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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 02.02.2001
Aktenzeichen: 24 U 231/98
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 138 Abs. 1
ZPO § 138 Abs. 2
ZPO § 530 Abs. 2
BGB § 326 Abs. 1 Satz 1
BGB § 635
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

24 U 231/98

18 O 757/97 LD Darmstadt

Verkündet am 02.02.2001

in dem Rechtsstreit ...

Der 24. Zivilsenat in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. Januar 2001 durch die Richter ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Darmstadt vom 22.09.1998 wird abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.492,77 DM nebst 11,5 % Zinsen hieraus seit dem 09.12.1997 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsmittels sind von der Klägerin zu 85 %, von der Beklagten zu 15 % zu tragen.

Die Kosten der ersten Instanz sind von der Klägerin zu 91 %, von der Beklagten zu 9 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 12.000,00 DM, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,00 DM, soweit nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Klägerin ist mit 61.136,70 DM, die Beklagte ist mit 10.492,77 DM beschwert.

Tatbestand

Aus Arbeiten an zwei Bauvorhaben der Beklagten macht die Klägerin Werklohn geltend; die Parteien gehen in zweiter Instanz übereinstimmend von einer rechnerisch offenen Vergütung in Höhe von 71.629,46 DM aus.

Auf der Grundlage des seinerzeit weitergehenden Streits hat die Klägerin vor der Kammer beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 78.516,48 DM nebst 11,5 % Zinsen seit dem 09.12.1997 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, von der rechnerisch ermittelten Vergütung aus dem Bauvorhaben Sch." - Rechnung vom 25.11.1997 - sei Skonto in Höhe von 3 % abzusetzen; aus diesem Bauvorhaben habe die Klägerin auch die Kosten zu ersetzen, die der Beklagten aus der Beseitigung zurückgelassenen Unrats entstanden seien.

Auf der Grundlage einer Aufrechnung mit Gegenforderungen aus einem anderen Bauvorhaben ­ M. - hat die Beklagte weiter vorgetragen, die Klägerin habe die Gebühren eines in die Beurteilung ihrer Leistungen eingeschalteten Sachverständigen übernommen. Sie habe in diesem Bauvorhaben unsauber gearbeitet, vor allem den Untergrund ihrer Putz- und Malerarbeiten ungenügend vorbereitet. An anderer Stelle desselben Baus habe sie flüssige Raufaser nach unten verlaufend" aufgebracht. Aufgrund dieser Mängel habe sie auch die Gebühren zu ersetzen, die mit der Einschaltung eines weiteren Sachverständigen entstanden.

Schließlich hat die Beklagte wegen behaupteter Mängel am Außenputz desselben Baus ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht. Die Kammer hat die Beklagte in Höhe von 71.629,46 DM nebst Zinsen zur Zahlung von Werklohn verurteilt, die weitergehende Klage abgewiesen. Wegen der gefundenen Gründe sowie des erstinstanzlichen Sachvortrages der Parteien im einzelnen wird auf das Urteil vom 22.09.1998 verwiesen.

Mit der Berufung trägt die Beklagte vor, auf die Rechnung vom 25.11.1997 - Sch." - müsse sich die Klägerin Skonto anrechnen lassen, dies auch im Blick auf Abschlagszahlungen.

Was den Gegenanspruch auf Ersatz der Kosten der Beseitigung von Bauschutt angehe, habe die Klägerin auf der ganzen Baustelle verstreut Schutt hinterlassen, der sich zu einer halben Containerladung summiert habe. Die Gebühren des Sachverständigen S. - Bauvorhaben M." - seien von der Klägerin zu tragen, weil der Sachverständige ihr ungünstige Feststellungen getroffen habe. Aus demselben Bauvorhaben - M." - habe die Klägerin der Beklagten die Kosten der Nachbesserungsarbeiten zu ersetzen, die der Sachverständige S. für notwendig erachtet habe; dessen Feststellungen entsprächen der Sachlage. Mit der Beseitigung der Mängel notwendig verbundene Regiekosten seien ebenfalls auszugleichen. So gelte es auch für den Aufwand, der mit der Entfernung und Erneuerung des unsauber aufgebrachten Rauputzes an einer Wand der Kantine verbunden war.

