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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 08.05.2007
Aktenzeichen: 25 U 13/06
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 105
HGB § 143
HGB § 161
Zu Ansprüchen aus der entgeltlichen Übertragung eines Kommanditanteils.
Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Ansprüche aus der entgeltlichen Übertragung eines Kommanditanteils des Klägers an die Beklagte sowie aus einem damit in Zusammenhang stehenden Grundstücksgeschäft des Klägers mit der (inzwischen aufgelösten) Kommanditgesellschaft. Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird Bezug genommen auf die Feststellungen im Urteil des Landgerichts (Bl. 213 ff Bd. I d.A.), jedoch mit folgenden Klarstellungen, Änderungen und Ergänzungen:

Die im Tatbestand des angefochtenen Urteils als Käuferin des Kommanditanteils des Klägers an der A Maschinenbau GmbH & Co. KG (künftig kurz: KG) sowie seines Geschäftsanteils an der persönlich haftenden Gesellschafterin der KG, der A Verwaltungs GmbH (künftig auch: Komplementärin), genannte B GmbH ist identisch mit der Beklagten, die aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses vom 24.03.2004 mittlerweile unter dem aus dem Rubrum ersichtlichen Namen firmiert. Die KG war durch formwechselnde Umwandlung aus der A Maschinenbau GmbH hervorgegangen; die diesbezügliche Urkunde des Notars C mit Sitz in O1 vom 19.11.2003 (UR-Nr. .../2003) sowie der Gesellschaftsvertrag der KG vom selben Tag sind im Berufungsrechtszug zur Akte gereicht worden (Bl. 137 ff und 141 ff Bd. II d.A.). Gemäß Anmeldung des Geschäftsführers der damals noch unter der alten Firma handelnden Beklagten (zugleich auch in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Komplementärin) zum Handelsregister vom 30.04.2004 ist die KG durch Ausscheiden der persönlich haftenden Gesellschafterin aufgelöst worden und ihr Vermögen auf die Beklagte als bisherige Kommanditistin übergegangen (Bl. 113 Band I d.A.).

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an den Kläger 294.754,99 € nebst Verzugs- bzw. Prozesszinsen zu zahlen. Die zuerkannte Hauptforderung setzt sich aus drei Positionen zusammen, nämlich Schadensersatz in Höhe von 218.452,02 € (Aufwendungen des Klägers wegen einer von der KG vertragswidrig unterlassenen lastenfreien Grundstücksübertragung), Auszahlung einer Kapitalrücklage von 48.990,45 € und unstreitig noch nicht gezahlter Kaufpreis für den Kommanditanteil in Höhe von 27.312,52 € (vier Raten zu je 6.828,13 €). Aufrechenbare Gegenansprüche der Beklagten hat das Landgericht als nicht hinreichend dargetan angesehen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (aaO) verwiesen.

Gegen dieses ihr am 27.12.2005 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, die sie am 20.01.2006 eingelegt und innerhalb der bis zum 27.03.2006 verlängerten Begründungsfrist mit an diesem Tag eingegangenem Schriftsatz (Bl. 16 ff Bd. II d.A.) begründet hat. Die Beklagte erstrebt mit der Berufung - wie schon im ersten Rechtszug - die vollständige Abweisung der Klage. Zur Begründung macht sie im wesentlichen geltend, als frühere Kommanditistin habe sie nicht für die (als solche unstreitige) Schadensersatzverpflichtung der KG gegenüber dem Kläger einzustehen. Einen Anspruch des Klägers auf Auszahlung einer Kapitalrücklage stellt sie in Abrede. Sie ist ferner der Auffassung, dass ihr gegen den Kläger eine Gegenforderung in Höhe von insgesamt 148.495,64 € zustehe. Hierzu hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 14.11.2006 klargestellt, dass sie sich nur im Hinblick auf den von ihr unstreitig noch geschuldeten Kaufpreis mit der Aufrechnung der Gegenforderung verteidigt (Bl. 162 Band II d.A.).

