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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 30.05.2008
Aktenzeichen: 25 U 129/07
Rechtsgebiete: BGB, WEG


Vorschriften:

BGB § 634
BGB § 635
WEG § 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Streitig ist, ob der Kläger als Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft die Beklagten, die bei der Errichtung des Gebäudes mit Planung und Bauaufsicht betraut waren, wegen in der Klageschrift näher dargelegter Kosten für eine vom Kläger (allein) angestrebte Beseitigung von Mängeln des Bauwerks auf Schadensersatz in Anspruch nehmen kann. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 171 ff d.A.) Bezug genommen, jedoch nach Maßgabe folgender Änderungen und Ergänzungen:

Gegen das ihm am 8.6.2007 zugestellte Urteil des Landgerichts, durch das die Klage als unzulässig abgewiesen worden ist, hat der Kläger am 5.7.2007 Berufung eingelegt (Bl. 194 f d.A.), die er mit am selben Tag eingegangenem Schriftsatz vom 8.8.2007 (Bl. 204 ff d.A.) begründet hat. Mit der Berufung hat er zunächst sein Zahlungsbegehren in Höhe von 121.295,31 € zuzüglich Prozesszinsen unverändert weiterverfolgt. Im weiteren Verlauf hat er - jeweils mit Zustimmung der Beklagten - die Klage zunächst in Höhe von 1.000 €, geltend gemacht als Position 7 der Klageschrift (Regelfallrohr), zurückgenommen und sodann - nach insoweit erfolgter außergerichtlicher Zahlung einer Abgeltungssumme von 900 € durch die Beklagten - in Höhe weiterer 1.800 €, die er mit den Positionen 3 und 4 der Klageschrift wegen eines Wandvorsprungs bzw. vorspringender Ecken gefordert hatte.

Demzufolge verfolgt der Kläger sein Klagebegehren nunmehr noch insoweit weiter, als er die gesamtschuldnerische Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 122.495,31 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit der Klagezustellung (9.1.2006) an sich selbst, hilfsweise an sich und die Miteigentümer A und B erstrebt.

Die Beklagten verteidigen insoweit das angefochtene Urteil und beantragen die Zurückweisung der Berufung.

Den jetzt noch verfolgten Anspruch auf Schadensersatz in Gestalt von Kosten der Mängelbeseitigung stützt der Kläger auf folgende von ihm behauptete und auf Planungs- oder Bauüberwachungsfehler der Beklagten zurückgeführte Baumängel: Ungenügende Tritt- und Raumschalldämmung infolge fehlerhafter Trennwände und Decken bzw. Fußböden (Position 1 der Klageschrift), fehlende Nutzbarkeit des zur gemeinsamen Nutzung geplanten Schornsteins (Position 2 der Klageschrift), Mängel der Trennwand zum Nachbarhaus (Position 5 der Klageschrift), fehlerhafte Brüstungshöhe eines Außenfensters (Position 6 der Klageschrift), fehlerhafter Fußbodenaufbau in der Waschküche (Position 8 der Klageschrift) und zu geringe Breite der Kelleraußentreppe (Position 9 der Klageschrift).

Einen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft betreffend die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs gegenüber den Beklagten, die Berechnung des Schadensersatzanspruchs nach Mängelbeseitigungskosten und/oder die Ermächtigung des Klägers zur selbständigen Geltendmachung eines solchen Anspruchs gibt es nach wie vor nicht. Nach der Berufungsverhandlung hat der Kläger den Miteigentümern den Streit verkündet mit der Begründung, er habe diese nunmehr vergeblich zur Zustimmung zu seiner Prozessführung bei Zahlung an die Gemeinschaft aufgefordert (Schriftsatz vom 19.5.2008, Bl. 267 f d.A.).

II.

