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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 14.12.2000
Aktenzeichen: 3 U 36/00
Rechtsgebiete: AUB 88, ZPO


Vorschriften:

AUB 88 § 7
ZPO § 708 Nr.10
ZPO § 711
Eine Versicherung kann sich auch dann noch auf den Fristablauf des § 7 AUB 88 (Feststellung der unfallbedingten Invalidität) berufen, wenn sie die Leistung vor Ablauf dieser Frist aus einem anderen Rechtsgrund abgelehnt hat.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 36/00

2/18 O 424/98 LG Frankfurt a.M.

Verkündet am 14.12.2000

In dem Rechtsstreit ...

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16.11.2000

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 20.1.2000 verkündete Urteil des Einzelrichters der 18. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 13.500.- DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheit kann auch durch schriftliche, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Zoll- oder Steuerbürge zugelassenen inländischen Kreditinstituts erbracht werden.

Die Beschwer des Klägers beträgt 140.000.- DM.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten Versicherungsschutz aus einem Privat- Unfallversicherungsvertrag.

Der Kläger schloß als Mitglied des ...-Club im Jahre 1992 eine Unfallversicherung bei der Beklagten ab. Nach dem Versicherungszertifikat, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 15 d.A. Bezug genommen wird, hat der Kläger bei Invalidität ab 20 % einen Anspruch auf Versicherungsleistung bis zu 200.000.- DM. Dem Vertrag liegen die AUB 88 zugrunde.

Nach dem - bestrittenen - Vortrag des Klägers erlitt er am 20.6.1994 am Flughafen B. den Abriß der Rotatoren-Manschette in der Schulter rechts, als er einen Koffer vom Transportband heben wollte. Der Kläger begab sich am 20.6.1994 in Z. zum Arzt Dr. H., der ihn bis zum 24.6.94 arbeitsunfähig schrieb. Wegen der Einzelheiten des ärztlichen Berichtes wird auf 16 d.A. Bezug genommen. Am 22.6.1994 stellte sich der Kläger dem Arzt Dr. J. an seinem damaligen Wohnort in L vor, der den Verdacht einer "Rotatorenmanschettenruptur" äußerte. Der Kläger wurde von diesem Arzt bis zum 15.8.1994 behandelt. Seitdem ist der Kläger arbeitsunfähig. Am 7.9. 1994 begab sich der Kläger in die Orthopädische Klinik des St.V.-Krankenhauses in K. Die Klinik stellte in ihrem "Nachschaubericht" gegenüber dem Unfallversicherungsträger, der Berufsgenossenschaft am 7.9.1994 (Bl. 110 f d.A.) fest: "Bezüglich des Unfallzusammenhangs (Heben eines schweren Koffers) muß gesagt werden (ohne einer endgültigen Beurteilung vorzugreifen), daß dieses Ereignis nicht geeignet ist, eine gesunde Rotatorenmanschette zum Reissen zu bringen. Aufgrund der röntgenol. Veränderung muß vielmehr von einem erheblichen Vorschaden der Rotatorenmanschette ausgegangen werden".

Am 21.9.1994 wurde der Kläger in der Klinik in K. an der rechten Schulter wegen der Rotatorenmanschettenruptur operiert. Der Kläger gab am 6.10.1994 gegenüber der Beklagten eine Unfall-Schadensanzeige bezüglich des behaupteten Unfalls vom 20. 6.1994 ab, wobei im Streit steht, ob der Kläger dabei Obliegenheitsverletzungen begangen hat. Wegen der Einzelheiten der Schadensanzeige wird auf Bl. 72 f d.A. Bezug genommen.

Der Kläger teilte der Beklagten mit Schreiben vom 5.1.1995 (Bl. 117 d.A.) mit, daß er voraussichtlich im Februar/März 1995 in einer Reha-Klinik behandelt werde. Am 15. 3.1995 machte er gegenüber dem Ordnungs- und Umweltamt der Stadt L. - im Wege der Amtshilfe für die Berufsgenossenschaft - Angaben zum Unfallhergang (Bl. 107 d.A.).

