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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 31.10.2008
Aktenzeichen: 24 U 51/08
Rechtsgebiete: StVG


Vorschriften:

StVG § 7 Abs. 1
Das in § 7 Abs. 1 StVG formulierte Haftungsmerkmal "bei dem Betrieb" ist weit auszulegen. Es umfasst alle Gefahren, die aus der Bestimmung eines Kraftfahrzeuges zur Fortbewegung und zum Transport entstehen. Dieser Zusammenhang beschränkt sich nicht auf die Gefahren der Bewegung von Kraftfahrzeugen - oder Gespannen -; in den Schutzbereich des § 7 Abs. 1 StVG fallen vielmehr auch Be- und Entladevorgänge so weit, wie sie in innerem Zusammenhang mit der Funktion des Kraftfahrzeuges - des Gespannes - als Verkehrs- und Transportmittel stehen; ohne Belang bleibt dabei, ob die Gefahr von dem zu be- oder entladenden Fahrzeug als solchem oder ob sie von seinem Ladegut ausgeht.
Gründe:

1.

Die Beklagte zu 2) nahm am ...07.1999 mit ihrem Pferd an einem Reitturnier teil. Nach dem Ende des Turniers wollte die Klägerin der Beklagten zu 2) beim Verladen des Tieres auf einen Pferdeanhänger - mit seinem Zugfahrzeug pflichtversichert bei der Beklagten zu 1) - helfen. Sie - die Klägerin - führte das Pferd zunächst allein in Richtung des Anhängers. Es auch hineinzuführen, gelang ihr nicht, da das Pferd unruhig wurde, und sie übergab die Zügel der Beklagten zu 2). Diese konnte das Pferd zunächst mit seiner Vorderpartie in den Anhänger führen; dann aber riss es sich los, drängte nach hinten aus dem Anhänger und wandte sich in einer Drehbewegung zum Weglaufen. Hierbei trat es nach hinten aus und traf die Klägerin - deren genaue Standposition zu diesem Zeitpunkt umstritten ist - mit einem Huf im Bauchraum.

Die Klägerin begab sich in das Klinikum in O1, in welches sie stationär aufgenommen wurde. Am 06.08.1999 wurde sie wieder nach Hause entlassen. Am nächsten Tage kam es zu einer Leberruptur, in deren Folge ein Herz-Kreislauf-Stillstand eintrat. Die Klägerin wurde durch den Notarzt reanimiert. In einer Notoperation wurde die Leberruptur übernäht; noch am selben Tage wurde dann ein Teil der Leber entfernt. Postoperativ kam es zu einem Lungenversagen; die Klägerin wurde künstlich beatmet, und nach etwa 2 1/2 Wochen wurde ein Luftröhrenschnitt erforderlich. Die Nieren der Klägerin versagten zeitweise; ein Gallengang musste geschient werden.

Bedingt durch den mit dem Herz-Kreislauf-Stillstand eintretenden Sauerstoffmangel erlitt die Klägerin einen organischen Hirnschaden, der sich unter anderem in einem Krampfleiden, Gangunsicherheit und Bewegungsstörungen, abnormer Ermüdbarkeit, Gedächtnis-, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen manifestierte; als Folge einer organisch bedingten Persönlichkeitsveränderung stellte sich eine psychomotorische Verlangsamung bei gesteigerter Erregbarkeit und Antriebsschwäche mit Affekt- und Stimmungslabilität ein.

Die Klägerin bezieht auf der Grundlage einer hundertprozentigen Minderung der Erwerbsfähigkeit eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Versuche, wieder eine geregelte Erwerbstätigkeit aufzunehmen, scheiterten.

Die Klägerin hat die Beklagten vor dem Landgericht auf Ausgleich von Verdienstausfall für den Zeitraum vom Unfalltage bis zum 31.12.2005, daneben auf Ersatz sonstiger im Einzelnen bezifferter materieller Schäden in Anspruch genommen, darüber hinaus auf Ersatz immateriellen Schadens, auf Zahlung einer monatlichen, dem Ausgleich weiteren Verdienstausfalls dienenden Rente vom 01.01.2006 an, schließlich auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten im Blick auf zukünftig entstehende Schäden.

Das Landgericht hat dem Grunde nach eine Haftung der Beklagten im Umfange von 75 % angenommen, das Maß materieller und immaterieller Schäden niedriger angesetzt als die Klägerin, und es hat der Klage letztendlich zu einem Teil entsprochen. Wegen der seine Entscheidung tragenden Gründe und der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird auf sein Urteil vom 21.02.2008 verwiesen.

Mit ihrer Berufung trägt die Klägerin vor, sie habe sich, nachdem sie die Zügel wieder der Beklagten zu 2) überlassen hatte, um mehrere Meter seitlich nach hinten entfernt; sie habe sich damit aus dem Gefahrenbereich hinausbegeben. Ihr Verdienstausfall für den Zeitraum bis zum 31.12.2005 sei höher gewesen als von ihr - irrtümlich - in der Klageschrift angegeben. Nach dem Stand ihrer Ausbildung, ihren Prüfungsleistungen und ihrer bisherigen beruflichen Laufbahn sei mit Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen gewesen, dass sie im Anschluss an die seinerzeit ausgeübte befristete Tätigkeit eine Festanstellung erhalten hätte.

Die Klägerin beantragt,

1. auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 21.02.2008 - 8 O 584/05 - abzuändern und

a) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin (über die zuerkannten EUR 30.297,44 hinaus) einen weiteren Schadensersatzbetrag in Höhe von EUR 97.697,94 abzüglich bereits gezahlter EUR 13.473,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.07.2005 zu zahlen.

b) die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Klägerin über den bereits gezahlten Betrag in Höhe von EUR 45.000,00 (sowie über den von dem Landgericht Darmstadt in dem erstinstanzlichen Urteil zuerkannten weiteren Schmerzensgeldbetrag in Höhe von EUR 30.000,00) ein weiteres angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.07.2005 zu zahlen.

2. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin ab Januar 2006 eine vierteljährlich vorauszahlbare monatliche Rente (über den zuerkannten Betrag von EUR 130,00 hinaus) in Höhe von EUR 2.723,33 jeweils im Voraus zum 01.01., 01.04., 01.07., 01.10. eines jeden Jahres bis zum 30.09.2025 (65. Lebensjahr der Klägerin) abzüglich bereits gezahlter EUR 42.085,00 zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, die aus dem Vorfall am ...07.1999 im Zusammenhang mit einem Pferdetritt darüber hinaus künftig entstehen, in Höhe von 100 % zu ersetzen, soweit sie nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergehen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen,

weiterhin

auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 21.02.2008, Az. 8 O 584/05 - abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Beklagten tragen vor, eine Direkthaftung der Beklagten zu 1) in ihrer Rolle als Pflichtversicherer des Pferdeanhängers scheide aus; sie habe eine unmittelbare Einstandspflicht auch - anders als vom Landgericht angenommen - nicht mit ihrem Schreiben vom 27.06.2001 anerkannt. Die Klägerin habe sich leichtfertig, die offensichtliche nervliche Belastung des Tieres und grundlegende Regeln im Umgang mit Pferden missachtend hinter das Pferd und in unmittelbare Reichweite seiner Hintergliedmaßen begeben. Dass die Klägerin in ihrem Fachgebiet eine dauerhafte Anstellung gefunden hätte, sei nicht wahrscheinlich gewesen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Wegen des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die vor dem Berufungsgericht gewechselten Schriftsätze und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.10.2008 verwiesen.

2.

Als Pflichtversicherer des Zugfahrzeuges haftet die Beklagte zu 1) der Klägerin unmittelbar auf Ersatz der materiellen Schadensfolgen des Unfalles vom ...07.1999; neben ihr haftet die Beklagte zu 2) als Tierhalterin. Beide Beklagte gemeinsam haften auch für die immateriellen Schäden, die die Klägerin getroffen haben; dies ergibt sich für die Beklagte 2) ebenfalls aus ihrer Stellung als Tierhalterin, für die Beklagte 1) auf der Grundlage ihrer Erklärung vom 27.6.2001. Die Verantwortlichkeit der Beklagten ist nicht unter dem Gesichtspunkt eines Mitverschuldens der Klägerin eingeschränkt. Im Einzelnen kann die Klägerin vollen Ersatz des materiellen Schadens einschließlich ihres Verdienstausfalles bis zum 31.12.2005 mit einem noch offenen Betrag von 30.772,70 € beanspruchen, daneben ein Schmerzensgeld in Höhe von - noch - 55.000,00 €. Die Beklagten sind darüber hinaus verpflichtet, ihr - unter Verrechnung geleisteter Zahlungen - eine monatliche Rente in Höhe von 2.853,33 € vom 01.01.2006 an zu zahlen. Da die Schadensentwicklung nicht abgeschlossen ist, ist schließlich die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz zukünftig entstehender materieller und immaterieller Schäden festzustellen.

A.

Die Beklagte zu 1) ist der Klägerin unmittelbar zum Ausgleich der materiellen wie auch der immateriellen Schadensfolgen aus dem Unfall vom ...07.1999 verpflichtet.

a)

Grundlage dieses Ersatzanspruches ist, soweit es die materiellen Schäden der Klägerin betrifft, § 7 Abs. 1 StVG (a. F.) i. V. m. § 3 Ziff. 1 PflVG; denn die Klägerin wurde beim Betrieb des bei der Beklagten zu 1) pflichtversicherten Zugfahrzeuges mit Anhänger körperlich - und auf Dauer in ihrer Gesundheit - verletzt.

aa)

Die tatbestandlichen Grundlagen der Direkthaftung der Beklagten zu 1) sind unumstritten; Rechtsgründe stehen der Zuordnung des schadensstiftenden Vorganges zum "Betrieb" des Gespannes nicht entgegen. Das in § 7 Abs. 1 StVG formulierte Haftungsmerkmal "bei dem Betrieb" ist dem weiten Schutzzweck der Vorschrift entsprechend weit auszulegen. Es umfasst alle Gefahren, die aus der Bestimmung eines Kraftfahrzeuges zur Fortbewegung und zum Transport entstehen; nach gänzlich unangefochtener Rechtsprechung beschränkt sich dieser Zusammenhang nicht auf die Gefahren der Bewegung von Kraftfahrzeugen - oder Gespannen - ; in den Schutzbereich des § 7 Abs. 1 StVG fallen vielmehr auch Be- und Entladevorgänge so weit, wie sie in innerem Zusammenhang mit der Funktion des Kraftfahrzeuges - des Gespannes - als Verkehrs- und Transportmittel stehen; ohne Belang bleibt dabei, ob die Gefahr von dem zu be- oder entladenden Fahrzeug als solchem oder ob sie von seinem Ladegut ausgeht (BGHZ 105, 65; 71, 212; VersR 1975, 945).

Bestimmung des mit dem Zugfahrzeug verbundenen Anhängers war es, Pferde zu befördern; die Beförderung setzte zwangsläufig die Aufnahme zur Beförderung voraus. Die Gefahren, die mit der Verladung eines Pferdes im Verkehrsraum - der Unfall ereignete sich auf dem Parkplatz des Turniergeländes - verbunden waren und in ihn ausstrahlten, waren von der Bestimmung des Gespannes, Pferde zu befördern, nicht zu trennen, wurden im Gegenteil gerade dadurch verschärft, dass das Pferd in die Enge des Beförderungsmittels gezwungen werden sollte.

