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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 10.05.2007
Aktenzeichen: 26 Sch 20/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 1059
Gegen einen Zwischenschiedsspruch über den Anspruchsgrund ist der Aufhebungsantrag unzulässig. Das gilt ebenso, wenn in dem Zwischenschiedsspruch eine Schiedswiderklage endgültig abgewiesen worden ist.
Gründe:

I.

Die Antragstellerin wendet sich mit einem Aufhebungsantrag gegen einen Schiedsspruch.

Die Antragsgegnerin, die damals noch als ... firmierte, war Muttergesellschaft der A AG, die wiederum die Muttergesellschaft der B GmbH (nachfolgend: C) war. Die Antragsgegnerin beherrschte die C aufgrund eines Treuhandvertrages (Fiduciary Agreement).

Die Antragstellerin wollte die C von der Antragsgegnerin kaufen. Nachdem sie mehrere Angebote abgegeben hatte, schlossen die Parteien am 02./03.05.2004 vor einem Notar in ... (Schweiz) ein Sale & Purchase Agreement (nachfolgend: SPA), in dem die Bedingungen für das Closing-Geschäft festgelegt wurden.

Die zu zahlende Gegenleistung der Antragstellerin wurde wie folgt vereinbart:

1. der Kaufpreis für die Übertragung der Geschäftsanteile sowie Rechte und Verpflichtungen von C und der Rechte und Pflichten unter dem Fiduciary Agreement, insgesamt 197.844.000 EUR,

2. ein Ausgleich für die sog. Internal Financial Debt von C gegenüber Gesellschaften des Konzernverbundes. Maßgebliches Datum für die vorläufige Berechnung der Internal Financial Debt sollte das Datum des Closing sein. Der zu diesem Zeitpunkt vorläufig festgestellte Wert der Internal Financial Debt sollte, wie auch der Kaufpreis, auf ein Treuhandkonto eingezahlt und Gegenstand der späteren Feststellung der endgültigen Internal Financial Debt sein.

Die Antragstellerin verpflichtete sich, als eine der Closing-Bedingungen, das Geschäft von C im üblichen Geschäftsablauf fortzusetzen und nicht über geschäftswichtige Gegenstände zu verfügen (Bl. 15/16 d. A.).

In Nr. 28 des SPA vereinbarten die Parteien, dass alle Streitigkeiten aus oder in Zusammenhang mit dem SPA endgültig durch ein Schiedsgericht nach den Regeln des Deutschen Institutes für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. (DIS) entschieden werden sollten. Als Schiedsort wurde Frankfurt am Main bestimmt. Das Schiedsgericht sollte drei Schiedsrichter umfassen. Das Schiedsverfahren sollte in englischer Sprache geführt werden.

C hatte zur Herstellung von Liquidität mit der Antragsgegnerin und A AG ein Factoring-Modell vereinbart, wonach C Kundenforderungen nach ihrem Entstehen an A AG verkaufte, die sie wiederum an D GmbH weiterverkaufte. Letztere zahlte für die Forderungen einen Kaufpreis an A AG, die den Betrag nachfolgend an C auszahlte. Die Kunden beglichen ihre Verbindlichkeiten an C. Diese Zahlungen wurden an A AG und von dieser an die D GmbH weitergeleitet. Am 23.07.2004, eine Woche vor dem anvisierten Closing, vereinbarten die Antragsgegnerin, A AG und C, dass die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen von C direkt an D GmbH verkauft und diese den Kaufpreis an C zahlte. Die Zahlungen von Kunden waren von C an D GmbH weiterzuleiten. Die Antragstellerin beanstandet, dass dies zur Erhöhung des Kaufpreises führe, da das Factoring nicht mehr konzernintern, sondern über Außenstehende erfolge und der Eingang von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen die liquiden Mittel von C erhöhe.

Gemäß einer von der Antragstellerin im Schiedsverfahren vorgelegten e-Mail der A AG an C vom 27.07.2004 erklärte A AG, dass sie von einer Factoring-Forderung der C über annähernd 63 Mio. EUR ein Darlehen von 50 Mio. EUR abziehe (Bl. 36 d. A., Anlage CC 20).