Die Berufung ist, soweit darüber nach der erfolgten teilweise Rücknahme der Klage noch zu befinden ist, zwar zulässig aber nicht begründet. Denn jedenfalls in dem jetzt noch zu beurteilenden Umfang fehlt dem Kläger die Prozessführungsbefugnis. Hierzu kann zunächst verwiesen werden auf die zumindest insoweit zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung (UA S. 9 f = Bl. 179 f d.A.), denen das Berufungsgericht nach Überprüfung folgt. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird zur Begründung ferner - auch wenn es nachfolgend nicht nochmals ausdrücklich erwähnt sein sollte - auf die dem Kläger bereits mit Verfügung vom 14.8.2007 (Bl. 212 ff d.A.) erteilten Hinweise Bezug genommen. Zusammenfassend ist noch einmal folgendes hervorzuheben:

Etwaige Ansprüche gegen die Beklagten wegen einer Verletzung ihrer vertraglich übernommenen Pflichten bei der Bauplanung und/oder -überwachung richten sich gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB nach dem vor dem 1.1.2002 geltenden Recht (nachfolgend gekennzeichnet durch "aF"), weil das Schuldverhältnis vor diesem Zeitpunkt entstanden ist (Vertragsschluss 1994, Bauausführung 1996). Da sich die den Beklagten angelasteten Fehler ihrer Architektenleistungen nach dem Vortrag des Klägers in Mängeln des längst fertig gestellten Bauwerks niedergeschlagen haben, kommen als Gewährleistungsrechte nach §§ 634, 635 BGB aF allein noch Minderung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung in Frage (vgl. schon Hinweis vom 14.8.2007). Mit der Klage wird ein - vom Kläger nach Mängelbeseitigungskosten berechneter - Anspruch auf sog. kleinen Schadensersatz geltend gemacht.

Jedenfalls all die Mängel, auf die der Kläger sein Begehren nach der teilweisen Klagerücknahme noch stützt, betreffen - selbst wenn sie sich auf sein Sondereigentum auswirken mögen - entgegen der im nachgereichten Schriftsatz des Klägers vom 21.5.2008 vertretenen Auffassung das Gemeinschaftseigentum der Wohnungseigentümergemeinschaft. Das gilt zunächst für die geltend gemachten Trittschallmängel (vgl. BGHZ 114, 383), zu deren Behebung der Kläger Änderungen am Fußbodenaufbau bzw. Eingriffe in die vorhandenen Geschossdecken anstrebt, ebenso wie für die angeblichen Raumschallmängel der Trennwände zwischen den Wohneinheiten bzw. zwischen diesen und Gemeinschaftsräumen. Denn diese Wände, an denen nach den mit der Klageschrift vorgetragenen Vorstellungen zur Mangelbeseitigung bauliche Veränderungen bis hin zu einer wenigstens teilweisen Neuherstellung vorgenommen werden sollen, stellen Gebäudeteile im Sinne des § 5 Abs. 2 WEG dar. Soweit der Kläger zur Behebung von Schallschutzmängeln bauliche Veränderungen "auf Nachbarseite" anstrebt, die nach seinem eigenen Vortrag zu einer Minderung der Wohnfläche und des Raumvolumens der Miteigentümer und damit zu einem erheblichen Eingriff in deren Sondereigentum führen würden, dürfte sich das Gemeinschaftseigentum zudem aus § 5 Abs. 1 WEG ergeben (vgl. BGHZ 114, 383). Im Gemeinschaftseigentum stehende Gebäudeteile im Sinne des § 5 Abs. 2 WEG sind auch die angeblich mangelhafte Trennwand zum Nachbarhaus sowie das Außenfenster, dessen Brüstungshöhe der Kläger beanstandet und verändern lassen will; die Fensterhöhe kann im Übrigen nicht ohne gleichzeitige Veränderung der äußeren Gestaltung des Gebäudes verändert werden, sodass das Fenster auch nach § 5 Abs. 1 WEG nicht zum Sondereigentum gehört. Bei dem nach dem Vortrag des Klägers zur gemeinsamen Nutzung geplanten Schornstein, der Waschküche mit dem vom Kläger bemängelten Fußbodenaufbau und der Kelleraußentreppe handelt es sich um Anlagen bzw. Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen und daher zumindest deshalb nach § 5 Abs. 2 WEG ebenfalls im Gemeinschaftseigentum stehen.