Die Tatsache, dass mit dem Verladen gerade eines Pferdes zu den reinen, von technisch-physikalischen Gegebenheiten und der Bedienung durch den Menschen bestimmten Bedingungen des Betriebes das Verhalten eines Tieres hinzutrat, schließt den Zurechnungszusammenhang zwischen dem Betrieb des Fahrzeuges und den eingetretenen Folgen nicht aus, begründet insbesondere nicht die Annahme einer Unterbrechung des Kausalzusammenhanges. Eine solche Annahme würde nämlich voraussetzen, dass die Ursächlichkeit des ersten Umstandes - des Beladen des Gespannes mit dem Pferd - für das zweite Ereignis - das Ausbrechen und/oder Ausschlagen des Pferdes - , wertend betrachtet, vollkommen unerheblich gewesen wäre. Dies ist dort, wo das Beladen - um es "menschlich" ausdrücken - das Tier nervös oder nervöser macht, als es ohnehin schon ist, geradezu offensichtlich nicht der Fall.

bb)

Die Haftung der Beklagten zu 1) ist nicht durch ein Mitverschulden der Klägerin - §§ 9 StVG, 254 BGB - eingeschränkt.

aaa)

Zu den tatsächlichen Grundlagen der Mitverschuldenproblematik hält der Senat zunächst fest, dass das Landgericht festgestellt hat, die Klägerin sei "seitlich links hinter den Hänger" (getreten), nicht wissend, ob weitere Hilfestellung erforderlich sein würde; das Pferd sei "rückwärts nach hinten aus dem Hänger" (gedrängt), habe sich "hierbei nach links" (gedreht), "um nach vorne rechts weglaufen zu können", und hierbei... (habe) "das Pferd nach hinten" ausgetreten. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten würden (§ 529 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO), sieht der Senat nicht; auf die exakte Position der Klägerin oder ihren oder des Pferdes exakten Bewegungsverlauf kommt es allerdings im unstreitigen Gesamtzusammenhang und im Blick auf die von den Feststellungen des Landgerichts abweichenden Darstellungen beider Seiten nicht an:

Klar ist, dass die Klägerin - anders als sie es hat im Berufungsrechtszug formulieren lassen - sich im Gefahrenbereich des Pferdes befand, andernfalls wäre sie nicht getreten worden; "einige Meter" sind im Vergleich zur Größe und zur Bewegungsenergie und Schnelligkeit eines Pferdes sehr wenig. Auf der anderen Seite ist auch die Annahme der Beklagten nicht zwingend, die Klägerin müsse sich - was jedenfalls sehr ungewöhnlich wäre - unmittelbar hinter dem Pferd aufgestellt oder sich - so die angeschlossene Überlegung der Beklagten - in der Absicht, das Pferd davon abzuhalten, wieder aus dem Wagen zu drängen, hinter das rückwärts ausweichende Pferd begeben haben. Die Entfernung auch zu einer einige Meter entfernt stehenden Klägerin konnte das Pferd ebenso leicht - wenn nicht leichter und schneller - überwinden als die Klägerin selbst. Zeugen sind nicht vorhanden; der Vortrag der Beklagten beruht eingestandenermaßen und verständlicherweise - die Beklagte zu 2) hatte mit dem Pferd zu tun, wurde selbst verletzt und konnte dem Verhalten der Umstehenden deshalb keine Beachtung schenken - auf Überlegungen, nicht auf konkreter Kenntnis und Wahrnehmung. Es bedarf deshalb kaum des Hinweises darauf, dass die Beklagten die Beweislast für Umstände tragen, die die Klägerin im Sinne der Begründung eines Mitverschuldens belasten würden.

bbb)

Steht danach - was allerdings nicht wenig ist - nur fest, dass die Klägerin sich im räumlichen Gefahrenkreis des Pferdes befand, lässt sich nicht feststellen, dass sie sich in besonders "dummer" oder unverantwortlicher Weise hinter das Pferd gestellt hätte, dann bleibt zwar sehr wohl der Schluss offen, dass sie die Möglichkeit hatte, sich vor dem greifbar drohenden Ausbrechen des Pferdes - zunächst - nach hinten zu schützen; es liegt nämlich nahe, anzunehmen, dass die Klägerin Zeit hatte, wegzulaufen und Schutz hinter anderen Fahrzeugen oder verlässlicher in einem Gebäude zu suchen. Dass sie das nicht tat, sondern sich - und hier mag durchaus das angenommen werden, was die Beklagten vorgetragen haben - bereithielt, das Pferd wieder in den Wagen drängen zu helfen - , dass sie also den Gefahrenbereich nicht verließ, als sich die Situation verschärfte, begründet allerdings kein Mitverschulden im Rechtssinne. Denn die Regelungen der §§ 9 StVG, 254 BGB sind gesetzliche Ausprägungen des Grundsatzes von Treu und Glauben (BGH NJW 1997, 2234). Dieser Grundsatz - § 242 BGB - soll den in der Gemeinschaft herrschenden sozialethischen Wertvorstellungen Eingang in das Recht verschaffen, und dies bedeutet neben anderen Aspekten, dass in die Anwendung von gesetzlichen Regelungen, die eine umfassende Abwägung von Umständen und Interessen fordern, auch moralische Überlegungen einzugehen haben; solche Regelungen sind - auch - die der §§ 9 StVG, 254 BGB.

Die konkrete Alternative, die sich der Klägerin in der gegebenen Situation stellte, war die des für sie sicheren Weglaufens auf der einen Seite, des Verbleibens im Gefahrenbereich mit der Möglichkeit, doch noch einmal helfend einzugreifen oder zumindest in einem weiteren Sinne, sei es psychisch unterstützend, bereitzustehen, auf der anderen Seite. Moralisch vertretbar war nur die zweite; nach der ersten zu handeln, wegzulaufen und die Beklagte zu 2) in der sich gefahrdrohend verschärfenden Situation allein zu lassen, wäre schlicht unanständig gewesen. Gleichviel, ob die Klägerin und die Beklagte zu 2) - was zwischen den Parteien umstritten ist - sich schon vor dem Turnier im Sinne einer Hilfe gleichsam "von Anfang bis Ende" verabredet oder die Klägerin ihre Hilfe eher zeitlich und sachlich begrenzt angeboten hatte, musste selbst eine eher begrenzte Hilfe doch eine gewisse - allerdings eindeutig keine Stellung einer beim Betrieb tätigen Person i.S.d. § 8 Nr. 2 StVG - Verbundenheit in dem Wunsch begründen, den Beladevorgang sicher abzuschließen; ganz unabhängig vom Maß an Verabredung und verabredeter Hilfe war die Klägerin doch "Reiterkameradin", war nicht unerfahren im Umgang mit Pferden, und allein schon dies gebot ihr moralisch, sich im näheren Umkreis und damit zwangsläufig im Gefahrenkreis bereitzuhalten, um notfalls der Beklagten zu 2) beispringen zu können. Der Vorwurf, die Klägerin habe, als sie im Gefahrenbereich des Pferdes verblieb, diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen, die jedem ordentlichen und verständigen Menschen obliegt, um sich vor Schaden zu bewahren, ist der Klägerin deshalb nicht zu machen.

