Mai 2002 (GA 94, 97). Am 30. Mai 2002 stellte der Beklagte Insolvenzantrag für beide Gesellschaften "wegen Zahlungsunfähigkeit" (GA 92, 95). Die X-AG und die Y-GmbH kündigten das Mandat gegenüber dem Beklagten und entzogen ihm die Vollmacht per 17. Juni 2002 aufgrund Beschlusses des Gläubigerausschusses (GA 45, 46). Der Beklagte erhielt eine Aufforderung zur Abrechnung des gezahlten Vorschusses durch den Kläger am 27. Juni 2002 für die X-AG und am 12. August 2002 für die Y-GmbH (GA 47, 49). Der Beklagte erwiderte darauf mit einem Hinweis an den Kläger auf die Rechtsnatur durch geschlossenen Vertrages als Werkvertrag mit der Folge des § 649 BGB am 11. Juli 2002 (GA 132). Die Insolvenzeröffnung der X-AG und der Y-GmbH erfolgte am 1. September 2002. In der Folge schlossen der Kläger für die X-AG und Dr. A für die S-GmbH als Insolvenzverwalter eine Vereinbarung dahingehend, dass der Kläger den gesamten Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Beklagten geltend machen und hiervon 25 % an Dr. A abführen soll (GA 52). Mit der am 5. Juli 2004 eingereichten Klage hat der Kläger die an den Beklagten geleistete Zahlung und hilfsweise auch den Beratungsvertrag nach §§ 131 ff. InsO angefochten.

Der Kläger hat geltend gemacht, die Zahlung an den Beklagten zwei Tage vor Antragstellung und drei Tage vor Eröffnung der Insolvenz habe zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt. Es liege ein inkongruente Deckung vor, weil eine Gegenleistung jedenfalls nicht unmittelbar erbracht worden sei. Aus diesem Grund liege auch eine unentgeltliche Leistung der Gesellschaften vor. Auch bei Annahme einer kongruenten Deckung sei die Zahlung an den Beklagten anfechtbar, weil die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaften dem Beklagten bei Leistungsempfang bekannt gewesen sei. Auch sei eine vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung nach §§ 133 InsO gegeben. Eine Bargeschäftsausnahme nach § 142 InsO scheide mangels unmittelbarer gleichwertiger Gegenleistung aus. Im übrigen greife die Bargeschäftsausnahme bei einer vorsätzlichen Gläubigerbenachteiligung und inkongruenter Deckung nicht. Die Leistungen des Beklagten seien auch insgesamt ohnehin wertlos und unbrauchbar. Der Beklagte habe aufgrund des geschlossenen Dienstvertrages nur Anspruch nach § 628 BGB auf anteilige Vergütung für die bisher erbrachten Leistungen. Da diese wertlos seien, liege der Anteil seiner Vergütung bei Null. Die Leistungen des Beklagten seien deshalb wertlos, weil der von ihm angedachte Insolvenzplan weder zustimmungs- noch realisierungsfähig gewesen sei.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 232.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat gemeint, eine Bargeschäftsausnahme nach § 142 InsO sei deshalb gegeben, weil seine unmittelbare Gegenleistung in einem Anspruch der Gesellschaften auf insolvenzrechtliche Beratung gelegen habe. Bei dieser Konstellation sei eine Vorauszahlung wie hier geschehen auch sowohl üblich als auch notwendig, weil nach Insolvenzeröffnung ein Insolvenzverwalter weiteren Zahlungen nicht zustimmen werde. Verweigerte man die Rechtswirksamkeit einer derartigen Vorauszahlung für die gesamte insolvenzrechtliche Beratung, mache man eine solche insgesamt unmöglich. Aus diesem Grund seien Zahlungen für Sanierungsberatung grundsätzlich nicht anfechtbar. Es handele sich bei dem abgeschlossenen Vertrag auch um einen Werkvertrag, weil der Beklagte hauptsächlich mit der Erstellung eines Insolvenzplans beauftragt worden sei. Aus diesem Grund stehe dem Beklagten nach der Kündigung seitens der Gesellschaften der volle Werklohn gemäß § 649 BGB zu. Schließlich seien die Leistungen des Beklagten auch durchaus brauchbar gewesen, weil die Gläubigerbanken mit seinen Vorschlägen einverstanden gewesen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrags wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und dies auf § 131 InsO gestützt. Der Beklagte habe keinen Anspruch aus Vertrag, weil seine Angebote vom 21. Mai 2002 von der X-AG und der Y-GmbH nicht angenommen worden seien. Eine Annahme des Vertragsangebotes des Beklagten sei allenfalls durch Zahlung für die überweisende X-AG erfolgt. Auch sei eine Annahme durch Willenserklärung nicht dargelegt insbesondere angesichts der Vertretungsvorschriften der Gesellschaften. Der Beklagte habe auch widersprüchliche Ausführungen zur Annahme seines Vertragsangebotes nach der Besprechung am 28. Mai 2002 gemacht. Aus diesem Grunde komme eine Annahme des Vertragsangebotes des Beklagten durch Zahlung nur im Rahmen des Angebots des Beklagten vom 21. Mai 2002 in Betracht. Nachdem der Beklagte selbst formuliert habe, dass er "für eine Überweisung dankbar wäre" folge daraus keine Fälligkeit zur Bezahlung des von ihm geforderten Honorars bereits vor Leistungserbringung zum 28. Mai 2002. Damit hatte der Beklagte keinen Zahlungsanspruch sondern die übliche Vorleistungspflicht nach Werk- oder Geschäftsbesorgungsvertrag. Denn es sei auch gerade das vom Beklagten postulierte Hauptwerk - die Insolvenzpläne - noch nicht erbracht gewesen.