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil (Berufungserwiderung vom 20.10.2006, Bl. 110 ff Bd. II dA). Er erstrebt die Zurückweisung der Berufung und hat - soweit er Schadensersatz wegen der unterbliebenen lastenfreien Grundstücksübertragung und die Auszahlung einer Kapitalrücklage verlangt - hilfsweise beantragt, die Beklagte zu verurteilen, insoweit die Zwangsvollstreckung in das ihr zugefallene Vermögen der A Maschinenbau GmbH & Co. KG zu dulden. Die im Berufungsrechtszug beigetretenen Streithelfer haben sich den Anträgen des Klägers angeschlossen.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens im Berufungsrechtszug wird auf die bei der Akte befindlichen Schriftsätze sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 14.11.2006 (Bl. 161 ff Bd. II d.A.) verwiesen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist statthaft und auch im übrigen zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet. In der Sache hat das Rechtsmittel aber nur zu einem Teil Erfolg, nämlich soweit das Landgericht dem Kläger einen Anspruch auf Auszahlung einer Kapitalrücklage von 48.990,45 € nebst Zinsen zuerkannt hat. Die restliche Klageforderung von zusammen 245.764,54 € nebst Zinsen ist dagegen aus den insoweit im wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung begründet, sodass die Berufung in diesem Umfang zurückzuweisen war. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird zur Begründung ergänzend zu den nachfolgenden Ausführungen - auch soweit es nicht nochmals ausdrücklich erwähnt sein sollte - auf die Hinweise Bezug genommen, die das Gericht während des Berufungsverfahrens bereits erteilt hat, und zwar mit der Terminsverfügung vom 30.08.2006 (Bl. 68 ff Bd. II d.A.), zu Protokoll vom 14.11.2006 (aaO) und mit Beschluss vom 06.02.2007 (Bl. 12 ff Bd. III d.A.).

Ein Anspruch des Klägers auf Auszahlung der von ihm geforderten Kapitalrücklage lässt sich nicht feststellen. Entgegen der Annahme der Vorinstanz genügen die vom Kläger vorgelegten schriftlichen Äußerungen steuerlicher Berater weder zur schlüssigen Begründung eines solchen Anspruchs, noch können sie die dem Gericht obliegende rechtliche Prüfung ersetzen. Diese ergibt, dass eine Anspruchsgrundlage nicht ersichtlich ist. § 11 des im ersten Rechtszug unberücksichtigt gebliebenen Gesellschaftsvertrags der KG vom 19.11.2003, der sich mit dem "Ausscheiden" von Gesellschaftern befasst, sieht allerdings in seinem Absatz 3 unter anderem vor, dass an einen "ausscheidenden" Gesellschafter eine Rücklage entsprechend seiner Beteiligung am Festkapitalkonto ausgezahlt wird. Bei dem Festkapitalkonto handelt es sich nach § 10 des Gesellschaftsvertrages ("Gesellschafterkonten") um das Kapitalkonto, auf dem der Kapitalanteil des Gesellschafters gebucht wird (Abs. 2). Auf dem gemeinsamen Rücklagenkonto der Gesellschafter (Abs. 1) werden als Kapitalrücklage die nicht entnahmefähigen Gewinnanteile gutgeschrieben (Abs. 4), während unter anderem entnahmefähige Gewinnanteile auf einem Sonderkonto gebucht werden (Abs. 3).

Aus diesen Regelungen lässt sich nicht entnehmen, dass der Kläger Anspruch auf die von ihm geforderte Auszahlung einer Kapitalrücklage von 48.990,45 € habe. Denn entgegen der Auffassung des Klägers (die auch den vorgelegten Äußerungen der steuerlichen Berater zugrunde liegt) ist der Kläger nicht im Rechtssinne aus der KG "ausgeschieden", wie es § 11 des Gesellschaftsvertrags auf der Tatbestandsseite voraussetzt. Vielmehr hat der Kläger (unstreitig) lediglich seinen Kommanditanteil durch Rechtsgeschäft an die Beklagte veräußert und übertragen. Durch die bloße Übertragung der Mitgliedschaft in einer Gesellschaft von einem Altgesellschafter auf einen Neugesellschafter bleiben aber nicht nur die Gesellschaft, sondern auch die Mitgliedschaft als solche in ihrer Identität unberührt; es ist nur das Kapitalkonto auf den Erwerber umzubuchen, weil dieser mit Vollzug der Anteilsübertragung als Einzelrechtsnachfolger des Veräußerers in dessen Gesellschaftsverhältnis eintritt (Schmidt in Münchener Kommentar zum HGB, 2. Aufl., § 105 Rdnr. 210 und 222). Die Anteilsübertragung stellt deshalb weder begrifflich noch in ihren Rechtsfolgen ein "Ausscheiden" aus der Gesellschaft dar (Schmidt aaO, sowie § 105 Rdnr. 207, § 131 Rdnr. 98 und § 143 Rdnr. 7).