Wegen der Mängel des Außenputzes an Wohnhaus und Bürogebäude/Halle desselben Baus - er sei zu dünn aufgebracht - verfolgt die Beklagte in zweiter Instanz nicht mehr ein Zurückbehaltungsrecht, sondern erklärt nunmehr ausdrücklich die Aufrechnung mit einem Anspruch auf Ausgleich von Wertminderung; insoweit sieht sie sich zugleich berechtigt, die Kosten des zur Beurteilung der Qualität des Außenputzes eingeschalteten Sachverständigen D. ersetzt zu verlangen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 22.09.1998 abzuändern und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, die Beklagte habe die Abschlagszahlungen nicht innerhalb der im Vertrag bestimmten Frist von 10 Tagen geleistet.

Eine Abrede, nach der die Gebühren des Sachverständigen S. zu erstatten seien, gebe es nicht; es bleibe bestritten, was Inhalt des Parteigutachtens S. war und ist". Es werde auch bestritten, dass irgendwelche Nachbesserungsarbeiten ausgeführt worden seien.

Für die Geltendmachung von sogenannten Regiekosten sei keine Anspruchsgrundlage ersichtlich".

Wegen des Sach- und Streitstandes zweiter Instanz im übrigen und einzelnen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist überwiegend begründet. Die Klägerin kann aus den Bauvorhaben L./W." und Sch." noch 10.492,77 DM nebst Zinsen beanspruchen. In Höhe von 61.136,70 DM greifen die Aufrechnungen, die die Beklagte erklärt hat, durch; der Senat entscheidet allerdings nicht über die wegen des Aufwandes für den angeblich fachwidrig - in ungenügender Stärke - aufgebrachten Außenputzes erklärte Aufrechnung.

1. Die rechnerisch im übrigen unstreitige Restforderung aus dem Bauvorhaben Sch." vermindert sich um einen Skontoabzug auf Abschlagsrechnungen in Höhe von 3 %; das entspricht einem Betrag von 1.583,55 DM. Die Befugnis, Skonto in Höhe von 3 % dann abzusetzen, wenn innerhalb von 10 Tagen nach Fälligkeit gezahlt werde, hatten die Parteien unter Ziffer 3 des Bauvertrages vom 09.07.1997 mit den Worten abzüglich 3 % Skonto 10 A-Tage (gleich Arbeitstage)" unmissverständlich und umfassend zugleich für die Schlusszahlung wie für Abschlagszahlungen festgehalten. War der Passus im Abschnitt Vergütung" ohne jede Einschränkung auf bestimmte Rechnungen oder bestimmte Zahlungen festgehalten, dann bezog er sich notwendig auf jede Vergütung", damit auf jede fällige Zahlung. Zur Höhe ist die Berechnung des Anteils von 3 % auf 1.583,55 DM nicht in Frage gestellt worden.

Die Tatsache, daß die Beklagte die 10-Tages-Frist jeweils eingehalten hat, erachtet der Senat auf der Grundlage des § 138 Abs. 1, 2 ZPO - die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig abzugeben, und jede Partei hat sich über die vom Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären - für unstreitig. Denn die Beklagte trägt unter präziser Angabe der Daten von Rechnungseingang und Abgabe des Überweisungsauftrages sowie der Ausführungsfrist präzise vor, dass und wie die Zahlungsfrist jeweils eingehalten wurde. Wenn die Beklagte die Rechtzeitigkeit der Zahlungen pauschal bestreitet, sich mit der Berufungserwiderung auf die Worte beschränkt, im übrigen sind die Abschlagszahlungen auch nicht innerhalb einer Frist von 10 Tagen ab Rechnungsstellung und Anforderung erfolgt", dann ist das keine umfassende Erklärung im Sinne des § 138 Abs. 1, 2 ZPO. 2. Ihr aus der Beseitigung von zurückgelassenem Bauschutt entstandene Aufwendungen kann die Beklagte hingegen nicht ersetzt verlangen; die insoweit erklärte Aufrechnung geht deshalb fehl.

