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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 20.07.2007
Aktenzeichen: 24 U 21/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 667
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Der Beklagte vertrat den Zeugen Z1 in einem gegen den Zeugen unter dem Vorwurf der Steuerhinterziehung geführten Ermittlungsverfahren; in diesem Verfahren befand sich der Zeuge Z1 seit August 2002 in Untersuchungshaft. Im Oktober 2002 rief der Beklagte bei dem Steuerberater des Klägers - der zugleich auch Steuerberater des Zeugen Z1 war - an und regte an, der Steuerberater solle sich bei Freunden und Bekannten des Beschuldigten um die Aufbringung einer Kaution von insgesamt 50.000,00 € bemühen.

Der Kläger erklärte sich gegenüber dem Steuerberater bereit, einen Betrag in Höhe von 25.000,00 € zu übernehmen. Diesen Betrag überwies der Kläger alsbald auf ein Fremdgeldkonto des Beklagten. Auf dem Überweisungsträger vermerkte er - einem Vorschlag des Steuerberaters folgend - die Worte "Darlehen an A w/Kaution"; der Buchstabe "w" stand - wie unstreitig ist - für das Wort "wegen". Zu einer Anordnung über die Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls gegen Sicherheitsleistung kam es nicht. Der Beklagte verrechnete den vom Kläger überwiesenen Betrag später mit offenen Honorarforderungen gegen den Zeugen Z1.

Mit Schreiben vom 24.5.2006 forderte der Kläger den Beklagten zur Rückzahlung der überwiesenen Summe auf. Dieses Begehren verfolgt er im Rechtsstreit weiter. Das Landgericht hat den Beklagten zur Rückzahlung verurteilt. Wegen der von ihm gefundenen Gründe sowie der getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil vom 1. Dezember 2006 verwiesen.

Mit der Berufung trägt der Beklagte vor, ein Vertragsverhältnis sei zwischen den Parteien nicht begründet worden; der Beklagte sei bloßer Empfangsbote des Zeugen Z1 für den dem Zeugen darlehensweise überlassenen streitigen Betrag gewesen.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Darmstadt vom 1. Dezember 2006 den Kläger mit seiner Klage kostenpflichtig abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten und Berufungsklägers gegen das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 1. Dezember 2006 kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er trägt vor, das Verhalten der Parteien sei im Sinne von Angebot und Annahme eines Treuhandauftrages zu verstehen gewesen. So folge es insbesondere daraus, dass der Kläger nicht die gesamte Kautionssumme zur Verfügung gestellt habe.

Wegen des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes im einzelnen wird auf die vor dem Berufungsgericht gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die Berufung ist begründet. Der Beklagte ist dem Kläger nicht zur Herausgabe des Betrages verpflichtet, den der Kläger als "Darlehen an A w/Kaution" überwiesen hat.

a) Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 667 BGB. Denn es hat sich nicht feststellen lassen, dass zwischen den Parteien in Zusammenhang mit den getroffenen Vorbereitungen zur Gestellung einer Kaution und der Überweisung des vom Kläger versprochenen Teilbetrages ein Auftragsverhältnis zustande gekommen wäre.

aa) Durch die Inempfangnahme von Fremdgeld wird nicht ohne weiteres ein Vertrags- (Auftrags-) Verhältnis zwischen dem Anwalt und dem Zahlenden begründet. Vielmehr handelt der Rechtsanwalt, der Fremdgeld in Empfang nimmt, welches von einem Dritten zugunsten eines Mandanten eingezahlt wird, in der Regel allein als Vertreter des Mandanten. Denn der Anwalt darf widerstreitende Interessen nicht vertreten; da sich aber in der Verwendung eingezahlten Geldes ein Interessenwiderstreit zwischen Mandanten und Einzahler ergeben kann, werden alle Beteiligten regelmäßig davon ausgehen müssen, dass der Anwalt im Zweifel allein die Interessen des Mandanten wahrnehmen wird (BGH WM 2004, 1825; 2007, 135). Das aber steht regelmäßig der Annahme eines Auftragsverhältnisses, der Begründung eigener Pflichten des Anwalts im Verhältnis zum Einzahlenden entgegen.

bb) Allerdings kann sich unter besonderen Umständen etwas anderes ergeben, unter Umständen nämlich, die - in Abweichung von der Regel - den Schluss darauf begründen, der Anwalt habe doch eigenständige (Treuhand-) Verpflichtungen auch und gerade gegenüber dem Einzahler übernommen (BGH a. a. O.; vgl. auch NJW-RR 1988, 1299).