§ 5 des Veräußerungsvertrags vom 05.01.2004 (UR-Nr. .../2004 des Notars C), wonach dem Kläger das Gewinnbezugsrecht bis zum Übergabestichtag (31.12.2003) zustehen sollte, konnte mangels erfolgter Änderung des Gesellschaftsvertrages an den dort in § 11 geregelten Voraussetzungen für einen Anspruch auf Auszahlung der Kapitalrücklage nichts ändern. Diese Voraussetzungen liegen aber - wie gesagt - nicht vor. Nach dem vom Kläger im Berufungsrechtszug beigebrachten Entwurf des Jahresabschlusses für 2003 (Bl. 132 ff Bd. II d.A.) war die Situation zum vereinbarten Übergabestichtag im Übrigen so, dass die gebuchten Entnahmen des Klägers im Jahre 2003 (Konto 2051) um 1.788,69 € höher waren als die Summe aus Kommanditanteil und Kapitalrücklage (Konten 2050 und 9550), sodass sich für den Kommanditisten (Kläger) im Ergebnis kein Gewinn, sondern vielmehr ein nicht durch Vermögenseinlagen gedeckter Verlust von 1.788,69 € ergab.

Da sich danach der geltend gemachte Anspruch auf Auszahlung der Kapitalrücklage weder auf den Gesellschaftsvertrag noch auf den Veräußerungsvertrag stützen lässt, war auf die Berufung die Klage unter Abänderung der Entscheidung des Landgerichts abzuweisen, soweit der Kläger 48.990,45 € nebst Zinsen verlangt hat.

Im Übrigen jedoch hält das angefochtene Urteil den Berufungsangriffen stand.

Den Schadensersatzanspruch des Klägers in Höhe von 218.452,02 € wegen des (unstreitig) vertragswidrigen Verhaltens der KG bei der Abwicklung des mit dem Kläger geschlossenen Grundstücksübertragungsvertrages bezweifelt die Beklagte selbst nicht, sondern sie stellt mit der Berufung nur ihre Passivlegitimation in Abrede. Das muss aber ohne Erfolg bleiben, denn nachdem (unstreitig) die zweigliedrige KG durch das Ausscheiden der Komplementärin aufgelöst und ihr Vermögen der Beklagten zugefallen ist (vgl. Handelsregisteranmeldung vom 30.04.2004), hat die Beklagte für die Verbindlichkeit der KG als deren Rechtsnachfolgerin einzustehen. Entgegen der in den Gründen des angefochtenen Urteils und anfangs zu Unrecht auch vom Berufungsgericht (Terminsverfügung vom 30.08.2006, Sitzungsprotokoll vom 14.11.2006, jeweils aaO) geäußerten Annahme findet insoweit auch keine Haftungsbeschränkung in dem Sinne statt, dass die Beklagte nur mit dem ihr zugefallenen Gesellschaftsvermögen der KG haftet. Denn für eine derartige Haftungsbeschränkung wäre nur Raum, falls die Auflösung der KG der Beklagten unfreiwillig widerfahren wäre (z.B. durch Ausscheiden der Komplementärin wegen Insolvenz). Davon kann aber keine Rede sein, weil die Auflösung der KG willentlich herbeigeführt worden ist und dies nur unter Mitwirkung der Beklagten möglich war, weil sie - als Kommanditistin und einzige Gesellschafterin der Komplementärin - die KG beherrschte. Wegen der Einzelheiten wird insoweit zur Begründung Bezug genommen auf die mit Beschluss vom 06.02.2007 (aaO) erteilten Hinweise, mit denen auf diesen Streitpunkt bereits ausführlich eingegangen worden ist.

