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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 06.07.2005
Aktenzeichen: 25 W 17/05
Rechtsgebiete: InsO, ZPO


Vorschriften:

InsO § 93
ZPO § 240
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die A GmbH & Co. KG (ursprüngliche Klägerin zu 1.) und die B GmbH & Co. KG (Klägerin zu 2.; jetzt: C GmbH & Co. KG) hatten sich für die Errichtung des Bauvorhabens "D O1" als Gesellschafter bürgerlichen Rechts zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen. Wegen für dieses Bauvorhaben geforderten Werklohns haben beide im Oktober 2000 (anfangs im Urkundsprozess, von dem sie aber alsbald Abstand nahmen) Klage erhoben gegen die E GmbH & Co. KG (Beklagte zu 1) sowie gegen die beiden Beschwerdegegner. Die letztgenannten waren ursprünglich persönlich haftende Gesellschafter der E OHG. Diese hatte durch einen Generalübernehmervertrag mit der F mbH (F) die Verpflichtung zur Errichtung eines Multiplex-Kinos mit Nebeneinrichtungen übernommen und dann ihrerseits im Sommer 1998 den das Bauvorhaben "D O1" betreffenden Generalunternehmervertrag (im folgenden: GU-Vertrag) mit den oben genannten Klägerinnen geschlossen.

In der Folgezeit (Handelsregistereintragung am 30. November 1999, Bl. 36 Bd. I d.A.) schieden die Beschwerdegegner - bei gleichzeitiger Umwandlung der E OHG in eine KG und Eintritt der G GmbH als persönliche haftende Gesellschafterin - als persönlich haftende Gesellschafter aus der Gesellschaft aus und traten als Kommanditisten in sie ein. Sie werden mit der Klage wegen der geltend gemachten Ansprüche aus dem GU-Vertrag mit der Gesellschaft neben dieser unter dem Gesichtspunkt der Nachhaftung persönlich haftender Gesellschafter (§§ 128, 160 HGB) in Anspruch genommen. Nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens beläuft sich die Klageforderung in der Hauptsache auf 2.607.925 € (Schriftsatz vom 17. Februar 2002, Bl. 1 Bd. V d.A.).

Während des Prozesses, in dem über eine Vielzahl von Fragen gestritten wird, wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Kassel vom 16. Dezember 2003 (661 IN 277/03) das Insolvenzverfahren über das Vermögen der ursprünglichen Klägerin zu 1) eröffnet und der Beschwerdeführer zum Insolvenzverwalter bestellt (Bl. 342 Bd. VII d.A.). Dieser hat im Mai 2004 den Rechtsstreit aufgenommen. Durch Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf vom 30. Dezember 2004 (505 IN 94/04) ist mittlerweile über das Vermögen der Beklagten zu 1) ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet worden; zum Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt H in O2 bestellt (Bl. 254 Bd. VIII d.A.). Dieser hat sich zu einer Aufnahme des Rechtsstreits bisher nicht geäußert.

Das Landgericht hat nach dem Bekanntwerden der Insolvenz der Beklagten zu 1) mit Beschluss vom 26. Januar 2005, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Leseabschrift Bl. 257f Bd. VIII d.A.), einen für den 3. Februar 2005 anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung aufgehoben, weil die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten zu 1) auch eine Unterbrechung des Verfahrens gegenüber den Beklagten zu 2) und 3) zur Folge habe.

Gegen diesen ihm am 28. Januar 2005 zugestellten Beschluss richtet sich die am 10. Februar 2005 eingegangene sofortige Beschwerde des jetzigen Klägers zu 1) (Bl. 265 - 267 Bd. VIII d.A.), der das Landgericht nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 17. März 2005, Bl. 274 Bd. VIII).

Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, dass im Verhältnis zu den Beschwerdegegnern keine Unterbrechung des Verfahrens eingetreten sei, und begehrt (sinngemäß), dem Verfahren insoweit unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses Fortgang zu geben. Die Beschwerdegegner verteidigen die Entscheidung des Landgerichts und beantragen die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde (Beschwerdeerwiderung vom 28. Februar 2005, Bl. 271 bis 273 Bd. VIII d.A.).

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens im Beschwerdeverfahren wird verwiesen auf die Beschwerdeschrift und die Beschwerdeerwiderung (jeweils aaO) sowie auf die darüber hinaus gewechselten Schriftsätze vom 18. April 2005, 4. Mai 2005, 16. Juni 2005, 20. Juni 2005 und 29. Juni 2005 (Bl. 1 bis 5, 6 bis 9, 13 bis 19, 20 bis 22 und 23 bis 25, jeweils Bd. IX d.A.).

II.

Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 252 ZPO; zu der gebotenen weiten Auslegung der Vorschrift vgl. OLG München NJW-RR 1996, 228, 229; Zöller-Greger, ZPO, 25. Aufl., § 252 Rn. 1) und auch im übrigen zulässig, sie bleibt aber aus den im wesentlichen zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses ohne Erfolg.

Wie auch der Beschwerdeführer nicht bezweifelt, ist in seinem Prozessrechtsverhältnis zur Beklagten zu 1) gemäß § 240 Satz 1 ZPO spätestens mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über deren Vermögen kraft Gesetzes eine Unterbrechung des Verfahrens eingetreten, die bis zur - bisher nicht erfolgten - Aufnahme des Rechtsstreits durch den Insolvenzverwalter oder bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens andauert.

Wegen der Eröffnung jenes Insolvenzverfahrens ist die durch den angefochtenen Beschluss erfolgte Aufhebung des Verhandlungstermins und die ihr zugrunde liegende Feststellung, dass auch in den Prozessrechtsverhältnissen gegen die Beklagten zu 2) und 3) eine Unterbrechung des Verfahrens eingetreten sei, entgegen der Annahme des Beschwerdeführers ebenfalls nicht zu beanstanden. Es handelt sich vielmehr um die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung verfahrensrechtlich zutreffende Konsequenz aus den Rechtswirkungen, die § 93 InsO an die Eröffnung der Gesellschaftsinsolvenz knüpft (BGH, Beschluss vom 14. November 2002, IX ZR 236/99, veröffentlicht u.a. in NJW 2003, 590f).

Auf der Tatbestandsseite setzt § 93 InsO die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen (u.a.) einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit voraus. Diese Voraussetzung ist nach der Begriffsbestimmung in § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO, wonach (u.a.) die Offene Handelsgesellschaft (OHG) und die Kommanditgesellschaft (KG) zu jenen Gesellschaftsformen gehören, mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten zu 1) - einer unstreitig formumwandelnd aus einer OHG hervorgegangenen KG - eingetreten. Dagegen bringt auch der Beschwerdeführer nichts vor.

Auf der Rechtsfolgenseite ordnet § 93 InsO für diesen Fall an, dass die persönliche Haftung eines Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden kann. Das hat zur Folge, dass die Einziehung der Ansprüche gegen persönlich haftende Gesellschafter für die Dauer des Verfahrens allein dem Insolvenzverwalter zugewiesen ist (sog. Ermächtigungswirkung) und gleichzeitig die einzelnen Gläubiger an der Geltendmachung ihrer Ansprüche gehindert sind (sog. Sperrwirkung; vgl. BGH NJW 2002, 2718f, zu II.1. der Gründe; BGH, Beschluss vom 14. November 2002, aaO, zu II.1. der Gründe; Lüke in Kübler/Prütting, InsO, § 93 Rn. 13; zu den Rechtsfolgewirkungen des § 93 InsO siehe ferner: OLG Dresden ZInsO 2000, 607f; Thür. OLG NJW-RR 2002, 626f = ZInsO 2002, 134; OLG Stuttgart NZI 2002, 495ff).