Solche besonderen Umstände kann das Berufungsgericht hier aber nicht erkennen. Insbesondere ergibt sich nichts in diesem Sinne daraus, dass der Kläger nicht die gesamte ins Auge gefasste Kautionssumme zur Verfügung stellte. Eine irgendwie geartete eigene Verfügungs- und Entscheidungsbefugnis des Beklagten als "Organisator" einer Interessengemeinschaft - Unterstützerkreis des Gefangenen - folgt hieraus schon deshalb nicht, weil eigenständige Aktivitäten des Beklagten nicht "geschuldet" waren. Er beschränkte sich auf die Weitergabe der Anregung zur Gestellung einer Kaution an den Steuerberater des Inhaftierten und die Benennung seines Fremdgeldkontos, eines Kontos also, auf das seiner Bestimmung gemäß Gelder eingingen, über die der Beklagte nicht aus eigener Macht verfügen konnte. Die "Organisation" sollte - wenn nicht selbst dieser Begriff zu weit hergeholt ist - durch den steuerlichen Berater des Zeugen Z1 erfolgen. Der Beklagte war damit bloße "Zahlstelle", welche einen eingezahlten Betrag dem Interesse und der Weisung des Mandanten folgend zur Verfügung zu halten hatte.

Nichts anderes, nichts im Sinne einer Bindung des Beklagten an einen Auftrag zur Verwendung des Geldes in einer bestimmten Weise ergab sich aus dem Wortlaut des Überweisungsträgers mit den Worten "Darlehen an A w/Kaution". Diese Worte sagten ganz im Gegenteil klar aus, wer Leistungsempfänger sein sollte: der Zeuge Z1. Die - unstreitige - Tatsache, dass die Gestellung des Geldes als "Darlehen" zwischen dem Kläger und dem Zeugen Z1 nicht besprochen worden war, ändern hieran nichts, hat doch der Kläger mit diesen Worten klargestellt, mit wem er durch die Überweisung des Geldes ein Vertragsverhältnis Begründung wollte, nämlich mit dem Darlehnsnehmer A. Unter diesen Umständen stellte sich die Passage "w/Kaution" nicht als im Rahmen eines - eben nicht - begründeten Auftragsverhältnisses zum Beklagten erteilte Weisung, vielmehr als bloße Zweckerklärung für das Darlehn dar.

Dass der Kläger auch aus eigener Sicht sein Recht beim Zeugen Z1 und nicht beim Beklagten gelassen hatte, ergibt sich auch eindrucksvoll daraus, dass er den Beklagten über mehr als dreieinhalb Jahre nicht auf die Summe ansprach, obwohl sich der Bezug der Einzahlung zu der anwaltlichen Tätigkeit des Beklagten doch seit fast drei Jahren erledigt hatte; der Zeuge Z1 war im August 2003 aus der Untersuchungshaft entlassen worden; dass ihm das nicht verborgen geblieben war, hat der Kläger nicht in Abrede gestellt (, und das wäre auch gänzlich unglaubhaft).

b) Der Beklagte ist dem Kläger auch nicht unter dem Gesichtspunkt ungerechtfertiger Bereichung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt / Satz 2 2. Alt. BGB) zur Herausgabe verpflichtet. Aus dem vorstehend zu lit. a) bb) Ausgeführten ergibt sich, dass nicht der Beklagte, sondern der Zeuge Z1 Empfänger der Leistung des Klägers war. Da das Geld an den Zeugen Z1 geleistet war, erlangte der Beklagte aus der Verrechnung der eingezahlten Summe mit Honorarforderungen auch nicht in sonstiger Weise (§ 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BGB) etwas auf Kosten des Klägers.

c) Aus dem vorstehend Gesagten folgt zugleich, dass die Nebenforderungen nicht unter dem Gesichtspunkt des Verzuges begründet sind.

III.

Das Berufungsgericht erachtet die gesetzlichen Voraussetzungen einer Zulassung der Revision für nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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