Der Kläger verlangte von der Beklagten Krankenhaustagegeld. Die Beklagte zahlte ihm gemäß Schreiben vom 24.3.1995 (Bl. 143 d.A.) einen (Teil-)Betrag von 4.300.- DM für den Zeitraum 31.1.- 14.3.1995. Zugleich wies die Beklagte den Kläger ausdrücklich auf die Fristen des 7 AUB hin und nannte als Datum des Fristablaufs den 20.9.1995.

Am 17.7.1995 diagnostizierte der Arzt Dr. S. (Bl. 19 d.A.) beim Kläger eine erneute vollständige Ruptur der Supraspinatussehne. Am 2.8.1995 erstellte der Oberarzt Dr. F. von der Klinik in K. einen ärztlichen Erstbericht gegenüber einem weiteren Unfallversicherer ... (Bl. 74-77 d.A.), in dem unter Ziff. 6 festgehalten ist: "Bei dem oben angegebenen Unfallereignis handelt es sich in keinster Weise um ein Ereignis, welches geeignet wäre, eine Rotatorenmanschettenruptur herbei zu führen". Unter Ziff. 13 des Berichtes (Bl. 75) führte der Arzt aus: "Dauernde Beeinträchtigung aufgrund der Rotatorenmanschetten- ruptur möglich, nicht unfallbedingt". Unter Ziff. 14 ist vermerkt: "Vorbestehende Rotatorenmanschettenruptur".

Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 28.8.1995 mit, daß sie wegen Obliegenheitsverletzungen (Verschweigen weiterer Unfallversicherer) leistungsfrei sei. Wegen der Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Bl. 225 d.A. Bezug genommen.

Am 19.9.1995 wurde der Kläger im Krankenhaus M. wegen einer Rotatorenmanschettenruptur operiert. Der OP-Bericht datiert vom 28.9.1995, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. Bl. 20 f d.A. verwiesen wird.

Mit Telefax vom 20.9.1995 (Bl. 144 d.A.) behauptete der vom Kläger beauftragte Bevollmächtigte, Rechtsanwalt S., gegenüber der Beklagten, daß - angeblich - eine Invalidität des Klägers unfallbedingt eingetreten und diese durch die der Beklagten vorliegenden Atteste festgestellt sei.

Die Beklagte teilte dem Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 8.11.1995 (Bl. 118 f d.A.) - unter Bezugnahme auf das Schreiben an den Kläger vom 28.8.1995 - erneut mit, daß sie wegen Obliegenheitsverletzungen leistungsfrei sei. Darüberhinaus verneinte die Beklagte das Vorliegen eines deckungspflichtigen Unfallereignisses.

Der Kläger forderte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 4.6.1996 und vom 15.8.1996 zur Versicherungsleistung auf. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 27.8.1996 (Bl. 116 d.A.) ab und forderte den Kläger zur Rückzahlung der geleisteten 6.500.- DM auf. Wegen des Krankenhaustagegeldes führten die Parteien in einer Parallelsache vor der 18. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main - 2/18 0 276/97 - einen Rechtsstreit, der durch einen Vergleich beendet wurde.

Im Rahmen eines Verfahrens des Klägers gegen die Berufsgenossenschaft vor dem Sozialgericht Speyer wurde am 17.11.1997 ein fachorthopädisches Gutachten des Prof. K. eingeholt, das zum Ergebnis gelangt, daß die Gesundheitsstörungen des Klägers in der rechten Schulter eine - unfallbedingte - MdE von 40 %, zumindest von 27 % ergeben. Wegen weiterer Einzelheiten dieses Gutachtens wird auf Bl. 22 - 50 d.A. verwiesen