ccc)

Zu Lasten der Klägerin ist auch nicht unter einem ganz anderem und zeitlich weit später anknüpfenden Gesichtspunkt ein Mitverschulden an der weiteren Entwicklung der Dinge anzunehmen, unter den von den Beklagten angedeuteten Gesichtspunkt, dass die Klägerin auf eigenen Wunsch aus dem Krankenhaus entlassen worden sei. Einmal abgesehen davon, dass sich im Bericht des Klinikums O1 vom 07.02.2005 kein Hinweis darauf findet, dass die Klägerin gegen ärztlichen Rat das Krankenhaus verlassen hätte, zeigen die Beklagten nichts dafür auf, dass die Leberruptur nicht ebenso im Krankenhaus - bei einem Verbleiben im Krankenhaus - hätte auftreten können; dort hielt die Klägerin sich zuletzt auf der Normalstation auf, konnte sich also relativ frei bewegen. Dass der Klägerin auf der Normalstation eines Krankenhauses zwingend schnellere und effektivere Hilfe als in der ambulanten notärztlichen Versorgung zugekommen wäre, ist alles andere als offensichtlich; auf der Normalstation steht der Patient nicht unter ständiger Beobachtung, und vom ersten Betätigen des Schwesternrufs bis zum Eintreffen eines Reanimationsteams auf der Normalstation vergeht nicht zwangsläufig weniger Zeit als zwischen dem Notruf und dem Eintreffen des Rettungsdienstes in der ambulanten notärztlichen Versorgung.

b)

An materiellen Schäden, welche sich vom Zeitpunkt des Unfalles an bis zum 31.12.2005 manifestiert haben, hat die Beklagte zu 1) noch insgesamt 42.619,77 € auszugleichen.

aa)

Dass die vom Landgericht auf der Grundlage der Anlage 17 zum Schriftsatz vom 03.10.2006 für ersatzfähig erachteten Schäden entstanden und rechnerisch richtig ausgewiesen sind, ist in zweiter Instanz nicht mehr umstritten; sie addieren sich auf insgesamt 8.243,78 €.

bb)

In ihrer Entstehung und rechnerischen Richtigkeit unumstritten sind nunmehr auch die Kosten einer Putzhilfe von insgesamt 11.980,00 €; auch sie sind der Klägerin vollen Umfanges zu ersetzen.

cc)

Verdienstausfall, wie er bis zum 31.12.2005 entstanden ist, ist der Klägerin - ebenfalls vollen Umfanges - zu ersetzen mit insgesamt 35.868,99 €. So ergibt es sich im rechtlichen Ansatz aus § 11 StVG; im Falle der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit ist Schadensersatz unter anderem durch Ersatz des Vermögensnachteils zu leisten, den die Verletzte dadurch erleidet, dass sie infolge der Verletzung zeitweise oder dauernd in ihrer Erwerbsfähigkeit betroffen ist.

aaa)

Für den Zeitraum vom 01.08.1999 bis zum 31.03.2003 kann die Klägerin insgesamt 28.118.99 € beanspruchen; denn für diesen Zeitraum steht auf der tatsächlichen Grundlage des unstreitig bestehenden, bis zum 31.03.2003 befristeten Arbeitsverhältnisses fest, dass die Klägerin das für das Arbeitsverhältnis vereinbarte Gehalt auch bezogen hätte. Das vereinbarte Gehalt entspricht allerdings - wie zwischen den Parteien nicht umstritten ist - nicht dem Verdienstausfall; zu seiner Ermittlung sind auf erster Stufe die mit der Erzielung des Gehaltes verbundenen Vorsorgeaufwendungen abzusetzen; die an sich gebotene Verrechnung steuerlicher Vor- und Nachteile kann im Regelfall, in dem - wie hier - steuerliche Besonderheiten nicht erkennbar sind, auf der Grundlage der Annahme unterbleiben, dass die in ihrer Erwerbsfähigkeit Geschädigte zwar einerseits aufgrund der unfallbedingten Einkommensverluste zunächst ein geringeres zu versteuerndes Einkommen und damit eine geringere Steuerlast hatte, andererseits spätere Schadensersatzleistungen zu versteuern hat; beides kann in genügender Annäherung - § 287 ZPO - als sich gegeneinander aufhebend betrachtet werden (BGH NJW 1999, 3711; BGHZ 53, 132). Auf zweiter Stufe sind die Sozialleistungen von dem nicht mehr ausbezahlten Gehalt abzusetzen, die die Klägerin gerade wegen ihrer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit erhalten hat, Kranken- und Arbeitslosengeld. Von alledem sind die Parteien übereinstimmend ausgegangen.

Die vom Landgericht an sich zutreffend auf der Grundlage der Angaben der Klägerin in der Klageschrift angestellte Berechnung kann in zweiter Instanz keinen Bestand haben. Nachdem die Klägerin auf Übertragungsfehler ihrerseits hingewiesen und neue Angaben zur wirklichen Höhe der einzusetzenden Beträge gemacht hat, ist der neue diesbezügliche Vortrag der Klägerin der Berechnung durch den Senat als unstreitig zugrunde zu legen. Denn die Beklagten sind diesen neuen Angaben sachlich nicht entgegengetreten, haben insbesondere keine weiter gehenden Vorsorgeaufwendungen oder steuerliche Besonderheiten behauptet.

Daraus ergibt sich die folgende Berechnung des Verdienstausfalles für den Zeitraum vom 01.08.1999 bis zum 31.03.2003: An Arbeitseinkommen floss der Klägerin insgesamt 85.418,00 € weniger zu als ihr zugeflossen wäre, hätte sie weiter arbeiten können. An unfallbedingten Sozialleistungen bezog die Klägerin - abweichend vom früher Vorgetragenen - im Jahre 1999 insgesamt 2.862,07 €, im Zweijahreszeitraum 2000/2001 insgesamt 29.080,50 €, im Jahr 2002 21.621,44 € und im Jahr 2003 3.735,00 €, in der Summe also 57.299,01 €. Die Differenz von verlorenem Arbeitseinkommen und vereinnahmten Sozialleistungen beläuft sich auf 28.118,99 €.

bbb)

Den Verdienstausfall, der der Klägerin vom Zeitpunkt des Auslaufens des befristeten Arbeitsverhältnisses bis zum 31.12.2005 entstand, schätzt der Senat in Anwendung der §§ 287 ZPO, 252 BGB auf 7.750,00 €.