Diese Regelung betrifft zwar nur den Bereich der gesetzlichen akzessorischen Haftung von Gesellschaftern für gegen die Gesellschaft gerichtete Ansprüche, erfasst also insbesondere die Gesellschafterhaftung nach § 128 Satz 1 HGB (BGH NJW 2002, 2718f, zu II.2. der Gründe). Um eben solche Ansprüche geht es hier aber, weil der Beschwerdeführer von den Beklagten zu 2) und 3) ausschließlich unter dem Gesichtspunkt ihrer persönlichen Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten Zahlung verlangt.

Unter diesen auch vom Landgericht zutreffend gesehenen Voraussetzungen entspricht der angefochtene Beschluss der Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 14. November 2002, aaO, insbesondere zu II.2. der Gründe). Die dagegen vorgebrachten Beschwerdeangriffe greifen nach Überzeugung des Senats nicht durch.

Soweit der Beschwerdeführer Zweifel daran anmeldet, ob die Regelung in § 93 InsO sich auf von Gläubigern schon anhängig gemachte Verfahren überhaupt auswirken kann, sind diese Zweifel durch den Beschluss des BGH vom 14. November 2002 (aaO), von dem abzuweichen der Senat keinen Anlass sieht, bereits ausgeräumt bzw. widerlegt. Denn durch diesen Beschluss wurde gerade - als Konsequenz einer Gesellschaftsinsolvenz einerseits und der Vorschrift in § 93 InsO andererseits - die Unterbrechung eines von einem Gläubiger betriebenen (und mittlerweile schon in der Revisionsinstanz anhängigen) Prozesses festgestellt, der eine geltend gemachte persönliche Haftung von Gesellschaftern für Gesellschaftsverbindlichkeiten zum Gegenstand hat.

Auch der (an sich zutreffende) Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber zu den Auswirkungen der Regelung in § 93 InsO auf anhängige Prozesse geschwiegen hat, ist im Hinblick auf den Beschluss des BGH vom 14. November 2002 (aaO) nicht recht verständlich. Denn dieser verhält sich gerade darüber, dass und wie diese (bewusste) Regelungslücke zu schließen ist.

Was die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Einwände gegen eine analoge Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 1 AnfG (vgl. BGH aaO) angeht, die er vor allem mit dem vom AnfG bezweckten Schutz vor Gläubigerbenachteiligungen und einer deswegen nicht vergleichbaren Ausgangslage begründet, hat bereits der Berichterstatter in seinem Hinweis vom 13. Mai 2005 (Bl. 10f Bd. IX d.A.) zu Recht darauf verwiesen, dass der BGH bei seinen Überlegungen zur verfahrensrechtlichen Auswirkung einer Gesellschaftsinsolvenz tragend auf die Vergleichbarkeit der in § 17 Abs. 1 Satz 1 AnfG vorausgesetzten Verfahrenssituation (Bestehen eines Prozessrechtsverhältnisses zwischen einem Insolvenzgläubiger und einem Dritten zur Zeit der Insolvenzeröffnung) abgestellt, das Erfordernis einer verfahrensrechtlichen Reaktion auf die Gesellschaftsinsolvenz aber unmittelbar aus dem damit verbundenen Verlust der Einziehungsbefugnis des Gläubigers gemäß § 93 InsO entnommen hat (und nicht etwa aus dem Schutzzweck des AnfG). Dem ist nach Auffassung des Senats nichts mehr hinzuzufügen.