Auch gegen die Zahlung der von ihr unstreitig noch geschuldeten Kaufpreisraten in Höhe von zusammen 27.312,52 € wendet sich die Beklagte mit der Berufung vergeblich. Die Aufrechnung, mit der sie sich - wie in der Sitzung vom 14.11.2006 klargestellt - insoweit allein gegen die Klageforderung verteidigt, greift nämlich nicht durch. Nachdem der Beklagten - wie bereits in der Terminsverfügung vom 30.08.2006 (aaO) näher ausgeführt wurde - schon im ersten Rechtszug eine von ihr nicht eingehaltene Frist zur Substantiierung ihres Vortrags zu angeblichen Gegenansprüchen gesetzt worden war, ist sie mit der genannten Terminsverfügung weiter darauf hingewiesen worden, dass selbst unter Berücksichtigung des in der Berufungsbegründung - ohne Darlegung von Zulassungsvoraussetzungen im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO - gehaltenen Tatsachenvortrags nicht nachvollzogen werden kann, wie sich daraus auf der Grundlage der von den Parteien bei der Veräußerung des Kommanditanteils geschlossenen Vereinbarungen (UR-Nr. .../2004 des Notars C) ein Zahlungsanspruch gegen den Kläger ergeben könnte. Auch in ihrer daraufhin erfolgten Stellungnahme (Schriftsatz vom 07.11.2006) hat die Beklagte die vertraglichen Vereinbarungen nicht im einzelnen und sachgerecht bearbeitet sowie in einen verständlichen Bezug zu den angeblichen Gegenansprüchen gesetzt, sondern sie hat nur ihre diffuse Vorstellung bekräftigt, dass Verbindlichkeiten der KG - obwohl von deren Vorhandensein bei den Vereinbarungen der Parteien zur Veräußerung des Kommanditanteils gerade ausgegangen wurde - zu einem Ausgleichsanspruch gegen den Kläger führten. Auf nochmalige Hinweise des Gerichts zur fehlenden Nachvollziehbarkeit der angeblichen Gegenforderung in der ersten mündlichen Verhandlung (vgl. Sitzungsprotokoll vom 14.11.2006, aaO) hat die Beklagte gar nicht mehr reagiert. Nach alledem muss die der unstreitigen Kaufpreisschuld entgegen gesetzte Aufrechnung schon deshalb ohne Erfolg bleiben, weil eine aufrechenbare Gegenforderung nicht einmal schlüssig begründet worden ist.

Im Hinblick auf die demnach vom Landgericht zu Recht zuerkannte Hauptforderung von insgesamt 245.764,54 € stehen dem Kläger ferner Verzugs- bzw. Prozesszinsen im zuerkannten Umfang zu (§§ 286 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Nr. 1, 288, 291 BGB).

Die Kostenentscheidung entspricht dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen der Parteien (§ 92 Abs. 1 ZPO). Soweit die Beklagte danach im Verhältnis zum Kläger die Kosten zu tragen hat, waren ihr auch die außergerichtlichen Kosten der Streithelfer des Klägers aufzuerlegen, während diese im Übrigen ihre Kosten selbst zu tragen haben (§ 101 Abs. 1 ZPO).

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Von einer Zulassung der Revision wurde abzusehen, da Zulassungsgründe im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO (vgl. dazu eingehend: BGH NJW 2003, 1943ff) nach Überzeugung des Berufungsgerichts nicht gegeben sind. Die Streitsache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch berührt sie aus anderen Gründen das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts. Ausschlaggebend für die Entscheidung sind vielmehr die besonderen Umstände des einzelnen Falles. Deren Beurteilung ist anhand höchstrichterlich bereits geklärter Rechtssätze möglich, von denen das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung auch nicht abgewichen ist.

Ende der Entscheidung

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