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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 28.01.2005
Aktenzeichen: 25 U 210/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 323
BGB § 346
BGB § 434
BGB § 437 Nr. 2
BGB § 440
Zum Bestehen von Schadensersatzansprüchen gegen einen Importeur von EU-Fahrzeugen.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN 2. Familiensenat in Kassel BESCHLUSS

25 U 210/03

In der Familiensache

hat der 25. Zivilsenat in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Richter am Oberlandesgericht ... als Einzelrichter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. November 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 30. September 2003 abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Hinsichtlich des diesem Rechtsstreit zugrunde liegenden Sachverhaltes wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil vom 30.9.2003 Bezug genommen, die klarstellend wie folgt ergänzt werden (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO):

Auf der Grundlage einer zwischen den Parteien am 3.9.2002 getroffenen und mit "verbindliche Bestellung (Vermittlungsgeschäft) eines EU-Neufahrzeuges" überschriebenen Vereinbarung erhielt die Klägerin einen Pkw der Marke X ..., mit Sonderausstattung, und zwar ein Fahrzeug des Modelljahres 2002 zu einem Preis von 16.645 €. Ausweislich der Vereinbarung vom 3.9.2002 war dagegen die Lieferung eines Fahrzeuges des Modelljahres 2003 vorgesehen. Wegen angeblich am Fahrzeug vorhandener Mängel bzw. von verschiedenen X Vertragshändlern erfolglos durchgeführten Nachbesserungsversuchen erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 19.11.2002 gegenüber dem Beklagten die Wandlung des Kaufvertrages und stellte das Fahrzeug auf dessen Betriebsgelände ab. Mit Schreiben vom 3.12.2002 gab die Klägerin dem Beklagten Gelegenheit, den Vertrag durch die Lieferung eines mangelfreien Fahrzeuges bis zum 19.12.2002 nachzuerfüllen und kündigte für den Fall des fruchtlosen Fristablaufes die Ausübung des Rücktrittsrechtes an. Dem Verlangen der Klägerin kam der Beklagte nicht nach.

Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin den Beklagten auf Rückzahlung einer von ihr auf den Kaufpreis erbrachten Anzahlung in Höhe von 4.000 € und der von ihr an die den Restkaufpreis von 12.550 € finanzierende Y Bank gezahlten Darlehensraten in Höhe von 1.019,65 €, insgesamt auf Zahlung von 5.019,65 € nebst Zinsen, in Anspruch.

Durch das Urteil vom 30.9.2004 hat das Landgericht den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 4.465,26 € nebst Zinsen zu zahlen und die Klage im übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht angeführt, bei der zwischen den Parteien am 3.9.2002 getroffenen Vereinbarung handele es sich um einen Kaufvertrag. Zwar sei die Bezeichnung der Vereinbarung als Vermittlungsvertrag und des Beklagten als Vermittler eindeutig. Dies entspreche aber nicht dem wirklichen Inhalt des Vertrages, der in gleicher Weise wie ein Kaufvertrag abgewickelt worden und deshalb auch so zu werten sei. So tauche im Vertragstext ein vom Beklagten vermittelter Verkäufer als Vertragspartner der Klägerin nicht auf. Ein Kaufvertrag über ein neues Kraftfahrzeug werde auch nicht mit dem, den es angehe, abgeschlossen, weil dafür der Vertrag zu wichtig und die Folgen, etwa im Falle von Mängeln, zu gravierend seien. Demnach sei der Beklagte trotz der entgegenstehenden Bezeichnung in der Vereinbarung als Verkäufer anzusehen. Er habe die Funktion des Verkäufers wahrgenommen, zumal es einen anderen Verkäufer auch nicht gebe. Deshalb habe die Klägerin ihm gegenüber wirksam den Rücktritt vom Vertrag erklärt, weil das Fahrzeug im Hinblick darauf, daß es sich um ein solches der Modellreihe des Jahres 2002 handele, obwohl ihr ausdrücklich ein Fahrzeug des Modelljahres 2003 habe geliefert werden sollen, mangelhaft sei. Die Klägerin könne deshalb die Rückzahlung der von ihr geleisteten Anzahlung und der gegenüber der Y Bank erbrachten Ratenzahlungen verlangen, weil es sich bei dem Kaufvertrag und dem zur Finanzierung des Kaufpreises abgeschlossenen Darlehensvertrag um einen verbundenen Vertrag handele. Allerdings müsse sie dem Beklagten die aus dem Fahrzeug gezogenen Nutzungen ersetzen. Dieser Betrag belaufe sich auf 544,39 € und sei von der Klagesumme abzuziehen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er dessen Abänderung und Abweisung der Klage insgesamt begehrt. Der Beklagte hält an seinem erstinstanzlichen Vorbringen fest, daß er nicht Verkäufer des von der Klägerin erworbenen Fahrzeuges gewesen sei. Er habe lediglich einen Kaufvertrag zwischen ihr und einem ausländischen Lieferanten vermittelt. Ebensowenig habe er seine Vermittlungstätigkeit schlecht erfüllt. Im übrigen habe das der Klägerin gelieferte Fahrzeug keine Mängel aufgewiesen. Die Modelljahrgänge 2002 und 2003 seien außer einer in den Modellen des Jahres 2003 enthaltenen Mittelarmlehne technisch und optisch identisch.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die fristgerecht nach Zustellung des Urteils (1.12.2003) am 11.12.2003 eingelegte und innerhalb der Berufungsbegründungsfrist am 29.1.2004 begründete Berufung des Beklagten ist zulässig (§§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO).