Nur bei einer vereinbarten Vorleistungspflicht der X-AG und der Y-GmbH wären daher Zahlungs- und Leistungspflicht des Beklagten kongruent gewesen. Damit liege im vorliegenden Falle eine inkongruente Deckung vor, weil ein Anspruch des Beklagten bei Eingang der Zahlung an ihn noch nicht bestand.

Bezüglich der S-GmbH schuldete die X-AG sowieso keine Zahlung. Auch insofern habe der Beklagte keinen Anspruch gegen die X-AG gehabt und folge hieraus eine inkongruente Deckung.

Schließlich liege auch kein Bargeschäft nach § 142 InsO vor, weil keine unmittelbare Gegenleistung gegeben sei. Der Beklagte habe allenfalls einen Vorschussanspruch nach § 17 BRAGO gehabt, wenn man einen Vertrag überhaupt bejahen wolle. Im übrigen schließe die bereits dargelegte inkongruente Deckung ein Bargeschäft begrifflich ohnehin aus.

Der Beklagte habe letztlich auch keinen Anspruch auf auch nur anteiliges Honorar. Denn der Beklagte habe selbst vorgetragen, bis zum 28. Mai 2002 keine vergütungspflichtigen Leistungen erbracht zu haben (GA 206). Auch bis zur Kündigung seines Vertrages am 17. Juni 2002 habe der Beklagte keinen Anspruch für erbrachte Leistungen. Solche habe er nämlich nicht dargelegt bzw. abgerechnet. Es liege auch keine Aufrechnungserklärung des Beklagten vor. Schließlich habe es sich nicht um einen Werkvertrag mit dem Beklagten gehandelt, sondern einen Geschäftsbesorgungsvertrag. Die teilweise bis zur Kündigung erbrachten Leistungen seien jedoch insgesamt wertlos gewesen, weil die Poolbanken den Sanierungsplan abgelehnt und der Beklagte das Einverständnis der Banken am Zahlungseingangstag dem 28. Mai 2002 nicht dargelegt habe. Aus diesem Grund hätte der Beklagte seine Tätigkeit gar nicht aufnehmen dürfen.

Wegen der weiteren Überlegungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit der Berufung des Beklagten rekurriert er auf seinen - verspäteten - Schriftsatz vom 21. September 2005 in der eine mündliche Angebotsannahme im Anschluss an die Besprechung vom 28. Mai 2002 dargelegt worden sei (GA 205). Die Annahme sei für die Y-GmbH durch Herrn B und qua Genehmigung durch Professor C erfolgt, wie sich aus der Vollmacht ergebe. Letzterer habe auch gewusst, dass seine Unterschrift zur wirksamen Annahme nötig gewesen sei. Die Gläubigerbanken seien auch mit dem Sanierungsplan einverstanden gewesen, wie sich aus der Pressemitteilung vom 30. Mai 2002 (GA 91) ergebe.