Nach Ansicht der Antragstellerin wirkte sich diese Aufrechnung wie folgt auf die zu zahlende Gegenleistung aus: Der 50 Mio. EUR-Loan sei als konzerninterne Verpflichtung zu betrachten, welche als Teil der Internal Financial Debt von der Antragstellerin zum Zeitpunkt des Closing bezahlt, zugleich aber über die Kaufpreisanpassungsmechanismen (Ziffer 6 Abs. 2 des SPA) berücksichtigt worden wäre. Die Aufrechnung habe aber bewirkt, dass Forderungen von C in Höhe von 50 Mio. EUR ohne tatsächliche Gegenleistung "entfernt" worden seien. Ohne die Forderungen und ohne das konzerninterne Darlehen habe C finanziell am Rande der Insolvenz gestanden. Sie (Antragstellerin) wäre gezwungen gewesen, weiteres Kapital in C zu stecken, um eine Insolvenz abzuwenden und das Geschäft nach dem Closing fortzuführen.

Die Antragstellerin bestritt den Bestand dieses Darlehens und sah darin eine Manipulation der von ihr zu erbringenden Gegenleistung. Unter Hinweis auf mangelnde Klarheit über zahlreiche finanzielle Details auf Seiten der Antragsgegnerin bzw. des Kaufobjektes versuchte die Antragstellerin, eine Verschiebung des Closing zu erreichen. Die Antragsgegnerin war hierzu jedoch nicht bereit und verkaufte C an einen anderen Käufer. Den Differenzschaden klagte sie mit Schiedsklage vom 21.10.2004 ein. Das Schiedsgericht erließ am 24.03.2005 eine erste Procedural Order, mit der es u. a. bestimmte, dass es einen oder mehrere Sachverständige auf eigene Initiative oder auf Verlangen einer Partei ernennen kann (Bl. 26/101 d. A.).

Nach einer ersten vorbereitenden mündlichen Verhandlung am 07./08.12.2005 stellte die Antragsgegnerin am 11.01.2006 ihren ursprünglich auf Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichteten Klageantrag um auf einen Antrag auf Ersatz der Schäden, deren Höhe vom Schiedsgericht festzulegen sei, sowie auf Zahlung von Zinsen. Die Antragstellerin erhob am 11.01.2006 Widerklage mit den Anträgen, die Antragsgegnerin zu verpflichten, an die Antragstellerin einen Betrag in Höhe von 6.708.398,98 EUR zuzüglich Zinsen zu zahlen, ihr sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Schäden aus dem Kaufvertrag vom 02/03.05.2004 und der Veräußerung der C an E zu ersetzen, bestimmte, näher genannte Behauptungen zu unterlassen, die Antragstellerin über die Art und den Umfang dieser Behauptungen in Kenntnis zu setzen sowie Schadensersatz wegen der Behauptungen zu leisten.

Mit der Procedural Order Nr. 3 vom 24.01.2006 beschloss das Schiedsgericht, das Schiedsverfahren in eine Phase zum Haftungsgrund (Liability Phase) und eine Phase zur Anspruchshöhe (Quantum Phase) zu teilen. Die erste Phase sollte durch einen Partial Award beendet werden, der jeweils über den Anspruchsgrund der Klage und der Widerklage eine abschließende Entscheidung enthalte. Die Frage des Haftungsgrundes sollte im ersten Verfahrensabschnitt endgültig und abschließend sowie mit Bindungswirkung für den zweiten Teil des Verfahrens beschieden werden (Bl. 28/103 f. d. A.).