Zwar war die Klägerin als Werkunternehmerin ohne weiteres - und ohne dass es einer ausdrücklichen Vereinbarung bedurfte - verpflichtet, den in Zusammenhang mit ihren Arbeiten entstehenden Abfall zu beseitigen. Mit der Erfüllung dieser (sog. Haupt- )Verpflichtung war sie auch in Verzug geraten; denn der Bauleiter der Beklagten hatte sie mehrfach erfolglos aufgefordert, den Schutt abzutransportieren.

Die Beklagte hat aber die formalen Voraussetzungen nicht erfüllt, unter denen das Gesetz eine Umwandlung des vertraglichen Leistungsanspruches in einen auf Zahlung von Geld gerichteten Ersatzanspruch eröffnet: Entgegen der in § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB festgehaltenen Anforderung hat sie der Klägerin weder eine Nachfrist gesetzt noch angedroht, im Falle der Fristversäumnis eine (dann: verspätete) Erfüllung durch die Klägerin abzulehnen.

3. Begründet - und zwar in Höhe von 1.017,52 DM - ist die Aufrechnung hingegen insoweit, als es um eine Gegenforderung aus dem Bauvorhaben M.", nämlich einen Anspruch auf Ausgleich der Gebühren des Sachverständigen S. geht, welche die Beklagte verauslagt hat.

Grundlage des Gegenanspruches ist die schriftliche Vereinbarung vom 13.08.1997 (Anlage 21 (3) zum Schriftsatz vom 08.06.1998). Haben die Parteien dort auf der Grundlage der gemeinsamen Begehung der Baustelle und der Diskussion gerügter Mängel unter anderem festgehalten Gutachtertermin ist am Dienstag 9.30 Uhr... Gutachterkosten werden nach Ob- oder Unterliegen (offensichtlich gemeint: Obsiegen oder Unterliegen) abgerechnet", dann wird daraus deutlich, dass man sich konkret darauf geeinigt hatte, dass ein Gutachter die Mängel(rügen) beurteilen sollte. Dann konnte die Vereinbarung über die Abrechnung" der Gutachterkosten nur bedeuten, dass das Obsiegen oder Unterliegen, also die Grundlage der Zurechnung" des Gebührenaufwandes anhand der vom Gutachter gefundenen Einschätzungen beurteilt werden sollte, oder mit anderen Worten: Die Klägerin unterwarf sich der vom Sachverständigen zu findenden Bewertung in gebührenrechtlicher" Hinsicht.

4. Ebenfalls durch Aufrechnung erloschen ist die Klageforderung in Höhe eines weiteren Teilbetrages von 56.350,00 DM; insoweit konnte die Beklagte im Blick auf Mängel der Arbeiten am Bauvorhaben M." Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen.