Unter diesen Umständen und angesichts der unstreitigen Tatsache, dass es bis heute keine Beschlussfassung der Wohnungseigentümergemeinschaft betreffend die Erhebung eines Schadensersatzanspruchs gegenüber den Beklagten, die Berechnung des Schadensersatzes nach Mängelbeseitigungskosten und die Ermächtigung des Klägers zur selbständigen Geltendmachung eines solchen Anspruchs gibt, ist der Kläger nicht zur Verfolgung der jetzt noch zur Entscheidung stehenden Schadensersatzforderung befugt. Für seinen Hauptantrag, mit dem er Zahlung des geforderten Schadensersatzes an sich allein verlangt, folgt das schon aus den vom Kläger selbst (nach dem Hinweis vom 14.8.2007) in seinem Schriftsatz vom 19.9.2007 (Bl. 220 ff d.A.) auf Seite 2 wörtlich zitierten Ausführungen im Urteil des BGH vom 21.7.2005 (= BauR 2005, 1623). Aber auch für den Hilfsantrag, mit dem der Kläger die Zahlung des Schadensersatzes an sich und die Miteigentümer begehrt, gilt im Ergebnis nichts anderes.

Das Berufungsgericht folgt insoweit der vom Bundesgerichtshof seit seinem Urteil vom 10.5.1979 (BGHZ 74, 258) in ständiger Rechtsprechung wiederholt vertretenen (vgl. u.a. BGHZ 81, 35; BGHZ 110, 258; BGH NJW 1983, 453; BGH BauR 2006, 979) und durch Urteil vom 12.04.2007 (BGHZ 172, 42 <hier: Rdnr. 16 - 19 in juris>) abermals bekräftigten Auffassung, dass es sich bei den hier in Betracht kommenden Rechten auf Minderung und auf kleinen Schadensersatz um solche Rechte handelt, die ihrer Natur nach gemeinschaftsbezogen sind und ein eigenständiges Vorgehen des einzelnen Wohnungseigentümers nicht zulassen; vielmehr ist für die Geltendmachung und Durchsetzung dieser Rechte von vornherein allein die Wohnungseigentümergemeinschaft zuständig, und nur sie allein kann auch die Voraussetzungen für diese Rechte schaffen sowie die Wahl zwischen ihnen treffen. Besondere Umstände, unter denen ausnahmsweise etwas anderes gelten kann, sind hier nicht ersichtlich (Abgrenzung zu BGHZ 148, 85 und 110, 258).

Zu Unrecht meint der Kläger, die bisher vorliegende obergerichtliche Rechtsprechung betreffe ausschließlich die Frage von Ansprüchen im Verhältnis zwischen Erwerbern von Wohnungseigentum und Bauträgern, nicht aber die Durchsetzung von Ansprüchen wegen fehlerhafter Architektenleistungen. Denn der BGH hat sich z.B. in seinem Urteil vom 6.6.1991 (BGHZ 114, 383) auch schon mit der Frage der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen einen mit der Planung und Bauaufsicht betrauten Baubeteiligten befasst, der wegen fehlerhafter Planung des Trittschallschutzes für Mängel am Gemeinschaftseigentum verantwortlich war. Die damals beurteilte Klage war von einzelnen Wohnungseigentümern erhoben worden, auf deren Sondereigentum sich der Mangel am Gemeinschaftseigentum auswirkte. Gleichwohl hat der BGH - ganz auf der Linie seiner sonstigen Rechtsprechung - die Befugnis dieser Wohnungseigentümer, den auf der Basis von aufzuwendenden Mängelbeseitigungskosten berechneten Anspruch auf kleinen Schadensersatz selbständig durchzusetzen, nur in dem Umfang bejaht, in dem die Wohnungseigentümergemeinschaft die klagenden Mitglieder dazu durch einen Beschluss ermächtigt hatte, der auch die Entscheidung der Gemeinschaft für eine nach den Mängelbeseitigungskosten zu berechnende Schadensersatzforderung beinhaltete (BGH aaO <Rdnr. 15 ff in juris>). Ein derartiger Beschluss existiert - wie gesagt - im vorliegenden Fall aber gerade nicht. Soweit sich im Einzelfall die Prozessführungsbefugnis alternativ auch aus einer Abtretung von Ansprüchen durch die anderen Wohnungseigentümer ergeben kann (vgl. BGH BauR 2001, 798), ist diese Voraussetzung hier ebenfalls nicht erfüllt.