In dem Schiedsverfahren trug die Antragstellerin u. a. vor, dass Bedenken bezüglich des Bestandes und der Höhe des 50 Mio. EUR Loan bestünden. Sie bezog sich dabei zum einen auf eine Mitteilung der Antragsgegnerin von Ende Juni 2004, dass die gesamten konzerninternen Verpflichtungen (Internal Financial Debt) von C 83.308.000,00 EUR betrugen, wovon insgesamt 74.454.000,00 EUR auf Verpflichtungen gegenüber der ... Bank AG sowie weitere ca. 8 Mio. EUR auf eine spanische Tochtergesellschaft von C entfielen. Nach Ansicht der Antragstellerin lasse der Gesamtbetrag insoweit keinen Raum für ein weiteres Darlehen, welches Teil der Internal Financial Debt gewesen wäre (Bl. 35 d. A.). Weiterhin verwies sie auf eine e-Mail der Antragsgegnerin vom 31.08.2004 über die bestehenden konzerninternen Verbindlichkeiten, in der zu dem Darlehen der A AG vermerkt war:

Amount currently owing 21,472.8

Overall Commitment 50,000.0

Comments Compensated by receivables from factoring

(zu Deutsch: ausgeglichen durch Forderungen aus Factoring)

(Bl. 36 d. A., Anlage CC 22). Die Antragstellerin bot ein Sachverständigengutachten für die Tatsache an, dass das angegebene Darlehen nicht den Wert von 50 Mio. EUR gehabt habe (Bl. 37, 113 d. A.). Ferner vertrat sie die Ansicht, das Darlehen sei kapitalersetzend gewesen. Darüber hinaus argumentierte sie, die A AG habe, angeleitet von der Antragsgegnerin, die Mittel unterschlagen, welche sie auf Treuhandbasis für die fakturierten Forderungen erhalten habe, und habe diese widerrechtlich mit dem 50 Mio. EUR-Darlehen aufgerechnet (Bl. 37/38, 114 d. A.).

Weiterhin machte sie geltend, dass die Einflussnahme der Antragsgegnerin auf A AG nur eine bewusste Manipulation der Finanzen von C darstellen konnte, und bot auch hierfür ein Sachverständigengutachten an (Bl. 39 d. A.). Diese Manipulation stelle eine Verletzung der Verpflichtungen des SPA dar und habe sie berechtigt, die Umsetzung des SPA, also das Closing, zu verweigern oder zumindest ein Zurückbehaltungsrecht auszuüben (Bl. 40 d. A.).

Das Schiedsgericht führte mehrere Beweistermine durch. Im zweiten Beweistermin vom 09. bis 11.05.2006 vernahm es zu dem 50 Mio. EUR Loan die von der Antragsgegnerin benannten Zeugen Frau Z1 und Dr. Z2 sowie die von der Antragstellerin benannten Zeugen, die Herren Z3 und Z4. Nach dem Ende der Vernehmungen forderte das Schiedsgericht die Parteien auf, auf weitere Zeugen und Sachverständigen zu verzichten. Die Parteien erklärten sich mit einem Verzicht auf die Vernehmung weiterer Zeugen, mit Ausnahme des Zeugen Z5, einverstanden. Die Antragstellerin war jedoch nicht bereit, auf weiteren Sachverständigenbeweis zu verzichten. Darauf äußerte der Vorsitzende des Schiedsgerichts, Herr ... , er werde auch ohne den Verzicht nun die zweite Beweisaufnahme für geschlossen erklären; es werde für die Frage der Beweiserhebung keine neuen Dokumente und keine neuen Argumente noch Sachverständigengutachten geben, außer wenn sich dort etwas Neues ergebe, so dass das Schiedsgericht wiedereröffnen müsse (Bl. 47, 129 d. A.).

Nachdem am 06.06.2006 ein weiterer Beweisaufnahmetermin mit dem Zeugen Z5 stattgefunden hatte, erließ das Schiedsgericht am 15.09.2006 eine als "Partial Award" (Teilschiedsspruch) bezeichnete Entscheidung, die in deutscher Übersetzung folgenden Tenor hat:

1. Die Schiedsbeklagte haftet der Schiedsklägerin für Schäden aufgrund der Tatsache, dass die Schiedsbeklagte ihren Verpflichtungen zum Vollzug der im SPA aufgeführten Rechtsgeschäfte am 31. Juli 2004 nicht nachgekommen ist.