Die Beklagte hat im Einzelnen vorgetragen, dass die Klägerin in insgesamt elf Räumen bzw. Bereichen den Innenputz uneben aufgebracht und unsauber zur anschließenden Tapezierung vorbereitet, weiter die Tapeten im Nahtbereich nicht durchweg schlüssig angesetzt und verklebt hat (Gutachten des Sachverständigen S. vom 26.08.1997, Bl. 2 und 3 Sachverständigengutachten Nr. 2"/Anlage 8 (2) zum Schriftsatz vom 24.03.1998); sie - die Beklagte - hat auch dargetan, welche Arbeiten zur Beseitigung der Mängel im einzelnen erforderlich waren (Angebot der Firma MP. vom 15.10.1997, Anlage 28 (1) zum Schriftsatz vom 15.01.1999). Wenn die Klägerin dem lediglich entgegenhält, es gibt weder bei den Innenarbeiten noch beim Außenputz mangelhafte Arbeiten der Klägerin. Es ist nicht richtig, dass Arbeiten im Innenbereich mangelhaft ausgeführt worden seien. Angebliche Mängel werden bestritten. Die Inhalte der Gutachten des Sachverständigen S. werden als unzutreffend bestritten" (Schriftsatz vom 27.04.1998, Bl. 4), im übrigen ist und bleibt bestritten, was Inhalt des Parteigutachtens S. war und ist. Dem Grunde und der Höhe nach bestritten sind auch mit 56.350,00 DM berechnete Kosten." (Berufungserwiderungsschrift vom 14.04.1999, Bl. 4.), dann ist dieses Bestreiten unsubstantiiert und damit unbeachtlich. Ist jede Partei nämlich - vgl. oben 1. - verpflichtet, ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig abzugeben, sich damit vollständig auch über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären (§ 138 Abs. 1, 2 ZPO), dann bedeutet das, dass die Partei, die sich über Behauptungen der Gegenseite zu den Ergebnissen eigener Handlungen - eigener Arbeiten - äußert, konkret darzulegen hat, was die Ergebnisse dieser eigenen Handlungen aus ihrer Sicht gewesen seien; dies gilt insbesondere dann, wenn sie - wie die Klägerin - in der Lage ist, diese Ergebnisse fachkundig zu beurteilen. Ist auf dieser prozessrechtlichen Grundlage das als unstreitig zu behandeln, was die Beklagte zum Erfolg" der Leistungen der Klägerin vorgetragen hat, so gilt dasselbe im Blick auf die Aufwendungen, die die Beklagte als zur Herstellung eines vertragsgerechten Zustandes erforderlich bezeichnet hat; denn auch sie ergeben sich aus der vorgelegten, ins einzelne gehenden Aufstellung der Firma MP. vom 15.10.1997, und die Klägerin wäre kraft ihrer Fachkunde in der Lage gewesen, hierzu ­ ebenfalls - im einzelnen Stellung zu nehmen.

Die formalen Voraussetzungen, die den - zunächst bestehenden - Nachbesserungsanspruch der Beklagten in einen auf Zahlung von Geld gerichteten Ersatzanspruch übergehen ließen (§§ 635, 634 Abs. 1 BGB), sind erfüllt. Mit Schreiben vom 30.08.1997 konkretisierte die Beklagte - auf das Gutachten S. bezugnehmend - ihre Mängelrügen im einzelnen und setzte Frist zur Mängelbeseitigung, gleichzeitig kündigte sie an, in dem Falle, daß die Mängel nicht fristgerecht beseitigt würden, den Auftrag (zu) kündigen und eine andere Firma (zu) beauftragen", die Beseitigung des Mangels nach dem Ablauf der Frist also abzulehnen.

Der Senat erachtet die mit Schreiben vom 30.08.1997 gesetzte Frist ungeachtet dessen für angemessen, dass sie sich auf fünf Tage beschränkte. Denn die Klägerin wusste - spätestens - seit mehreren Wochen, seit der Baustellenbesprechung vom 13.08.1997 von den Mängelrügen, und der Nachfristsetzung im Schreiben vom 30.08.1997 war bereits eine abschließende", nämlich auf den Feststellungen des Sachverständigen S. beruhende Aufforderung zur Beseitigung der Mängel vorausgegangen (Schreiben vom 26.08.1997, noch ohne Ablehnungsandrohung/Anlage 10 (1) zum Schriftsatz vom 24.03.1998). Ganz unabhängig hiervon konnte die Klägerin nach der Baustellenbesichtigung am 13.08.1997 schon deshalb nicht daran zweifeln, dass sie zur Nachbesserung verpflichtet war, weil sie fachkundig ist und deshalb in der Lage war, die vom Sachverständigen S. festgestellten Mängel selbst zu erkennen. Faktisch also hatte sie nicht 5 Tage, vielmehr (mindestens) 22 Tage - 13.08. bis 05.09. - Zeit, nachzubessern.

Der Beklagten ist es nicht unter Treu- und Glaubensgesichtspunkten versagt, sich auf die Nichteinhaltung der Nachbesserungsfrist zu berufen; die Tatsache, dass der Bauherr M. die Leute der Klägerin der Baustelle verwies, als sie am 04.09.1997 bei ihm vorsprachen, eröffnet nicht den Einwand widersprüchlichen Verhaltens der Beklagten.

