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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 15.04.2003
Aktenzeichen: 3 UF 160/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1601
Gegenüber seinen minderjährigen Kindern ist der Vater, der Unterhalt zu leisten hat, verpflichtet, seine Arbeitskraft bestmöglich einzusetzen. Zur bestmöglichen Einsetzung der Arbeitskraft gehört unter Umständen auch ein Wechsel des Arbeitsplatzes.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 UF 160/02

Entscheidung vom 15.04.2003

In der Familiensache

hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richterin am Oberlandesgericht ... als Einzelrichterin gem. § 526 ZPO aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27.02.2003 am 15.04.2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Frankfurt am Main vom 23.05.2002 (Aktenzeichen 402 F 2180/01) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert des Berufungsverfahrens 9.490.75 ?.

Gründe:

Das Amtsgericht - Familiengericht - hat den Beklagten durch das angefochtene Urteil verurteilt Unterhalt für die gemeinschaftlichen Kinder M. und T., ab September 2000 zu zahlen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Urteils Bezug genommen.

Das Amtsgericht - Familiengericht - ist davon ausgegangen, dass der Beklagte in der Lage ist, für beide Kinder den Mindestunterhalt zu zahlen. Der Beklagte habe sich nach dem Verlust seines Arbeitsplatzes im Jahre 1998 nicht ausreichend bemüht, eine Arbeitsstelle zu finden, um den Mindestunterhalt für seine Kinder abzusichern.

Das Amtsgericht - Familiengericht - ist davon ausgegangen, dass der Beklagte sich ein fiktives Einkommen in Höhe von 2.500,-- DM monatlich zurechnen lassen muss. Seine selbständige Tätigkeit als Kurierfahrer habe er aufgeben müssen, um den Mindestunterhalt nachhaltig zu sichern.

Der Beklagte trägt vor, dass er lediglich über einen Hauptschulabschluss verfüge und keine Berufsausbildung abgeschlossen habe. Die Aufgabe seiner selbständigen Tätigkeit sei ihm im übrigen nicht zumutbar, da er mit steigender Tendenz Gewinne mache. Im übrigen sei der Wechsel in die Selbständigkeit während des Zusammenlebens der Parteien und im Einvernehmen mit der Klägerin erfolgt.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Der Beklagte schuldet den beiden minderjährigen Kindern gemäß § 1601 BGB den von dem Amtsgericht - Familiengericht - ermittelten Unterhalt.

Das Amtsgericht - Familiengericht - ist mit zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass dem Beklagten ein fiktives Einkommen zugerechnet werden kann. Der vom Amtsgericht - Familiengericht - in Ansatz gebrachte fiktive Einkommensbetrag in Höhe von ca. 2.500,-- DM ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung des Beklagten, ist ihm die Aufgabe seiner selbständigen Tätigkeit zumutbar. Soweit der Beklagte nunmehr behauptet, der Umsatz aus seiner Tätigkeit als Kurierfahrer sei im Jahre 2001 deutliche gestiegen, rechtfertigt dies im Ergebnis keine andere rechtliche Beurteilung für die Vergangenheit. Aus dem nunmehr von dem Beklagten vorgelegten Steuerbescheid für das Jahr 2001 ergibt sich, dass der Beklagte 2001 aus seinem Gewerbebetrieb 38.384,-- DM erzielt hat. Abzüglich des Ausgabenpauschbetrags für Versicherungsbeträge und der zu zahlenden Einkommenssteuer sowie des Solidaritätszuschlags verfügte der Beklagte somit über ein Nettoeinkommen in Höhe von 31.332,51 DM, was einem monatlichen Betrag in Höhe von 2.611,-- DM entspricht. Der Beklagte müsste somit jedenfalls ab dem Jahre 2001 auch bei Zugrundelegung seiner Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit den Mindestunterhalt zahlen. Er selbst hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass er als Kurierfahrer 1.300,--? erziele. Dem Beklagten verbleibt auch bei Zahlung des Mindestunterhalts der notwendige Eigenbedarf (Düsseldorfer Tabelle, Stand 1. Juli 1999 = 1.500,-- DM, Düsseldorfer Tabelle, Stand 01.07.2001 = 1.640,-- DM/840,--?). Ob dem Beklagten nunmehr seine tatsächlichen Einkünfte oder ein fiktives Einkommen in Höhe von 2.500,-- DM anzurechnen ist, kann jedoch im Ergebnis dahingestellt bleiben. Der Beklagte kann sich jedenfalls nicht für die Vergangenheit darauf berufen, dass er durch seine selbständige Tätigkeit wesentlich geringere Einkünfte erzielt hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte gegenüber seinen minderjährigen Kindern verpflichtet ist, seine Arbeitskraft bestmöglich einzusetzen. Zur bestmöglichen Einsetzung der Arbeitskraft gehört unter Umständen auch ein Wechsel des Arbeitsplatzes. Dem Beklagten, der sich bereits 1998 selbständig gemacht hat, war jedenfalls ab dem hier streitgegenständlichen Zeitraum (September bzw. Oktober 2000) zumutbar, eine bezahlte abhängige Tätigkeit zu suchen.