Der Kläger hat behauptet, er habe am 20.6.1994 auf dem Flughafen B. beim Anheben eines Koffers vom Gepäckband einen Unfall erlitten, nämlich eine Rotatorenmanschettenruptur. Dieser Unfall habe zu seiner Invalidität mit dem Grad von 70 % geführt. Eine Vorschädigung habe nicht vorgelegen. Der Kläger ist der Auffassung, daß die Invalidität rechtzeitig ärztlicherseits festgestellt und angemeldet worden sei. Jedenfalls sei die Berufung der Beklagten auf die Versäumung von Fristen treuwidrig.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 140.000.- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 24.9.1998 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat ein Unfallereignis entsprechend den Angaben in der Unfallanzeige bestritten. Es sei beim Kläger eine Vorschädigung am Schultergelenk vorhanden gewesen. Die Beklagte bestreitet auch das Vorliegen einer (unfallbedingten) Invalidität. Im übrigen sei die Invalidität nicht binnen der 15-Monatsfrist des 7 AUB 88 ärztlich festgestellt worden. Der Kläger habe beim Ausfüllen der Schadensanzeige Obliegenheitsverletzungen begangen, die zur Leistungsfreiheit führten.

Die 18. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main - Einzelrichter - hat die Klage durch Urteil vom 20.1.2000 abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, daß eine ärztliche Feststellung der Invalidität nach 7 AUB 88 nicht binnen der Frist von 15 Monaten festgestellt worden sei. Die Berufung der Beklagten auf Fristversäumnis stelle sich auch nicht als treuwidrig dar. Wegen weiterer Einzelheiten dieses Urteils wird auf 166 - 171 d.A. Bezug genommen. Gegen das am 31.1.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 29.2.2000 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung am 2. 5.2000 begründet.

Der Kläger verfolgt sein Klagebegehren weiter. Er trägt vor, das Landgericht habe die Rechtsprechung übersehen, daß die Beklagte bereits vor Ablauf der 15-Monatsfrist - durch Schreiben vom 28.8.1995 - eine Leistung endgültig verweigert habe. Deshalb müsse dem Beweisangebot des Klägers zum Unfallgeschehen selbst und der (unfallbedingten) Invalidität nachgegangen werden.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 20.1.2000 die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 140.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 24.9.1998 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Der Kläger habe die Fristen des 7 AUB 88 versäumt. Auch bestehe Leistungsfreiheit der Beklagten gemäß 9, 10 AUB wegen Obliegenheitsverletzungen des Klägers. Der Kläger habe die Kausalität zwischen dem Unfall und einer angeblichen Invalidität nicht schlüssig dargelegt. Ferner bestreitet die Beklagte, daß ein Invaliditätsgrad von mindestens 20 % vorliege.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Das Landgericht hat zu Recht Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte auf Auszahlung von Versicherungsleistungen aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Unfallversicherungsvertrag i.V.m. Vorschriften der AUB'88 verneint.

Die Klage ist unbegründet, da ein Anspruch des Klägers auf Invaliditätsentschädigung wegen des behaupteten und von ihm als Unfall gewerteten Ereignisses vom 20.6.1994 schon an 7 I Abs.1 AUB 88 scheitert. Dabei kann in Übereinstimmung mit der angegriffenen Entscheidung dahingestellt bleiben, ob das behauptete Unfallgeschehen stattgefunden und zu einer Invalidität geführt hat. Dies gilt auch bezüglich der zwischen den Parteien strittigen Frage, ob der Kläger seine Obliegenheiten aus dem Versicherungsverhältnis verletzt hat.

Ein Anspruch ist nicht gegeben, weil es an einer innerhalb der Frist des 7 I Abs.1 AUB 88 getroffenen ärztlichen Feststellung fehlt, daß das Geschehen vom 20.6. 1994 zu einer dauernden Beeinträchtigung der - körperlichen - Leistungsfähigkeit (Invalidität) des Klägers geführt hat. Danach muß die Invalidität als Unfallfolge innerhalb eines Jahres nach dem Unfalltag eingetreten und spätestens vor Ablauf einer Frist von weiteren 3 Monaten ärztlich festgestellt sein. Diese Frist lief am 20.9.1995 ab, worauf die Beklagte den Kläger ausdrücklich mit Schreiben vom 24.3.1995 hingewiesen hatte.