Selbst zugunsten der Klägerin in rechtlicher Hinsicht unterstellt, das Verhalten des Bauherrn sei der Beklagten zuzurechnen, verdient dieses Verhalten keinen Tadel im Sinne einer treuwidrigen Vereitelung von Nachbesserungsmaßnahmen". Denn die Leute der Klägerin waren unangemeldet bei dem Bauherrn erschienen; er hatte - deshalb - keine Möglichkeit, rechtzeitig dafür zu sorgen, dass die in seinem Haus tätigen Arbeiter beaufsichtigt würden; er selbst stand unmittelbar vor der Abreise. Unter diesen Umständen sieht der Senat es als nicht nur entschuldigt", sondern fast selbstverständlich an, dass der Bauherr die Leute der Klägerin abwies. Nur am Rande fügt der Senat an, dass es, hätte der Bauherr für den nächsten Tag für Aufsicht gesorgt, ausgeschlossen gewesen wäre, die Nachbesserungsfrist einzuhalten. Denn dieser nächste Tag war der 05.09., der Tag des Fristablaufs. Angesichts des im Angebot der Firma MP. vom 15.10.1997 dokumentierten Umfangs der Arbeiten war es ausgeschlossen, diese Arbeiten in einem Tag auszuführen.

5. Die Klageforderung ist in Zusammenhang mit der anderweiten Vergabe der unerledigt gebliebenen Nachbesserungsarbeiten zu einem weiteren Teilbetrag von 1.000,00 DM erloschen; in dieser Höhe durfte die Beklagte Regiekosten ersetzt verlangen. Der notwendig mit der anderweiten Vergabe und der Einweisung der Leute der Drittunterneh- merin verbundene Aufwand ist Teil des von der Klägerin auf der Grundlage des vorstehend zu Ziffer 4 abgehandelten Sachverhalts zu ersetzenden Nichterfüllungsschadens (§ 635 BGB). In der Bemessung der wirtschaftlichen Belastung, die aus der Vorbereitung der Nachbesserungsarbeiten und der Einweisung der Drittunternehmerin folgte, erachtet der Senat den Ansatz, den die Beklagte eingeführt hat, für überzogen. Die Neuvergabe und Abwicklung erforderte eine (erneute) Ausschreibung, eine überschaubare" mündliche oder telefonische Verhandlung und wenige Fahrten zur Baustelle; ungeachtet des nicht ganz geringen Wertes der Arbeiten selbst war ihr Anlaß und ihr Gegenstand insgesamt gut zu überschauen und in kurzer Zeit zu erklären. Dies - vor allem den geldwerten Zeitaufwand - auszugleichen, erscheint dem Senat ein Betrag von 1.000,00 DM angemessen (§ 287 Abs. 1 ZPO).

6. Erloschen ist die Klageforderung auch anteilig insoweit, als die Beklagte mit einer Schadensersatzforderung wegen Nichterfüllung der Nachbesserungsverpflichtung der Klägerin im Bereich Halle/Kantine aufgerechnet hat; der Höhe nach entspricht dies dem Betrag von 1.185,63 DM.

Die Klägerin hatte Arbeiten an einer Wand dergestalt mangelhaft ausgeführt, dass die von ihr aufgebrachte flüssige Raufaser nach unten verlaufen war; die aufgebrachte Raufaser musste entfernt, der Untergrund erneut vorbereitet und eine neue Schicht Raufaser musste aufgebracht werden; das machte eine Farbabgleichung mit den anderen Wänden des Raums erforderlich. So hat es die Beklagte im Schriftsatz vom 08.06.1998 im Einzelnen vorgetragen, und die Klägerin ist dem inhaltlich nicht mehr entgegengetreten; die früher - Schriftsatz vom 27.04.1998, Bl. 6 - gemachte Bemerkung, die Ausführung erfolgte auch ordnungsgemäß", stellt keine vollständige, den Erfolg der Arbeiten veranschaulichende Erklärung dar (§ 138 Abs.1, 2 ZPO).