Es liege kein widersprüchlicher Beklagtenvortrag vor, weil der Vertragsschluss bis zur mündlichen Verhandlung vom 14. September 2005 (GA 203) unstreitig erschien. Das Landgericht hätte vielmehr die mündliche Verhandlung wiedereröffnen müssen, weshalb der Schriftsatz vom 21. September 2005 zu berücksichtigen sei.

§ 129 InsO sei als Anfechtungsvoraussetzung nicht erfüllt. Insolvenzmassen seien nicht benachteiligt, weil das Insolvenzplanverfahren etwa offensichtlich sinnlos oder undurchführbar gewesen sei.

Ein Bargeschäft nach § 142 InsO liege vor, weil eine diesbezügliche Vorleistungspflicht der Gesellschaften vereinbart worden sei, wie sich aus der Zahlung der S-AG ergebe. Zahlungen für Leistungen im Rahmen von Unternehmenssanierungen seien in der Regel ebenso Bargeschäfte, wie Honorar für entsprechende Sanierungsleistungen. Der Beklagte habe zwar nur Vorleistungen und noch keine Hauptleistung erbracht, die X-AG und die Y-GmbH hätten als unmittelbare Gegenleistung für ihre Zahlungen jedoch Ansprüche auf Leistungen des Beklagten erhalten.

Bei einem derartigen Bargeschäft sei auch bei inkongruenter Deckung eine Anfechtung der Leistungen ausgeschlossen. Dies erfordere eine tatbestandseinschränkende Auslegung des § 142 InsO, so dass eine Anfechtung nur nach § 133 InsO in Frage komme.

Durch die Zahlung für die Y-GmbH habe auch die X-AG einen Gegenwert erhalten, nämlich die Sanierung ihrer Tochtergesellschaft, die auch für die X-AG überlebenswichtig gewesen sei. Aus diesem Grunde liege eine kongruente Deckung auch hier vor.

Die mit dem Beklagten geschlossenen Verträge seien Werkverträge gewesen, nämlich qua Prägung durch die zu erstellenden Insolvenzpläne. Diese Gewerkanforderungen ergäben sich aus § 217 ff. InsO. Auch der Insolvenzantrag und der Antrag auf Eigenverwaltung seien werkvertragliche Angelegenheiten. Die übrigen vom Beklagten angebotenen Dienstleistungen seien hingegen bloße Nebenleistungen. Dies ergebe sich auch aus den Abrechnungsgewichten der BRAGO. Abweichend hiervon hat der Beklagte mit der Berufung ferner vorgetragen, dass bei der Annahme eines Dienstvertrages die Teilleistungen nach § 628 BGB zu vergüten seien. Dies seien im Zweifel auch die Leistungen vor dem 28. Mai 2002.

Die Leistungen bis zur Kündigung am 17. Juni 2002 hätten dagegen schon 2/3 der Leistung nämlich durch eine erhebliche Beratungstätigkeit entsprochen. Es habe bis nach der Kündigung nur noch die Ausformulierung der Insolvenzpläne und deren Vertretung in der Gläubigerversammlung gefehlt.

Der Beklagte sei bezüglich des Herrn D entreichert, weil er an diesen 58.000,00 € gezahlt habe.

Auf diesen Betrag entfielen auch keine Zinsen, weil der Beklagte keine Nutzungen des empfangenen Geldes gezogen habe.

Schließlich seien die Zinsen dadurch auf insgesamt 82.000,00 € weniger zuzusprechen und belaufe sich der Zinssatz nach § 246 BGB nur auch 4 %.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 5. Oktober 2005 verkündeten Urteils des Landgerichts Darmstadt die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Erwiderung des Klägers stützt sich auf einen Rückgewähranspruch aus §§ 628 Abs. 1 Satz 3 und 812 BGB. Der Auftrag sei jedoch nach Beklagtenvortrag selbst erst am 28. Mai 2002 erteilt worden. Bis zu seiner Kündigung habe der Beklagte jedoch nur den Insolvenzantrag gestellt. Überdies habe der Beklagte selbst erklärt, für Arbeiten vor dem 28. Mai 2002 sei nichts geschuldet. Dass der Beklagte nunmehr behaupte, seine bis zum 17. Juni 2002 erbrachten Leistungen hätten bereits 2/3 des geschuldeten Arbeitsumfanges erreicht, sei neuer Vortrag und unbeachtlich. Richtig sei vielmehr, dass der Beklagte zwischen dem 28. Mai und 17. Juni 2002 keine wesentlichen Leistungen erbracht habe. In einer Gesamtschau stelle sich eine Vereinbarung mit dem Beklagten als Dienstvertrag dar. Dies sei auch sachgerecht, weil aufgrund des besonderen Vertrauensverhältnisses eine Kündigung der Beziehung möglich sein müsse. Schließlich habe der Beklagte eine fortlaufende begleitende Beratung geschuldet.