Ist - in diesem gesetzlichen Rahmen - zu beurteilen, wie sich die berufliche Entwicklung einer Geschädigten - ohne das Schadensereignis - voraussichtlich dargestellt hätte, so ist eine Prognose auf der Grundlage der Einschätzung des gewöhnlichen Laufes der Dinge, insbesondere auf der Grundlage dessen anzustellen, was nach der Ausbildung und der bisherigen beruflichen Entwicklung der Geschädigten mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten war; war mit Wahrscheinlichkeit Gewinn zu erwarten, dann ist zu vermuten, dass er auch tatsächlich gemacht worden wäre; volle Gewissheit ist nicht erforderlich (BGH NJW 2005, 3348; 2002, 2556; 1998, 1633).

Eine solche Prognose zu ermöglichen obliegt zwar in erster Linie der Geschädigten in dem Sinne, dass sie soweit ihr möglich konkrete Anhaltspunkte prognostischer Beurteilung darzutun hat; zu hohe Anforderungen dürfen aber insbesondere an Geschädigte, die erst am Anfang ihrer Ausbildung oder ihrer beruflichen Entwicklung standen, nicht gestellt werden. Denn wie der Unfall selbst liegt auch die Problematik der Grundlegung einer verlässlichen Prognose in der Verantwortlichkeit des Schädigers; in dessen Verantwortung liegt es also, dass die Geschädigte, die in einem frühen Zeitpunkt ihrer beruflichen Entwicklung aus der Bahn geworfen wurde, sich ganz besonderen Schwierigkeiten in der Veranschaulichung ihrer wahrscheinlichen beruflichen Entwicklung gegenübersieht; deshalb darf sich der Tatrichter seiner Aufgabe, auf der Grundlage der §§ 252 BGB und 287 ZPO eine Schadensermittlung anzustellen, nicht vorschnell unter Hinweis auf die Unsicherheit möglicher Prognosen entziehen (BGH NJW 2005, 3348; 1998, 1633; BGHZ 79, 187).

Nach dem, was die Klägerin zu ihrer früheren beruflichen Tätigkeit, dem Gang ihres Studiums der Germanistik, dem sehr guten Abschluss dieses Studiums, der erworbenen Lehrerfahrung und der Anbahnung einer Promotion in den Anlagen zur Klageschrift und zum Schriftsatz vom 03.10.2006, ergänzend auch zum Schriftsatz vom 22.09.2008 dokumentiert hat, erachtet der Senat es - sogar in hohem Maße - für wahrscheinlich, dass sie - nahe liegend im Bereich der sprachlichen Ausbildung - eine regelmäßige Anstellung gefunden hätte. Ihr Lebenslauf weist sie als strebsam aus; ihr Studium hat sie im wörtlichen Sinne sehr gut abgeschlossen; in ihre berufliche Entwicklung nach dem 31.03.2003 wäre eine mehrjährige universitäre Lehrerfahrung eingegangen; ihre besondere Leistungsfähigkeit und ihr besonderer Leistungswille zeigten sich auch in den Vorbereitungen zur Promotion.

Ein Bedarf an Lehrkräften zur Unterweisung von ausländischen Mitbürgern - auch, nicht nur Studenten - besteht in Deutschland, und diese Notwendigkeit fand in dem seit dem Unfall vergangenen Zeitraum auch nicht abnehmende, vielmehr zunehmende Beachtung. Allgemein ist anzufügen, dass bei insgesamt zurückgehender Arbeitslosigkeit im Verlaufe der letzten fünf Jahre der Anteil der Akademiker an der Gesamtzahl der Arbeitslosen verhältnismäßig niedrig, die sog. Akademikerarbeitslosigkeit geringer war als die Arbeitslosigkeit der Gesamtheit aller Arbeitnehmer; dies alles ist allgemein bekannt. Wenn auch der Hinweis der Beklagten darauf, dass Geisteswissenschaftler sich am Arbeitsmarkt für Akademiker im Ganzen weniger günstig stellten als Natur- und Wirtschaftswissenschaftler, im Ansatz nicht verfehlt ist, so bleibt doch das schon Angesprochene festzuhalten: Im Bereich sprachlicher Ausbildung besteht erheblicher Bedarf, und diesem Bedarf wird - insoweit hat das Landgericht seinen Blick allzu sehr verengt - nicht nur von einigen wenigen öffentlichen Institutionen begegnet.

Daraus folgt, dass die Klägerin mit - sogar erheblicher - Wahrscheinlichkeit auch über das Ende ihrer befristeten Anstellung hinaus in ihrem Fach hätte erwerbstätig sein können. In Rechnung zu stellen ist aber einschränkend, dass gerade im Übergang von einer befristeten Erstanstellung in eine Festanstellung erfahrungsgemäß auch mit Zeiten der Nichtbeschäftigung zu rechnen ist. Diese übergangsbedingten Zeiten der Nichtbeschäftigung setzt der Senat im Rahmen des streitigen Gesamtzeitraumes von 33 Monaten auf - sei es verteilt auf mehrere Abschnitte von Probe- oder Bewerbungszeiten - 12 Monate ein; es ergibt sich ein Zeitraum wahrscheinlicher Erwerbstätigkeit von 21 Monaten.

In der Schätzung der Verdienstaussichten der Klägerin ist neben diesen besonderen Gegebenheiten des Überganges zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach ihrer seinerzeitigen Planung unmittelbar vor Aufnahme der Arbeit an ihrer Promotion stand und damit - wie sie es im Grundsatz selbst einräumt - nur halbtags hätte gegen Entgelt tätig werden können. Der für die Promotion erforderliche Zeitraum im geisteswissenschaftlichen Bereich dürfte nach der Erfahrung dem streitigen Zeitraum vom 01.04.2003 bis zum 31.12.2005 etwa entsprochen haben; dies bedeutet, dass für diesen Zeitraum in der Berechnung des Verdienstausfalles nur das Einkommen einzusetzen ist, welches aus einer Halbtagstätigkeit zu erzielen gewesen wäre.