Die formalen Voraussetzungen des Schadensersatzanspruches aus § 635 BGB sind erfüllt: Die Beklagte hat mit Schreiben vom 29.01.1998 zur Mängelbeseitigung aufgefordert, zugleich eine - angemessene, nämlich zweiwöchige - Erledigungsfrist gesetzt und angedroht, die Beseitigung des Mangels nach dem Ablauf der Frist abzulehnen, nämlich die Ihnen bereits gemeldeten Mängel entfernen (zu) lassen" (§ 634 Abs. 1 Satz 1 BGB).

7. Ersatz des Gebührenaufwandes, der ihr aus der Begutachtung des Außenputzes am Bauvorhaben M." durch den Sachverständigen D. entstanden ist, kann die Beklagte hingegen nicht verlangen; die diesbezüglich erklärte Aufrechnung geht deshalb fehl.

Zwar sind die Kosten der gutachterlichen Schadensfeststellung im Grundsatz Teil des Anspruchs auf Ersatz von Nichterfüllungsschaden aus § 635 BGB. Zu dem Zeitpunkt aber, als die Sachverständigengebühren anfielen, waren die formalen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches im Blick auf - angeblich - mangelhafte Ausführungen der Außenputzarbeiten noch nicht erfüllt: Die Beklagte setzte erst im Anschluß an die Einholung des Gutachtens, nämlich mit Schreiben vom 19.02.1998 (Anlage 7 (1) zum Schriftsatz vom 24.03.1998) eine Nachbesserungsfrist mit der Erklärung, dass sie die Beseitigung des Mangels nach dem Ablaufe der Frist ablehnen werde (§ 634 Abs. 1 Satz 1 BGB).

8. Über die Frage, ob die Beklagte auf der Grundlage der Feststellungen des Sachverständigen D. Ersatz von Nichterfüllungsschaden wegen mangelhafter Ausführung der Außenputzarbeiten verlangen kann, wird der Senat in diesem Rechtsstreit nicht entscheiden. Er lässt die nunmehr erklärte Aufrechnung nicht zu. Nach § 530 Abs. 2 ZPO ist dann, wenn die beklagte Partei in der Berufungsinstanz die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend macht, die hierauf gegründete Einwendung nur dann zuzulassen, wenn die Klägerseite einwilligt oder das Berufungsgericht die Geltendmachung in dem anhängigen Verfahren für sachdienlich hält; das Letztere aber ist nicht der Fall. Die Beklagte hat mit ihrer Gegenforderung erst in zweiter Instanz aufgerechnet. Sie hatte diese Forderung zwar schon in erster Instanz eingeführt, an sie aber nur ein Zurückbehaltungsrecht geknüpft. In der Beurteilung dessen, wann die Aufrechnung geltend gemacht ist, ob sie sich also als für die Berufungsinstanz neuer" Einwand darstellt, kommt es nicht darauf an, zu welchem Zeitpunkt die die Aufrechnung stützende Gegenforderung in den Prozess eingeführt wurde, vielmehr allein darauf, zu welchem Zeitpunkt sich die Beklagte auf das Gegenrecht berufen, die Aufrechnung erklärt hat (BGH WM 1976, 584; MüKo Rimmelspacher, 2. Aufl. 2000, § 530 Rz 26). Die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts in erster Instanz nimmt der Erklärung der Aufrechnung erst in zweiter Instanz nicht den Charakter als neuer Einwand". Denn das Zurückbehaltungsrecht stellt einen nach Voraussetzungen und Rechtsfolgen im Verhältnis zur Aufrechnung andersartigen Einwand dar (Rimmelspacher a.a.O. § 530 Rz 23; Zöller-Gummer, ZPO, 21. Aufl. 2001, § 530 Rz 10).

Entgegen der nunmehr geäußerten Auffassung der Beklagten war die erstinstanzliche Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts wegen der Mängel des Außenputzes nicht als Aufrechnung auszulegen. Zwar ist unbeschadet des unterschiedlichen Rechtscharakters die Erklärung des Zurückbehaltungsrechts ebenso wie die Erklärung der Aufrechnung auslegungsfähig; das Gericht muss und darf also prüfen, was mit einer äußerlich unzweideutigen Erklärung (wirklich) gemeint war, und das kann dann zur Auslegung einer auf ein Zurückbehaltungsrecht" bezogenen Erklärung als Aufrechnungserklärung führen, wenn schlicht zwei Geldforderungen gegeneinander gestellt werden (BGHZ 37, 344; 38, 129; Gummer a.a.O. § 530 Rz 10; Rimmelspacher a.a.O. § 530 Rz 23).