Die X-AG und Y-GmbH hätten sich auch nicht anfechtungsfest zur Bezahlung von Leistungen verpflichten können, deren Brauchbarkeit und Notwendigkeit gar nicht absehbar gewesen sei, sondern nur zu einer leistungsgerechten kongruenten Bezahlung von seitens des Beklagten erbrachten Leistungen. Die Poolbanken hatten das Vertrauen in die bisherige Geschäftsführung aufgrund erheblicher Unregelmäßigkeiten ohnehin verloren, weshalb der Insolvenzplan und die vom Beklagten vorgeschlagene Eigenverwaltung ohnedies inakzeptabel war. Hierfür sei auch gar keine Liquidität vorhanden gewesen, weil die Banken und Bürgen ihre Sicherheiten nicht freigeben wollten. Damit habe sich das gesamte "Konzept" des Beklagten als ohne Grundlage herausgestellt.

Die Anfechtung sei jedenfalls aus § 130 InsO begründet, weil die Zahlung an den Beklagten innerhalb von drei Monaten vor Insolvenzantrag in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaften erfolgt sei. Eine weitere Anspruchsgrundlage ergebe sich aus § 131 InsO wegen der vorfristigen Zahlung der Gesellschaften.

Bezüglich Herrn D liege keine Entreicherung vor, weil § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO Bösgläubigkeit im Sinne von Rechtshängigkeit des Rückgewehranspruchs fingiere. Eine Haftungsmilderung nach § 143 Abs. 2 ergäbe sich nur, wenn die Rückgewähr ausschließlich auf § 134 InsO gestützt werde. Im übrigen sei die Beauftragung von und die Zahlung an Herrn D bestritten.

Es liege auch keine Genehmigung des Vertrages mit der S-GmbH vor, weil Professor C die schwebende Unwirksamkeit einer bereits geschlossenen Vereinbarung hätte kennen müssen, um eine derartige genehmigen zu können. Eine Beauftragung durch die X-AG werde bestritten. Ein Verstoß des Landgerichts nach § 139 ZPO liege schließlich deshalb nicht vor, weil der Beklagte nachträglich umfangreich Stellung genommen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Parteivortrages wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Das Berufungsgericht macht sich zunächst die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts zu eigen. Mit dessen Begründung ist ein Vertragsschluss mit dem Beklagten abzulehnen. Der Schriftsatz des Beklagten vom 21. September 2005 ist verspätet. Die mündliche Verhandlung am Landgericht war am 14. September 2005, hier hätte vorgetragen werden müssen. Auch ist ein Schriftsatznachlass seitens des Beklagten nicht beantragt worden, so dass auch kein Grund zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung vorliegt. Im übrigen hat das Landgericht tatsächlich hilfsweise den nicht nachgelassenen Schriftsatz des Beklagten vom 21. September 2005 verarbeitet.

Soweit der Beklagte auf die Pressemitteilung der X-AG (GA 91) vom 30. Mai 2002 verweist, hat diese keinen Beweiswert. Vielmehr mag ihr ein erhebliches Eigeninteresse im Sinne einer Stimmungsmache seitens der Herausgeberin zugrunde liegen. Eine Gläubigerbenachteiligung nach § 129 InsO ist auch nicht durch den vom Beklagten angestrebten Insolvenzplan sondern durch die Zahlung an ihn erfolgt. Hier ergab sich eine Vorleistungspflicht nicht aus der bloßen Vorleistung selbst, sondern wäre durch den Beklagten darzulegen und zu beweisen gewesen. Eine Vorleistung wie hier ist auch keine Honorarzahlung für erbrachte Leistungen wie vielleicht woanders. Da eine (Vor-) Leistungspflicht nicht gegeben ist, liegt auch kein Bargeschäft vor. Der vom Beklagten hierfür ins Feld geführte Anspruch der Gesellschaften auf die Beratungsleistungen des Beklagten ist eben keine "unmittelbare" Gegen-"leistung" für die erfolgte Zahlung der Gesellschaften. Dabei ist irrelevant, ob der Beklagte ohne die entsprechende Vorleistung der Gesellschaften überhaupt tätig geworden wäre oder dies deshalb unterlassen hätte, weil er mit einer Nichtbezahlung aufgrund entsprechender Verfügungen des späteren Insolvenzverwalters gerechnet hätte.