Sie hat auch in der Sache Erfolg.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von noch 4.465,26 € gemäß §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 346 BGB.

Ungeachtet der Frage, ob der der Klägerin gelieferte Pkw der Marke X ... einen Sachmangel im Sinne des § 434 BGB aufweist und sie deshalb zum Rücktritt berechtigt ist, scheitert der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch daran, daß zwischen den Parteien ein Kaufvertrag nicht zustande gekommen ist und der Beklagte deshalb für einen etwaigen Sachmangel nicht einzustehen hat.

Unstreitig handelt es sich bei dem von der Klägerin erworbenen Pkw um eine sogenanntes EU-Neufahrzeug, das von Spanien über Holland in die Bundesrepublik Deutschland importiert wurde. Im Falle von Sachmängeln beschränken sich die Rechte des Käufers eines Importfahrzeuges gegen vom Hersteller zugelassene inländische Reparaturbetriebe auf die Beseitigung von Mängeln, wogegen die weitergehenden Sachmängelrechte, wie etwa der Rücktritt, vom Käufer nur gegenüber seinem Vertragspartner, also entweder dem ausländischen Händler oder dem Importeur, falls dieser den Verkauf im eigenen Namen getätigt hat, geltend gemacht werden können (vgl. insoweit auch: Reinking/Eggert, Der Autokauf, 8. Aufl. 2003, Rdnr. 455; OLG Düsseldorf NJW 2002, S. 523). Sachmängelhaftungsansprüche gegen den Importeur bestehen allerdings nicht, wenn dieser lediglich als Importvermittler für den Käufer tätig geworden ist und er seine Vermittlungstätigkeit im Vertrag klar zum Ausdruck gebracht hat (Reinking/Eggert, a.a.O. Rdn. 455; vgl. zur Abgrenzung zwischen Vermittlungsauftrag und Kaufvertrag: OLG Düsseldorf, a.a.O.).

So liegen die Dinge hier. Bereits der zwischen den Parteien getroffenen schriftlichen Vereinbarung vom 3.9.2002 läßt sich zweifelsfrei entnehmen, daß der Beklagte für die Klägerin erkennbar lediglich als Vermittler tätig werden wollte. So enthält die Vereinbarung ausdrücklich die Feststellung, daß die Bestellung des Pkw der Marke X durch den Beklagten als Vermittler erfolgen und Lieferant ein Vertragshändler des Herstellers des Fahrzeuges sein sollte. Die in der Vereinbarung gewählte Formulierung "durch die oben genannte Firma (Vermittler) bestellt hiermit der Käufer ..... zu den nachfolgenden Geschäftsbedingungen folgendes Fahrzeug (geliefert durch einen Vertragshändler des jeweiligen Herstellers, nach Wahl des Bevollmächtigten):......." ist eindeutig. Hierneben wurde die bloße Vermittlungstätigkeit des Beklagten durch die der Bestellung beigefügten und Vertragsgrundlage gewordenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen verdeutlicht und hervorgehoben. Durchgängig ist der Beklagte dort als Vermittler bezeichnet, wobei unter Ziffer I 5) ausdrücklich festgehalten wurde, dass der Kaufvertrag für das Fahrzeug erst nach Auftragsbestätigung des ausländischen Lieferanten Gültigkeit erlangen sollte. Bereits insoweit wird hinreichend deutlich, daß ein Kaufvertrag nicht zwischen der Klägerin und dem Beklagten, sondern der Klägerin und dem ausländischen Lieferanten des Fahrzeugs geschlossen werden sollte. Dem steht auch nicht entgegen, dass nach Ziffer V 2) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagte als Vermittler keine eigene Garantieleistung bzw. Gewährleistung zu übernehmen oder zu erbringen hatte. Zwar könnte dies für einen Gewährleistungsausschluß im Rahmen eines Kaufvertrages sprechen. Der weiter gewählten Formulierung, der Käufer habe Ansprüche gegen den Hersteller entsprechend den jeweiligen Bestimmungen des Herstellerwerkes, lässt sich dagegen entnehmen, dass der Feststellung hinsichtlich der Nichtübernahme von Garantie bzw. Gewährleistung lediglich eine klarstellende Bedeutung zukommt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der in Ziffer VI 2) gewählten Formulierung, bis zur vollständigen Bezahlung aller Verbindlichkeiten aus dem Vermittlungsvertrag verbleibe das Fahrzeug im Eigentum des Vermittlers. Zwar könnte diese Formulierung ebenfalls dafür sprechen, daß der Beklagte den Verkauf des Fahrzeugs im eigenen Namen getätigt hat. Ziffer VI 2) ist jedoch nur im Zusammenhang mit Ziffer VI 1) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu betrachten, wonach bis zur vollständigen Bezahlung aller Forderungen aus dem Vermittlungsvertrag der Käufer seine Ansprüche auf Verschaffung des Eigentums sowie sonstige Anwartschaftsrechte an dem Fahrzeug an den Vermieter abtritt. Ziffer VI 2) bezieht sich also zweifelsfrei auf die vom Käufer an den Vermittler abzutretende Rechte, nicht aber auf eigene Rechte des Vermittlers am Fahrzeug.