Eine grundsätzlich von der Rechtsprechung zugebilligte Karenzzeit bei Gründungs- und Übergangsschwierigkeiten war jedenfalls nach Ablauf von 3 Jahren zu verneinen. Erwartet konnte ab diesem Zeitpunkt eine intensive und konkrete Eigenbemühung der Beklagten um eine angemessene Tätigkeit zu finden. Gemäß § 1603 Abs. 2 BGB trifft Eltern nämlich gegenüber ihren minderjährigen Kindern die Pflicht, alle verfügbaren Mittel heranzuziehen. Um den Mindestbedarf zu sichern, kann nach herrschender Rechtsprechung (Palandt, Kommentar zum BGB, 61. Auflage, § 1603 Rdnr. 58 m.w.N) unter Umständen dem Unterhaltsverpflichteten sogar zusätzlich zur vollschichtigen Tätigkeit eine Nebentätigkeit zugemutet werden.

Der Beklagte schuldet für die am 07.06.1994 geborene M. nach der 2. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle Unterhalt. Somit für den Zeitraum 01.09.2000 bis 31.12.2000 einen monatlichen Betrag in Höhe von 431,-- DM, von dem das hälftige Kindergeld in Höhe von 135,-- DM in Abzug zu bringen ist, so dass er insgesamt einen Betrag in Höhe von 1.184,-- DM für den genannten Zeitraum schuldete. Für den Zeitraum ab 01.01.2001 ist zu berücksichtigen, dass das Kindergeld gemäß der Änderung des § 1612 b Abs. 5 BGB nicht mehr anzurechnen ist, wenn der Unterhaltsschuldner nicht wenigstens 135 % des Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung leistet. Bei der Unterhaltsberechnung vom 01.01.2001 bis 30.06.2001 ist somit ein Gesamtbetrag in Höhe von 2.586,-- DM (431,-- DM x 6) und für die Zeit vom 01.07.2001 bis 31.12.2001 - im Hinblick auf die Änderung der Düsseldorfer Tabelle ab 01.07.2001 - in Höhe von insgesamt 2.664,-- DM (444,-- DM x 6) in Ansatz zu bringen. Dies ergibt einen Gesamtrückstand für die Zeit vom 01.09.2000 bis 31.12.2001 in Höhe von 6.435,-- DM, was einem Betrag in Höhe von 3.290,--? entspricht.

Zuzüglich des im Januar 2002 geschuldeten Mindestunterhalts in Höhe von 228,--? schuldete der Beklagte somit den vom Amtsgericht - Familiengericht - festgestellten Unterhaltsrückstand.

Bei der Berechnung des rückständigen Unterhalts für den am 13.01.1996 geborenen T. ist für die Zeit von September 2000 (dass der Beklagte auch insoweit zu Unterhaltszahlungen ab September verurteilt wurde, ergibt sich aus der Berechnung in den Entscheidungsgründen) bis Dezember 2000 nach der ersten Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle der Mindestunterhalt in Höhe von 355,-- DM abzüglich 135,-- DM in Ansatz zu bringen. Dies ergibt einen Gesamtbetrag in Höhe von 880,-- DM. Für die Zeit ab 01.01.2001 ist wiederum zu berücksichtigen, dass die Kindergeldanrechnung unterbleibt. Dies ergibt für die Zeit vom 01.01.2001 bis 30.06.2001 einen Gesamtbetrag in Höhe von 2.130,-- DM (355,-- DM x 6) und für die Zeit ab 01.07.2001 bis 31.12.2001 einen Betrag in Höhe von 2.196,-- DM (366,-- DM x 6). Ab Januar 2002 schuldet der Beklagte auch T. nunmehr nach der 2. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle Unterhalt, da T. nunmehr das 6. Lebensjahr vollendet hat.

Für die Zeit von September 2000 bis einschließlich Dezember 2001 schuldete der Beklagte somit einen Gesamtrückstand in Höhe von 5.106,-- DM, was einem Betrag in Höhe von 2.610,66 ? entspricht. Zuzüglich des im Januar geschuldeten Unterhalts in Höhe von 228,--? schuldet der Beklagte somit (zumindest) die durch das Amtsgericht - Familiengericht - ermittelten Beträge.

Gemäß § 97 ZPO hat der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708, 713 ZPO.

Die Höhe des Streitwertes ergibt sich aus § 17 GKG. Dabei ist ein Jahresbetrag in Höhe von 5.472,--? in Ansatz zu bringen (2 x 228,--? x 12). Bezüglich des geltend gemachten rückständigen Unterhalts sind die Monate September 2000 bis Juni 2001 geltend gemachten Beträge in Ansatz zu bringen, somit 10 x 431,-- DM = 4.310,-- DM sowie 10 x 355,-- DM (= 3.550,-- DM). Dies ergibt einen Gesamtbetrag für den rückständigen Unterhalt in Höhe von 7.860,-- DM, was einem Betrag in Höhe von 4.018,--? entspricht.

Die Revision gegen dieses Urteil ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Entscheidung des Revisionsgerichts ist auch nicht im Hinblick auf die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Ende der Entscheidung

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