Bis zum 20.9.1995 ist keine ärztliche Feststellung einer unfallbedingten Invalidität getroffen worden. Das in 7 I Abs.1 AUB 88 geregelte Erfordernis der ärztlichen Feststellung innerhalb von 15 Monaten stellt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH VersR 1978, 1036, 1037; OLG Koblenz r+s 2000, 259) ebenso wie der Eintritt der Invalidität binnen Jahresfrist eine die Entschädigungspflicht des Versicherers begrenzende Anspruchsvoraussetzung dar. Mit der Festlegung dieser Frist sollen im Interesse einer rationellen, arbeits- und kostensparenden Abwicklung Spätschäden auch dann vom Versicherungsschutz ausgenommen werden, wenn der Versicherungsnehmer an der Nichteinhaltung der Frist schuldlos ist (vgl. BGH, a.a.O.; NJW 95, 2854, 2855). Eine ärztliche Feststellung der Invalidität als Unfallfolge ist die von ärztlicher Sachkunde und Erfahrung getragene Beurteilung, ob und in welchem Umfang bestimmte Körperschäden auf das Unfallereignis zurückzuführen sind. Ärztlich festgestellt sein muß deshalb nicht nur, daß eine dauernde Leistungsbeeinträchtigung vorliegt, sondern auch, daß diese auf den vom Versicherungsnehmer behaupteten Unfall zurückzuführen ist. Aus der ärztlichen Feststellung muß sich die angenommene Ursache und die Art ihrer Auswirkung auf die Gesundheit des Versicherten (vgl. Grimm, AUB, 3.Aufl., 7 Rdnr. 11) ergeben. Aus den ärztlichen Stellungnahmen bis zum 20.9.1995, wie insbesondere derjenigen des Oberarztes Dr. F. von der K.-Klinik, ergibt sich gerade nicht, daß eine Invalidität auf das behauptete Geschehen am B. Flughafen zurückgeführt werden kann. Auch aus den Stellungnahmen der Ärzte Dr. H., Prof. S. oder Dr. S. läßt sich die geforderte ärztliche Feststellung der unfallbedingten Invalidität nicht entnehmen. Das im Rahmen des Sozialgerichtsverfahrens erstellte Gutachten ist - unabhängig davon, daß es sich auf die MdE im sozialversicherungsrechtlichen Sinn und nicht auf die Invalidität im Privatversicherungsrecht bezieht - erst im November 1997 erstellt worden.