2. Das Schiedsgericht behält sich die Entscheidung über die Schadenshöhe vor. Die Schadenshöhe ist kein Bestandteil dieses Teilschiedsspruchs, sondern wird durch das Schiedsgericht in einem gesonderten Schiedsspruch festgelegt werden, der im Anschluss an die Quantifizierungsphase dieses schiedsrichterlichen Verfahrens erlassen wird.

3. Das Schiedsgericht behält sich die Entscheidung über den Anspruch der Schiedsklägerin auf Zahlung von Zinsen ... vor....

4. Die Widerklage wird abgewiesen.

Das Schiedsgericht sah die Existenz und die Höhe des 50 Mio. EUR - Darlehens durch mehrere, im Schiedsverfahren vorgelegte Dokumente (Darlehensvertrag zwischen A AG und C; Präsentation für das Treasury-Meeting vom 02.06.2004; Übersicht der C über Kontendetails, die der Antragstellerin am 14.07.2004 zugekommen war; e-Mail vom 27.07.2004) sowie aufgrund der Aussage der Zeugin Z1 als erwiesen an. Zur Höhe der Gesamtverbindlichkeiten verwies der Schiedsspruch auf Beweisstück R 21, wonach sich der Betrag von 83.308.000,00 EUR nur auf den Saldo der internen finanziellen Verbindlichkeiten und nicht auf den Gesamtbetrag der Konzernverbindlichkeiten beziehe; das Beweisstück stelle dar, dass zum Ende Juni 2004 Verbindlichkeiten in Höhe von 143.326.000 EUR bestanden hätten, so dass das Beweisstück keinen Zweifel an der Existenz des 50 Mio. EUR-Darlehens aufkommen lasse (Rdn. 423). Bezüglich des in der e-Mail vom 31.08.2004 genannten Betrages von 21.472,8 TEUR führte das Schiedsgericht aus, der Betrag habe höchstwahrscheinlich den Saldo zwischen den Gesamtverbindlichkeiten über 50 Mio. EUR und dem zu diesem Zeitpunkt gemäß dem gruppeninternen Factoring-System bestehenden Betrag der Forderungen von C bezeichnet. Das würde den Kommentar erklären, dass das Darlehen als "ausgeglichen durch Forderungen aus Factoring" angesehen wurde. Bei der zweiten Verhandlung habe die Schiedsbeklagte (d. h. die Antragstellerin) Frau Z1 mit der Tatsache konfrontiert, dass in der e-Mail der Betrag über 21.472,8 TEUR und nicht der Betrag über 50 Mio. EUR als der "aktuell ausstehende Betrag" bezeichnet worden sei. Auf Befragung durch das Schiedsgericht und die Schiedsbeklagte sei Frau Z1 bei ihrer Position geblieben und habe nochmals bestätigt, dass das Darlehen bis zu seiner Verrechnung am 29.07.2004 50 Mio. EUR betragen habe (Rdn. 421 - 435 des Schiedsspruchs).

Gegen den am 20.09.2006 zugestellten Schiedsspruch hat die Antragstellerin am 20.12.2006 Aufhebungsklage eingereicht.

Sie meint, gegen den Teilschiedsspruch, bei dem es sich tatsächlich um ein Grundurteil handele, sei die Aufhebungsklage zulässig. Wenn sich - wie vorliegend - das Schiedsgericht an die Entscheidung im Zwischenschiedsspruch binde und die weitere Erörterung des Haftungsgrundes in der weiteren Phase des Schiedsverfahrens ausgeschlossen werde, sei durch den Zwischenschiedsspruch eine endgültige und damit bindende Entscheidung über die Frage der Haftung erfolgt. Prozessökonomische Gesichtspunkte, die das Schiedsgericht veranlasst hätten, das Verfahren zweizuteilen, würden in ihr Gegenteil verkehrt, wenn die Parteien den zweiten Teil und damit ein gegebenenfalls langjähriges Schiedsverfahren zur Anspruchshöhe abwarten müssten, um sodann die Feststellungen des Schiedsgerichts zum Haftungsgrund in einem Aufhebungsverfahren anzugreifen (Bl. 55 d. A.).