Auch aufgrund sonstiger Umstände ist nicht ersichtlich, daß der Beklagte nicht lediglich als Importvermittler tätig geworden ist, sondern Verkäufer des Fahrzeugs war. Insbesondere konnte die Klägerin nicht beweisen, daß der Beklagte das Fahrzeug vor Weitergabe an sie seinerseits von der in O1 ansässigen Firma A erworben hat. Vielmehr steht nach dem im vorliegenden Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats fest, daß ein vorheriger Erwerb des Fahrzeugs durch den Beklagten nicht stattgefunden hat. Nach der glaubhaften Aussage des Inhabers der Firma A, des Zeugen ... A, war Verkäufer des streitgegenständlichen Fahrzeuges eine Firma C in Holland. Zur Vermittlung dieses Kaufvertrages hat sich der Beklagte wiederum der Firma A bedient, die ebenfalls als Vermittlerin von EU-Neufahrzeugen tätig ist. Insgesamt hat sich die Tätigkeit des Beklagten nach der weiteren Aussage des Zeugen auf eine Vermittlungstätigkeit beschränkt. Insoweit korrespondiert die Aussage des Zeugen mit dem Inhalt der vom Beklagten mit Schriftsatz vom 14.05.2002 vorgelegten Kopie des Garantiescheines für das Fahrzeug, in dem als X Vertragshändler die in Holland ansässige Firma C aufgeführt ist bzw. der einen Stempel dieser Firma enthält. Dies läßt des Schluß zu, daß die Firma C auch Verkäuferin des hier fraglichen Fahrzeuges war.

Auch die übrige Abwicklung des Fahrzeugerwerbs durch die Klägerin läßt nicht den Schluß zu, daß der Beklagte als Verkäufer tätig geworden ist. Es ist nämlich nicht feststellbar, daß der Beklagte den Kaufpreis einbehalten hat. Nur in diesem Falle könnte Entsprechendes angenommen werden.

Insgesamt stehen der Klägerin damit Sachmängelgewährleistungsansprüche gegen den Beklagten nicht zu, weil er nicht Verkäufer des Pkw der Marke X ... war.

Weitere Anspruchsgrundlagen sind für das Begehren der Klägerin nicht ersichtlich. Insbesondere steht der Klägerin der geltend gemachte Zahlungsanspruch gegen den Beklagten nicht gemäß § 311 Abs. 3 BGB zu, weil der Beklagte im Rahmen seiner Vermittlungstätigkeit weder ein eigenes wirtschaftliches Interesse verfolgt noch in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch genommen und dadurch die Verhandlungen beeinflusst hat. Allein deshalb, weil der Beklagte für seine Vermittlungstätigkeit offenbar eine Provision erhalten hat, begründet dies noch kein eigenes wirtschaftliches Interesse (vgl. hierzu allg.: Palandt-Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 64. Aufl. 2005, § 311 BGB Rdnr. 61 mit weiteren Nachweisen). Ebenso wenig ist ersichtlich, daß der Beklagte über das normale Verhandlungsvertrauen hinausgehend eine persönliche Gewähr für die Erfüllung des Kaufvertrages zwischen der Klägerin und der Firma C übernommen hat.

Auf die Berufung des Beklagten war deshalb das der Klage teilweise stattgebende Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin hat als unterlegene Partei gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in § 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, weil der Rechtsstreit weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

Ende der Entscheidung

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