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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 31.07.2006
Aktenzeichen: 26 Sch 8/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 401

Entscheidung wurde am 06.04.2009 korrigiert: der Volltext der Entscheidung wurde wegen fehlerhafter Konvertierung nicht unterstützter Zeichen komplett ersetzt
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Frage, ob der von dem Antragsteller geltend gemachte Anspruch einer Schiedsvereinbarung unterliegt.

Der Antragsteller ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der A1GmbH, die vormals als A2 GmbH firmierte. Noch unter dieser Firma wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Duisburg vom 01.09.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet. Vor Einleitung dieses Verfahrens hatte die Insolvenzschuldnerin ihr operatives Geschäft mit Aktiva und Passiva mit Wirkung zum 01.10.2001 an die A3 GmbH (...) und an die A4 GmbH (...) verkauft und übertragen. Aus diesem Geschäft erwuchsen der A3 GmbH Verbindlichkeiten gegenüber der Insolvenzschuldnerin in Höhe von ca. 1,2 Mio €; im Wesentlichen handelte es sich um Mietforderungen und Forderungen aus Lieferungen und Leistungen. Die A3 GmbH ihrerseits übertrug ihre Aktiva und Passiva durch das "Asset Sale and Transfer Agreement" vom 31.07.2002 auf die damals noch unter "A5 GmbH" firmierende Antragsgegnerin, die sich in dieser Vereinbarung unter anderem verpflichtete, die A3 GmbH von Verbindlichkeiten freizustellen. In Ziffer 6.7 dieser Vereinbarung wird auf ein am Tag zuvor unterzeichnetes "Acquisition Agreement (...)" zwischen der Muttergesellschaft der A3 GmbH, der X1, und der Muttergesellschaft der "A5 GmbH", der Y1, Bezug genommen. Die X1 und die Y1 hatten in diese Vereinbarung unter Ziffer 14.14 eine Schiedsklausel aufgenommen. Danach soll bei Streitigkeiten der Parteien ein Schiedsgerichtsverfahren nach den Regeln der International Chamber of Commerce (ICC) am Gerichtsort Frankfurt durchgeführt werden.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens traten die Parteien in Verhandlungen über die offenen Verbindlichkeiten. In dem sich entwickelnden Schriftverkehr räumte die Antragsgegnerin ihre Zahlungsverpflichtung zwar ein, machte aber auch diverse Gegenforderungen geltend. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schreiben vom 07.07.2005 (Bl. 10 d.A.), 28.03.2005 (Bl. 129 d.A.) und 07.04.2006 ( Bl. 131 f d.A.) verwiesen. Schließlich zahlte die Antragsgegnerin am 12.04.2006 einen Betrag von 300.000,- € an den Antragsteller.

Dieser beabsichtigt wegen der Restforderung eine Klage vor dem ordentlichen Gericht, begehrt aber vorab die Feststellung, dass ein schiedsgerichtliches Verfahren unzulässig ist, da die Antragsgegnerin in ihrem Schreiben vom 07.04.2006 die Auffassung geäußert hat, eventuelle Ansprüche könnten nur in einem Schiedsverfahren geltend gemacht werden.

Der Antragsteller ist der Meinung, der Zahlungsanspruch gegen die Antragsgegnerin folge aus einem im Schreiben vom 07.05.2005 erklärten Schuldbeitritt bzw. Schuldanerkenntnis. Die in Bezug genommene Schiedsvereinbarung zwischen der A3 GmbH und der Antragsgegnerin entfalte keine Wirkungen in dem Verhältnis der Parteien dieses Verfahrens.

Der Antragsteller beantragt,

die Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens für den in dem Klageentwurf vom 12.05.2006 vorgetragenen Streitgegenstand festzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsgerichtlichen Verfahrens abzuweisen bzw. die Zuständigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit festzustellen.

Sie ist der Auffassung, dass sich eine mögliche Forderung des Antragstellers allein aus abgetretenen Ansprüchen der A3 GmbH gegen die Antragsgegnerin ergeben könne bzw. ein etwaiger Anspruch jedenfalls den vertraglichen Vereinbarungen vom 31.07.2002 und damit auch der Schiedsklausel unterliege. Aus dem vorgelegten Schriftverkehr lasse sich weder eine Schuldübernahme durch die Antragsgegnerin noch ein Schuldanerkenntnis ableiten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze des Antragstellers vom 12.05.2006 (Bl. 1 ff d.A.) und 19.06.2006 (Bl. 143 ff d.A.) sowie auf den Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 03.07.2006 (Bl. 140 ff d.A.) jeweils nebst Anlagen verwiesen.