In der Sache stützt sich die Antragstellerin darauf, das Schiedsgericht habe ihr die Gelegenheit verwehrt, Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen und ihr das rechtliche Gehör versagt, so dass die Aufhebungsgründe des § 1059 Abs. 2 Nr. 1 b) und 2 b) ZPO vorlägen. Das Schiedsgericht habe sich mit dem Sachvortrag und ihren Beweisantritten zu den Manipulationsvorwürfen in Bezug auf die Internal Financial Debt der C nicht auseinander gesetzt. Das Schiedsgericht habe an verschiedenen Stellen des Verfahrens die Verhandlung abgebrochen, sobald der Eindruck bzw. die Gefahr entstanden sei, dass gegebenenfalls strafrechtlich relevante Tatsachen Gegenstand des Schiedsverfahrens geworden wären. Entsprechend habe das Schiedsgericht ihr in der Beweisaufnahme ausdrücklich weiteren Vortrag abgeschnitten sowie ihren entsprechenden, bereits erfolgten Vortrag und die Beweisantritte nicht hinreichend berücksichtigt. Die Begründung des Schiedsspruchs sei lediglich vorgeschoben. Es handele sich nicht um ein valides Gegenargument, aus dem sich die Unerheblichkeit ihres (der Antragstellerin) Sachvortrages ergeben würde. Tatsächlich sei es so, dass das Schiedsgericht offensichtlich dem womöglich prekären Thema der Manipulation nicht habe nachgehen wollen und entsprechenden Sachvortrag deshalb mit dieser "Begründung" beiseite gewischt habe. Das Schiedsgericht habe sich bezüglich des ausstehenden Betrages aus dem Darlehen, dessen Existenz sie bestritten habe, vollständig auf die Aussage der Zeugin Z1 verlassen. Es habe mit einer sehr fragwürdigen Begründung spekulativ ausgeführt, dass der abweichende Betrag (ca. 21 Mio. EUR) vermeintlich auf das Factoring-Schema der Antragsgegnerin zurückzuführen sei. Dieser Ansatz sei zumindest insoweit fragwürdig, als die e-Mail vom 31.08.2004 eine Aufstellung der Internal Financial Debt von C ausweise. Unterstützend habe das Schiedsgericht auf die Aussage der Zeugin Z1 zurückgegriffen, die dieses Verständnis vermeintlich bestätigt habe. Gleichzeitig habe das Schiedsgericht jedoch eingeräumt, dass die Zeugin keinerlei Angaben zu den Hintergründen bzw. Einzelheiten, dem Sinn und Zweck, der Funktion oder den Gründen des Darlehens machen konnte.

Gerade vor dem Hintergrund, dass die Zeugin, wie das Schiedsgericht selbst habe einräumen müssen, keine ergiebige Aussage zu diesem Punkt habe machen können, sei es deshalb nicht nur angezeigt, sondern notwendig gewesen, ihrem (der Antragstellerin) Vortrag nachzugehen.

Auch bezüglich des Problembereichs "Beurkundung in ..." habe das Schiedsgericht seine Auffassung zur Gleichwertigkeit der deutschen und schweizerischen Beurkundung an die Stelle des Parteivortrages und deren Beweisantritte gesetzt.

Die Antragstellerin beantragt,

den in der Schiedssache der Parteien, geführt unter dem Aktenzeichen der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit DIS-SV-B-457/04, von den Schiedsrichtern Herrn Prof. Dr. ... (Vorsitzender des Schiedsgerichtes) sowie Herrn Dr. ... und Herrn Dr. ... (parteibenannte Schiedsrichter) am 15. September 2006 abgefasste Schiedsspruch aufzuheben.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Aufhebungsantrag zurückzuweisen.