Dass es hier um die sog. Nachhaftung der Beklagten zu 2) und 3) geht, spielt nach Auffassung des Senats ebenfalls keine ausschlaggebende Rolle und rechtfertigt es insbesondere nicht, in der durch die Insolvenz der Beklagten zu 1) entstandenen Lage anders zu entscheiden, als es der BGH in seinem Beschluss vom 14. November 2002 (aaO) getan hat. Denn § 160 HGB regelt keinen eigenständigen Haftungstatbestand, sondern setzt lediglich (ähnlich wie die Verjährungsvorschrift in § 159 HGB) der dem Grunde nach aus den §§ 128ff HGB folgenden Haftung persönlich haftender Gesellschafter bestimmte Grenzen. Ein einleuchtender Grund, Nachhaftungsfälle von sonstigen Fällen der Geltendmachung der persönlichen Gesellschafterhaftung nach §§ 128ff HGB zu unterscheiden und aus dem Anwendungsbereich des § 93 InsO herauszunehmen, ist daher nach Sinn und Zweck dieser Regelung nicht erkennbar (vgl. auch Lüke, aaO, § 93 Rn. 25, wonach die Haftung ausgeschiedener Gesellschafter unter den Voraussetzungen des § 93 InsO ebenfalls nur vom Insolvenzverwalter geltend zu machen ist).

Die im Hinweis des Berichterstatters vom 13. Mai 2005 (aaO) angedachte Erwägung, ob eventuell ausnahmsweise etwas anderes angenommen werden könnte, falls die ausgeschiedenen Gesellschafter infolge der zeitlichen Begrenzung ihrer Haftung nach § 160 HGB überhaupt nur noch von einem einzigen Gesellschaftsgläubiger in Anspruch genommen werden können, lässt sich zwar nicht von vornherein von der Hand weisen (vgl. auch Lüke, aaO, § 93 Rn. 25, wonach die Haftungsmasse aus dem Vermögen ausgeschiedener Gesellschafter sowieso nur solchen Gläubigern zugute kommen soll, die noch vor dem Zeitpunkt des Ausscheidens mit der Gesellschaft kontrahiert hatten). Indes bedarf es insoweit keiner Vertiefung und keiner abschließenden Stellungnahme. Denn aus den im Anschluss an den Hinweis eingegangenen Schriftsätzen der Parteien vom 16. und 20. Juni 2005 geht schon nicht hervor, dass auf der Tatbestandsseite eine Situation gegeben ist, wie sie der Berichterstatter bei seiner Überlegung vorausgesetzt hatte. Wenn auch deshalb nicht mehr entscheidend, ließen sich gegen diese Überlegung im übrigen - wie den Beschwerdegegnern zuzugestehen ist - im Hinblick auf ggfls. wohl in der Regel erforderlich werdende, unter Umständen schwierige und langwierige Sachverhaltsermittlungen Bedenken sowohl unter dem Gesichtspunkt der praktischen Handhabbarkeit wie auch der Rechtssicherheit erheben.

Der Senat sieht auch ansonsten keinen Grund, warum die Regelung in § 93 InsO im vorliegenden Fall nicht zum Tragen kommen sollte. Der Grundgedanke der gegenteiligen Argumentation des Beschwerdeführers geht sinngemäß dahin, dass die "Früchte" einer von einem Gesellschaftsgläubiger rechtzeitig vor Ablauf der Nachhaftungsfrist (§ 160 HGB) erhobenen Klage gegen einen ausgeschiedenen persönlich haftenden Gesellschafter nicht dem Insolvenzverwalter über das Gesellschaftsvermögen zufallen dürften, und zwar jedenfalls dann nicht, wenn die Insolvenzeröffnung erst mehr als fünf Jahre nach der Eintragung des Ausscheidens des Gesellschafters erfolge und der Insolvenzverwalter selbst keine Rechtshandlungen vorgenommen habe, die den Ablauf der Nachhaftungsfrist hätten verhindern können. Dem vermag sich der Senat jedoch nicht anzuschließen. Anknüpfend an die bereits im Hinweis des Berichterstatters vom 13. Mai 2005 (aaO) dargelegten Bedenken gegen die Auffassung des Beschwerdeführers ist dazu noch zu bemerken:

Der Beschwerdeführer scheint den Insolvenzverwalter gleichsam als einen konkurrierenden Gläubiger aufzufassen, der nur zum Zuge kommen könne, falls in seiner Person die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme von Gesellschaftern erfüllt seien. Diese Sichtweise geht aber fehl. Der Beschwerdeführer weist - insoweit zutreffend - selbst darauf hin, dass § 93 InsO keinen Forderungsübergang bewirkt, sondern dass vielmehr die Gläubiger, die Ansprüche gegen die Gesellschaft und (deswegen) auch gegen persönlich haftende Gesellschafter haben, Anspruchsinhaber bleiben (vgl. Lüke, aaO, § 93 Rn. 16).