II.

Der Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens ist nach § 1032 Abs. 2 ZPO statthaft; die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus § 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO.

Der Antrag ist auch begründet, da für den vom Antragsteller geltend gemachten Anspruch keine wirksame Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien besteht. Eine Schiedsvereinbarung wirkt grundsätzlich nur zwischen den Vertragsparteien. Für und gegen Dritte entfaltet sie ausnahmsweise dann rechtliche Wirkungen, soweit man dritte Personen durch eine mit dem Vertragspartner geschlossene Vereinbarung verpflichten oder sie vertraglich berechtigen kann. Das folgt aus der vertraglichen Natur der Schiedsgerichtsbarkeit und aus der grundsätzlichen Unwirksamkeit von Verträgen zu Lasten Dritter (vgl. Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 7 Rz. 22 ff m.w.N.).

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es keine vertragliche Vereinbarung zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Antragsgegnerin gibt, die eine Schiedsklausel enthält. Die durch Bezugnahme vereinbarte Schiedsklausel zwischen der A3 GmbH und der Antragsgegnerin wirkt nicht zu Lasten der Insolvenzschuldnerin.

Zwar ist es anerkannt, dass ein Sonderrechtsnachfolger einer Schiedsvereinbarung unterworfen ist, wenn die Nachfolge das von der Vereinbarung betroffene Rechtsverhältnis ergreift. So gehen etwa bei der Abtretung eines Rechts, mit dem eine Schiedsklausel verbunden ist, regelmäßig auch die Rechte und Pflichten aus dieser Schiedsklausel auf den Rechtsnachfolger über; die Schiedsklausel stellt nämlich eine Eigenschaft des abgetretenen Rechts dar, so dass die Regelung des § 401 BGB gilt; entsprechendes gilt für den Fall der Vertragsübernahme (vgl. dazu insgesamt: BGHZ 71, 162, 165; 77, 33, 35; BGH NJW 1998, 371; 2000, 2346).

Diese Grundsätze sind jedoch auf den vorliegenden Fall nicht zu übertragen, denn in dem Verhältnis, in dem der streitgegenständliche Anspruch begründet wurde, war keine Schiedsklausel vereinbart. Nach dem unstreitigen Vorbringen des Antragstellers entstand die Forderung, für die die Antragsgegnerin nach Auffassung des Antragstellers einzustehen hat, aus der Übertragung des operativen Geschäftes der Insolvenzschuldnerin mit Aktiva und Passiva zum 01.10.2001 an die A3 GmbH. Es handelte sich dabei um Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 1,2 Mio €, die sich im Wesentlichen aus Mietforderungen und Forderungen aus Lieferungen und Leistungen zusammensetzen sollen. Die der Übertragung zugrunde liegende Vereinbarung zwischen der Insolvenzschuldnerin und der A3 GmbH enthält nach dem unstreitigen Sachvortrag des Antragstellers aber keine Schiedsklausel. Wenn nun die A3 GmbH ihrerseits sämtliche Aktiva und Passiva auf die Antragsgegnerin übertrug und letztere, aus welchem Rechtsgrund auch immer, jetzt auch für die bestehenden Verbindlichkeiten der A3 GmbH gegenüber der Insolvenzschuldnerin haftet, kann eine in dem Verhältnis zwischen der A3 GmbH und der Antragsgegnerin vereinbarte Schiedsklausel für einen eventuellen Streit über die gegenseitigen Rechte und Pflichten aus ihrer vertraglichen Vereinbarung nicht zu Lasten des Antragstellers gehen. Eine in diesem Verhältnis vereinbarte Schiedsklausel kann nur zwischen diesen beiden Vertragsparteien seine Wirkung entfalten. Sie erstreckt sich jedoch mangels vertraglicher oder gesetzlicher Grundlage nicht auf das Rechtsverhältnis zu den bisherigen Gläubigern der A3 GmbH; es liegt insoweit keine der Abtretung oder einer Vertragsübernahme vergleichbare Situation vor, in der der Rechtsnachfolger in die bestehenden Rechte und Pflichten eintritt. Vielmehr würde es sich um eine grundsätzlich nicht zulässige Vereinbarung zu Lasten Dritter handeln.

Nach alldem war dem Feststellungsbegehren des Antragestellers mit der Kostenfolge des § 91 ZPO zu entsprechen; die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 3 ZPO (1/5 des Hauptsachestreitwertes - vgl. insoweit KG, NJW 1967, 55).



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