Was die konkrete Höhe des Gehalts angeht, war nach Einschätzung des Senats damit zu rechnen, dass die Klägerin ein ihrer Ausbildung entsprechendes Gehalt in der Größenordnung der Sätze des BAT II a hätte beziehen können, und zwar gleichviel, ob sie Anstellung im öffentlichen Dienst oder in einer karitativen oder sonst privaten Institution gefunden hätte; solcher Art im Lehrwesen tätige Institutionen bieten erfahrungsgemäß dem öffentlichen Dienst vergleichbare Gehälter. "Einschlägige" Stufe war die des BAT II a, wie sie für akademisch gebildete Angestellte vorgesehen ist; die von der Klägerin in den Raum gestellte Stufe I b ist für hervorgehobene Positionen auch auf der Grundlage einer gewissen Berufserfahrung vorgesehen.

Ausgehend von den Werten der von der Klägerin vorgelegten Tabelle der Vergütungen nach BAT, eingedenk dessen, dass die Klägerin sich Abschläge wegen altersmäßig "verspäteten" Berufseintritts hätte gefallen lassen müssen, wäre ein Vollzeitentgelt bei gerundet etwa 4.000,00 €, das mit einer Halbtagstätigkeit zu erzielende Entgelt bei gerundet etwa 2.000,00 € anzusetzen gewesen. Multipliziert mit 21 - Monaten - hätte sich ein Gesamtentgelt von 42.000,00 € ergeben; die vom Arbeitnehmer zu tragenden anteiligen Beiträge zur Sozialversicherung beliefen sich im streitigen Zeitraum auf 21 bis 22 % des Bruttoentgelts. Damit wären bei der Klägerin verblieben 78 bis 79 % ihres Bruttogehalts, gerundet 33.500,00 €.

Zur Berechnung des Verdienstausfalles sind von diesem Betrag abzusetzen die im entsprechenden Zeitraum vereinnahmten, zum Lebensunterhalt gewährten Sozialleistungen. Diese berechnet der Senat auf der Grundlage der Anlage A 11 zur Klageschrift mit 25.748,32 €: Die Klägerin hat in den Jahren 2003 bis 2005 insgesamt 27.327,26 € an Sozialleistungen zum Lebensunterhalten bezogen; in diesen Zeitraum fiel aber eine Nachzahlung von Erwerbsunfähigkeitsrente, welche überwiegend, nämlich zu 22/25, auf vergangene Zeiträume entfiel; dieser Anteil ist mit 1.578,94 € von der Summe der Sozialleistungen abzusetzen.

Die Differenz von Arbeitseinkommen und vereinnahmten Sozialleistungen beträgt 7.751,86 €, gerundet 7.750,00 €.

Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung erhobene Einwand, die Klägerin müsse sich - darüber hinaus - ersparte Werbungskosten anrechnen lassen, gebietet keine Wiedereröffnung der Verhandlung. Dies gilt schon deshalb, weil keineswegs greifbar ist, dass die Klägerin erhebliche Werbungskosten gehabt hätte; in ihrem Fachgebiet ist der Bedarf an Literatur und Material begrenzt, und das Maß an Fahrtkosten hängt fast ausschließlich von dem überhaupt nicht vorher zu sehenden räumlichen Verhältnis von Wohn- und Beschäftigungsort ab.

dd)

In der Summe beläuft sich der bis zum 31.12.2005 berechnete materielle Schaden auf 56.092,77 €; darauf gezahlt hat die Beklagte zu 1) 13.473,00 €; zu zahlen verbleiben 42.619,77 €.

c)

Der Klägerin erwuchs aus dem Unfall, soweit bis heute zu beziffern, ein Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 100.000,00 €; diesen kann sie direkt gegen die Beklagte zu 1) geltend machen.

aa)

Zwar eröffnete die Gesetzeslage am ...07.1999 einen solchen Anspruch noch nicht. Soweit ein Anspruch auf Ausgleich immateriellen Schadens aus § 833 BGB unter dem Gesichtspunkt der Tierhalterhaftung gegen die Beklagte zu 2) - was an dieser Stelle vorweggenommen sei - begründet ist, begründet dies nicht zugleich einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1); denn im Bereich der Tierhalterhaftpflicht gibt es keine dem § 3 Nr. 1 PflVG vergleichbare Regelung. Aus der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung des StVG ergab sich keine Verpflichtung zum Ersatz immaterieller Schäden, und damit erstreckte sich der dem Grunde nach gegebene Direktanspruch der Klägerin aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 3 Ziff. 1 PflVG nicht auf den Ausgleich solcher Schäden.

Wohl aber haftet die Beklagte zu 1) der Klägerin unmittelbar auch wegen der immateriellen Schäden insoweit, als die bei ihr gegen die Inanspruchnahme als Tierhalterin - § 833 BGB - versicherte Beklagte zu 2) der Klägerin haftet. So hat die Beklagte 1) es mit ihrem an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gerichteten Schreiben vom 27.06.2001 anerkannt. Die Worte "Anspruchsgrundlage ist die Tierhalterhaftung gemäß § 833 BGB" und "erklären wir..., dass wir unter Beachtung einer noch zu verhandelnden nicht unerheblichen Mitverschuldensquote ihrer Mandantin den Schaden aus dem Unfall vom ...07.1999 regulieren werden, materiell wie immateriell" konnten von den Empfängern nur als verpflichtende Erklärung dahin verstanden werden, dass berechtigte Ansprüche auf Ausgleich auch immateriellen Schadens unmittelbar gegen die Beklagte zu 1) sollten gerichtet werden dürfen. Wenn nämlich die sachkundige Beklagte zu 1) in dem - offensichtlichen - Wissen, der Klägerin nicht unmittelbar verpflichtet zu sein, die zitierte Erklärung abgab, dann konnte der ebenfalls sachkundige Empfänger - der nunmehrige Prozessbevollmächtigte der Klägerin - das nur so verstehen, dass die Beklagte zu 1) ungeachtet des Nichtbestehens einer gesetzlichen Verpflichtung unmittelbar einstehen wollte: Gesehen davon, dass der Wortlaut "dass wir... regulieren werden, materiell wie immateriell" vollkommen unmissverständlich ist, machte diese Erklärung einen Sinn nicht nur deshalb, weil sie dem wechselseitigen Schriftverkehr durch die Konzentration auf die Beklagte zu 1) zu erleichtern geeignet war, und weil wirtschaftlich die Beklagte zu 1) ohnedies die vorrangig betroffene Beteiligte war.