Da ohne Änderung der materiell-rechtlichen Ausgangslage lediglich die Einziehungsbefugnis übergeht, besteht aber die dem Insolvenzverwalter des Gesellschaftsvermögens durch § 93 InsO zugewiesene Aufgabe gerade darin, während der Dauer des Insolvenzverfahrens fremde Forderungen einzuziehen, d.h. Ansprüche von Gläubigern geltend zu machen, um eine diesen gegenüber gegebene Haftung persönlich haftender Gesellschafter für Gesellschaftsverbindlichkeiten koordiniert zu realisieren und dadurch zur Masse fließende Mittel zur Befriedigung der Gläubiger verwenden zu können (vgl. Lüke, aaO, § 93 Rn 5f sowie Rn. 20, vgl. auch Rn. 25 zur Bildung einer Sondermasse mit den von ausgeschiedenen Gesellschaftern eingezogenen Beträgen).

Die gegenüber Gesellschaftsgläubigern bestehende eigenständige Haftung von Gesellschaftern für Gesellschaftsverbindlichkeiten ist also im Rahmen der Gesellschaftsinsolvenz "gleichsam mit zu erledigen" (Lüke, aaO, § 93 Rn. 3), um einerseits auch beim Vorhandensein neben der Gesellschaft haftender Gesellschafter dem Interesse an einer gleichmäßigen Befriedigung aller Gesellschaftsgläubiger Rechnung zu tragen sowie Sondervorteile einzelner Gläubiger durch einen schnelleren Zugriff auf das Vermögen von persönlich haftenden Gesellschaftern zu vermeiden (BGH NJW 2002, 2718f, zu II.1. der Gründe; Lüke, aaO, § 93 Rn. 3), und um andererseits einer Massearmut der Gesellschaft vorzubeugen, wenn ausreichend Privatvermögen von ebenfalls haftenden Gesellschaftern vorhanden ist (Lüke, aaO, § 93 Rn. 4).

All das ergibt nur Sinn, wenn § 93 InsO - gerade - solche Gläubigeransprüche erfasst, die überhaupt (noch) durchsetzbar sind, mag das auch im Falle der Nachhaftung u.a. von der rechtzeitigen Geltendmachung des Anspruchs gegenüber dem ausgeschiedenen Gesellschafter durch den jeweiligen Gläubiger abhängen. Nur dann besteht auch die Gefahr, dass ein Gläubiger sich durch schnelleren Zugriff auf Gesellschaftervermögen Vorteile gegenüber anderen Gläubigern sichert, was nach Sinn und Zweck der Regelung beim Eintreten einer Gesellschaftsinsolvenz gerade vermieden werden soll. Dass der einzelne Gläubiger sich selbst durch rechtzeitige Klageerhebung überhaupt erst die Möglichkeit offen gehalten hat, auf nachhaftendes Gesellschaftervermögen zugreifen zu können, kann deshalb kein entscheidendes Argument gegen eine Anwendung des § 93 InsO in derartigen Fällen sein. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der von der Vorschrift angeordnete Übergang der Einziehungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter den von einem Gläubiger (bereits) verfolgten Nachhaftungsanspruch in der rechtlichen Lage erfasst, in der er sich zum Zeitpunkt der Eröffnung der Gesellschaftsinsolvenz befindet, selbst wenn zu diesem Zeitpunkt - bei einem Hinwegdenken der vom Gläubiger schon unternommenen rechtlichen Schritte - die Nachhaftungsfrist abgelaufen wäre.