Die vom Kläger im Übrigen noch vorgebrachten Gegenargumente geben keinen Anlass zu einer Abweichung von der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Soweit er meint, berechtigte Interessen der anderen Wohnungseigentümer könnten keinesfalls beeinträchtigt sein, wenn er zugunsten der Gemeinschaft Gelder in Gestalt des geforderten Schadensersatzes einziehe, verkennt er, dass es sich bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft um keinen Verband handelt, der auf die Ansammlung von Kapital ohne vorher festgelegten gemeinschaftsbezogenen Verwendungszweck angelegt ist. Seine Auffassung, er könne die Kosten der von ihm angestrebten Sanierungsmaßnahmen (die nach seinen Vorstellungen insbesondere bei der Behebung von Schallschutzmängeln zudem mit Beeinträchtigungen des Sondereigentums der Miteigentümer einhergehen sollen) zunächst eigenmächtig als Schadensersatz zugunsten der Gemeinschaft fordern und anschließend könne innerhalb der Gemeinschaft - ggfls. in einem Rechtsstreit mit den Miteigentümern - immer noch das weitere Vorgehen geklärt werden (nachgereichter Schriftsatz vom 17.4.2008, Bl. 255 ff d.A.), stellt die Dinge geradezu auf den Kopf. Denn vielmehr hätte der Kläger wegen der alleinigen Befugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft (schon) zur Entscheidung darüber, ob Schadensersatz überhaupt verlangt und wie er ggfls. berechnet werden soll, vor der Erhebung der vorliegenden Klage - im Hinblick auf die von ihm beklagte fehlende Kooperationsbereitschaft der Miteigentümer notfalls durch ein Streitverfahren nach dem WEG - für die notwendige gemeinschaftsinterne Klärung sorgen müssen.

Die vom Kläger nach dem Verhandlungstermin am 11.3.2008 zuletzt noch vorgenommene Streitverkündung gegenüber den Miteigentümern gibt keinen Anlass zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Denn diese mit einer unterbliebenen Zustimmung der Miteigentümer zur Prozessführung des Klägers begründete Streitverkündung ändert nichts mehr daran, dass die Sache aus den genannten Gründen entscheidungsreif ist, sodass es einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung zwecks weiterer Erörterung oder Sachaufklärung nicht bedarf. Davon ganz abgesehen ist der Kläger im Hinblick auf die jetzt allein noch zur Debatte stehenden Mängel am Gemeinschaftseigentum bereits durch das angefochtene Urteil zutreffend über die Unzulässigkeit seiner eigenmächtigen Rechtsverfolgung aufgeklärt worden. Die fehlende Erfolgsaussicht der insoweit vorgetragenen Berufungsangriffe konnte er zudem ohne weiteres aus dem Hinweis des Berufungsgerichts vom 14.8.2007 ablesen. Er hätte mithin mehr als ausreichend Zeit und Gelegenheit gehabt, eine Streitverkündung bereits rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung vorzunehmen. Für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 Abs. 1 ZPO sind danach keine sachlichen Gründe erkennbar. Sie würde vielmehr nur noch zu einer unnötigen Verfahrensverzögerung führen. Wiedereröffnungsgründe im Sinne des § 156 Abs. 2 ZPO liegen ersichtlich nicht vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit entspricht den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Von einer Zulassung der Revision wurde abgesehen, da Zulassungsgründe im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO (vgl. dazu eingehend: BGH NJW 2003, 1943 ff) nach Überzeugung des Berufungsgerichts nicht gegeben sind. Die für die Beurteilung der Streitsache letztlich ausschlaggebende Frage der Prozessführungsbefugnis von Wohnungseigentümern unter Umständen, wie sie im vorliegenden Fall gegeben sind, ist durch die oben erwähnte ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, von der das Berufungsgericht mit seiner Entscheidung auch nicht abweicht, ausreichend geklärt. Die Streitsache hat daher weder grundsätzliche Bedeutung noch berührt sie aus anderen Gründen das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts.

Ende der Entscheidung

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