Sie meint, die Antragstellerin sei mit der Geltendmachung des Aufhebungsgrundes ausgeschlossen, da sie am Ende des dritten Beweisaufnahmetermins ausdrücklich ihr Einverständnis mit der Prozessführung und dem Verfahrensablauf erklärt habe (Bl. 150 d. A.; Seite 1681 f. des Protokolls). Ohnehin hätte die Antragstellerin die Verletzung des rechtlichen Gehörs gegenüber dem Schiedsgericht rügen müssen. Die Antragstellerin habe für die Behauptung, der 50 Mio. EUR Loan habe gar nicht oder nur in Höhe von 21,4 Mio. EUR valutiert, weder in ihrer Klageerwiderung noch später im Schiedsverfahren Sachverständigenbeweis angeboten (Bl. 160 f. d. A.). Das Schiedsgericht habe sich im Teilschiedsspruch auch ausreichend mit der Existenz und der Höhe des Darlehens auseinander gesetzt (Bl. 165 d. A.). Selbst wenn das Darlehen zum Zeitpunkt der Aufrechung Ende Juli 2004 nicht oder nicht mehr in voller Höhe bestanden hätte und dieser Umstand vom Schiedsgericht in rechtswidriger Weise unberücksichtigt geblieben wäre, wäre der Aufhebungsantrag dennoch unbegründet, da der Schiedsspruch nicht auf der Versagung des rechtlichen Gehörs beruhen würde (Bl. 172 d. A.).

Weder hätte dies nach dem Kaufvertrag der Antragstellerin ein Recht gegeben, den Vollzug des Vertrages zu verweigern, noch hätte die Antragstellerin wegen des Kaufpreisanpassungsmechanismus Nachteile aus der fehlenden oder zu niedrigen Valutierung des 50 Mio. EUR-Loan gehabt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Anlagen Bezug genommen.

II.

Der Aufhebungsantrag ist unzulässig, weil kein Schiedsspruch im Sinne von § 1059 ZPO vorliegt. Schiedsspruch nach dieser Vorschrift ist nur die das Schiedsverfahren vollständig oder in einem abtrennbaren Teil abschließende Entscheidung des Schiedsgerichts. Dagegen fallen darunter nicht sogenannte Zwischenschiedssprüche, die nur einzelne Fragen, wie die Zulässigkeit der Schiedsklage, materiellrechtliche vorgreifliche Anspruchsmerkmale oder den Grund der mit der Schiedsklage geltend gemachten Forderung betreffen, jedenfalls, wenn das Schiedsgericht noch über die Höhe der Forderung zu entscheiden hat (BGHZ 10, 325, 327; LAG Baden-Württemberg, Betriebsberater 1960, 1021; österreichischer OGH IPrax 1994, 138, 140; Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 1039 Rdn. 4; Münch in: Münchener Kommentar ZPO, 2. Aufl., § 1056 Rdn. 5; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl., § 1042 Rdn. 38; Zöller/Geimer, ZPO, 26. Aufl., § 1059 Rdn. 13; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 18 Rdn. 10 und Kap 26 Rdn. 5 zur fehlenden Möglichkeit der Vollstreckbarerklärung). Grund für diese Beschränkung der Anfechtbarkeit ist vor allem, dass der Ausgang des schiedsrichterlichen Verfahrens noch offen ist und es auch noch nach der Zwischenentscheidung zur endgültigen Abweisung der Schiedsklage kommen kann. Dies ist im Falle eines Grundurteils - mag dieses auch analog § 318 ZPO für das Schiedsgericht im weiteren Verlauf des Schiedsverfahrens bindend sein (Münch a. a. O.; Schwab/Walter Kap. 18 Rdn. 10, 12) - dann möglich, wenn das Betragsverfahren zu dem Ergebnis gelangt, dass der Anspruch der Höhe nach unbegründet ist. Vorliegend ist über die Schiedsklage nur dem Grunde nach entschieden worden, so dass nach dem Vorhergesagten insofern keine abschließende Entscheidung vorliegt. Dabei kann der hier vorliegende Fall eines Grundurteils nicht - worauf die Antragstellerin hinaus will - anders behandelt werden als ein Schiedsspruch unter Vorbehalt der Entscheidung über eine Aufrechnung des Schiedsbeklagten (so in der Sache BGHZ 10, 325). Denn beide Konstellationen stimmen in dem entscheidenden Punkt überein, dass es aufgrund der Fortführung des Schiedsverfahrens noch zur Abweisung der Schiedsklage kommen kann. Zu Unrecht beruft sich die Antragstellerin auch auf die Entscheidung des Reichsgerichts in RGZ 169, 52, 53. Dort hatte das Reichsgericht nicht nur die Vollstreckbarerklärung, sondern auch den Gegenantrag auf Aufhebung eines Schiedsspruches abgelehnt, mit dem nur über das Vorliegen eines für den Erfolg der Schiedsklage erforderlichen Umstandes entschieden worden war. Das Reichsgericht ging davon aus, dass das Schiedsgericht selbst für sein weiteres Verfahren daran nicht gebunden sei, so dass der Zwischenschiedsspruch umso weniger Gegenstand eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens sein könne. Daraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, das Reichsgericht habe eine Vollstreckbarerklärung oder Aufhebung immer dann für möglich gehalten, wenn die Zwischenentscheidung für das Schiedsgericht bindend sei. Über diese Frage hat das Reichsgericht nicht entscheiden müssen und es hat sich dazu auch nicht geäußert.