Der Senat sieht nach alledem den angefochtenen Beschluss als richtig an, sodass die sofortige Beschwerde dagegen zurückzuweisen war.

Den Beschwerdewert hält der Senat mit 521.585 € (20% der derzeitigen Klageforderung von 2.607.925 €) für richtig bemessen. Entgegen der Ansicht der Beschwerdegegner ist der Wert einer Beschwerde gegen einen Aussetzungsbeschluss oder eine in vergleichbarer Weise zu einem einstweiligen Stillstand des Verfahrens führende Entscheidung nicht mit dem Wert der Klageforderung identisch, sondern selbstständig nach § 3 ZPO zu schätzen (vgl. BGHZ 22, 283-286). Er kann in der Regel mit einem Fünftel des Werts der Hauptsache angesetzt werden (vgl. u.a. OLG Hamburg, MDR 2002, 479f; OLG Frankfurt/M., OLGR 1994, 34, 35; OLG Brandenburg, FamRZ 1996, 496, 497).

Besondere Umstände, die eine Abweichung gebieten, sind hier nach Auffassung des Senats nicht gegeben. Es mag zwar sein, dass der Beschwerdeführer als Konsequenz der dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegenden und vom Senat geteilten Rechtsauffassung zur insolvenzrechtlichen Lage im Hinblick auf die Realisierung etwaiger Ansprüche gegen die Beklagten zu 2) und 3) unter Umständen empfindliche Einbußen hinnehmen muss, etwa weil er im Endergebnis nur eine derzeit nicht absehbare Quote erhält. Die darin liegende wirtschaftliche Beeinträchtigung seiner Interessen wäre aber ggfls. zwangsläufige Folge der Insolvenz der Beklagten zu 1) und der damit von Gesetzes wegen verbundenen Auswirkungen, nicht hingegen eine (erst) durch den angefochtenen Beschluss bewirkte Beschwer.

Denn der Beschluss hat lediglich feststellenden Charakter, da er nicht mehr als eine infolge der Gesellschaftsinsolvenz in Verbindung mit den Regelungen in §§ 93 InsO, 17 Abs. 1 Satz 1 AnfG (analog) schon eingetretene - hier: verfahrensrechtliche - Wirkung ausspricht (BGH, Beschluss vom 14. November 2002, aaO, zu II.2.b. der Gründe); er führt dagegen die Wirkungen der Gesellschaftsinsolvenz und die damit im Endergebnis womöglich verbundenen wirtschaftlichen Folgen nicht erst herbei. Für den Beschwerdewert kann deshalb nicht mehr als das Interesse des Beschwerdeführers bestimmend sein, den Prozess, soweit er gegen die Beschwerdegegner gerichtet ist, ohne zeitlichen Aufschub fortsetzen zu können.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil die Kosten des eine Aussetzung oder vergleichbare Entscheidung betreffenden Beschwerdeverfahrens Teil der Kosten der Hauptsache sind (vgl. OLG Hamburg, MDR 2002, 479f; OLG München, NJW-RR 1996, 228, 229; Zöller-Greger, aaO, § 252 Rn. 3 mwN).

Da dem Beschwerdeführer zuzugestehen ist, dass sich die vom Senat bei seiner Entscheidung berücksichtigte Rechtsprechung nicht mit der Frage auseinandersetzt, ob die Auswirkungen einer Gesellschaftsinsolvenz auf einen anhängigen Prozess auch dann unterschiedslos dieselben sind, wenn und soweit es um eine geltend gemachte Nachhaftung ausgeschiedener Gesellschafter geht, und da zu dieser Frage, die sich in einer größeren Zahl von Prozessen künftig erneut stellen kann, soweit ersichtlich noch keine ober- oder höchstrichterliche Entscheidung vorliegt, schien dem Senat die Zulassung der Rechtsbeschwerde geboten (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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