Der Beklagte wusste zur Überzeugung des Berufungsgerichts bei Entgegennahme der Zahlung auch, dass die X-AG und die Y-GmbH zahlungsunfähig waren, wie sich aus seinem Insolvenzantrag zwei Tage später ergibt. Nach dem dem Insolvenzrecht zugrundeliegenden Grundgedanken soll eine Benachteiligung von Gläubigern durch einseitige Begünstigungen im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Insolvenz vermieden werden. Dies erlaubt lediglich eine leistungskongruente Bezahlung von Sanierungsberatungen, weil ansonsten eine Bevorzugung dieser Berater auf Kosten der Insolvenzmasse erfolgen würde. Die entsprechende Gläubigerbenachteiligung erfolgt vorliegend aus dem Mittelabfluss seitens der Gesellschaften. Es fehlte an einer Kongruenz mangels einer Zahlungspflicht, insbesondere einer Vorleistungspflicht und einer entsprechenden unmittelbaren Gegenleistung des Beklagten. Im übrigen hat der Beklagte nach seinem eigenen - wenn auch widersprüchlichen - Vortrag nur einen minimalen Teil seiner Leistung erbracht, nämlich gerade nicht den Hauptteil - den Insolvenzplan - erstellt. Stellt der Beklagte einerseits darauf ab, dass dies der Hauptteil der von ihm geschuldeten Leistung gewesen sei, hat er danach widersprüchlich behauptet, 2/3 seiner Tätigkeit nämlich durch Beratung sei bereits bis zur Kündigung erbracht gewesen. Dass die Leistungen des Beklagten insgesamt keine Aussicht auf Genehmigung hatten, ergibt sich schon aus der bereits am 17. Juni erfolgten Kündigung seitens der Gesellschaften auf Veranlassung der Gläubigerausschüsse. Dass die Banken und Bürgen den Sanierungsideen des Beklagten gegenüber positiv eingestellt worden seien, ist vom Beklagten nicht hinreichend dargelegt. Die seinerzeitigen Rahmenbedingungen werden auch durch die veröffentlichen Unregelmäßigkeiten der betroffenen Gesellschaften und die Ablehnung ihrer Eigenverwaltung hinreichend illustriert. Mit der wirksamen Kündigung vertraglicher Beziehungen zum Beklagten ist auch der rechtliche Grund für die Leistung an diesen entfallen, weshalb er das Erlangte herauszugeben hat.

Es greift auch keine Bargeschäftsausnahme nach § 142 InsO. Eine solche scheidet bei inkongruenter Deckung bereits begrifflich aus. Es fehlt hier an einer "unmittelbaren gleichwertigen Gegenleistung". Dabei kommt es auf Vorarbeiten des Beklagten bis zum 28. Mai 2002 nicht an, da hierfür nach dem Beklagtenvortrag selbst nicht die streitige Summe gezahlt worden ist. Für Arbeiten des Beklagten danach fehlt es einer Differenzberechnung für anzurechnende Geschäfte des Beklagten. Auch die S-AG hat durch die Zahlung für die Y-GmbH keinerlei Gegenleistung sondern nur einen Anspruch erlangt, hat also unverpflichtet vorgeleistet.

Dass es sich bei den angedachten Vereinbarungen zwischen den Parteien nicht um Werkverträge handelt, zeigt zur Überzeugung des Berufungsgerichts ein Blick auf die Vereinbarungen (GA 36, 38). Darin ist von einer fortlaufenden "insolvenzrechtlichen Beratung und Begleitung" die Rede, sowie von einer "Vertretung in allen insolvenzrechtlichen Rechtsfragen".