Der Beklagten ist es auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben ( 242 BGB) nicht verwehrt, sich auf den Fristablauf zu berufen. Die vom Kläger insoweit zur Begründung seiner Berufung herangezogenen Entscheidungen der Rechtsprechung und Stimmen in der Literatur (vgl. OLG Köln r+s 1992, 105; Wussow/ Pürckhauer, AUB, 6.Aufl., 7 Rdnr. 23; Prölss/Martin/ Knappmann, VVG, 26.Aufl., 7 AUB Rdnr.14; Grimm a.a.O., 7 Rdnr. 12), nach der es dem Versicherer verwehrt sein soll, sich auf die Fristversäumnis des 7 AUB dann zu berufen, wenn vor Ablauf von 15 Monaten nach dem Unfall eine "endgültige" Leistungsablehnung durch die Beklagte erfolgt sei, vermögen den Senat nicht zu überzeugen. Die Beklagte hat in ihrem Schreiben vom 28.8.1995 ihre Leistungsverweigerung auf Obliegenheitsverletzungen des Klägers gestützt. Unabhängig davon, ob diesem Schreiben überhaupt eine "endgültige" Ablehnung der Erbringung von Versicherungsleistungen zu entnehmen ist, hätte dieses Schreiben gerade besonderen Anlaß für den - bereits vor Ablauf der 15-Monatsfrist anwaltlich vertretenen - Kläger geboten, innerhalb der verbliebenen Zeit bis zum 20.9.1995 dafür Sorge zu tragen, daß die formellen Voraussetzungen des 7 I AUB'88 erfüllt werden. In den drei Wochen im September 1995 hätte sicherlich die Möglichkeit bestanden, eine ärztliche Feststellung der unfallbedingten Invalidität zu erhalten, wenn die dafür erforderlichen Tatsachen gegeben gewesen wären. Daß dem Kläger bewußt war, daß dem Datum des 20.9.1995 besondere Bedeutung zukam, ergibt sich auch aus dem Umstand, daß der Bevollmächtigte des Klägers der Beklagten genau an diesem Tag -fristwahrend per Fax - seine Ansprüche anmeldete. Allerdings wird in diesem Schreiben zu Unrecht behauptet, daß die unfallbedingte Invalidität durch die der Beklagten "vorliegenden Atteste" festgestellt sei.

In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des 7. Zivilsenates des OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 3.12.1997 - 7 U 18/96; vgl. auch OLG Celle r+s 2000, 258,259) ist es nicht als treuwidrig anzusehen, wenn sich der Versicherer auf die Fristversäumnis auch dann beruft, wenn er zuvor - aus anderen Gründen -eine Leistungspflicht abgelehnt hat. Bei der fristgerechten ärztlichen Invaliditätsfeststellung handelt es sich um eine vom Verschulden des Versicherungsnehmers unabhängige Anspruchsvoraussetzung. Bei verspäteter ärztlicher Feststellung gibt es keinen Entschuldigungsbeweis (vgl. Wussow/Pürckhauer, a.a.O., 7 Rdnr. 23 m.w.N.). Daraus folgt, daß es dem Versicherer nicht allein deshalb verwehrt sein kann, sich auf die fehlende rechtzeitige ärztliche Feststellung zu berufen, weil er den Anspruch zuvor aus anderen Gründen abgelehnt hat. Dem Versicherungsnehmer bleibt es auch in diesem Fall unbenommen, seinen Anspruch weiter zu verfolgen und die dafür erforderlichen Feststellungen durch einen Arzt treffen zu lassen, um sie dem Versicherer vorlegen zu können. Eine andere Beurteilung würde den Versicherungsnehmer gerade in Zweifelsfällen, in denen sich der Versicherer zu einer schnellen Verneinung des Anspruchs berechtigt geglaubt hat, gegenüber anderen Versicherungsnehmern und zu Lasten der Versichertengemeinschaft begünstigen, ohne daß dies durch seine berechtigten Belange geboten erscheint.

Auch liegen keine anderen Umstände vor, die das Verhalten der Beklagten als treuwidrig erschienen ließen. Die Beklagte hat den Kläger ausdrücklich mit Schreiben vom 24.3.1995 auf den Ablauf der Fristen gemäß 7 I AUB und das Erfordernis der ärztlichen Feststellung der unfallbedingten Invalidität hingewiesen. Auch aus der Zahlung von Krankenhaustagegeld durch die Beklagte kann nicht hergeleitet werden, daß sie dem Kläger falsche Hoffnungen gemacht und einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat. Auch hat die Beklagte selbst keine ärztlichen Gutachten in Auftrag gegeben, wobei selbst dieser Umstand noch nicht zur Annahme eines treuwidrigen Verhaltens der Beklagten führen muß (vgl. OLG Ffm., 14.Zivilsenat, ZfS 95, 263, 265; OLG Celle r+s 2000, 258 f; OLG Hamm r+s 97, 130).

Die Kostenentscheidung beruht auf 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.



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