In diesem Sinne als Geldforderung der Klageforderung entgegengestellt hatte die Beklagte ihren Anspruch wegen des Außenputzes aber in erster Instanz nicht: Ganz im Sinne der gesicherten Grundsätze zur Zurückbehaltung bei mangelhafter Ausführung eines Werkes hatte sie nicht den reinen" Wert der zur Nachbesserung erforderlichen Arbeiten, vielmehr ein Mehrfaches der Gegenforderung entgegengesetzt. Ihr Geschäftsführer hatte auch im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18.08.1998 nicht klargestellt, dass es nur noch um die Abrechnung des Bauvorhaben, nicht mehr um Nachbesserung ginge; zwar hatte er darauf hingewiesen, der Bauherr M. wäre anstelle einer Nachbesserung mit einer Wertminderung für den Außenputz... einverstanden"; zugleich aber hatte er - der Geschäftsführer der Beklagten - dem den Charakter des Vorläufigen gegeben, nämlich weiter erklärt, entsprechende Gutschriften wurden ihm unter Vorbehalt erteilt". Das bedeutet, dass die Beklagte von ihrem Nachbesserungsbegehren noch nicht endgültig Abstand genommen hatte.

Die - damit - erstmalig in zweiter Instanz erklärte Aufrechnung zuzulassen, wäre - da die Klägerin nicht eingewilligt hat - nach Einschätzung des Senats nicht sachdienlich. Denn die Frage, ob die Beklagte Schadensersatz wegen Nichterfüllung beanspruchen kann, hängt - die formalen Voraussetzungen sind mit Fristsetzung und Ablehnungsandrohung im Schreiben vom 19.02.1998 erfüllt (§§ 635, 634 Abs. 1 BGB) - davon ab, ob die Klägerin die Putzarbeiten vertragsgerecht oder mangelhaft ausgeführt hat, und das kann der Senat auf der Grundlage des derzeitigen Erkenntnisstandes nicht beurteilen. Die Beklagte hat durch Vorlage des Gutachtens des Sachverständigen D. vom 18.02.1998 (Anlage 12 (1) zum Schriftsatz vom 24.03.1998 - im einzelnen schlüssig dargelegt, dass die von der Klägerin aufgebrachte Putzschicht die anerkannten technischen Anforderungen nicht erfüllt. Dem ist die Klägerin durch seinerseits schlüssigen Vortrag zur Qualität des Außenputzes entgegengetreten, hat insbesondere hervorgehoben, den Putz in ausreichender Schichtdicke entsprechend den Anweisungen der Herstellerin aufgebracht zu haben. Diese Problematik kann nur durch Einholung eines Sachverständigengutachtens geklärt werden; das aber würde den im übrigen entscheidungsreifen Berufungsrechtsstreit unangemessen verzögern. Der Beklagten steht es frei, die Ersatzansprüche in einem eigenständigen Verfahren geltend zu machen.

9. Die Entscheidung über die Zinsen ergibt sich aus §§ 284 Abs. 1, 286 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 93 ZPO. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, sie habe die erstinstanzlich geltend gemachte Teilforderung von 9.697,67 DM im kostenrechtlichen Sinne sofort" anerkannt. Die dieser Teilforderung zugrundeliegende Stundenlohnrechnung vom 09.10.1997 war zunächst nicht veran- schaulicht, da Stundenlohnzettel nicht beigegeben waren. Wenn die Klägerin die Rechnung mit Schriftsatz vom 27.04.1998 um die notwendigen Belege - Tagesrapportzettel - ergänzte und die Beklagte in ihrer ersten darauf folgenden sachlichen Erklärung, nämlich im Schriftsatz vom 08.06.1998 die nunmehr veranschaulichte Teilforderung anerkannte, so war dies im Rechtssinne sofort".

Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Ziffer 10, 711, 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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