Aus dem oben gesagten ergibt sich, dass Leistungen des Beklagten vor dem 28. Mai 2002 nicht Gegenstand der hier streitigen Zahlungen sind. Eine Aufrechnung ist seitens des Beklagten nicht erklärt worden. Leistungen bis zum 17. Juni 2002, dem Kündigungsdatum betreffen daher lediglich einen Zeitraum von einer Woche seit dem 28. Mai 2002. Wie in diesem Zeitraum 2/3 der vom Beklagten geschuldeten Leistungen erbracht worden sein sollen, bleibt das Geheimnis des Beklagten, insbesondere dann, wenn er die Insolvenzpläne als seine eigentliche Leistung angesehen hat. Für diese hat er jedoch noch mit Schriftsatz vom 11. Juli 2002 (GA 132) drei Monate Arbeitszeit eingeplant gehabt. In zweiter Instanz hat sich der hierfür erforderliche Arbeitsaufwand sogar noch gesteigert, wie sich aus dem Beklagtenschriftsatz vom 4. Dezember 2005 (GA 266) ergibt. Danach will der Beklagte für die geschuldete Herstellung der Insolvenzpläne "einen Zeitraum von sechs Monaten reserviert" haben.

Für die rechtliche Einordnung einer Sanierungsberatung kann zur Überzeugung des Berufungsgerichts auch nicht entscheidend sein, ob ein Insolvenzverwalter derartige Verträge als Dienstverträge sodann jederzeit kündigen kann. Vielmehr ergibt sich der Charakter des Vertrages aus diesem selbst.

Bei dieser Sachlage ist vorliegend einer Anfechtung aufgrund der inkongruenten Deckung und mangels Vorliegen eines Bargeschäftes nicht ausgeschlossen. Bezüglich der Zahlung des Beklagten an Herrn D liegt keine Entreicherung des Beklagten vor, vergleiche nur MÜ-KO-Kirchhoff, InsO, 2002, Rn. 101 zu § 143 InsO.

Bezüglich der Vereinbarung mit der Y-GmbH liegt keine Genehmigung durch Prof. C vor, weil dieser hierfür die schwebende Unwirksamkeit des Grundgeschäfts kennen musste.

Letztlich greift auch das Argument des Beklagten nicht durch, eine Sanierungsberatung wäre mit der hier vertretenen Lösung gar nicht mehr möglich. Der mit einem Insolvenzplan beauftragte Berater mag für seine unmittelbar bevorstehenden Leistungsabschnitte einen Vorschuss vom Auftraggeber verlangen. Nicht notwendig ist jedoch die vollständige Vorabzahlung seitens des Mandanten für Leistungen, die möglicherweise niemals abgefragt werden oder gar keinen Sinn mehr machen. Insbesondere muss es gerade dem Insolvenzverwalter möglich sein, derart langfristige und umfangreiche Verbindlichkeiten des insolventen Schuldners zu beenden. Verweigert demgemäß der Insolvenzverwalter weitere Zahlung, ist dies eine vom Gesetz gewollte Folge. Eine Vorauszahlungs- "Pflicht" im Sinne des Beklagten würde nach Auffassung des Berufungsgerichts den Gläubigerschutz aushebeln. Insofern kann sich der Schuldner eben nicht anfechtungsfest über die Insolvenzeröffnung hinaus verpflichten. Die Richtigkeit der hier vertretenen Lösung zeigt sich vorliegend auch daran, dass der Schuldner selbst noch im vorläufigen Insolvenzverfahren einen Beratungsvertrag mit dem Beklagten gekündigt hat (GA 45, 46).

Der zugesprochene Zinsanspruch folgt aus Rechtshängigkeit, weshalb es auf seitens des Beklagten gezogenen Nutzungen nicht ankommt. Die Zinshöhe ergibt sich aus den vom Landgericht herangezogenen Rechtsgrundlagen, da § 246 BGB lediglich subsidiär anwendbar ist. Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Das Berufungsgericht hat die Revision deshalb zugelassen, weil es dem Beklagten zugesteht, dass der Fall grundsätzliche Fragen im Zusammenhang mit der Vorfinanzierung eines Sanierungsplankonzeptes aufwirft, die eine Zulassung nach § 543 Abs. 2 ZPO rechtfertigen.

Nebenentscheidungen: §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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