Wenn die Erklärung der Beklagten zu 1) überhaupt eine Frage offen ließ, dann war es im Anschluss an ihre Formulierung "unter Beachtung einer noch zu verhandelnden nicht unerheblichen Mitverschuldensquote" die Frage, ob die Direkthaftung nur begrenzt übernommen, die direkte Abwicklung auf einen Teil des Grundes beschränkt werden sollte. Diese Frage verneint der Senat allerdings. Wenn das Mitverschulden und damit eine etwaige Mitverschuldenquote rechtstechnisch auch Teil des Anspruchsgrundes ist, so hätte eine Erklärung des Inhaltes "wenden Sie sich wegen eines Teil des Grundes bitte direkt an uns und wegen des anderen Teiles an die Versicherungsnehmerin" doch kaum einen Sinn gemacht, hätte gerade nicht zur vereinfachten Abwicklung beigetragen. Dass die Beklagte zu 1) als rechts- und geschäftskundiger Versicherer aber eine sinnvolle Erklärung abgeben wollte, durfte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin wie jeder verständige Empfänger ohne weiteres unterstellen.

Die nachfolgenden Bemerkungen "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" und "fiktives Schmerzensgeld" erschüttern dieses Verständnis der Erklärung der Beklagten zu 1) nicht; der Hinweis "auf ein fiktives Schmerzensgeld" schließt bruchlos an eine rechtstechnisch zwar im strengen Sinne unrichtige, praktisch aber durchaus brauchbare Bewertung der Passage "noch zu verhandelnden nicht unerheblichen Mitverschuldensquote" an: Nächstliegend war dem zu entnehmen, dass die Höhe der insgesamt von der Beklagten zu 1) zu leistenden Zahlungen noch offen bleiben sollte, die Beklagte zu 1) sich der Höhe nach noch nicht festlegen wollte. Dass die Beklagte zu 1) diese Passage unter die Worte "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" stellte, hatte in gewisser Weise formelhaften Gehalt, erklärt sich im Übrigen ohne weiteres daraus, dass eine Rechtspflicht an sich ja auch gar nicht bestanden hatte.

Auf der Grundlage dieses Schreibens wurde die Beklagte zu 1) vertraglich an die abgegebene Erklärung gebunden; eine ausdrückliche Annahme durch die - Prozessbevollmächtigten der - Klägerin war nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten und deshalb entbehrlich (§ 151 BGB).

bb)

Die dem Grunde nach übernommene Tierhalterhaftung begründete der Höhe nach einen Anspruch auf Ausgleich immateriellen Schadens - Zahlung von Schmerzensgeld - in Höhe von 100.000,00 €. Diese Summe erscheint dem Senat unter Würdigung aller den Fall prägenden Umstände im Lichte der Grundfunktionen des Schmerzensgeldes und unter Beachtung anderer gerichtlicher Entscheidungen in im weitesten Sinne vergleichbaren Fällen angemessen.

Von den beiden Grundfunktionen des Schmerzensgeldes, der Ausgleichs- und der Genugtuungsfunktion, kommt vorliegenden Falles nur die erstere zum Tragen; der Klägerin Genugtuung für ihr schuldhaft angetanes Unrecht zu verschaffen, steht angesichts des schuldlosen Handelns der Pferdehalterin nicht im Raume.

Damit verengt sich der Blick auf die Ausgleichsfunktion des Schmerzensgeldes; hier erachtet der Senat in erster Linie die körperlichen und seelischen Schmerzen für bedeutsam, welche die Klägerin ertragen und weiter zu ertragen hat; neben die körperlich wie seelisch spürbaren unmittelbaren organisch-gesundheitlichen Belastungen tritt der Verlust aller beruflichen Zukunftshoffnungen; nicht zu vernachlässigen ist auch die nicht unbegründete Angst vor weiteren gesundheitlich nachteiligen Entwicklungen.

Sehr schwer wiegen die Auswirkungen des in der Folge des Herz-Kreislauf-Stillstandes eingetretenen organischen Hirnschadens, wie sie sich vor allem in einem Krampfleiden, in Bewegungsstörungen (insbesondere: Gangunsicherheit), abnormer Ermüdbarkeit, Gedächtnis-, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen zeigen; sehr schwer wiegt auch die im Grenzbereich von organischer und seelischer Gesundheit eingetretene Persönlichkeitsveränderung, wie sie sich vor allem in gesteigerter Erregbarkeit, Antriebsschwäche mit Affekt- und Stimmungslabilität bei psychomotorischer Verlangsamung manifestiert hat. Ganz zwangsläufig schwere seelische Belastungen mussten sich nicht nur aus dem Erleben einer Vielzahl intensiver und invasiver medizinischer Behandlungen in ihrer Verbindung mit einer zunächst unmittelbar lebensbedrohlichen Lage ergeben, sondern auch auf Dauer in dem Bewusstsein, aus einer Phase aufstrebender beruflicher Entwicklung in eine geachtete Position in einen Zustand beruflich-sozialer Hilflosigkeit geworfen zu sein. Eher am Rande - wenn auch nicht gänzlich bedeutungslos - steht schließlich das Bewusstsein davon, dass die mit der Behandlung der Bauchverletzung verbundene Darmschlingenverlagerung die Gefahr neuer lebensbedrohlicher Entwicklungen im Sinne von Darmpassagestörungen bis hin zum Darmverschluss mit sich bringt und dass auch Galleneingangsverengungen drohen.