Bezüglich der Entscheidung über die Schiedswiderklage ist der Aufhebungsantrag ebenfalls unzulässig. Zwar ist durch die Abweisung über die Widerklage vollständig entschieden worden, jedoch handelt es sich bei der Widerklage bezüglich des Streitgegenstandes im Schiedsverfahren nicht um einen abtrennbaren Teil. Dieser Begriff entspricht der Abtrennbarkeit, der für das Teilurteil (§ 301 ZPO) gilt. Sie fehlt, wenn die Entscheidung über den Teil des Streitgegenstandes nicht von der Entscheidung über den restlichen Streitgegenstand im anhängig bleibenden Verfahren unabhängig ist. Eine solche Abhängigkeit besteht beispielsweise dann, wenn die Entscheidung über den Reststreit zumindest eine Vorfrage des erledigten Teils umfasst (BGH NJW-RR 2003, 303; Zöller/Vollkommer, § 301 Rdn. 7). Das gilt insbesondere auch für das Verhältnis von Klage und Widerklage (z. B. BGH NJW-RR 2005, 22; Zöller/Vollkommer, a. a. O. Rdn. 9a). Im Streitfall fehlt es an der Abtrennbarkeit der Schiedswiderklage, weil es für die Begründetheit von Schiedsklage und Schiedswiderklage auf identische Vorfragen und damit auch auf den Bestand des aufgerechneten Darlehensanspruchs in Höhe von 50,0 Mio. EUR und die Zulässigkeit der Aufrechnung ankommt. Die Antragstellerin leitet ihre Berechtigung, den Abschluss des Closing zum damaligen Zeitpunkt verweigern zu können, daraus her, dass der Verdacht der Manipulation in Bezug auf das zur Aufrechnung gestellte Darlehen bestanden habe (Bl. 50 d. A.). Wenn dies zutrifft, hätte - nach Ansicht der Antragstellerin - die Antragsgegnerin nicht das Unternehmen der C an einen Dritten veräußern dürfen, so dass deren Schadensersatzanspruch unbegründet und die Schadensersatzforderung der Antragstellerin möglicherweise begründet gewesen wäre. Wäre gegen die Abweisung der Schiedswiderklage ein gesondertes Aufhebungsverfahren zulässig, müsste das staatliche Gericht eventuell in zwei getrennten Aufhebungsverfahren über denselben Aufhebungsgrund entscheiden, was bereits wegen der Gefahr widersprechender Entscheidungen nicht hinnehmbar ist.

Der Aufhebungsantrag ist gegenüber dem die Widerklage abweisenden Teil des Schiedsspruchs auch nicht deshalb statthaft, weil die Antragstellerin nach § 1059 Abs. 3 ZPO die Aufhebung innerhalb einer Frist von drei Monaten seit dem Tag des Empfangs des Schiedsspruches einzureichen hat. Denn die Frist beginnt nicht vor dem Empfang des Schlussschiedsspruches, wenn der Teilschiedsspruch nicht selbständig mit einem Aufhebungsantrag angefochten werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf entsprechender Anwendung von § 1064 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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