In der Gesamtbetrachtung ist die Klägerin unterhalb der Ebene ausgeprägter dauernder Pflegebedürftigkeit zu einem in seinen körperlichen Entfaltungsmöglichkeiten hoch eingeschränkten Menschen geworden, welcher außerstande ist, sich auch nur ansatzweise aus eigener Kraft zu ernähren, und welcher den körperlichen wie den sozialen Absturz bewusst erlebt. Nur deshalb, weil - wie ausgeführt - Genugtuung nicht im Raume steht, erachtet der Senat zum Ausgleich dieser Belastungen die Zahlung eines Schmerzensgeldes von 100.000,00 € für ausreichend. In dieser Einschätzung sieht er sich im Blick auf andere gerichtliche Entscheidungen, welche in im weitesten Sinne vergleichbaren, in ihren Ausprägungen fast naturgemäß andersartigen Fallkonstellationen ergangen sind, in hinreichender Übereinstimmung der Wertungsgrundlagen. Verwiesen sei auf die Entscheidung des OLG Nürnberg vom 22.12.2006 - 5 U 1921/06 -, welche bei dreißigprozentigem Mitverschulden und deutlich geringerem Dauerschaden einen Betrag von 35.000,00 € festsetzte, die Entscheidung des LG Hannover vom 19.07.2006 - 11 O 16/05 -, die bei etwas stärker belastenden Dauerschäden einen Betrag von 110.000,00 € auswarf. Die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 19.10.2000 - 8 U 883/99 -, welcher im Ganzen der hier vorliegenden Konstellation vergleichbare Belastungen zugrunde liegen, scheint dem Senat mit ihrem Ergebnis von 50.000,00 € auf einer allzu bescheidenen Bewertung der sehr schwerwiegenden Belastungen zu berufen.

Unter Verrechnung des bereits gezahlten Betrages von 45.000,00 € stehen der Klägerin noch 55.000,00 € zu.

d)

Die Klägerin kann vom 01.01.2006 an und auf Dauer Zahlung einer Rente in Höhe von monatlich 2.853,33 € verlangen; der bereits gezahlte Betrag von 42.085,00 € ist abzusetzen.

aa)

Auf der Grundlage der §§ 7 Abs. 1, 11, 13 StVG a. F., 3 Ziff. 1 PflVG kann die Klägerin Zahlung einer monatlichen Verdienstausfallrente in Höhe von 2.680,00 € beanspruchen. Anknüpfend an die oben unter lit. A. b) cc) zusammengefassten Erwägungen schätzt der Senat den fortlaufenden Vermögensnachteil, den die Klägerin infolge der dauernden Aufhebung ihrer Erwerbstätigkeit erleidet und erleiden wird, gleich der Differenz eines der Entgeltstufe BAT II a entsprechenden Einkommens, vermindert um die wegen des Verlusts der Erwerbsfähigkeit ausgezahlte und auszuzahlende Rente. Zeiten angenommener Arbeitslosigkeit sind hier - dem Charakter der Rente als Dauerleistung entsprechend könnten sie sich nur in einer anteiligen Kürzung des Betrages der Rente niederschlagen - nicht angemessen. Anders als in der oben diskutierten Übergangszeit war und ist auf Dauer die Annahme nicht gerechtfertigt, die Klägerin hätte keine feste und verlässliche berufliche Stellung einnehmen können. Denn der Bedarf an Ausbildungsplätzen und damit auch an Ausbildungskräften im Bereich des Deutschunterrichts für Ausländer steigt ebenso wie die Wahrnehmung dieses Bedarfes durch die verantwortlichen Institutionen.

In der Berechnung der Rentenhöhe geht der Senat von der Annahme aus, dass die Klägerin nach Abschluss ihrer Dissertation ganztags tätig geworden wäre und ein volles Gehalt in einer der Entgeltstufe BAT II a entsprechenden Höhe verdient hätte; die von ihr zugrunde gelegte Annahme eines Bruttoentgelts von 4.550,00€ ist deshalb angemessen, und folgerichtig ergibt sich ein Nettoentgelt von ca. 80 % dieses Betrages, 3.600,00 €. Nach Abzug der Erwerbsunfähigkeitsrente ergibt sich der von der Klägerin - damit: zutreffend - auf 2.680,00 € geschätzte Betrag.

bb)

Ersatz durch Zahlung einer Rente - ebenfalls vom 01.01.2006 an - ist der Klägerin auch - unter dem Gesichtspunkt einer Vermehrung ihrer Bedürfnisse i. S. d. § 11 StVG (§§ 7 Abs. 2, 13 StVG a.F., 3 Ziff. 1 PflVG) zu leisten. In Übereinstimmung mit der Einschätzung des Landgerichts erachtet der Senat den Ansatz der Klägerin für angemessen; vier Stunden wöchentlicher Hilfe zu einem Stundenpreis von 10,00 € führen zu einer monatlichen Belastung - und damit Rente - von 173,33 €.

e)

Aus dem vorstehend und insbesondere zu lit. a) und c) Ausgeführten ergibt sich ohne weiteres, dass auch der Feststellungsantrag begründet ist. Die vielschichtigen gesundheitlichen Belastungen der Klägerin bergen die Gefahr weiterer nachteiliger Entwicklungen greifbar in sich; nur beispielhaft sei auf die offen zutage liegende Gefahr von Störungen der Darmpassage bis hin zum Darmverschluss verwiesen.

B.

Die Beklagte zu 2) haftet der Klägerin in demselben Umfange wie die Beklagte zu 1). Die Anspruchsgrundlage ergibt sich - ohne dass es auf die Bewertung der Rechtsfolgen des Schreibens der Klägerin vom 27.06.2001 ankäme - aus § 833 BGB; dass sich in dem Unfall die spezifisch von einem Tier ausgehende Gefahr, die in der Natur des Pferdes angelegte, mit schreckhaft-nervösem, unberechenbarem und selbständigem Verhalten verknüpfte Gefährdung von Leib und Leben Dritter verwirklichte, steht außer Frage.

3.

Der Senat erachtet die gesetzlichen Voraussetzungen einer Zulassung der Revision für nicht gegeben. Insbesondere die rechtliche Beurteilung des Beladevorganges als zum Betrieb eines Kraftfahrzeuges gehörend, die Grundlegung der gesetzlichen Regelungen zum Mitverschulden in Treu und Glauben und die Anwendung des § 252 BGB in der Beurteilung entgangenen Gewinns sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung gesichert.

Ende der Entscheidung

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